Forum

[Nysa]

Vorsichtig, wirklich sehr vorsichtig, versuchte ich, die Stufen hinunterzuklettern, während sich meine Anspannung verstärkte, sobald sich eine der Taschen auf meinem Rücken zu bewegen schien. Noch ehe ich den Boden erreichte, drang ein freundliches "Warte!" an mein Ohr. Ich drehte mich schnell um, um den Mann zu sehen, der mich angesprochen hatte. Mein Dominus war es jedenfalls nicht. Er wäre nie von selbst auf die Idee gekommen, mir zu helfen! Erschrocken hielt ich inne, als ich einen recht bedrohlich aussehenden Kelten bemerkte, der direkt unter mir stand. Einen kurzen Moment überlegte ich, ob es klüger wäre, wieder nach oben zu klettern, um diesem Barbaren zu entkommen. Doch ich hatte keine Wahl, da er bereits begann, mir die Taschen abzunehmen. Während er näher kam, überlegte ich kurz, ob ich schreien sollte. Doch mein Hauptaugenmerk lag darauf, nicht von der Leiter zu stürzen. Sein warmer Körper berührte mich, und ich war verwirrt, ob ich Angst vor ihm haben sollte oder nicht.

"Danke", murmelte ich, als er mich von meiner Last befreit hatte. "Ich bin nicht gut im Klettern, weder beim Hinauf- noch beim Herabsteigen, erst recht nicht mit Gepäck", entschuldigte ich mich und versuchte dann langsam die letzten Sprossen hinunterzusteigen.
Dieser fremde Mann war deutlich größer als ich, geradezu riesig! Und diese langen roten Haare! Mein vorheriger Dominus hatte keine Kelten in seinem Haus geduldet, seit er bei einem Einsatz verletzt worden war und kaum noch laufen konnte. "Salve, ich bin Nysa", sagte ich schüchtern, um überhaupt etwas zu sagen.

[Louarn]

Als Alun mir erzählte, dass er bald zum Medicus kommen würde wegen den toten Jungen direkt vor dessen Tür, machte ich erst einmal nur “Hmhm. Zum einen, weil ich gerade damit beschäftigt war, einem jungen Mädchen nicht unbedingt an den Hintern zu tatschen, während ich sie von Gepäck befreite, und zum anderen, weil Alan ja auch noch da war, der natürlich nichts von den Falken, dem keltischen Widerstand oder sonstigen Dingen wusste und es auch nicht wissen sollte. Ich konnte also grade nicht offen reden und vertagte das ganze also auf später, wenn wir offen reden konnten. Überhaupt, wer war dieses Mädchen denn jetzt?

Ich hatte ihr alles abgenommen und aus irgendeinem Grund wollte sie jetzt doch runter und nicht rauf, also stieg ich notgedrungen auch runter und machte ihr Platz, während Alun gerade Alan Geld gab und ihm erklärte, dass das seine Sklavin sei, die man ihm geschenkt hatte. “Wer bei allen Kobolden ist so blöd und schenkt dir eine Sklavin?“ fragte ich verwundert und half dem Mädchen die letzte Sprosse runter.
Alan unterdessen verstaute das Geld und sah uns scharf an. “Ich will heute Nacht keinen Krach hören! Das hier ist ein anständiger Stall und kein Lupanar!“ warnte er mit erhobenem Zeigefinger und trollte sich.
Ich versuchte mein charmantestes und entwaffnendstes Lächeln bei Nysa, die bei diesen Worten sicher das schlimmste befürchtete und hob abwehrend die Hände, wobei ich versuchte, nichts fallen zu lassen. “Salve, ich bin Louarn. Ein alter Freund von dem Idioten da.“ Dabei zeigte ich mit dem Daumen leicht auf Alun. Zu dem ich mich auch gleich umwandte. “Im ernst, wieso hast du eine Sklavin? Und wie viel weiß sie?“ fragte ich ihn in unserer Sprache und der Hoffnung, dass das Mädchen nichts verstand.
“Ich bring mal das Gepäck hoch. Mal ehrlich, Alun, wieso lässt du sie das die Leiter hochschleppen? Das Zeug wiegt mehr als sie“, tadelte ich ihn, während ich die Sprossen schon oben war und alles recht wenig vorsichtig einfach auf den Heuboden hievte und fallen ließ, wo es eben landete. Sollte Alun doch selber aufräumen, wo er es haben wollte. “Und was ist aus deinem Mädchen geworden? Das ist doch nicht sie, oder?“ fragte ich, als ich wieder runter kletterte. Irgendwie bekam ich grade das alles nicht ganz auf die Reihe, was hier wirklich los war.

