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[Thorianum B] B IV Didia Corona
11-29-2023, 12:08 PM,
Beitrag #31
RE: [Thorianum B] B IV Didia Corona
Corona öffnete langsam ihre Augen, der Blick noch vernebelt von der Fieberhitze und ihr Herzschlag hämmerte in den Ohren. Langsam nahm die Welt um sich herum wieder Formen an ohne das sie genau wusste, wo sie war und wer das vor ihr war. Nur Serafina erkannte sie, die ihr etwas an die spröden Lippen hielt.

[Bild: serafina-K.jpg]
Serafina
Serafina hatte wie angewiesen den Trank zubereitet und kniete wieder neben dem Lager ihrer Herrin. Erleichtert nahm sie wahr dass Corona wieder zu sich zu kommen schien. Sie stütze sie und hielt ihr den Becher an die Lippen.
„Langsam Herrin, nur ein paar Schlucke erst, es ist noch heiss. Es wird dir helfen.“

Der Trank brannte in Coronas ausgetrocknetem Rachen, sie musste husten und schob die Hand ihrer Sklavin von sich weg. Die ließ sich nicht beirren und flößt ihr immer weiter das Gebräu ein.
Corona war schweißgebadet, ihre Haare klebten an Stirn und Wange und auch die Kleidung klebte an ihren Körper, langsam kamen ihre Sinne wieder zurück und sie sah ihn die sorgenvollen Gesichter um sich.
Bo und Serafina erkannte sie doch den Fremden neben den beiden nicht. Sie krächzte wie eine altersschwache Krähe als sie versuchte zu sprechen, doch nur ein erneuter Hustenanfall schüttelte sie.
„Was ist passiert, wer ist das?“ kam es rau aus ihrer Kehle.
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11-29-2023, 05:31 PM,
Beitrag #32
RE: [Thorianum B] B IV Didia Corona
Pytheas hatte nicht viel Ahnung von Insulae, er hatte nie wirklich in einem großen Mietshaus gelebt. So nickte er nur: " Ich habe bei mir unten fließendes Wasser", sprach er: "Allerdings gibt es kein Becken, in dem eine erwachsene Person Platz finden könnte. Notfalls müssten wir das Balneum... öffnen" Damit meinte er einbrechen. Wenn Bo war, was seine hochstehende Bgleitung vermuten ließ, so war der Einbruch in ein kleines städtisches Bad für ihn die leichteste Übung. Eine tote Kaisernichte wäre weit schlimmer:

"Blüten von Holunder und Mädesüß, Blüten und Kraut von Nasturtium und Schafgarbe, von Weiden die Rinde", zählte er die Kräuter auf: " Man braucht keine Culina. Ein kleines Feuer in einem Becken reicht aus.  Ein Becher Wasser, Kräuter aufkochen und zehn Minuten darin ziehen lassen"  Er nahm eine Messingschale aus seinen eigenen Sachen. Ja, in Rom wäre das verboten gewesen. Aber Iscalis hatte keine Brandvorschriften, und Pytheas plante nicht, die Flamme außer Kontrolle geraten zu lassen.
Dann hatte Serafina - tüchtige junge Sklavin, dachte der Medicus, den Trunk fertig und flößte ihn langsam ihrer Herrin ein.
Zu Pytheas Erleichterung kam Didia Corona wieder zu sich. Sie hustete einig Male, sie war schwach, ihre Haare klebten in ihrer Stirn, und sie konnte kaum sprechen, doch ihre Worte waren vernünftig, und ihr Fieber gesunken.  Sie fragte, was passiert war und wer er sei:

"Salve werte Didia Corona. Ich bin Pytheas, ein griechischer Arzt", erwiderte der Medicus: " Du hattest hohes Fieber und die Besinnung verloren. Doch nun weilst du wieder bei den Deinen", während er sprach, tastete er nach ihrem Puls. Er war noch schwach, fliegend, aber unzweifelhaft vorhanden. Pytheas nickte noch einmal und legte die Hand der Patientin sanft auf die Decke zurück. Dabei dachte er: Was wird jetzt geschehen, wenn ihr Gedächtnis so gut ist wie das meine?
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Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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11-29-2023, 09:02 PM,
Beitrag #33
RE: [Thorianum B] B IV Didia Corona
Nur ganz kurz hoben sich meine Augenbrauen, als er meinte, wir sollten das Badehaus notfalls öffnen. Der Mann wusste ganz definitiv Bescheid, wer Didia Corona in Wahrheit war, für eine einfache Frau in einem einfachen Haus würde er sicherlich nicht einen Einbruch bei den Nachbarn vorschlagen.

