Cartivels Worte lösten bei jedem jungen Falken etwas anderes aus.
Damit dass Dunduvan vor Wut schier platzen würde, hatte Cartivel gerechnet. Er beachtete ihn nicht weiter. Ein Druidenschüler musste lernen, seine Gefühle zu kontrollieren und einfach auch einmal
abzuwarten. Die Werke der Götter waren groß, und sie hatten den längeren Atem. Dunduvan würde zehn Tage schweigen und dann bei den Priesterinnen aus der Heiligen Quelle trinken. Bis dahin hatte er sich hoffentlich besonnen.
Raven jedoch antwortete ihm mit großer Entschiedenheit, dass sie eine Jungfrau der Göttin sei. In ihren großen dunklen Augen lag Aufrichtigkeit. Ach Kind, ich glaube dir alles, was Du dir selbst glaubst, dachte Cartivel.
Er sagte aber mit einem kleinen Neigen des Kopfes nur: "Priesterin".
In diesem einzigen Wort lag seine Hochachtung vor dem Willen der Weißen Göttin. Eines ihrer Gesichter war die Jungfrau. Nicht als Schauspiel oder Symbol: SIE war es zuweilen selbst.
Der junge Calum, der vielleicht Feinfühligste der jungen Männer, wirkte auf den Druiden wie das Gegenteil des Dunduvan Deimos, der wie gesagt ständig dreinblickte, als wolle er die Welt zu Asche verbrennen und dann die Asche noch weiter hassen. Was er nach außen trug, schwelte jedoch bei Calum im Verborgenen. So wollte er nun aufbrechen, und seine Verzweiflung stand beinahe fassbar im Raum. Cartivel wollte ihn bitten, dass er sich hinsetzen möge, da war er ihm aber schon entwischt.
Der Druide schüttelte bedauernd den Kopf. Die Falken waren eine Familie. Wie in einer richtigen Familie kam es manchmal dazu, dass ein Bruder den anderen übertreffen wollte. Es kam zu Geschwisterzank und Streit, aber das Band der Liebe sollte sie vereinen.
Einen Moment lang fürchtete er, dass er gerade Zeuge des Zerfalls des Bundes der Falken geworden war. Dann sah er ein anderes Bild vor seinem inneren Auge:
Die junge Falkin stand als ruhender Pol in der Mitte. Dunduvan und Calum strebten je zu einer Seite hin. Louarn jedoch hielt sie zusammen. Er war derjenige, der einen Kreis aus Licht um sie alle webte.*
" Lebt also wohl, ihr Falken", sprach Cartivel. Die meisten Vorräte ließ er für Boduognatus zurück. Er hatte die bittere Armut des alten Kriegers wohl bemerkt.
Sein Blick fiel nochmals auf Louarn. Der kämpfte mit den Wachstafeln, die Dunduvan wie besessen füllte. Als Calum jedoch hinaus lief, war es der große Rotschopf, der ihm nachgehen wollte. Ja, so war Louarn, er hatte sich nicht getäuscht.
Als er aus der Hütte hinaus ging, war sein Herz schwer und erleichtert zugleich.
* Cartivels inneres Bild von den Falken:
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