[Alun]

Louarn stapfte sofort zu Nysa hinüber, und... was tat er da eigentlich? Er nahm ihr unsere Sachen wieder ab, obwohl Nysa eigentlich dafür verantwortlich war, sie nach oben zu bringen. Natürlich hing er wieder bei dem Mädchen ab. Wenn das Niamh wüsste! Oder war Niamh etwa nicht mehr aktuell? Sobald Louarn einen Weiberrock sah, war er sowieso nicht mehr zu halten!

Während ich noch mit Alan sprach, blaffte mich der rote Riese plötzlich an, wer so dumm sei, mir eine Sklavin zu schenken. "Marcus Sabinius Merula war so dumm!" blaffte ich zurück und gab Alan das Geld. Nachdem der Alte die Münzen genommen hatte, ermahnte er uns noch, dass wir uns heute Nacht anständig verhalten sollten. Nun ja, er wusste wohl, warum er das sagte. "Natürlich! Du wirst nichts von mir hören!", versicherte ich ihm. Dann warf ich einen abschätzigen Blick zu meinem Bruder, der  anscheinend gerade bei Nysa anbandelte.

Nachdem Alan gegangen war, gesellte ich mich zu den beiden. "Na, habt ihr euch schon vorgestellt?", fragte ich, obwohl ich gehört hatte, was Louarn zu ihr gesagt hatte. "Ja, genau, der Vollpfosten hier ist ein alter Freund, auch wenn er nicht so danach aussieht", sagte ich schließlich und grinste. Kaum hatte ich das gesagt, wandte er sich zu mir und sprach unsere Sprache, damit sie nichts verstand. "Keine Sorge, sie weiß überhaupt nichts! Sie ist Priscas Sklavin. Prisca wollte nicht, dass sie bei ihrem Mann bleiben muss, wenn sie geht. Sie ist seine Schwester! Und der Kerl schläft mit ihr! Gut, er hat keine Ahnung davon, aber... Ich habe ihm gesagt, ich hätte mich in sie verliebt. Eigentlich wollte ich sie ihm abkaufen. Aber dann hat er sie mir geschenkt", erklärte ich ihm und sah dann wieder zu Nysa, die im Moment nur "Forum" verstand und lächelte.

Louarn nahm dann unser gesamtes Zeug und wollte es nach oben auf den Heuschober bringen. Natürlich machte er mir sofort Vorwürfe, warum ich das arme Mädchen so viel schleppen ließ! Ich verdrehte die Augen. "Entschuldigung, ich wusste es nicht! Wenn dir etwas zu schwer ist, sag einfach Bescheid!", sagte ich zu Nysa.

Als Louarn dann mein Mädchen ansprach, entgegnete ich: "Nein, das ist sie nicht! Aber sie wird bald hier sein!", und hoffte, dass damit alle Fragen bezüglich 'wer schläft heute Nacht mit wem' beantwortet waren.

[Nysa]

Nie im Leben würde ich da hinaufklettern! Lieber würde ich hier unten schlafen! Aber nein, da waren ja die Pferde! Trotzdem, ich wollte jetzt erst mal von der Leiter runter! Ich war dabei, die letzten beiden Sprossen hinunterzusteigen, als der Alte plötzlich rief, er wolle heute Nacht keine Unanständigkeiten hören, denn sein Stall sei anständig und kein Lupanar. Ich hielt inne, und ja, in meinem Blick lag Angst! Der Kelte lächelte mich auf eine seltsame Weise an. Ich konnte, nein, eigentlich wollte ich nicht deuten, was es zu bedeuten hatte! Aber ich wusste, wenn mein Dominus von mir verlangte, dass ich mit ihm schlafen sollte, konnte ich mich nicht dagegen wehren!