Die Pflanzen, die er aufzählte, sagten mir etwas. Oder besser, sie sagten mir soviel, dass ich wusste, dass keine davon ein Gift war. Denn die Gifte kannte ich sehr gut. Nicht, dass ich sie benutzt hätte. Nein, die Kaiser hatten immer sehr viel direktere Wege bevorzugt, wenn sie mir einen Auftrag erteilt hatten. Aber ich hatte mehr als eine Frau in der Arena ihr Leben verlieren sehen, weil sich in ihrem Laden Dinge wie Arsen, Fliegenpilz, Schierling, Eisenhut und Wolfswurz, oder auch so Dinge wie Bilsenkraut oder Silphium, beides auch Heilmittel,, feilboten.  Und nicht selten hatte ich gezielt nach solchen Dingen gesucht, um Beweise für einen Verrat zu haben, den ein Kaiser gerne haben wollte.

Während ich den Medicus beobachtete, stellte Serafina den Tee her und flößte ihn Corona ein. Diese wachte sogar tatsächlich auf und war etwas verwirrt. Ich war erleichtert. Ein schwächerer Mann wäre wohl an ihre Seite geeilt, um ihre Hand zu halten und den Göttern zu danken, dass sie unter den Lebenden weilte. Aber ich würde sie niemals so einer Schmach vor anderen aussetzen, sie mit Zuneigung durch einen unpassenden, ihr untergebenen Mann in ihrer Stellung zu schmälern. Schon zweimal nicht, wenn sie erkannt worden war. Und so blieb ich nach einem kurzen Blick weiterhin stehen mit dem Blick auf den Medicus geheftet.
“Da sie erwacht ist, ist damit das Schlimmste überstanden oder welche Behandlung erfolgt nun?“ fragte ich also ab, was jetzt zu tun sei. Natürlich sagten alle Medici, dass sie noch mehrfach wiederkommen müssten wegen irgendwelcher ominösen Dämpfe, Ausdünstungen, böser Geister oder sonstigem. Damit rechnete ich sowieso. Aber ob jetzt akut weitere Schritte eingeleitet werden mussten, das war doch wichtig zu wissen. Damit ich wusste, ob ich den Mann zur Tür begleiten und mich dann um ihn kümmern konnte.
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Wird für einen Freigelassenen von Didia Corona gehalten
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11-30-2023, 10:57 AM,
Beitrag #34
RE: [Thorianum B] B IV Didia Corona
Der Fremde stellte sich als Medikus vor und griff auch gleich nach ihrer Hand. Irgendeine Erinnerung klopfte bei ihr an, aber Corona konnte sie nicht festhalten.
Krank war sie also gewesen, wieso den krank?
Es war doch alles wie immer gewesen, sowas musste man doch spüren, wenn man krank wurde.
Sie trank noch etwas von dem scheußlichen Gebräu das Serafina ihr an die Lippen hielt und musste an sich halten, um es nicht im weiten Bogen auszuspucken.

„Schon meine Mutter sagte immer, nur bittere Medizin hilft auch.“ 
Maulte sie angewidert und schob Serafinas Hand mit dem Becher von sich.
„Es geht mit jetzt wieder gut, du kannst jetzt gehen.“
Corona winkte ihn weg, als ob er eine lästige Zecke wäre
„Wo ist eigentlich Andromachus, warum schickt man mir einen Helfer?“

Corona war noch ziemlich desorientiert, sie dachte wirklich das sie in Rom war und nicht hier im kalten Britannien.
Als sie das entsetze Gesicht Serafinas sah wollte sie schon was sagen, aber da fragte Bo auch schon wie es den jetzt weiter ging.

