RE: Das Tablinum
Pytheas lächelte auch; es war sein in sich gekehrtes Lächeln. Er wusste erst nicht, wie er die Sache mit der Trunkenheit einem römischen Ritter erklären sollte, der sich bestimmt nichts davon vorstellen konnte. Und wenn: Würde es ihn interessieren? Flavianus Pyheas schämte sich nicht für das, was oder wer er gewesen war. Schicksal war Schicksal. Aber so oft begegnete er Gedankenlosigkeit, was Sklaven anging. Gedankenlosigkeit war mehr verbreitet als gezielte Grausamkeit, die es in manchen Fällen gewiss auch gab, doch Gedankenlosigkeit war das verbreitetere Übel. Er beschloss, die schlichte Wahrheit zu erzählen:
"Ich war als Kind Mundschenk im Kaiserpalast", er trank einen Schluck von seinem Beinahe - Wasser:
"Wenn dort ein großes Gelage stattfand, da gab es nicht nur ein Triclinium, sondern gleich acht oder neun davon, und überall liefen kleine Jungen als Ganymed, verkleidet herum, um den Gästen einzuschenken. Jungen wie ich. Es fing an damit, dass die älteren Jungen einem einen Becher Wein gaben, weil man Angst vor den vielen Leuten hatte. Und dann entdeckte man, dass man die Reste im Becher beim Abräumen ja auch austrinken konnte. Und das der Wein wirklich gegen die Schüchternheit half und allgemein beim Dienst und gegen die Kälte und später beim Einschlafen. Und überhaupt bei allem", er sah hoch:
"Ich war mit neun Jahren schon öfters tüchtig betrunken, und hätte ich es nicht sein lassen, wäre ich vielleicht nicht einmal elf geworden. Ein guter Mann hat mich gerettet. Aber daher bin ich vorsichtig, was den Weinkonsum angeht"
Diesmal war sein Ausdruck anders, voller Wärme, einen Moment lang, dann besann er sich wieder, wo er war. Er sagte:
"Verzeih mir, Eques Balventius Varro, wenn ich dich nicht angemessen unterhalte. Das liegt nicht in meiner Absicht. Fortuna hat es immer gut mit mir gemeint, in jeder Beziehung", er deutete auf die prächtige Umgebung.
Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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