"Der Weg war angenehm, ja. Und ich hoffe, dass es allen gut geht" Rhea war zu Deirdres Hilfe abgestellt, doch sie war auch Auge und Ohr ihres Herren. Saturninus vertraute Deirdre, aber er wollte immer alles über den kleinen Tiberius wissen. Bevor Rhea ihn aber informieren konnte, forderte schon eine kleine Person Saturninus volle Aufmerksamkeit.
Der Furius war entzückt von dem kleinen Burschen, der auf ihn losstürmte und ihn gleich erkannte, obwohl er sich doch so rar gemacht hatte. Er fing ihn auf und nahm ihn auf den Arm. Seine kleinen Füße würden das blendende Weiß beschmutzen, doch in der Villa hatte es genug fleißige Hände, die das wieder sauber bekamen:
"Salve kleiner Mann", sagte Saturninus zärtlich. Der Junge zeigte ihm sein Holzpferd auf Rollen.
" Das ist ein schönes Spielzeug. Wenn du älter bist, sollst du dein eigenes lebendiges Pferdchen haben"
Mit dem Jungen auf dem Arm gab er Deirdre einen Kuss. Sie war hochgewachsen, und er musste sich kaum hinunterbeugen:
"Sei gegrüßt, Klientin", sagte er genauso förmlich und wies dann mit dem Kopf auf Aidan:
"Er sieht gut aus, und er ist klug. Du bist eine vorbildliche Mutter, Furiana Deirdre und machst deine Sache gut. Vielleicht tut es Kindern auch wohl, hier auf dem Land mit Ziegen und inmitten Bäumen aufzuwachsen. Das nächste Mal bringe ich Saturnina mit. Ja, Tiberius, du hast noch ein Schwesterchen, das mittlerweile auch anfängt, zu plappern",
Saturninus lachte leise. Er konnte nicht viel mit Säuglingen anfangen, die waren sozusagen unter seiner Würde beziehungsweise unter der Würde eines römischen Bürgers. Wer mochte schon nicht sprechen können, völlig hilflos sein, sabbern und in Tücher kacken? Wenn Kinder jedoch älter wurden so wie Klein- Tiberius, dann konnte man mit ihnen etwas unternehmen und ihnen etwas beibringen. Außerdem war die Ähnlichkeit mit ihm unverkennbar, außer einem rötlichen Schimmer im dunklen Haar und Augen, deren Dunkel durch grünliche Sprengel aufgehellt wurde, sah Tiberius vollkommen aus wie er selbst:
"Tiberius Furius Victor" , sagte er und schaute den kleinen Jungen an:
"Das ist lang, nicht wahr? Aber das ist dein wirklicher Name! Denn du bist ein römischer Bürger wie ich"
Saturninus stellte
Tiberius Furius Victor nun auf seine beiden eigenen kleinen Füße, was der mit gerunzelter Stirn goutierte und einer Miene, als würde er gleich protestieren.
Saturninus hängte ihm schnell die goldene
Bulla, das Medaillon, das alle kleinen römischen Jungen bekamen, um. Dann holte er die Urkunde - die Abschrift des Schreibens aus Londinium hervor:
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Das Konsilium für die Freiheit,
rechtmäßig zusammengetreten zu Londinium,
hat auf Grund der eingereichten Dokumente
und dem Bezeugen des edlen L. Petilius Rufus,
Legat Augusti pro Praetore
folgenden Entschluss
gefasst:
Der Knabe Furianus Aidan,
natürlicher Sohn des Bürgers Tiberius Furius Saturninus
und der Freigelassenen desselben, Furiana Deirdre,
rechtlicher Stand Latina,
freigelassen vor dem LAPP Petilius Rufus,
ist ein Bürger Roms.
Er darf ab sofort den Namen
Tiberius Furius Victor Aidanus
führen.
Begründung: Es liegt ein gerechter Grund vor,
da der Knabe vom Antragssteller als Sohn
anerkannt wurde.
Londinium,
datum ante diem XVI Kalendas Martias,
im zweiten Jahr der Statthalterschaft
des LAPP
L. Petilius Rufus
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Er wusste ja, dass Deirdre das nicht lesen konnte, also las er das langsam und mit gewichtiger Stimme vor. Es bedeutete ihm viel. Auch wenn Tiberius kein Patrizier werden würde und da er ein Freigelassener war, auch niemals in den Senat kommen oder ähnliches, konnte er etwas Tolles werden in der römischen Welt. Er hatte
Möglichkeiten.
Saturninus lächelte, rollte die Schriftrolle zusammen und gab sie Deirdre. Zusammen mit dem Geldbeutelchen:
"
Hier ist ein Geschenk für dich, meine Liebe. du weißt doch am besten, was du brauchen kannst" Dann wies er auf sich:
"Ich dachte, ich kleide mich dem Anlass angemessen. Tiberius sollte auch irgendwann eine kleine Jungentoga kriegen. Aber wenn du mich rein bittest, dann hilf mir bitte, meine Toga abzulegen. Ich darf doch rein? Oder hast du Herrenbesuch?"
Das war im Scherz gesprochen, doch Saturninus schaute seine Freigelassene forschend an. Er hoffte doch sehr, dass er willkommen war.