Der Kelte stellte sich als Louarn vor und sagte, er sei ein alter Freund des Dominus. Dabei nannte er ihn einen Idioten. Ein wenig schockiert darüber sah ich zu Dominus Corvus, der das allerdings nicht krumm nahm und seinen Freund als Vollpfosten bezeichnete. Was danach folgte, war noch seltsamer, denn plötzlich begann mein Dominus in der Sprache der Kelten zu sprechen. Es hörte sich merkwürdig an, und auch wenn ich kein Wort verstand, hatte ich das Gefühl, dass die beiden über mich sprachen.

Irgendwann wechselten sie wieder ins Lateinische. Dabei machte Louarn meinem Dominus sogleich den Vorwurf, dass er mich unsere Sachen nach oben schleppen lassen wollte. Das gefiel meinem Dominus anscheinend nicht, doch er entschuldigte sich und meinte, ich solle sagen, wenn mir etwas zu schwer war. "Ja, Dominus!" antwortete ich artig und senkte meinen Blick.

Louarn fragte dann meinen Dominus, wer sein Mädchen sei, denn ich war es offensichtlich nicht. Als der Dominus ihm erklärte, dass sie bald kommen würde, sah ich zu ihm auf. Wenn ich nicht sein Mädchen war, wer war es dann? Und warum hatte er Dominus Merula angelogen, als er erzählt hatte, er sei in mich verliebt?

[Louarn]

Natürlich glaubte die Sklavin, dass wir wahrscheinlich gleich beide wild über sie herfallen würden, so wie sie guckte. Ganz toll. Und Aluns Antwort auf Alans Feststellung war jetzt auch keine Beruhigung, fand ich. Überhaupt warf er mir einen komischen Blick zu, den ich jetzt wirklich nicht verstehen wollte, ehe er zu uns rüber kam.

“Ja, wir haben uns vorgestellt, aber ich glaube, sie denkt, dass ich sie gleich auffresse“, scherzte ich ganz offen und grinste schief, als Alun mich einen Vollpfosten nannte. Wahrscheinlich war ich das auch, schon allein deshalb, weil ich hier war und diese Unterhaltung führte.
Ich stieß auch sie einmal ganz leicht freundschaftlich mit dem Ellbogen an, weil sie wirklich dastand wie ein verschrecktes Reh. “Keine Angst, Nysa. Ich hab noch nie einer Frau weh getan und hatte auch nicht vor, damit anzufangen“, versuchte ich sie zu beruhigen und wandte mich kurz Alun zu. “Du solltest mir dann bei Gelegenheit deinen römischen Namen nochmal sagen, wenn wir hier verstecken spielen“, meinte ich nur, da ich wirklich keine Ahnung mehr hatte, wie sein Tarnname war.

Der Rest war mir grade irgendwie zu hoch. Das da war die Schwester seines Arbeitgebers, aber sie war auch Sklavin, und seine Freundin war dessen Frau, die das hier so wollte, weil die sonst miteinander schliefen und deshalb war es besser, wenn Alun und Nysa das miteinander machten. Nein, das verstand ich nicht und musste ich wohl auch nicht verstehen. Wer verstand sowas schon?
“Na, wenn ihr damit alle fein seid...“ Ich hob ergebend die Hände und machte mich auf nach oben, weil es ja immerhin schon spät war und jetzt ziemlich schnell ziemlich dunkel werden würde.
Oben angekommen drehte ich mich um und streckte meinen Arm nach unten, da Alun ganz sicher nicht daran denken würde. Der Kerl hatte sowas von keine Ahnung, wie man Mädchen behandelte.
“Komm, Nysa, ich helf dir hoch“, bot ich ihr freundlich meine Hand als Unterstützung an, damit sie keine Angst haben musste, abzustürzen.

