Da hatte Plautius Seneca ohne es zu ahnen, Saturninus Lieblingsthema angeschnitten:
"Du hast ganz Recht, werter Plautius. Die Kelten schreiben nichts, ergo auch keine Gesetze. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass sie treuere Untertanen Roms werden könnten als beispielsweise Germanen. Die Festlandskelten in Gallien wurden mittlerweile auch fast schon zivilisiert.
Diese sogenannten Druiden sind freilich eine Plage. Wenn sie sich nur aufs Streitigkeiten schlichten beschränken würden, würde es noch angehen, aber sie wiegeln die Kelten auf. Reden ihnen ein, dass sie gegen römische Schwerter gefeit sind und solch einen Unsinn. Einer soll sich sogar erdreisten, zu behaupten, dass das Ende unseres Imperiums nahe wäre. Kaiser Claudius hat ihnen die Ausübung ihrer Religion untersagt und recht damit getan. Sie tauchen aber immer wieder auf. Kürzlich wurde sogar hier in der Nähe von Iscalis einer gefangen genommen und getötet - leider ohne Gerichtsprozess", letzeres bedauerte Saturninus sehr.
"
Hmm, der göttliche Augustus wollte durch die Ehegesetze bestimmt nur verhindern, dass wir adligen Familien aussterben. Leider kann man niemand wirklich zu Ehe und Nachkommen zwingen. Seine Tochter, die unglückliche Iulia, hat er freilich von Ehegatten zu Ehegatten gereicht. Wäre ihr Vater nicht der allmächtige Augustus gewesen, hätte sie sich vermutlich vor Gericht gewehrt. Auch ich bezahle übrigens jährlich zähneknirschend die Strafsteuern für meine Cousine, der einfach kein von mir ausgesuchter Bewerber recht ist",
Wie wäre es mit dir, werter Plautius Seneca, dachte Saturninus, sprach das aber nicht laut aus:
"Bezüglich meiner Verwandten wollte ich dich etwas Rechtliches fragen. Doch nicht heute bei einer ungezwungenen Cena. Eher bei einem Extratermin für eine etwas ....unerfreuliche Angelegenheit, wenn du mir diesen gewährst", Saturninus hatte mitbekommen, dass Seneca eigentlich in Ruhe leben wollen, doch die Gelegenheit, einen profunden Kenner der Gesetzeslage zu konsultieren, war einfach zu verlockend:
"Oh, eine orientalische Königin in Rom. Seitdem Cleopatra die Fantasie beflügelt hat, stellt sich jeder Römer vor, dass sie die verruchtesten Dinge im Bett anstellen", nickte Saturninus, und dachte kurz daran, sich eine glutäugige und erfahrene Sklavin aus dem Osten anzuschaffen:
"Dem edlen Vespasian sei ein wenig Action gegönnt. Seit dem Tod der werten Caenis ist er ja sowas wie ein Witwer. Natürlich kommt diese Berenike als Augusta nicht in Frage. Das Beste an dieser Angelegenheit ist, dass wenn Titus sie satt hat, er sie einfach fortschicken kann. Das wäre mit einer Römerin schwieriger. Äh... er wird doch nicht wirklich so verrückt sein, sie zu heiraten?
Falls ja, so gibt es ja noch den Jüngeren, Domitian, den der Kaiser in Reserve hält. Er ist der einzige Augustus, der gleich zwei eigene Söhne hat übrigens; zweifellos gesegnet von den Göttern"
Die Geschichte, dass die Mutter der beiden Prinzen sich i
hr Bürgerrecht erst hatte erklagen müssen, erwähnte er nicht, das konnte üble Nachrede sein und außerdem gefährlich:
"Nach seinem Tod nochmals rund gehen? Ich hoffe nicht. Die letzte Runde nach Neros Tod vor acht Jahren hat Hunderte ins Unglück gestürzt. Wie soll man auch wissen, an wen man sich halten soll, wenn der Kampf um die Nachfolge eines Caesar Augustus zu einer Art Gladiatoren - Ausscheidungskampf degradiert wird?"
Saturninus bezog sich auf das Vierkaiserjahr. Sein Vater hatte auf der falschen Seite gestanden, und die Mutter treu zum Vater. Er, Saturninus, lebte noch, weil er noch zu jung gewesen war, und weil Vespasianus nicht zu denen gehörte, die Krieg gegen Kinder führten.
Das jedoch war der eigentliche Grund, weshalb er in Iscalis und nicht in Rom war.
Nein, bitte nicht wieder Unruhen. Titus musste der nächste Kaiser werden oder Domitian, wenn ihr Vater, der edle Caesar Augustus Vespasianus zu den Göttern aufstieg:
"Was du vorhast, sind alles sehr interessante Themen. Besonders das Strafmaß. Ja, Kapitalverbrechen sind die interessanteren Verbrechen, auch wenn ich froh darüber bin, dass wir in Iscalis nicht viel damit zu tun haben.
Unser Strafmaß hier folgt natürlich im höchsten Maße wirtschaftlichen Erwägungen. Viele Verurteilungen zum Minendienst. Das Bergwerk ist die Basis des Aufschwungs dieser Stadt, daher decken wir vermutlich nicht die ganzen Möglichkeiten ab.
Welche Strafe würde denn beispielsweise auf Entführung einer Bürgerin stehen, die sich jedoch freiwillig hat entführen lassen?"
Saturninus hatte das nicht fragen wollen, aber seine Gedanken kreisten um das Thema; daher war es ihm herausgerutscht:
"Rein fiktiv natürlich", schob er hinterher und holte sich eine Pastete von der Platte.