[Bild: serafina-K.jpg]
Serafina

Serafina wendete sich von der Herrin ab und sah die beiden Männer an. „Könnt ihr das bitte draußen besprechen, ich möchte die Herrin jetzt etwas frisch machen und sie braucht jetzt Ruhe. Sie ist noch ganz verwirrt.“
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11-30-2023, 06:10 PM,
Beitrag #35
RE: [Thorianum B] B IV Didia Corona
Pytheas konnte gar nicht anders, als auf Didia Coronas Handbewegung und Worte zu reagieren, mit einem Automatismus, der ihm in Fleisch und Blut übergegangen war:
" Der Kaiserliche Leibarzt ist nach Kreta verreist, Herrin", erwiderte er prompt. Andromachus, der schon zu Pytheas Lehrzeit ein älterer Herr gewesen war,  war kürzlich in seiner Heimat friedlich verstorben, aber das sagte Pytheas nicht dazu, um die Kranke nicht zu beeunruhigen:
"Es ist alles in Ordnung. Bittere Medizin ist wirklich die Beste"

Das die Sklavin alle fremden Männer hinausschickte, war für eine tugendhafte Adlige selbstverständlich:  
"Domina Corona wird die nächsten Stunden schwitzen. Reibe sie bitte gut trocken ab und kleide sie, wenn sie danach verlangt, in eine frische Tunika", schärfte er der Sklavin noch einmal ein: "Kein Wasser oder Baden. Valete bene" 

Hoffentlich hatte sie überhaupt Kleidung zum Wechseln.  Arme Leute besaßen eine oder höchstens zwei Tuniken. Aber die Kaisernichte sollte nicht arm sein. Sie sollte überhaupt nicht hier sein. Patron Vespasian würde ein Schiff schicken, sie zu holen, wenn er...der Medicus schob das Problem erst einmal wieder von sich weg, denn Bo fragte, während sie vor die Tür der Mietwohnung gingen,  nach der Fortführung der Behandlung.

"Das Schlimmste ist überstanden, hoffe ich. Ich werde Morgen vor Praxisbeginn nach ihr sehen. Sie sollte...", es gab keine Culina, fiel ihm ein:
"Wenn du irgendwo eine kräftige Hühnersuppe kaufen kannst, so lasse deine Herrin davon essen, sobald sie Appetit verspürt", änderte er seinen Satz: "Leichte Kost, viel trinken, kein Wein"
Pytheas lächelte und dann sagte er noch abschließend,  weil die Leute für gewöhnlich so etwas erwarteten:
" Bringe am besten Morgen früh der Göttin Hygeia ein Opfer dar. Die gütige Hygeia möge über Didia Coronas Gesundheit wachen! Ein Stück Obst oder Feldfrüchte sind der Heilgöttin Dank genug. Falls es eine Verschlechterung gäbe oder eine dringende Frage auftauchen sollt , findest du mich hier im Haus oder in der Casa Octavia" 

Pytheas merkte selbst, wie bereitwillig er seine Adresse preisgab. Aber das Wohl der Patientin ging jetzt vor. Es durfte nichts schief gehen. Didia Corona musste erst einmal gesund werden, bevor er, Flavianus Pytheas,  an weitere Schritte denken konnte.
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Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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11-30-2023, 06:33 PM,
Beitrag #36
RE: [Thorianum B] B IV Didia Corona
Verdammter Mist! Wenn der Medicus bis eben noch Zweifel gehabt haben sollte, hatte Maesa sie soeben mit ihrer fiebrigen Frage wohl weggewischt. Nur kurz schloss ich die Augen, während der Medicus Serafina Anweisungen gab und Maesa ihn dann auch schon wegschickte. Ich hasste den Teil, der jetzt kommen musste. Zu oft hatte ich das schon vollbracht. Augen, vor Panik aufgerissen, Finger, die an meinem Arm kratzten, diese so leise Flehen, die ersterbende Hoffnung. Bilder, die ich vergessen wollte, stiegen wieder hoch, tausend Schatten, die mit ihren Geisterfingern nach mir griffen und mich anflehten, den Reihen der ihren nicht einen weiteren Schatten hinzuzufügen. Jammernd, klagend. Ich hasste diese Striges, die ihre scharfen Klauen in mein Gewissen schlugen.