Währenddessen unterhielt ich mich weiter mit Alun. “Und dann wollt ihr hier alle in Alans Stall wohnen? Ich bezweifle, dass ihm das gefällt. Und deiner Freundin wohl auch nicht. Es wird ziemlich kalt hier oben inzwischen.“

[Alun]

Fasziniert beobachtete ich die beiden auf der Leiter. Was hatten sie vor? Der eine strebte nach oben, die andere nach unten. Letztendlich landeten beide wieder unten. Nysa wirkte ziemlich überfordert, was verständlich war. Louarn versuchte gerade, sie davon zu überzeugen, dass sie sich nicht vor ihm fürchten müsste. Ob er damit Erfolg haben würde, bezweifelte ich. Irgendwie fand ich die Situation aber lustig.

Ob Louarn verstanden hatte, wie ich zu meiner Sklavin gekommen war? Ich bezweifelte es. Ja, es war kompliziert und ohne genaue Kenntnis des Hintergrunds konnte das alles verwirrend sein, besonders diese seltsame Bruder-Schwester-Konstellation! Als er dann wieder nach meinem römischen Namen fragte, konnte ich meine Frustration nicht mehr verbergen. "Sag bloß, du hast schon wieder meinen Namen vergessen!" seufzte ich und rollte mit den Augen. Louarn und Namen! Das passte einfach nicht zusammen! "Ich sage es dir später, wenn wir keine Zuhörerin haben!" Nysa war schließlich nicht blöd! Auch wenn sie unsere Sprache nicht verstand, könnte sie meinen römischen Namen erkennen.

Louarn, ganz der Gentleman, brachte unser Gepäck nach oben. Es war auch höchste Zeit, bald ins Bett zu gehen. Daher sagte ich Nysa, wir würden nun nach oben gehen. Ich ließ ihr den Vortritt. Ich würde nach ihr hochsteigen, um ihr eventuell auch helfen zu können, falls sie Probleme mit der Leiter hatte. Louarn ließ es sich natürlich nicht nehmen, ihr von oben zu helfen, während er weiter mit mir sprach. "Nein, natürlich wollen wir hier nicht wohnen!" entgegnete ich. Louarn hatte manchmal seltsame Vorstellungen! "Morgen suche ich für uns nach einer Wohnung. Ein Haus kann ich mir vorerst nicht leisten." Ich hatte keine Ahnung, wie schnell man hier in Iscalis eine Wohnung finden konnte. Aber ich wollte mein Glück im Neubaugebiet versuchen.

[Louarn]

Das Mädchen hatte eindeutig Angst auf der Leiter, aber da musste sie wohl oder übel durch. Ich half ihr die Sprossen nach oben und redete ihr gut zu, ich hatte ja viel Übung in sowas von den Pferden. Die waren auch manchmal schreckhaft und brauchten ein wenig guten Zuspruch. “Einfach eine Sprosse nach der anderen. Du fällst nicht runter. Ich hab dich. Keine Angst.“ Und ähnlich sinnvolle Dinge sagte ich, bis sie oben war und ich sie aufmunternd anlächelte. Man könnte echt meinen, sie würde mich für einen Mörder halten. Und alles nur, weil mein Bruder ein Idiot war, der mit Frauen nicht umgehen konnte und sie wahrscheinlich total kirre gemacht hatte.
“Vorsicht, hier ist ein Balken, nicht dass du dich stößt. Mach euer Lager am besten da hinten, das ist die wärmste Ecke“ wies ich sie an und suchte nach der Laterne, die hier irgendwo an einem Balken hing. Feuer im Heulager zu machen war immer eine dämliche Idee, deshalb gab es hier keine offene Flamme. Aber ich hatte Alun von einer Laterne überzeugen können, die an allen Seiten geschlossen war und nur ein paar winzige Löcher hatte und nur eine einzelne Kerze darin, kein Öl. Das war zwar teurer und die allermeiste Zeit benutzte ich sie deshalb nicht. Aber so Angsterfüllt, wie das Mädchen war, machte ich das Ding eben schnell an, während Alun hochkrabbelte, so dass wenigstens noch eine Stunde lang ein bisschen Licht da sein sollte.

