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Cubiculum | Aglaias Privatzimmer
04-21-2023, 11:32 AM,
Beitrag #11
RE: Cubiculum | Aglaias Privatzimmer
Mein Herz öffnen… Bei ihm klang es so einfach. Und ich fürchtete, dass ich das schon längst getan hatte, weshalb die Situation jetzt auch so vertrackt war. Ich glaubte nicht, dass es wirklich gut gewesen war, ihn so nah an mich heranzulassen, mich so sehr fallen zu lassen und zu vergessen, wer ich war. Wer er war. Was das hier eigentlich war, und wo es hinführen würde. Und trotzdem konnte ich es nicht bereuen, auch wenn mein verstand mir sagte, dass ich das sollte und ein Risiko einging.
Eine Antwort auf seine Worte blieb ich ihm an der Stelle schuldig, und ich war auch nicht sicher, ob ich dazu noch etwas sagen wollte. Vielleicht musste ich das alles erst sacken lassen, bevor ich darüber vernünftig nachdenken konnte. Und es gab so viele andere Dinge, die wichtiger erschienen als mein dummes Herz.
Zum Beispiel seine Frau und eventuelle Kinder. Ich hatte ihn gefragt, und er schwieg einen kurzen Moment, ehe er mir sagte, dass er und seine Frau keine Kinder hatten. Überrascht hob ich jetzt doch den Blick und suchte in seinem nach einer Antwort. Die Frage Wieso? drängte sich stark auf, aber ich war klug genug, sie nicht zu stellen, auch wenn er sie in meinem Gesicht wohl würde lesen können. Er war jung, gesund, offensichtlich funktionierte das Kinder machen bei ihm ganz hervorragend und auch mehrmals hintereinander. War seine Frau unfruchtbar? War das Kind gestorben? Viele Kinder starben, bevor sie fünf Jahre alt wurden. Gerade in armen Familien starb ungefähr jedes zweite Kind, noch bevor es laufen konnte. War man wohlhabend, war es etwas besser, aber auch nur, wenn keine fiese Seuche die Stadt heimsuchte. Besonders gefürchtet war die Krankheit, die Hippokrates den Würger nannte, da dann die meisten Säuglinge und auch viele ältere Kinder einfach starben. Und auch der ein oder andere Erwachsene.
Nein, ich behielt die Frage für mich und hoffte, dass er mich im Gegenzug auch nicht fragte, wieso ich keine hatte, wobei das in meinem Fall wohl ziemlich offensichtliche Gründe hatte.

Aber ich kam nicht dazu, mich darüber viel zu wundern, denn jetzt überraschte Owain mich wirklich. Als hätte er meine Gedanken erraten, sagte er mir, ich solle nicht nach seiner Frau suchen. Ich war verwirrt und schüttelte ganz leicht den Kopf. “Aber… du liebst sie doch?“ plapperte ich verwirrt, als er den Satz sagte, der mich nun wirklich unvorbereitet traf. Er würde bei mir bleiben. Für immer.

Für mich hatte es nie ein für immer gegeben. Ich wusste, dass Männer mir Zuneigung schenkten, solange es für sie bequem war. Wenn sie Langeweile und Lust hatten, um ihrem eigenen Leben etwas zu entfliehen und der nervigen Ehefrau, wenn sie sich ablenken oder sich etwas schönes gönnen wollten. Wenn sie sich großzügig und gönnerhaft zeigen wollten. Aber eben nur für die Zeit, solange sie das wollten. Solange ihnen Mutter, Schwester oder Ehefrau keinen Strich da durch machte, oder sie es als zu kostspielig empfanden, oder sich die politische Lage geändert hatte und sie jemand anderen umwerben wollten, oder es eine Hetäre gab, die aus welchem Grund auch immer begehrter war als ich. Aber eben nie für immer. Nicht einmal als kleine Lüge. Zumindest nicht mit so viel ernst gesagt, wie von Owain gerade. Er versprach es mir, obwohl er es nicht musste. Obwohl er keinen Vorteil davon hatte. Obwohl ich drauf und dran gewesen war, seine Frau für ihn zu suchen, damit er seine Familie wieder hatte. Und doch sagte er, er wolle bei mir bleiben, so lange ich ihn ließ.

