Es machte mich froh, dass mein Großonkel kein Wort über den Inhalt des Briefes verlor. Hätte er schlecht über Mutter gesprochen, hätte mich das beschämt, denn verteidigen konnte ich sie ja auch nicht.
Es stand mir weder zu, noch gab es etwas Verteidigungswürdiges.
Meine Mutter Cloelia hatte einen neuen Ehemann und mit ihm zwei Söhne. Sie hatten mir zu verstehen gegeben, dass unter ihrem Dach kein Platz für mich war.
Verdenken konnte ich es Ritter Haterius nicht. Ich war eine unnütze Esserin, denn als bloßer Stiefvater konnte er mich nicht einmal verheiraten. Das stand nur meinem Vormund zu.
Außerdem, und dieser Gedanke war ziemlich schrecklich für mich, da ich es mir nicht einmal vorstellen mochte: Mein Stiefvater war vielleicht ambitiös genug, meiner Mutter den Scheidebrief zu schicken, um selbst um meine Hand anzuhalten.
Nicht etwa dass er mir gegenüber unerlaubte Gefühle hegte, sondern nur weil eine Claudia höher stand als eine Cloelia. Mutter hatte zumindest sowas vermutet, und ihre Formulierung
(10-29-2022, 06:25 PM)Claudia Sabina schrieb: Doch nun ist sie endgültig in ein Alter gekommen,
in dem ihre Abstammung den Ehrgeiz von Männern
anstacheln könnte.
Das ist gerade in Alexandria heikel...
bezog sich nicht auf irgendwelche Junggesellen, sondern auf ihren eigenen Ehemann. Gut, dass keiner der Anwesenden hier etwas davon ahnen konnte.
Ich schaute meine beiden Verwandten an:
Ich freue mich hier zu sein, sagte ich:
"Und es ist schön, dass du auch hier lebst, Lucretia Serena" ich lächelte Serena an.
Ich hoffte wirklich, dass wir rasch Freundinnen werden würden. Zuhause hatte ich nur meine Stiefbrüder gehabt und kein weibliches Wesen in meinem Alter. Allerdings hatte ich meine Stiefbrüder auch lieb, und der Gedanke, die beiden Jungs nie wieder zu sehen, ließ mich schlucken:
"Etwas zu essen wäre ganz fantastisch sagte ich.
Dann gab Onkel Menecrates die Anweisungen. Ich hatte Linos für einen Freigelassenen gehalten und er nannte meinen Vormund ja auch "Patron", aber ein wenig ging mein Onkel mit ihm um wie mit einem begriffsstutzigen Sklaven.
Oha, also konnte er auch anders als
freundlich.
"Ich habe auch zwei Sklaven mitgebracht, meinen Agamedes und meine Anaxarete", sagte ich hilfsbereit:
"Sie können natürlich auch beim Servieren und in der Küche helfen. Agamedes ist ein Philosoph und Anaxarete spricht nur Griechisch, aber ich denke nicht, dass das ein Hindernis ist"
Ein bisschen merkte ich selbst, dass meine beiden Alexandriner Sklaven hier in Britannia keinen großen Nutzen hatte. Ich hoffte nur, dass ich sie behalten durfte.