RE: Ablenkungen
Die Art, wie er mich ansah, verursachte mir doch ein wenig Gänsehaut. Aber ich war zu professionell, um mir das anmerken zu lassen. Offenbar war er wohl nicht der netteste der Stadtbewohner, aber solange er der einflussreichste und wohlhabendste war, bestand ich nicht auf süß gesäuselte Liebesschwüre. Da war ich dann doch durch meinen Beruf eher pragmatisch und hatte schon zu viel gesehen und zu viel erlebt, auch wenn mir selbst zum Glück noch nie etwas passiert war. Aber es gab schon einen Grund, warum wir zuhause einen ziemlich großen und robusten Türsteher bezahlten. Manchen Männern machte es Spaß, Frauen wehzutun. Und bei einer Ehefrau gab es da Scherereien mit Verwandten. Bei unsereins gehörte das zum Berufsrisiko dazu.
Ich lächelte aber weiter und gab mich unbeeindruckt, während er Wein kaufte und mich sagte, dass er keinen Tratsch kannte. Das glaubte ich so nicht, aber das musste ich ihm so ja nicht sagen. Stattdessen trat ich noch einen kleinen Schritt näher, um zu sehen, wie er darauf reagierte. Eine römische Dame würde sich niemals einem Mann so nähern, oder ihn gar anfassen. Aber ich stand jetzt nah genug, dass er wohl die Blüten in der Seife riechen konnte, mit der ich mich heute Morgen gewaschen hatte.“Und was erzählt man sich so über dich?“ fragte ich nach und schaute offen gespielt naiv, auf die Art, dass er es als Spiel durchschauen musste. “Lass mich raten. Da dir die Mine gehört, sollte ich mich wohl besser von dir fernhalten, damit ich nicht selbst dort lande. Weil du jemand bist, mit dem sich ein Mädchen nie anlegen sollte. Und auch kein Mann. Richtig?“ Ja, zum Teil war es geraten aus der Art, wie die Leute auf ihn reagierten, zum Teil aber auch Schmeichelei, denn sicherlich sagten die Leute eher so etwas, wie dass er ein gemeiner Sklavenschinder sei, der Spaß daran hatte, oder so etwas. Aber das war weniger flirttauglich.
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