Trotzdem war ich ruhig und gefasst, als ich den Medicus in Richtung Tür begleitete. Im Vorraum hatte sich die Tür zu den beiden Frauen noch nicht geschlossen, als er mir riet, ein Opfer zu bringen. Kurz zuckte mein Mundwinkel. Ich hatte schon viele Opfer an die Götter erbracht. Mehr als die meisten. Aber meine Bitten erhörten sie nicht.
Ich war auch im nächsten Augenblick so ruhig, so konzentriert und gefasst, als ich ihn mit meinen Händen gegen die Wand stieß und so dort festhielt, dass mein Ellbogen auf sein Schlüsselbein drückte und mein Unterarm gegen seine Kehle und so einen Schrei verhinderte. Ein wenig mehr Druck, das wusste ich, und sein Leben würde enden. Es wäre nicht das erste, das so durch meine Hände endete. Ich hatte gehofft, das davor wäre das letzte gewesen. Meine zweite Hand stützte sich noch neben seinem Kopf an der Wand auf, war aber bereit, seine Hände abzufangen, sollten diese in eine mir unangenehme Richtung wandern. In seine Tasche zu einem Messer beispielsweise.
“Du hast sie erkannt“, sagte ich dunkel und fast tonlos, während mein Blick den seinen festhielt. “Woher?“ fragte ich nur. Immerhin war Maesa nicht immer die Nichte eines Kaisers gewesen. Bis vor zehn Jahren war sie zwar die Tochter eines Konsuls und Stadtpraefekten und daher sicher von hohem Stand, aber nicht wie jetzt. Und den Großteil der Regierungszeit Vespasians war sie in Ägypten oder mit mir auf Reisen gewesen. Wir waren vorsichtig gewesen. So vorsichtig. Und doch reichte es nicht. Es war, als ob die Götter nicht wollten, dass meine Hände unbefleckt blieben. Vielleicht klebte auch einfach zu viel Blut an ihnen, als dass sie das jemals sein konnten.
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Wird für einen Freigelassenen von Didia Corona gehalten
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12-01-2023, 01:59 PM,
Beitrag #37
RE: [Thorianum B] B IV Didia Corona
Pytheas blieb stehen, wo er war und machte keinen Versuch, sich zu bewegen. Er war Medicus, er wusste, was passieren würde, wenn Bo seinen Druck erhöhte. Seltsamerweise überraschte ihn der Angriff nicht. Er bestätigte nur die Vermutung darüber, was Bo war. Sich zu wehren war ähnlich aussichtslos wie sich mit bloßen Händen gegen die Flut zu stellen. Mitleidlos wie die Gezeiten war auch das, was Bo verkörperte. Pytheas hatte als Sklave wenig mit ihnen zu tun gehabt, und nie mit ihnen gesprochen, außer einem Befehl nachzukommen. Sie standen himmelweit über ihm. Es war auch nicht so, dass er sie beim Töten - bis auf das eine Mal - gesehen hätte. Es reichte das Gerücht, das Wispern, die Frage, warum jener oder diese nicht zu Tisch kam, welches sie zu einem Schreckgespenst für die jungen Sklaven der Familia Caesaris machte - und nicht nur für jene. Es hatte Zeiten gegeben, da fürchteten selbst Adlige und Senatoren das Klopfen im Morgengrauen an der Haustür. Bo, der vermutlich nicht so hieß, war ein Prätorianer, ein Elitesoldat der Kaiserlichen Garde. Und er hatte gerade die Hand an Pytheas Kehle.

"Ich vergesse niemals Gesicht und Namen einer Patientin", erwiderte der Medicus etwas mühesam, da er schlecht Luft bekam: "Ich war damals auf dem Palatin Helfer von Andromachus, als ...Didia Corona uns nachts aufsuchte"  Seine hellen Augen verdunkelten sich kurz, denn er erinnerte sich gut: Flavia Maesa, eine edle Dame, war misshandelt worden, deswegen war sie gekommen.

"Du weißt, dass ich ihr keinesfalls Schaden zufügen möchte. Sonst hätte ich deine Herrin vergiftet, und nur ich besäße das Rezept für das Antidotum. Dann müsstest du mich jetzt am Leben lassen. Du aber hast mich nicht einmal zuerst von dem Kräuteraufguss trinken lassen. ", flüsterte Pytheas. 

