>>> Saturninus war auf der Suche nach Serena durch das Atrium gegangen, als er von weitem weibliche Stimmen hörte. Er folgte den Gesprächsfetzen und ging den Säulengang Richtung Süden entlang. Dort erblickte er drei Frauen, die ihre Spindeln kreisen ließen, eine vierte saß, eine fünfte erhob sich gerade und eilte auf der gegenüberliegenden Seite den Säulengang hinab.
Der Furier lächelte in sich hinein. Er war eindeutig in das Refugium von Mädchen und Frauen eingedrungen. Es waren liebliche Gestalten, und ihre Ungezwungenheit machte ihm Spaß. Alle trugen sie einfache Tuniken und hatten ihr Haar schlicht gebunden.
Saturninus erinnerte sich an eine Geschichte, die er früher einmal vorgelesen bekommen hatte. Sie handelte von einem König, der ein fremdes Land überfiel. Er kam an den Hof, und da war die Königin mit ihren Sklavinnen am Weben, und alle waren sie schlicht gekleidet wie einfache Frauen. Doch der König erkannte die Königin selbstverständlich an ihrer Schönheit, Haltung und königlichen Würde *
Genau das empfand er jetzt: Er hätte Serena unter Dutzenden von Weberinnen an Schönheit und Würde erkannt. Die junge Patrizierin war von solch einer stillen Anmut, dass sein Mund trocken wurde. Um die Frauen nicht in Verlegenheit zu bringen, räusperte er sich laut.
Und dann sagte er:
"Salve Lucretia Serena. Darf ich mich setzen?" Er wies auf die mit Fellen belegten Marmorbänke.
Die ältere Sklavin, die dort schon saß, stand sofort auf. Aber das bemerkte er gar nicht, er hatte nur Augen für seine Auserwählte.
*Sim off: Saturninus meint vermutlich den Perserkönig Xerxes, als er die Königin Pantheia trifft. Das Buch heißt Cyropaedia und der Autor Xenophon