RE: Kleines Gästezimmer im zweiten Stock
Madoc betrachtete den Römer mit kalter Ruhe. Die Worte, die er Rhian entgegenschleuderte, perlen an ihr ab wie Regen an einem Schild, doch Madoc sah, wie ihre Finger sich verkrampften, wie ihr Atem schneller ging. Vielleicht hätte sie ihm gern das Messer selbst an die Kehle gesetzt – aber das war nicht ihre Rolle in dieser Geschichte.
Dann traf ihn der Blick des Gefangenen. Der Römer wollte sterben wie ein Mann, mit dem Stahl eines Kriegers in der Brust, nicht mit dem Messer einer Priesterin an der Kehle. Madoc hätte lachen können über diesen letzten Rest römischen Stolzes.
"Ein Soldat, sagst du?" Er sah dem Römer direkt ins Gesicht. "Du sprichst von Ehre, von Rache und von dem Zorn Roms. Aber du bist hier, gefesselt, blutend – und du bettelst. Nicht um dein Leben, nein. Du bettelst darum, deinem Schicksal zu entkommen."
Er neigte den Kopf leicht zur Seite, als würde er den Tribun abschätzen. "Du fürchtest unsere Götter, Römer. Du spürst es, nicht wahr? Dass dein Mars hier machtlos ist. Dass du auf einem Land stehst, dessen Erde mit dem Blut deines Volkes getränkt ist, und doch gehört es nicht euch."
Dann, mit einer knappen Bewegung, wandte er sich von dem Gefangenen ab und blickte zu Anwen. "Er gehört dir."
Ohne ein weiteres Wort trat er zurück, ließ den Römer mit der Priesterin, die er so fürchtete, allein. Sollten die Götter entscheiden, ob sie seinen Wunsch erhörten – oder ihm eine Lektion erteilten, die er mit seinem letzten Atemzug bereuen würde.
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