Wenn er Didia Coronas Leben riskiert hätte, hätte er jetzt sein eigenes mühelos retten können. Dies entsprach der Wahrheit. Fragte sich nur, ob der Prätorianer Bo dieser Argumentation folgte oder lieber auf Nummer Sicher gehen würde?
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Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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12-01-2023, 03:04 PM,
Beitrag #38
RE: [Thorianum B] B IV Didia Corona
Der Mann war klug genug, sich nicht zu rühren. Er versuchte nicht einmal, meinen Arm von seiner Kehle zu ziehen. Nicht, dass das etwas genützt hätte, aber üblicherweise machten das die Menschen, wenn sie das Gefühl hatten, zu ersticken.
Andomachus… das war lange her. Es musste im ersten Jahr von Vespasians Herrschaft gewesen sein, vor zehn Jahren. Andromachus hatte Vespasian nicht sehr lange gedient, und Flavia Maesa war schon bald aus Rom abgereist, um ihrem Mann zu entkommen. Wenn sie den Arzt nachts aufgesucht hatte, dann hatte ihr Mann sie in dieser Nacht wieder geschlagen. Und sie hatte es gedeckt, um ihren Onkel nicht damit zu belasten. Wie einfach es gewesen wäre, hätte Vespasian mich nur nach ihm geschickt.
Seine Anmerkung, dass ich vergessen hatte, die Kräuter zu probieren, erwischten mich etwas kalt. Verdammt, er hatte recht. Ich hatte die Möglichkeit nicht in Betracht gezogen, aber er hatte recht. Ich war eingerostet. Im Palast hatten Sklaven vorgekostet, da hatte ich darauf nicht achten müssen, aber hier war es anders. Und ich hatte gewusst, dass er sie erkannt hatte und dennoch nicht vorgekostet. Ich war ein Idiot.
Mein Griff lockerte sich im kurzen Augenblick der Verwirrung, aber nur soweit, dass der Mann wahrscheinlich nicht ganz so sehr um Atem ringen musste. Und es war nicht von Dauer, denn ich hielt ihn weiter, wo er war. Mein Blick wurde finster. Ein Leben, das schon hinter mir gelegen hatte, grub sich nach vorne, verbunden mit einem Namen, der schon lange nicht mehr der Meine gewesen war. “Erkennst du mich auch?“ fragte ich ihn und schaute in seine Augen. Aber entweder war der Kerl tapferer im Angesicht des Todes als alle anderen, oder er erkannte mich wirklich nicht. Was verwunderlich war, wenn er Andromachus gedient hatte. Der sehr lange Nero gedient hatte, dessen liebstes Spielzeug ich war. Der junge Prätorianer, so jung, so gutaussehend, sein Vorzeigehaustier geballter Tödlichkeit, so oft in seiner Nähe, um diejenigen zu bestrafen, derer er überdrüssig geworden war. Aber die wenigsten Sklaven – und Andromachus war Sklave – hatten mehr von mir gesehen als meine Füße und sich sehr bemüht, mich nicht anzusehen, damit ich eben auch sie nicht ansah. Ich ging also davon aus, dass er auch eher meine Zehen als meine Augen kannte. Daher lehnte ich mich etwas näher zu ihm, so dass mein Gesicht kurz vor seinem war. “Mein Name ist Marcus Mucius Primus“, flüsterte ich, während in meinem Innersten die alte Bestie ihre Ketten abschüttelte und sich aufrichtete dieses uralte, blutige Wesen, das nur dem Willen seines Meisters folgte und den Rest von mir mit ihren blutigen Taten zurückließ.
Ich wollte nicht, dass sie von ihren Ketten frei kam. Ich wollte nicht mehr auf diese Weise töten. Und ich wollte auch nicht diesen Mann hier töten müssen. Ich war es leid, die Gesichter, die Augen, die mich verfolgten. Bitte, Marcus! Marcus! Du kennst mich! Du kannst nicht... Ihre Stimme war immer noch in meinem Kopf, als sie mich angefleht hatte, sie einfach gehen zu lassen und Nero zu sagen, es sei getan. Aber Poppaea Sabina hatte ihren Kopf gefordert, und den hatten wir drei ihr gebracht…
Ich schluckte, als könnte ich den bitteren Geschmack der Scham damit herunterschlucken. Es war so lange her, und doch war es noch da. Alles davon. Auch das, was davor gewesen war, und alles danach. Aber Claudius’ Tochter war die lauteste der Stimmen.
“Gib mir einen Grund, der mich glauben lässt, dass du sie nicht verraten wirst“, sagte ich, und es war keine hohle Phrase. Ich wollte einen Grund, der mir erlaubte, ihn am leben zu lassen. Einen Grund, der Liste der Namen keinen weiteren hinzuzufügen. Kein weiteres paar sanfter Augen, das mich nachts aus dem Schlaf riss.
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Wird für einen Freigelassenen von Didia Corona gehalten
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12-03-2023, 06:49 PM,
Beitrag #39
RE: [Thorianum B] B IV Didia Corona
Es war ein wenig, als hätte jemand ein Gatter geöffnet, um die Gespenster der Vergangenheit wieder auferstehen zu lassen. 
" Marcus Mucius Primus", wiederholte Pytheas. Er wusste, wer das war, auch wenn er nicht viel mit ihm zu tun gehabt hatte. Mucius Primus war ein besonders grausiges Gespenst aus jenen Tagen:
"Ich gehörte nie zu Neros Kreis", erwiderte er. Der Kaiser hatte einmal behauptet, dass der Knabe mit den hellen Augen kein Glück bringen würde. Seitdem hielt man ihn fern, und er bediente Gäste, die nicht ganz so hochrangig waren:
"Persephone... Ich meine - Sporus, ich meine Sabina, hat jedoch oft von dir gesprochen"
Pytheas bezog sich auf seinen Jugendfreund, den man später nur noch als Sabina kannte, weil er der Poppaea Sabina, der Gattin des damaligen Kaisers Nero so ähnlich sah. Der Kaiser, der es bereute, seine Frau in einem Wutanfall getötet zu haben, nahm ihn auf sein Lager und behandelte ihn ganz als seine  Kaiserin. Sporus war nie gefragt worden, ob er das wollte. Wie Persephone vom Gott der Unterwelt, Hades, war er von Nero aus seinem früheren Leben gerissen worden. 

