Pytheas hörte ernst zu und erwiderte:
"Werte Iuventia Helena, ich halte Mädchen keineswegs für weniger klug als Jungen. Das Sitte und Gesetz sie auf ihren Platz verweisen, liegt auch nicht an mangelnder Begabung",
er wechselte das Thema, denn seine Ansichten waren eigen, und um ihnen die Schärfe zu nehmen, lächelte er:
"Ich gestehe, dass ich selbst kein Gynäkologe bin, aber ich habe große Achtung vor meinen Kolleginnen, die sich mit der Frauenheilkunde beschäftigen. Einen Druckverband legt man bei gewöhnlichen Wunden an, bei Kindswasser ist er eventuell wirklich kontraproduktiv. Wir werden also die Beine freilassen, und tun was Du vorschlägst. Sie soll sich bewegen? Meinst du - auch aufstehen?"
Er hatte am Anfang, als er Iuventia Fabata über das Sumpffieber
ausgefragt hatte, schon deren klares Urteil festgestellt. Ihre junge Nichte schien noch befähigter zu sein. Ein Jammer, dachte er, dass man eine solche junge Frau vielleicht an irgendeinen Tölpel verheiraten würde, einen anderen Wirt oder einen Handwerker. Sie würde Kinderbettchen füllen, und vielleicht irgendwann im daran sterben. Wäre das hier Rom, hätte sie bei einer ausgebildeten
Medica studieren können...
Ihm fiel auf, dass er mit Iuventia Helena sprach, als ob sie eine
Kollegin wäre und nicht nur ein Mädchen. Das musste sie erschreckt haben, denn sie senkte sittsam den Blick auf ihre Hände
.
"Entschuldige werte Iuventia Helena. Ich sollte dich das nicht fragen", sagte Pytheas sofort. Auch wenn er mittlerweile ein freier Mann war: Unverschämtes oder gar sittenloses Betragen gegenüber einer jungen Haustochter würde kein römischer Bürger dulden, dafür konnte er bestraft werden:
"Bitte vergiss, was ich gesagt habe. Deine Tante hat zwei schöne Kinder, die es beide wert sind, vom Vater hochgehoben zu werden. Aber sie braucht Schonung, denn sie hat viel Blut verloren"