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Sonne & Stern
08-19-2022, 03:07 PM,
Beitrag #2
RE: Sonne & Stern
Gerwina und ich hatten ein einziges Zimmer im Weißen Pferd gemietet, und ich hatte den Gedanken, ein Seil von einer Ecke zur anderen zu spannen und einige unserer Webdecken darüber zu hängen, um den Raum abzutrennen. Gerwina besaß mindestens ein Dutzend mit einem Webbrett hergestellte Decken mit den komplizierten chattischen Mustern, die ihr unsere Mutter Gerlinda beigebracht hatte. 

Aber unsere Seile waren nicht lange genug, und deshalb ging ich, während meine Schwester das Zimmer für die Dauer unseres Aufenthaltes richtete, noch einmal über den Markt.

Erst verschlug es mich auf den Sklavenmarkt. Hier erstaunte mich die Geschäftstüchtigkeit der Römer. Ich meinte, auch im freien Germanien gab es Sklaverei, und wir hatten Knechte und Mägde, die Muntlinge, doch das waren Sippen, die umweit der unseren wohnten, und nie hätten wir einen Muntling wie Vieh auf einem Markt versteigert.

Ich machte also, dass ich von dort fortkam. Bei den Ständen der Handwerker sah ich einige Spiegel und hübsche Sachen, die Gerwina bestimmt gefallen würden, fand bei einem keltischen Seiler, dessen Bart so rot war wie die Brust eines Rotkehlchens ein Seil in der passenden Länge, bezahlte es und hing es mir über die Schulter.

Dann hörte ich auch schon die typischen Geräusche eines Viehmarktes. Und es roch - nach Vieh und süßlicher nach Pferden. Die britannischen kleinen robusten Pferde mit der langen Mähne  fielen mir ein, und ich wollte gerne sehen, ob welche von ihnen zum Verkauf standen.

Auf dem Weg durch die Rinder kam ich an einem fast schwarzen Stier vorbei, der angekettet war.  Er war groß, mit einem mächtigen Rücken und gebogenen Hörnern. Er ließ niemanden in seine Nähe, sondern stieß sofort in die Richtung der Sklaven, sobald sie versuchten, einen gewissen Abstand zu überwinden.

Er erinnerte mich an die Auerochsen in den Herkynischen Wäldern, sogar das weiße Flotzmaul fehlte nicht, und ich dachte, dass es vermutlich nicht für die Landwirtschaft bestimmt war, sondern für den Kampf in einem Circus.

Ich machte einen Bogen um ihn. Die Sonne stach herab, und ich kaufte mir einen Becher Posca, Essigwasser mit Honig. An ein Gatter gelehnt machte ich nun eine Pause, um die Iscaner ein wenig zu beobachten.

Es waren verschiedenartige Menschen unterwegs; Britannier in ihren bunten Trachten mit abenteuerlichen Frisuren, Sklaven in einfachen Tuniken und auch einige Römerinnen mit Einkaufskörben. 

Ich hörte einen jungen Sklaven sich laut bedanken, als seine Herrin ihm Brot mit Fleisch reichte, und drehte mich um. Ich sah einen lockenköpfigen Jungen, der kräftig in einen Hähnchenschenkel biss und sehr zufrieden wirkte und neben ihm die zierliche Gestalt einer Römerin, die ein veilchenfarbenes Gewand mit einem Ledergürtel um die schmalen Hüften und einen durchsichtigen Schal über den Schultern trug.
Auch eine junge Sklavin gehörte zu der Gruppe, und auch sie aß etwas. 
Ihre Herrin trank nur aus einem Becher und wirkte ungezwungener, als das in Rom üblich gewesen wäre. Einen Moment lang erhaschte ich einen Blick auf ein zartes Profil.
[Bild: 3_15_08_22_9_36_30.png]
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Sonne & Stern - von Furia Stella - 08-19-2022, 12:12 PM
RE: Sonne & Stern - von Publius Gabinius Secundus - 08-19-2022, 03:07 PM
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