RE: Arianwen wird verkauft
Ich war nicht träge gewesen. Schon nach der ersten Begegnung von meiner Domina Orestilla mit jenem Plautius Leander hatte ich mich erkundigt, was das denn für ein Mann wäre. Auch wenn ich nur ein Diener war, würde ich meine süße Herrin nicht in ihr Unglück laufen lassen. Ich befragte jeden, der irgendetwas wissen konnte, sogar die Mietmädchen in den Gassen.
Plautius Leander war der Archivar des Rathauses, doch das war leicht herauszufinden gewesen. Mich interessierte anderes: Wie war sein Charakter? War er gerecht? War er gütig? War er freundlich? Oder war er vielleicht hinter der Fassade eines braven leitenden Beamten grausam oder pervers oder beides? (So etwas erfuhr man von Prostituierten, wenn man höflich war und sie auf einen Wein einlud) Iscalis war ein Dorf, da erfuhr man viel vom Hörensagen.
Aber Plautius Leander hatte einen untadeligen Ruf. Er galt trotz seiner guten Stellung als freundlich und hilfsbereit und auch nicht als sonderlich korrupt - zumindest nicht über das übliche Maß hinaus.
Ich verbuchte meine Informationen sorgfältig in meinem Gedächtnis, als ich über den Markt schlenderte. Ich wusste nicht warum mich meine Schritte zum Sklavenmarkt führten. Aber da war ich.
Plautius Leander war von seinem Herren freigelassen worden und adoptiert worden. Manche solcher Freigelassenen pflegten sich an der Gesellschaft zu rächen, die sie hatte Sklavendienst leisten lassen, indem sie widerlich zu allen waren - besonders zu ihren früheren Standesgenossen. Wie Plautius Leander wohl zu seinen Sklaven war? Von der Plautier - Familia erfuhr man nichts, Sklaven eines guten Haushaltes ließen sich nicht ausfragen.
Ich schaute meine Brüder und Schwestern in Ketten nachdenklich an. Eine wunderschöne rothaarige Frau wurde gerade gekämmt und zurecht gemacht. Vermutlich sollte sie das Bett eines Reichen wärmen. Das erinnerte mich an Cassia, ach...
Ich schaute der Auktion zu, und das Herz wurde mir schwer. Was ihnen dort geschah, das meinte ich gerade, am eigenen Leib zu verspüren. Begafft, betatscht, verhandelt wie ein Stück Fleisch. Welcher Mensch hatte es verdient, so Hoffnung und Liebe zu verlieren? Und wann würde ich je wieder frei sein? Und wenn Norbanus nicht zurückkehrte und meine süße Domina sich doch vermählte ... was würde dann aus mir werden?
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