Alun war inzwischen auch hochgeklettert. Ihn warnte ich nicht mehr vor dem Balken. Entweder, er hatte ihn sich gemerkt, oder er hatte bald eine Beule.
“Ich versteh das alles immer noch nicht so wirklich, was jetzt dein Plan ist, aber das muss ich ja zum Glück nicht“, meinte ich fröhlich, als ich mir mein Bündel schnappte und die Decke ausrollte, um mich darin in respektvollem Abstand einzurollen und ins Heu zu werfen. Ich wollte gar nicht so genau mitbekommen, wenn Alun mit seiner Sklavin poppte. Erst recht heute nicht.
Ich lag eine Weile und schaute nach oben. “Raven ist tot“, sagte ich nach einer Weile, weil ich nicht länger etwas hatte, mit dem ich mich ablenken konnte, und ich nahm an, dass die Sklavin unsere Sprache nicht sprach, so dass ich kurz reden konnte. Eigentlich war das auch schon alles, was ich sagen wollte. Wahrscheinlich gab es auch nicht mehr zu sagen, und dieser kleine Satz war sowieso schon schmerzhaft und monströs genug, obwohl er das nicht sein sollte. Immerhin kannte ich sie kaum. Wir hatten uns nur drei Mal unterhalten. Ich kannte sie eigentlich gar nicht. Und trotzdem fühlte es sich nach Verlust an, und ich wusste nicht, was ich damit anfangen sollte.

[Nysa]

Ich fand es ja ganz amüsant, wie sich die beiden gegenseitig neckten. Natürlich hätte ich es nie gewagt, über den Dominus zu lachen. Louarn versuchte mich dann auch zu beruhigen, indem er betonte, dass er noch nie einer Frau Schaden zugefügt habe und auch nicht damit anfangen würde. Doch sollte mich das beruhigen? Hatte ich überhaupt eine Wahl?

Auch als es darum ging, auf den Heuboden zu klettern, hatte ich keine Wahl. Ich krallte mich regelrecht mit meinen Händen fest, während ich vorsichtig und bedacht nach oben kletterte. Louarn, der bereits oben angekommen war, reichte mir seine Hand und sprach beruhigend auf mich ein. Meine anfängliche Voreingenommenheit ihm gegenüber hatte ich mittlerweile überwunden. Tatsächlich war ich froh, dass er da war, um sicherzustellen, dass ich nicht abrutschte und in die Tiefe stürzte, während der Dominus hinter mir die Leiter emporkletterte.

Es war ein nervenaufreibender Aufstieg, bis ich endlich oben ankam. Zum Glück hatte mich Louarn vor einem Balken gewarnt, sonst hätte ich mich sicher gestoßen! "Danke!" sagte ich schüchtern und lächelte .
Die Tatsache, dass es hier oben Licht gab, war erleichternd. Allerdings konnte ich dadurch sehen, dass es hier nur Heu gab! Keine Betten oder irgendetwas, das auch nur ansatzweise als Lager durchgehen würde. Bestimmt gab es hier Ungeziefer! Falls ich morgen Läuse hätte, wüsste ich, woher sie kamen! Ich war mir sicher, dass diese Nacht äußerst ungemütlich werden würde!

Louarn wies mir eine Stelle zu, an der ich unser Lager vorbereiten konnte und meinte, dass es dort die wärmste Ecke sei. Vermutlich schlief er öfter hier und wusste deshalb, wo es nachts am angenehmsten war. Er hielt einen angemessenen Abstand, als er seine Decke ausbreitete und mit dem Dominus sprach. Natürlich lauschte ich nicht, sondern bereitete stattdessen unser Lager vor. Aber es gab nicht viel vorzubereiten, da nur der Dominus eine Decke hatte. Ich setzte mich ins Stroh und wickelte mich in meine Paenula.