Ich wollte etwas sagen, aber ich konnte gerade nicht sprechen. Da waren Worte in meinem Kopf, aber ich hätte meine Zunge nicht dazu bringen können, auch nur eines davon zu sagen, wenn es um mein Leben gegangen wäre. Stattdessen starrte ich Owain nur einen Moment lang an, als wäre er eines der sieben Weltwunder, und dann zog ich mich eng an ihn und küsste ihn lang und innig und zunehmend leidenschaftlicher, weil mein ganzer Körper gerade danach verlangte, ihm noch sehr viel näher zu sein.
Ich zog ihn leicht mit mir, als ich mich auf den Rücken rollte und zeigte ihm damit wohl eindeutig an, was ich jetzt wollte und brauchte. Meine Hände vergruben sich wieder in diesem zotteligen, blonden Haar und zogen ihn zu weiteren Küssen zu mir. “Ich will dich“, flüsterte ich mit so viel zittrigem Gefühl in der Stimme, wie ich es nicht kannte. Und dann sagte auch ich das Wort, an das ich eigentlich nicht glaubte, das sich aber gerade richtig anfühlte. “Immer.“
[Bild: 15_14_01_23_5_20_11.png]
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04-21-2023, 11:56 PM,
Beitrag #12
RE: Cubiculum | Aglaias Privatzimmer
Sie sagte nichts dazu. Manchmal konnte man eine große Leere dort fühlen, wo das Herz saß. Besonders wenn man etwas oder jemanden verloren hatte. Vielleicht war es dann auch so, wenn man jahrelang dem Herzen keine große Bedeutung geschenkt hatte. Dann konnte man unter Umständen auch diese Leere fühlen.

Sie schien sehr überrascht zu sein, als ich ihr sagte, dass wir keine Kinder hatten. Ich hatte ihr keine Begründung dafür geliefert, weil ich sie nicht noch mehr mit meinem Schicksal belasten wollte. Denn für den Tod unseres Kindes konnten nicht einmal die Römer etwas. Es war einfach Schicksal gewesen. So etwas konnte immer passieren. Wir waren auch sehr traurig darüber gewesen, Doch es war uns gelungen, wieder Hoffnung zu schöpfen und nicht daran zu zerbrechen. Wäre unser Leben danach ganz normal in sicheren Bahnen verlaufen, wäre ich vielleicht doch noch Vater geworden. Die Zeiten aber waren unbeständig und voller Gefahren. Für all diejenigen, die sich dem Druck Roms nicht beugen wollten, sondern in ihren Traditionen und ihrer Freiheit weiterleben wollten, wurden die Möglichkeiten immer geringer. Schließlich gab es für die meisten von uns nur noch zwei Möglichkeiten. Entweder man unterwarf sich Rom und verzichtete auf vieles, was uns einst ausgemacht hatte oder man leistete Widerstand und musste damit rechnen, das man die volle Wucht Roms zu spüren bekam. Für letzteres hatten sich die jungen Krieger unseres Dorfes entschieden und ich war einer davon gewesen.


Da sie nicht nachgefragt hatte, warum wir kinderlos geblieben waren, sagte ich auch nichts mehr dazu. Vielleicht würde ich ihr irgendwann davon erzählen. Was sie jedoch nicht verstehen konnte, war meine Bitte an sie, nichts zu unternehmen, um meine Frau wieder zu finden. "Ja, ich sie lieben. Genau deshalb sollst du nicht suchen." Wahrscheinlich war es auch schwer nachvollziehbar.Doch ich stellte mir vor, wie Bryn daran zerbrechen würde, wenn sie realisierte, wie meine Vergangenheit war und unsere Zukunft aussehen würde Unser Leben, wie es einmal war, gab es nicht mehr.


