RE: Das Biclinium - Privater Aufenthaltsraum
Oh, wenn der Furier meine Frau bekannt hätte, würde er mich nicht bemitleiden, sondern mich beglückwünschen. Trotzdem nickte ich pflichtschuldig zu dem gesagten. “Ja, seit kurzem“, beantwortete ich daher nur die Frage nach meinem Stand und nahm die Kondolenz entgegen. Ich wollte nicht über meine Frau allzu viel sprechen, auch wenn ich natürlich mit dem ganzen Elend erst angefangen hatte. Aber meine echte Meinung über den Ehestand war wohl kaum ein geeignetes Tischgespräch.
“Meiner Erfahrung nach haben alle Frauen einen angeborenen Instinkt dafür, ihren Ehemännern auf der Nase herumzutanzen, ganz gleich, welcher Philosophie diese auch folgen mögen“, brummelte ich dann aber doch, was mir einen kurzen, fragenden Blick von Leander einbrachte. Der war wirklich noch schlimmer als mein Eheweib! Aber gut, ich benahm mich ja auch schon wieder. “Verwandte selbstverständlich ausgenommen.“
Ich sollte mich besser dem Essen widmen. “Ich nehme gern etwas Mulsum, wenn er nicht zu schwer und gut gesüßt ist. Die schweren Weine vertrage ich nicht mehr so gut wie früher, auch verdünnt nicht. Das Alter ist ein harter Lehrmeister für Genügsamkeit und Selbstdisziplin.“
Ich nahm mir etwas von dem frischen, duftenden Brot und etwas Käse, der mir etwas gelber schien als der in Rom verbreitete. “Es klingt alles sehr verlockend, werter Furius Saturninus, und ich danke dir sehr für dieses herrliche Mahl. Der Käse hat eine interessante Farbe. Ob das wohl davon kommt, dass es hier nicht so trocken ist wie in Rom?“ philosophierte ich vor mich hin und probierte dann genüsslich. In jedem Fall schmeckte er schön mild und würzig.
Davon, dass der Sklave der Furier Leander anlächelte, bekam ich nichts mit, ebensowenig wie von dessen kurzen, freundlichen Nicken in die Gegenrichtung als Zeichen des Erkennens. Wahrscheinlich hätte ich mich sonst sehr darüber amüsiert, dass mein Leander offenbar eine Anziehungskraft auf junge Burschen ausübte. So aber widmete ich mich nur dem guten Essen und dem Gastgeber, der sich scheinbar sehr über das Geschenk freute.
“...keine Ablenkungen“, komplettierte ich also seine Aufzählung der Dinge, die es hier in Iscalis nicht gab. “Ich wollte immer noch weitere Werke verfassen über das römische Gesetz und die Rechtsprechung, aber in Rom kam ich nie dazu. Entweder gab es eine Einladung, oder einen Klienten mit einem Problem, oder meine Frau wollte mich mit dem neuesten Klatsch beglücken, oder meine Töchter sich über ihre Ehemänner beschweren – zwei fabelhafte Burschen übrigens, über die sie sich nicht beschweren sollten – oder es gab einen Gerichtsfall, den ich vertreten sollte, oder einen, bei dem ich zumindest zuhören sollte, um wieder jemand anderen mit einem ähnlichen Problem zu beraten, oder es gab hier eine Intrige oder dort eine Bedrohung… Ich hatte nie wirklich Zeit dafür, das zu tun, was ich eigentlich tun wollte, nämlich meine Erfahrungen niederschreiben, der Nachwelt etwas von Wert hinterlassen, so dass künftige Generationen an Rechtsgelehrten nicht gar so stümperhaft im Nebel der Jurisprudenz herumstochern. Meine Calpurnia wäre nie damit einverstanden gewesen, Rom zu verlassen, aber nun, da ich frei bin, zu tun und zu lassen, was ich will, und mein Arzt meinte, ein feuchteres Klima wäre gut für meine Lungen, habe ich die Chance ergriffen und all die Ablenkung hinter mir gelassen. Wie du sagtest, keine Theater, keine öffentlichen Lesungen, nur ich, meine Bibliothek und meine Pfeife. Das Elysium könnte nicht schöner sein.“ Vor allen Dingen, da ich hier ganz sicher ohne meine Frau war, während das im Elysium nicht ganz sicher wäre.
“Und du, werter Furius Saturninus, wurdest du hier hin versetzt oder hast du dich auf diese Stelle hier beworben?“, erkundigte ich mich dann auch gleich mal nach seinen Gründen, warum er als Patrizier hier am Rand des Imperiums weilte und nicht in der Ewigen Stadt im Senat.
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