Bald bemerkte ich, wie die Strohhalme überall piekten. Doch konnte ich ohnehin nicht schlafen. Der Dominus und Louarn redeten in dieser seltsamen Sprache, mir war kalt, ich hatte mein Zuhause verloren und wollte eigentlich überhaupt nicht hier sein. Irgendwann musste ich niesen, dann begann ich zu frösteln, fing leise an zu schniefen und schließlich brachen die Tränen aus.

[Alun]

Louarn spielte mal wieder den Beschützer, um sicherzustellen, dass Nysa nicht abstürzte. Ernsthaft, wieso machte sie so ein Theater wegen der Leiter? Sie war doch gar nicht so hoch! War sie als Kind denn nie auf Bäume geklettert ?

Oben angekommen, kümmerte sich Louarn weiter um sie, entzündete sogar extra die Laterne! So etwas hatte er für mich nie gemacht! Ich kletterte die letzten Sprossen hoch und ZACK! hatte ich meinen Kopf am Balken gestoßen! "Au, verdammt!" rief ich und hielt mir den Kopf mit meinen Händen, bis endlich der Schmerz abgeebbt war.
Louarn redete immer noch weiter, ohne zu begreifen, was ich mit meinem Plan bezüglich Prisca vorhatte. "Ach, sie will einfach nicht weg, weil sie hier ihre Freundinnen hat. Also muss ich hier eine Wohnung finden!" Ich wusste nicht, was daran nicht zu verstehen war. Sie war nun mal eine Römerin und deswegen konnte ich schlecht mit ihr in ein keltisches Dorf ziehen. Das war zwar am Anfang auch meine Idee gewesen, aber Prisca hatte mir recht schnell zu verstehen gegeben, dass sie da nicht mitspielen wollte.

In der Zwischenzeit bereitete Nysa unser Lager vor. Als sie damit fertig war, bat ich sie, mir noch mit dieser dämlichen Toga zu helfen. Einen Vorteil hatte ja eine Sklavin! Sie konnte mir morgen die Toga anlegen, so dass ich nicht ewig lang selbst an dem Stoff herumfummeln musste. Auch jetzt legte sie die Toga ordentlich zusammen, damit sie morgen nicht an den falschen Stellen knitterte.
Meine Tunika konnte ich selbst ausziehen. Danach kuschelte ich mich in meine Decke. Seltsam, Nysa schien nicht daran zu denken, sich auszuziehen. Na ja, sie hatte keine Decke. Für einen Moment dachte ich sogar darüber nach, sie unter meine Decke schlüpfen zu lassen, aber dann verwarf ich den Gedanken wieder. Nicht dass sie dachte, ich wolle etwas von ihr!

Kurz bevor ich einschlief, wollte Louarn plötzlich zu reden. Er sagte nur, Raven sei tot. "Ja, ich habe davon gehört! Schreckliche Sache! Alle außer den Kindern aus der Taverne sind ums Leben gekommen. Ich hätte Raven so gerne kennengelernt!"  Wir hatten wieder in unsere Sprache gewechselt, damit Nysa nicht mitbekam. 
Nun starrte ich an die Decke der Scheune, denn ich konnte jetzt nicht mehr einschlafen! Als ich dann kurze Zeit später ein Niesen und schniefen hörte, seufzte ich leise. "Was ist denn jetzt schon wieder?" fragte ich leicht ungehalten.

[Louarn]

Als Alun sich den Kopf anschlug, musste ich leicht grinsen. Zu dem, dass seine Freundin in Iscalis bleiben wollte, sagte ich nichts. Alun hatte echt keine Ahnung von frauen, denn dass ein Mädchen nicht einfach so in einer Höhle im Wald leben wollen würde, hätte cih ihm auch so sagen können. Ich hatte es ihm auch bei unserer letzten Unterhaltung darüber gesagt, aber offenbar hatte er da nicht richtig zugehört.
“Na, auch so solltest du eine finden. Sonst zerknitterst du dir hier dein Kleidchen, Herr Provinzialsekretär“, neckte ich ihn. Aber ja, niemand wollte in einem Stall überwintern. Hier wurde es kalt nachts. Selbst ich hatte den letzten Winter nicht hier verbracht, sondern bei den Priesterinnen im Dorf. Erst Beltane war ich zurückgekommen.