 Kaiser Nero hatte sich vorzugsweise mit jungen gutaussehenden Männern zu jedem erdenklichen Zweck umgeben. So wie Sporus dann seine Gemahlin wurde, wurde der junge Prätorianer Primus seine Klinge, anmutig und tödlich zugleich. Nero schickte ihn aus nichtigem Anlass, wie ein Kind, das seine Puppen zerschlug, los um zu morden. 
Pytheas Lehrmeister, der Medicus Andromachus von Kreta, hatte Bo einmal einen Ker genannt....

Mit diesen hellen Augen, die Unglück bringen sollten, sah Pytheas nun den Prätorianer an: "Ich hätte nicht erwartet, dass du auch davon gekommen bist" 
Nero hatte all zu viele mit sich in seinen Untergang gerissen. Auch Persephone/Sporus, der keine zwanzig geworden war. Pytheas hatte jedoch überlebt, und Marcus Mucius Primus wider Erwarten auch.

Immer noch war der Andere bereit, ihn zu töten. Er ließ ihn nicht los, auch wenn er ihm nun erlaubte, tief Luft zu holen:

"Ich diene  Caesar AugustusVespasian, der mein Patron ist. Didia Corona ist seine Nichte. Ich würde ihr Leben also immer schützen", antwortete er auf Bos Frage. Dem Gatten war er nicht verpflichtet, es sei denn, der Kaiser würde auf dessen Seite stehen. 
Der Medicus blieb bei der Wahrheit. Es gab keine Lüge, die taugte, sein Leben zu retten. Der Prätorianer war auf dem Palatin zuhause gewesen wie er selbst. Er kannte die Fallstricke, er kannte die vielschichtigen Beziehungen, er kannte das feine Gespinst der Intrigen, der Verhältnisse, der Worte, die Sieg oder Vernichtung bedeuteten. Sie waren beide im gleichen Sumpf aufgewachsen, auch wenn sich ihre Leben grundlegend unterschieden hatten.
Pytheas war nicht mutig. Eines Tages genau wie seine Freunde an der Reihe zu sein, war jedoch nichts mehr, was ihn noch erschreckte, obwohl er durchaus sehr gerne lebte.

