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[Louarn]

Den größten Teil des Weges aus Cheddar war ich gelaufen. Die kalte Luft tat mir gut dabei, meinen Kopf wieder einigermaßen klar zu kriegen. Und die relative Einsamkeit der Straße ebenso. Und ein paar Dinge wurden mir klar, während ich die Meile nach Iscalis lief, das Stadttor passierte und mich auf dem Weg zu Alans Stall machte: Ich hatte es verkackt. So richtig. Egal, wie sehr Cathbad auch den Tod verdient hatte, egal, welche Gründe ich gehabt hatte, ich hatte einen Druiden getötet. Und nicht nur irgendeinen, sondern den gewählten Anführer des Rates. Und früher oder später würde sein fehlen auffallen, und man würde nach ihm suchen.
Und wenn ich die Wahrheit darüber sagte, was geschehen war, würde man mich umbringen. Und nicht nur mich, sondern vermutlich die anderen Falken vorsichtshalber gleich mit. Abgesehen davon, dass sie Calum sowieso würden umbringen wollen, war das Risiko, dass einer der anderen bei meiner Tat mit drin hing, sonst einfach zu groß. Das hieß, und ich hasste allein schon den Gedanken, dass ich weiterhin lügen musste und so tun, als wüsste ich von nichts.

Aber auch noch ein zweiter Gedanke kam mir, und der war fast noch erschreckender. Was sollte ich jetzt machen? Bislang hatte ich stets darauf gewartet, dass Cathbad mir eine Aufgabe zuwies. Gehe dorthin, hole da Informationen ein, bringe diesen da um, unterstütze deine Brüder, beschütze die Priesterinnen, die Druiden oder eben auch meine Brüder. Aber jetzt? Was würde ich jetzt tun? Was würden wir alle jetzt tun? Gab es unseren Auftrag überhaupt noch?
Eine ganze Welt an Möglichkeiten tat sich vor mir auf, wo zuvor nur ein einzelner Weg ohne Abzweigungen gewesen war. Ich könnte hier in Iscalis mein ganzes Leben bei Alan verbringen. Oder zumindest, so lange er lebte. Oder ich könnte weggehen. Nach Westen zu den Silurern, meine Familie einmal sehen. Ich musste mich ihnen ja nicht offenbaren, nur… sie einmal sehen, mehr nicht. Vielleicht als einfacher Krieger dort leben. Oder ich könnte weiter gehen, nach Eire, dort einen Filid suchen, der mich vielleicht noch unterrichtete, obwohl ich kein entsprechendes Erbe vorweisen konnte und für den Beginn der Ausbildung eigentlich viel zu alt war. Aber ein wenig konnte ich ja schon. Oder ich könnte wieder ganz hoch in den Norden, da kannte ich noch zwei oder drei Druiden, die sicher auch ein Wort für mich einlegen konnten bei einem Filid. Es wäre möglich.

Zum ersten Mal in meinem Leben war etwas möglich.

Ich kam auf den Hof und die Hufen meines Braunen klapperten auf der gepflasterten Fläche. Alan war gerade in der Stallgasse und fegte und schaute heraus. Als er mich sah, hellte sich sein Gesicht etwas auf, und auch meines deutete ein ganz leichtes Grinsen an. Dann wurde sein Blick wieder etwas strenger. “Du hast schon wieder abgenommen. Du warst doch grade Mal ein paar Tage weg! Muss ich dich wie ein Kind füttern anfangen!“
Ich kratzte mir verlegen am Nacken. “Ich freu mich auch, dich zu sehen, Alan. Mein Brauner braucht etwas Hafer, und ich hatte gehofft, du hast noch Arbeit für mich.“
“Ich hab immer Arbeit, das weißt du ganz genau. Also schaff dein Pferd rein und hilf mir. Bleibst du diesmal länger?“
Ich wusste ehrlich nicht, wie ich darauf antworten sollte. Zum ersten Mal hatte ich das selbst zu entscheiden. “Ich denke schon“, sagte ich also mit einem seltsamen Gefühl in der Magengegend und führte meinen Braunen rein.
“Ach, und Louarn?“ hielt Alan mich noch kurz auf. “Du weißt schon, dass dein Pferd schwarz und obendrein eine Stute ist, oder?“
Ich grinste wissend und führte meinen Braunen rein, um ihn abzuzäumen und den versprochenen Hafer zu bringen.