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Am Brunnen vor dem Tore - Einweihung des Grazienbrunnens
08-23-2024, 10:42 AM,
Beitrag #32
RE: Am Brunnen vor dem Tore - Einweihung des Grazienbrunnens
(08-21-2024, 01:35 PM)Tiberius Furius Saturninus schrieb: Nun war die Zeit für die Eröffnungsrede gekommen. Saturninus holte Licinianus Owain zu sich. Zum Zeichen, dass sein Herr sprechen wollte, schwenkte Scaevus ein großes, weißes Tuch. Es trat einigermaßen Ruhe ein, wobei die, die wirklich zuhöten wollten, nach vorne kamen, diejenigen, die beschäftigt waren, sich zu vergnügen, zumindest etwas leiser wurden. Saturninus hatte eine geschulte Stimme, doch die Akustik auf dem Forum war nicht die Beste. Daher war die Rede nicht allzu lange, denn der Furius hatte keine Lust, am nächsten Morgen mit Halsschmerzen aufzuwachen. Einen Löffel Honig hatte er schon früh am Morgen gegessen, um , wie die Schauspieler glaubten, damit seine Kehle zu schmieren:

" Bürger und Einwohner von Iscalis,
ich danke euch für euer zahlreiches Erscheinen.
Lasst mich ein paar Worte zu euch sprechen:

Wasser war schon immer Leben. Meine Vorfahren siedelten als eine der ersten Römer am Tiber, aber auch andere Nationen schlugen an den Ufern des weiten Meeres und an Flüssen und Seen ihre Wohnsitze auf. Wasser hat uns – außer der Tatsache, dass alle Lebewesen Wasser trinken müssen, um zu leben –  durch die Schiffahrt stets verbunden.

Aber schon seit längerem haben wir Menschen uns nicht allein auf natürliche Meere, Flüsse und Bäche verlassen.
Wir ersannen Kanäle, wir ersannen Aquädukte und wir ersannen Brunnen, um uns am köstlichen Nass zu laben, um Wege zu eröffnen und Wohlstand zu bringen.
Doch nicht nur Lebensnotwendiges, sondern auch das Streben nach Schönheit vereint alle Menschen unter der Sonne"


Saturninus nahm nun Owains Arm und streckte ihn nach oben, als sei dieser ein preisgekrönter Sportler:

" Hier an dieser Stelle möchte ich dem Künstler danken, der die Bronzeplastiken der schönen Göttinnen so meisterhaft gestaltet hat: Licinianus Owen! Er ist ein Sohn dieses Landes, keltischen Blutes, doch seine Sinne wurden verfeinert und seine Fertigkeit zu höchstem Ausdruck gebracht durch römische Bildung und römische Kunst.
Wir alle danken Dir, werter Licinianus Owen!"

Saturninus ließ den Arm des Kunstschmiedes los, um in den Applaus mit einzustimmen:

"Ich habe diesen Brunnen und dieses Fest im Namen meines Sohnes Aulus Furius Carus gestiftet. Denn ich möchte, wie es sich geziemt, meine Freude und die Gunst, die mir die Unsterblichen mit seiner Geburt erwiesen, mit euch allen, der Bürgerschaft teilen.

So hoffe ich sehr, dass dieser Grazienbrunnen euch hier auf dem Forum willkommen sein wird, um den Durst der Wartenden zu stillen...“
damit spielte Saturninus darauf an, dass sich ab und eine Schlange vor der Provinzialverwaltung bildete, und einige lachten:

„...und ihr Auge mit Anmut zu erfeuen. O unsterbliche Grazien, schenkt euren Segen dem Brunnen, der euch gewidmet und nach euch benannt ist"

Und nach Aglaia, dachte Saturninus.

Der Furius gab das Zeichen: Wasser Marsch! Mit hellem Sprudeln schoss es aus dem Rohr unterhalb der tanzenden Füße der Grazien hinaus in das Becken. Die Zuschauer jubelten. Und der Jubel wurde noch größer, als sich das Wasser plötzlich in süßen Wein verwandelte. 
Schon drängten viele, zu kosten. Die nächsten zwei Stunden sollte das mit dem Wein auch so bleiben.
Die Begrüßung des Furiers fiel freundlich, ja sogar herzlich aus, als er Deirdre und mich, mitsamt ihren Kindern erblickte. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, weil ich ja wusste, in welcher Beziehung er und Deirdre standen. Doch offenbar musste ich mir keine Sorgen machen, dass wir beide erneut zu Konkurrenten werden könnten.

Furius Saturnius bat mich, in der Nähe zu bleiben, da er auch mich mit dem neu gestalteten Brunnen den Menschen aus und um Iscalis präsentieren wollte. Eigentlich war ich kein Freund solcher Zurschaustellung. Ich war nicht der Typ, der ständig im Mittelpunkt stehen musste. Der Furius aber schien jeden einzelnen Moment davon auskosten zu wollen. So blieb ich also in seiner Nähe und tat ihm den Gefallen.
Kurz darauf begann er schließlich mit seiner Rede und präsentierte nicht nur den Brunnen, sondern auch mich den Anwesenden, die tatsächlich zu Hauf gekommen waren. In erster Linie waren es natürlich die römischen Bürger der Stadt. Aber dazwischen konnte man tatsächlich auch vereinzelt einheimische Bewohner aus Iscalis und Cheddar entdecken. Schließlich gab es heute Essen und Wein in Hülle und Fülle und das auch noch ganz umsonst! Ja, der Furier ließ sich das alles einiges kosten. Selbstverständlich tat er das nicht ohne Hintergedanken. Römer handelten nie, ohne damit einen bestimmten Zweck zu dienen.
Er ergriff meinen Arm, streckte ihn nach oben und dankte mir als Künstler. Natürlich nicht ohne darauf hinzuweisen, dass dieser Brunnen nur durch mein Studium an römischen Statuen und anderen Kunstwerken entstehen konnte. Nun ja, wären die drei Grazien keltischen Ursprungs, würden sie sicher anders aussehen.
Die Menge begann zu applaudieren, auch wahrscheinlich deshalb, weil Furius noch darauf hinwies, dass er den Brunnen und das Fest im Namen seines neugeborenen Sohnes gestiftet hatte. Dennoch würde ich mich wahrscheinlich auch in den kommenden Wochen und Monaten kaum vor neuen Aufträgen retten können. Was bedeutete, dass ich dringend Unterstützung brauchte. Noch mehr Gehilfen. Oder besser noch ein weiterer ausgebildeter Schmied wäre gut! Aber damit wollte ich mich nun jetzt nicht näher beschädtigen. Das konnte auch noch bis morgen oder nächste Woche warten. Stattdessen nahm ich mir einen Becher und füllte ihn mit dem Wasser, das nun aus dem Brunnen rann. Doch nach dem ersten Schluck stellte ich schnell fest, dass es sich um Wein handelte, was da aus dem Brunnen sprudelte. Ich verzog etwas das Gesicht. "Das ist ja Wein!" meinte ich verblüfft. Ja, ich musste gestehen, ich war beeindruckt!
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RE: Am Brunnen vor dem Tore - Einweihung des Grazienbrunnens - von Licinianus Owain - 08-23-2024, 10:42 AM

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