Mein Versprechen bei ihr bleiben zu wollen, verwirrte sie dann noch mehr. Sie starrte mich einfach nur an. Solange, bis ihr endlich klar wurde, was ich da versprochen hatte. Ich würde sie niemals verlassen, außer sie wünschte es und ich verzichtete darauf, jemals wieder frei zu sein, denn ich würde so lange ihr gehören, wie sie das wollte. Dann zog sie mich zu sich und küsste mich so voller Verlangen. Das war sie selbst, nicht Aglaia, die Hetäre. Sie war es! Und ich spürte auch was sie nun brauchte, als sie sich auf den Rücken rollte. Ihre Hände waren wieder in meinen Haaren und zogen mich noch näher an sie heran. Meine Haare hatten es ihr angetan. Sie liebte sie einfach. Ihre stimme wirkte zittrig, als sie mir sagte, sie wolle mich immer. "Ich will dich!" antwortete ich ihr und zog ihre Hüfte zu mir her. Bevor ich mich mit ihr vereinigte, bedeckte ich ihren Leib mit meinen Küssen. Auch ohne ihre Verführungskünste war sie so begehrenswert, denn sie wirkte nun so hungrig nach Liebe. Dann nahm ich sie und kam ihr dabei ganz nah, um sie dabei küssen zu können. Ich nahm sie mit meinen Bewegungen mit, damit wir beide gemeinsam den Gipfel der Leidenschaft erreichen konnten. Erschöpft aber glücklich sank ich auf sie nieder. Ich hielt sie noch immer in meinen Armen und wollte sie am liebsten nie wieder loslassen.
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04-22-2023, 05:42 PM,
Beitrag #13
RE: Cubiculum | Aglaias Privatzimmer
Ich verstand überhaupt gar nicht, warum ich seine Frau nicht suchen sollte, aber für den Moment war das auch egal. Owain kam über mich, küsste und streichelte mich und zeigte mir so sehr, dass er mich wirklich wollte, dass er bei mir sein und bleiben wollte, dass ich seine Gründe dafür nicht weiter hinterfragte. Ich war nur glücklich, dass es so war, wie es war, und dass er sanft und leidenschaftlich zugleich war. Und wieder küsste er mich dabei so innig und unsere Finger verschränkten sich ineinander, so dass ich mich ganz in ihm und seinen Bewegungen verlor.

Danach lag er noch auf mir, aber es war nicht unangenehm oder schwer. Ich fühlte mich mehr geborgen und beschützt, und mit zittrigen Fingern streichelte ich über seine Schultern und strich ihm die vom Schweiß verklebten Strähnen hinter die Ohren, während ich ihn immer wieder küsste. Ich wusste immer noch nicht, was es war, was ich fühlte, aber die Leere war jetzt viel weiter weg als noch zuvor, und ich fühlte mich fast ganz.
Wir rollten uns wieder auf die Seite und ich lag eng in seinen Armen, wollte ihn nie wieder loslassen. Und für eine lange Weile und ein zufrieden erschöpftes Nickerchen tat ich es auch nicht. Als ich meine Augen wieder öffnete, war er immer noch da, und das Gefühl, so neben ihm aufzuwachen, war wie jedes einzelne Mal davor einfach nur schön. Ich hoffte, dass es immer so sein würde und nie verblassen würde.
Ich kuschelte mich an ihn. Eigentlich drückte meine Blase ein wenig, aber er war vom schlaf so schön warm und überhaupt kuschelte ich gern mit ihm und genoss diese Nähe. Meine Gedanken an seine Frau kamen zwar kurz wieder, stachen aber nicht mehr. Ich verschob die Frage auf später, warum er nicht wollte, dass ich sie suchte. Vielleicht würde ich sie auch niemals stellen. Aber zumindest im Moment war das Leben einfach schön.

