RE: Officium | Glück, Kummer und Gleichmut
Leander war zufrieden, als Nicander noch ein wenig vom Liebesspiel schwärmte. Welcher Mann hörte auch nicht gerne, ein guter Liebhaber zu sein? Und ginge es nur hierum, hätte Leander auch wirklich zufrieden sein können. Nur leider war das Leben nicht so einfach, als dass man sich einfach über Reichtum und körperliche Erfüllung freuen und es damit gut sein lassen konnte.
Und so seufzte Leander leicht und schälte sich vorsichtig aus dem Dreiergespann, ohne Innogen dabei zu wecken. Die Sklavin war der abwechselnden Manneskraft zweier Männer nicht ganz so gewachsen gewesen und würde wohl den restlichen Tag mit wackeligen Knien zurechtkommen müssen, sobald sie wieder aufwachte. Noch eine kleine Auszeichnung für Leander, wie er fand. Er hätte gerne noch ein gleiches Ergebnis bei Nicander erreicht, doch dieser hatte wohl nicht ganz so mit den Nachwirkungen zu kämpfen.
Und es würde wohl auch keine dauerhafte Einrichtung werden. Nicht nur, weil Leander dennoch Frauen klar bevorzugte, sondern auch, weil Nicander noch immer deutlich in Orestilla verliebt war, und letztendlich ihr gehörte, wenngleich er momentan Teil der Mitgift war. Doch bei einer Scheidung wäre er selbstverständlich auch wieder weg.
“Es geht nicht um einen ersten oder auch um einen zehnten schritt“, sagte Leander etwas neidergeschlagen und schaute nach, ob in seinem Krug noch etwas Posca war, da er Durst hatte. Er hatte Glück, also trank er einen Becher und bot dann auch Nicander denselben Becher an, falls auch er seinen Durst löschen wollte.
“Orestilla ist einfach ein Kind, und je länger ich sie ansehe und je mehr ich mit ihr rede, wird mir klar, dass sie einfach ein Kind ist. Und es widerstrebt mir zutiefst, mit einem Kind Sex zu haben. Es reizt mich nicht auch nur das kleinste bisschen. Und allein aus Pflichterfüllung bin ich mir nicht einmal sicher, ob ich es tun könnte, und ich möchte es ehrlicherweise auch gar nicht herausfinden.“
Er kam an seiner Tunika vorbei und zog sie sich über den Kopf. Hier im hinteren Teil des Hauses war es doch etwas frischer als in der Nähe der Küche. “Der einzige Grund, warum ich keine Scheidung ausspreche, ist ehrlicherweise Mitleid. Sie würde weitere Sklaven verkaufen müssen, weil sie keine Einnahmen hat. Bestenfalls könnte sie zu ihren Verwandten zurückziehen, aber hier in Iscalis allein wäre es nur eine Frage von Monaten, ehe sie das Haus nicht mehr halten kann oder gezwungen ist, weiteren Besitz zu veräußern. Und da sie kein Vermögen vorzuweisen hat, wird sie auch keinen Ehemann mehr finden, der sie dennoch nimmt. Zumindest keinen, den sie haben wollen würde.“
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