RE: Das Biclinium - Privater Aufenthaltsraum
Ich versuchte, aufmerksam und interessiert zuzuhören, allerdings interessierten mich keltische Siedlungen nicht wirklich. Das war das größte Manko an den Provinzen: Die waren voller Peregrini, die von Recht und Gesetz keine Ordnung hatten. “Stimmt es, dass die Kelten hier kein einziges niedergeschriebenes Gesetz haben, sondern alles diese… wie heißen die doch gleich? Leander, du weißt doch, was ich meine“, brummelte ich. Leander blinzelte kurz und meinte dann eher fragend “Druiden?“ Ich überlegte kurz und nickte dann. “Ja, ich glaube, das waren diese Strolche. Also sie lassen einen Haufen Magier ihre Rechtsgeschäfte erledigen, wenn sie sich nicht einfach gegenseitig erschlagen?“ Mich schauderte es geradezu bei dem Gedanken. Wie konnte irgend ein Land ohne Recht und Gesetz bestehen? Da konnte man ja gleich Schafe und Ziegen regieren lassen! Fürchterlich rückständig, definitiv.
“Nun, ich hoffe mal, dass die Kohlenpfannen die Pilze in Schach halten“, meinte ich dann noch zweifelnd, denn so feucht mochte ich es nun auch wieder nicht haben.
Wir kamen also ins Plaudern, und das Thema Recht und Gesetz lag mir eindeutig mehr. Während ich also vom Käse naschte und am Mulsum nippte, erzählte ich nebenbei immer wieder ein wenig. “Nun, es gibt vieles, worüber ich schreiben möchte. Zu den generellen Strafmaßen, was alles möglich und üblich ist, beispielsweise. Oh, und neulich habe ich mir den guten, alten Cornelius Sulla mal wieder durchgelesen. Die Gesetzeslage zu gerade diesen Magiern, Giftmischern und Mördern, die sollte unbedingt noch einmal erörtert werden, finde ich. Interessant wäre auch ein Ausflug in die augusteische Ehegesetzgebung, und ob sie wirklich zeitgemäß und zielführend ist, wo selbst seine Tochter sich nicht daran gehalten hat und auch heute sehr viele Römer lieber die höheren Steuern und die Nachteile beim Testatrecht in Kauf nehmen, als zu heiraten. Aber ich persönlich finde die großen Straftaten da etwas interessanter als diese Alltagskriminalität, für die ich sogar ein gewisses Maß an Verständnis mitbringe. Wer möchte schon dazu verpflichtet werden, sich an einen anderen Menschen zu binden?“ Meiner Meinung nach war das nur marginal anders als eine Verurteilung zu Sklaverei in den Minen. Dort hatte man wenigstens einen Zeithorizont von zehn Jahren, die es längstens dauern würde, wenn man nicht vorher starb. Calpurnia hatte mich 31 Jahre gekostet!
Als er sich nach meiner Pfeife erkundigte, war ich versucht, Leander anzuweisen, sie mir zu geben, damit ich sie gleich vorführen konnte. Aber beim Essen sah ich selber ein, dass das nicht fein war. Außerdem vermischten sich dann die verschiedenen Geschmäcker, das gefiel mir selber nicht.
“Ja, im Osten wird es mehr genutzt, aber mein Medicus hat sie mir sogar verschrieben, für meine Lungen. Und man kann so ziemlich alles damit rauchen und inhalieren, solange es nur gut getrocknet ist. Ich selber nutze eine Kräutermischung aus makedonischem Kraut, Salbei, Hanfsaat und ein klein wenig Stechapfel, eben für meine Lunge. Aber ich habe auch schon von getrocknetem Obst gehört. Und natürlich gibt es immer diese Vögel, die sich damit berauschen wollen und Opium oder sogar irgendwelche Pilze rauchen, aber das sind Spinner, die diese Erfindung nicht zu würdigen wissen.“ Ja, mit denen wollte ich als ernsthafter Pfeifenraucher nichts zu tun haben! Elende Ägypter, die so etwas verkauften und nutzten.
Was er mit seiner Familiengeschichte meinte, verstand ich gerade nicht so ganz. Aber ich wollte nicht zu neugierig sein. Da konnte ich später Leander darauf ansetzen, herauszufinden, was die Furier für schaurige, kleine Geheimnisse hatten, wenn ich es wirklich wissen wollte. Da ich ja nichts mit der großen Politik zu schaffen haben wollte, konnte auch nichts von diesem Abendessen hier negativ auf mich zurückfallen, und selbst wenn, hieße das nur, dass ich mehr Ruhe vor irgendwelchen Bittgesuchen hätte. “Ach, vermisse diesen Moloch nicht zu sehr. Man verklärt gerne, was Rom wirklich ist, und das ist eine Schlangengrube voller missgünstiger Intriganten, die den lieben, langen Tag nichts anderes tun, als sich gegenseitig mit Gerüchten oder Klagen zu bewerfen.“ Ich machte eine wegwerfende Handbewegung, ganz so, als wollte ich selber jemandem eine Klage an den Kopf werfen.
“Rennsport war nicht mein persönliches Steckenpferd, aber ich meine, beim letzten Octoberpferd musste das Pferd der Albata dran glauben.“ Ich zuckte mit den Schultern. Calpurnia wusste sowas immer viel genauer, als mir lieb gewesen war. “Und ganz Rom ergießt sich eigentlich nur in Gerüchten über Titus Caesar und die jüdische Königin, diese Berenike. Sie ist ganz hübsch, muss ich zugeben. Ich habe sie einmal an seiner Seite gesehen, und auch, wenn sie älter ist als er, ist sie definitiv was fürs Auge. Da er jetzt schon sehr lange unverheiratet ist, kommen natürlich immer wieder Gerüchte auf, er wolle sie heiraten. Aber kannst du dir einen römischen Kaiser mit einer jüdischen Braut vorstellen? Nun, das römische Volk auch nicht. Ich frage mich, warum Vespasianus Augustus das so lange überhaupt zulässt, anstatt den Burschen endlich zu verheiraten. Aber die Gerüchte gehen um, dass auch er in ihren Genuss kommt, und ihm ihre Anwesenheit daher sehr recht ist.“ Ich zuckte mit den Schultern. “Aber da Vespasianus seine Sache insgesamt eigentlich ganz gut macht, schauen da alle noch drüber hinweg. Würde mich aber nicht wundern, wenn es nach seinem Tod dann nochmal rund geht deswegen.“
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