Und weil es schön war, und nach einigen Küssen zur frühen Morgenstunde, hatte ich auch eine nicht ganz so schlechte Nachricht für ihn. “Es könnte übrigens sein, dass ich einen Ort für die Schmiede gefunden habe. Leider nicht in der Stadt. Die Preise hier sind unverschämt, sag ich dir. Aber in Cheddar steht eine alte Hütte mit Steinmauer. Sowas suchtest du doch, oder?“ fragte ich ihn noch einmal, denn von schmieden hatte ich sowas von keine Ahnung.
[Bild: 15_14_01_23_5_20_11.png]
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04-23-2023, 09:00 AM,
Beitrag #14
RE: Cubiculum | Aglaias Privatzimmer
Ich war erschöpft gewesen, aber ich empfand auch so etwas wie Glück. Mit ihr in meinen Armen musste ich irgendwann eingenickt sein und fiel dann nach und nach einen tiefen und ruhigen Schlaf. 
Als die Nacht dann langsam ihr Ende fand, Spürte ich sie noch immer, wie sie friedlich in meinem Arm lag. Noch hatte ich die Augen geschlosse. Sie aber schien schon wach zu sein und begann, sich an mich zu kuscheln. Ich liebte es, wenn sie das morgens tat. "Bryn, rwy'n dy garu di.*" flüsterte ich ihr ins Ohr, so wie ich es bisher an jedem Morgen getan hatte, wenn sie bei mir lag. Sie fühlte sich so weich und zart in meinen Händen an und ihr Haar duftete so gut. Ich küsste sie sanft auf die Stirn und öffnete dann langsam die Augen. Ein Moment nur stockte mir mein Atem, als ich realisierte, dass es ein Wunschtraum gewesen war, der mich hatte glauben lassen, dass es Bryn war, die in meinen Armen lag. Nein, es war Aglaia, meine Herrin. Mir war das nicht unangenehm, denn auch sie hatte inzwischen einen Platz in meinem Herzen gewonnen. Mir war nur der Gedanke im ersten Moment etwas unangenehm, dass sie vielleicht verstanden haben könnte, dass es nicht ihr Name gewesen war, der mir gerade über die Lippen gekommen war. Ich überspielte also mein anfängliches Zögern, indem ich sie nun noch ein kleines bisschen näher an mich zog und sie zu streicheln begann. Ihr dunkles Haar war so samtig weich. Mit meinen Fingerkuppen zeichnete ich vorsichtig ihre feinen Züge nach und küsste sie dann schließlich. "Bore da, fy heulwen,**" sagte ich lächelnd zu ihr in meiner eigenen Sprache. Sie küsste mich noch gefühlt ein Dutzend mal, bis sie mir dann etwas sagen wollte, was meine Augen zum strahlen brachten.
"Ort für Schmiede?" wiederholte ich aufgeregt. "Cheddar?" Ich hatte davon gehört, dass Cheddar der ursprüngliche Ort war, an dem schon gesieldet worden war, bevor die Römer ihre Stadt daneben gebaut hatten. Wahrscheinlich lebte dort immer noch vorzugsweise die keltische Bevölkerung. Doch das war gar nicht schlimm, wenn meine Schmiede dort wäre. Da ich nicht genau wusste, wie weit Cheddar von Iscalis entfernt war, glaubte ich, es sei nur ein Katzensprung entfernt. "Können wir uns heute ansehen?" bat ich sie. Erst dann konnte ich mit Sicherheit sagen, ob es das war, was ich suchte.