Wir schwiegen ein wenig, während jeder von uns sich hinlegte, bis ich von Raven anfing. Alun antwortete, dass er sie gerne kennen gelernt hätte. “Ich auch“, sagte ich nur leise. Ja, ich hatte sie auch gerne kennen gelernt. Wirklich die Chance dazu hatte ich nie. Sie hatte sie mir nie gegeben. Sie wollte es nicht. Auch als ich mich ihr geöffnet hatte, hatte sie nichts von sich preisgegeben und mich weggeschickt. Aber das machte es nicht leichter, dieses Gefühl von Verlust in der Brust. Auch wenn es sich wie ein Verrat an Niamh anfühlte, die mir in der Zwischenzeit ja auch viel bedeutete. Die sogar sagte, dass sie mich liebte, und von mir Kinder wollte. Und trotzdem gab es da einfach diesen Teil meines Herzens, der gerade so sehr um Raven trauerte, dass ich jetzt lieber hier war, als daran zu denken, zu ihr zu gehen.

Gefühle waren echt scheiße.

Ich starrte vor mich hin an die Dachbalken, als es erst nieste und dann leise weinte. Ich richtete mich auf, als Alun recht ungehalten Nysa anblaffte. Mann, der hatte echt so gar keine Ahnung von Mädchen. Ein Wunder, dass er überhaupt eine gefunden hatte, die es mit ihm aushielt.
Ich sah mich im Halbdunkel um und sah, dass Nysa wie ein Häuflein Elend abseits von Alun kauerte, nur in ihren dünnen Umhang gewickelt. Sah jetzt nicht so aus, als würden die beiden nur darauf warten, dass ich einschlief, um losvögeln zu können. Sah überhaupt gar nicht so aus, als wollte Nysa auch nur in seiner Nähe sein.
“Siehst du nicht, dass sie weint?“ fragte ich Alun, um ihm vielleicht etwas auf die Sprünge zu helfen, was menschliches Miteinander anging. Aber ich selber richtete mich schon auf und ging mitsamt meiner Decke zu ihr hinüber, um mich neben sie zu setzen.
“Hey, Nysa“, sprach ich sie an und meine Stimme hatte ganz automatisch wieder diesen sanften Ton angenommen, während ich mich neben ihr niederließ. “Was ist denn? Wo ist denn deine Decke?“ Offenbar hatte Alun ihr keine besorgt, zumindest sah ich keine weitere. Kurzerhand breitete ich erst einmal meine Decke um uns beide aus und legte sie und um die Schultern. “Ich rück nur ein bisschen näher. Keine Angst, es passiert nicht“ beruhigte ich sie, damit sie nicht gleich dachte, ich wollte was von ihr. “So ist es wärmer. Was ist denn los? Hast du Angst mit uns beiden hier oben? Ich verspreche dir, niemand wird dich anfassen. Ich nicht, und A… dein neuer Herr auch nicht. Das schlimmste, was heute Nacht passieren wird, ist, dass wir sein Geschnarche mit anhören müssen. Das hört sich zwar schrecklich an, aber da muss man nicht wirklich Angst haben.“ Ich hatte keine Ahnung, ob es das war oder was anderes. Frauen waren manchmal verdammt eisern darin, ihre Beweggründe für sich zu behalten. Aber schaden konnten meine Worte wohl auch nicht. Immerhin weinte sie ja sowieso schon. Und ich konnte es einfach nicht ertragen, Frauen weinen zu sehen. Das löste ganz beklemmende Gefühle bei mir jedes verdammte Mal aus.