Der Medicus hatte keine Ahnung, wem Bo in diesen Tagen diente und warum er bei Flavia Maesa war. 

 Vielleicht diente er ja nur sich selbst.
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Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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12-03-2023, 07:56 PM,
Beitrag #40
RE: [Thorianum B] B IV Didia Corona
Ja, er erkannte mich. Ich sah es in seinen Augen, noch ehe er die Worte sprach. Dieses stumme Entsetzen, das dem Tod stets vorausging. Er ertrug es besser als die meisten, das musste ich ihm zugestehen, und doch war es da, hinter dem Schein seiner Augen. Ich hatte bislang noch niemanden getroffen, der diesen Funken, diesen Stich des Schicksals nicht verspürt oder es vollständig hätte verbergen können.
Als er sagte, dass er nicht geglaubt hätte, dass ich davongekommen sei, lockerte ich meinen griff und ließ ihn atmen. “Bin ich nicht“, war die kurze, prägnante und vollkommen zutreffende Antwort. Der Tod damals wäre eine Gnade gewesen, ein Ende eines unwürdigen Lebens, bevor es gänzlich verloren und den tiefsten Abgründen des ewig brennenden Orcus geweiht war. Damals, mit grade mal 24, war ich schon bereit gewesen, all die Albträume enden zu lassen. Ich hätte es begrüßt, wenn Galba mein Leben genommen hätte. Aber sein militärischer Verstand und sein Geiz hatten meine Gaben nutzen und nicht verschwenden wollen. Otho hatte die Prätorianer bestochen und sich Galbas entledigen lassen, weshalb er natürlich auch keinen von uns hatte hinrichten lassen. Und Vitellius…
“Vitellius war ein charakterloses Schwein“, sagte ich nur, weil der Medicus Sporus erwähnte. Ich hatte das junge Ding gekannt. Natürlich hatte ich das. Er hatte Poppaea Sabina spielen sollen für Nero. Dieser war sogar so größenwahnsinnig geworden, jedem Arzt eine Unsumme an Geld zu versprechen, wenn dieser aus Sporus eine empfängnisfähige Frau machen würde, da Nero so dringend einen Erben brauchte. Noch so ein zartes Geschöpf, das durch die Politik aufgerieben worden war. Noch ein Leben, das durch Vitellius sein Ende fand. Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich den Jungen schnell und schmerzlos getötet. Er hätte sich nicht erhängen müssen.
Aber doch schweiften meine Gedanken ganz automatisch zu den Geschehnissen so kurze Zeit später. Zu Maesas Vater und dem letzten Tag von Vitellius Herrschaft. Zu dem Moment, als er meinen Arm ergriffen hatte und mir dieses Versprechen abgenommen hatte, mich um seine Tochter zu kümmern. Ich konnte diese Geister gerade nicht brauchen, aber sie waren verdammt noch mal DA, auch nach all den Jahren. Alle von ihnen. Ich schüttelte kurz den Kopf, um sie zu vertreiben.

“Wenn du Vespasian dienst und ihr Leben schützen willst, dann weißt du, dass beides nur möglich ist, wenn ihr Mann nicht weiß, wo sie ist. Wenn du im Palast warst, weißt du auch, dass kein Brief an den Kaiser je geheim bleibt. Du kennst die Kanzlei. Du weißt, dass sie alles lesen. Und du weißt, dass Vespasian dann nicht weiter so tun kann, als wisse er nichts.“
Ich schaute den Medicus an. Ich wollte ihn wirklich nicht töten. Vielleicht war es die Erinnerung an Sporus, diesen dünnen, lachenden Jungen, für den ich nichts hatte tun können, um ihm Schmerz zu ersparen. Vielleicht war es ein klein wenig Wiedergutmachung, wenn sein Freund dafür weiterleben konnte. Aber ich brauchte die Sicherheit, dass er wirklich verstand, dass er dem Kaiser nur dann wirklich diente und Flavia Maesa nur dann wirklich schützte, wenn er eben nichts in die Wege leitete, auf das der Kaiser reagieren musste und das irgendwer in der Kanzlei weitererzählen konnte.
[Bild: 3_15_08_22_9_36_30.png]
Wird für einen Freigelassenen von Didia Corona gehalten
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