"Ich kenne keine Mutter, ich kenne nur die Priesterin", sprach Dunduvan und verhinderte es nicht, dass sich ein gewisser Unterton in seine Stimme schlich, wie eine dünne Eisschicht, die eine Pfütze im Winter bedeckte. Kälte. Sein Anblick musste für die Mutter schmerzlich gewesen sein, so oft er ihr unter die Augen kam. Ein immerwährender Stachel im Fleisch. Sie hatte ihn nie angesehen, wenn sie mit ihm gesprochen hatte; mit leiser Stimme, nicht aufgebracht oder gar böse. Meist nur: " Geh draußen spielen, jetzt möchte ich hier sein". Seine Zwillingsschwester Siofra war mehr Mutter gewesen als sie und jetzt waren die Falken seine Familie und Cathbad der Vater:
"Ich war nicht bei Caradoc als er starb. Ich weiß nicht, ob noch jemand. Die Deutung der Prophezeiung hätte er ja nur einem anderen Druiden oder einer Priesterin anvertrauen können. Ich hatte versucht, einen Verwirrzauber gegen die Römer zu wirken mit Ledonkraut ... doch er hielt nicht lange vor"
Cartivel sprach nun von einer jungen Frau und ihrem
Ruf, und einen Moment lang glaubte Dunduvan zu wissen, wen und was er gesehen hatte.
Raven, dachte er, das war
Raven. Schwester...aber seine Schwester war tot. Dunduvan wusste selbst, dass er Raven Unrecht tat; sie war lieb und hübsch und gütig, doch sie war jemand, den er am liebsten aus dem Kreis seiner Gedanken verbannt hätte.
Soll sie selbst Cartivel sagen, was sie ist, dachte er, da Cathbad sie anscheinend ihm gegenüber nicht erwähnt hatte:
"Augen wie Kohlen sagst du? Du hast gewiss mit Raven gesprochen, sie war die Jungfrau auf dem Samhainfest", er horchte aber auf:
"Ob sie die Deutung der Weissagung kennt? Vielleicht hat sie deshalb Cathbad gerufen? Aber jetzt bist du hier, o Druide Cartivel, anstelle von Cathbad",
Dunduvan hatte nicht getrunken, sondern seinen Becher unberührt gelassen:
"Wir könnten sie rufen - sie alle, alle Falken, die hier in Iscalis sind" , seine Wangen röteten sich etwas vor Eifer. Jetzt würde es hoffentlich in den Krieg gehen. Der Gedanke an Krieg flößte ihm keine Furcht ein, sondern im Gegenteil: Nur so fühlte er, dass er am Leben war.