*= Ich liebe dich.
**= Guten Morgen, mein Sonnenschein.
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04-23-2023, 12:17 PM,
Beitrag #15
RE: Cubiculum | Aglaias Privatzimmer
Er murmelte irgendwas im Halbschlaf und zog mich dann enger an sich, um mich zu küssen. Das war so schön, wenn er das so tat. So sanft. So… keine Ahnung, ich hatte dafür kein richtiges Wort. Ich blieb selten bei einem Mann über Nacht, und wenn ich es tat uns sie aufwachten, wollten sie eigentlich immer nur das eine dann. Ich will nicht sagen, dass mich keiner mochte, aber das hier war trotzdem irgendwie nochmal anders. Selbst mit Narcissus war es anders gewesen, wenn ich eine Nacht bei ihm oder er bei mir verbracht hatte. Und den mochte ich auch sehr, und ich war mir auch sicher, dass er mich mochte. Wobei ich grade nicht sicher war, was er davon hielt, dass Owain und ich die Nächte und viele Stunden am Tag miteinander verbrachten. Keine Ahnung, ob er da eifersüchtig war, oder ob es ihm egal war. Ich hatte auch nicht vor, ihn danach zu fragen.
Stattdessen lächelte ich automatisch zurück, als Owain mich so verschlafen und verstrubbelt anlächelte. Er sah morgens einfach nur süß aus. Noch zotteliger, aber süß. “Das Guten Morgen hab ich verstanden“, lachte ich leicht und wiederholte die Wortfetzen, die er mir schon beigebracht hatte. “Bore da, Prynhawn da, Noswaith dda, Nos da“. Guten Morgen, guten Nachmittag, guten Abend, gute Nacht. Was man halt so mit als erstes lernte, wenn man nur so nebenbei eine Sprache nachplapperte. “Was hieß der Rest?“ fragte ich nach, denn davon hatte ich nichts verstanden.

Und ich strahlte, als er ganz aufgeregt wurde wegen der Schmiede, und mich fragte, ob wir sie heute ansehen konnten. Zusammen. Oh, wie könnte ich da nein sagen, wenn er mich so anguckte wie ein Hundewelpe, der vor Freude einem am Bein hochsprang? Ich biss mir leicht grinsend auf die Unterlippe und nickte. “Ja, müsste gehen. Aber ich weiß nicht, ob wir einen Wagen so kurzfristig kriegen und werden wohl laufen müssen.“ Sooo weit war es nicht, aber eben doch ein strammer Fußmarsch, und mit Hin- und Rückweg würde so wohl der ganze Tag dafür draufgehen. Aber ich hatte heute nichts vor, von dem ich wüsste, auch wenn cih mich dringend um einige Bekanntschaften kümmern sollte. Der Balventius hatte ewig nichts von sich hören lassen, so dass ich mich wohl mal ins Gedächtnis bringen sollte, und meinen lieben Furier sollte ich mir auch gut warm halten. Dazu noch den Aedil und den ein oder anderen Stadtrat… Ja, das sollte ich tun. Aber ich lag viel lieber hier mit Owain und plante, die Schmiede anzusehen, die seine Augen hoffentlich weiter so leuchten lassen würde.
“Es gibt nur ein Problem“, meinte ich verschwörerisch und schaute zu, wie sich seine hübsche Stirn leicht sorgenvoll runzelte. Ich küsste ihn kurz. “Wir müssen dann aufstehen.“ Ich lachte leicht neckend. Es war so schön und leicht mit ihm.
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04-23-2023, 04:14 PM,
Beitrag #16
RE: Cubiculum | Aglaias Privatzimmer
Ich musste grinsen, als sie meine Worte wiederholte. Sie gab sich viel Mühe dabei, dennoch klang es lustig. Tatsächlich hatte sie sogar einen Teil davon auch verstanden, was sie da nachgeplappert hatte. Natürlich wollte sie nun auch wissen, was der Rest bedeutete. Das Grinsen mächte einem verträumten Lächeln Platz, als ich es ihr dann sagte. "Fy heulwen bedeutet mein Sonnenschein." Wieder lächelte ich leicht verlegen, denn sie war so schön. Besonders dann, wenn sie lächelte.
Ja, ich war kaum noch zu halten, als sie mir ihre Neuigkeit unterbreitet hatte. Ich hoffte so sehr, mir diese Schmiede heute noch ansehen zu können. Vielleicht konnte ich dann schon bald wieder das machen, was meine eigentliche Profesion war. Mir juckte es schon in den Fingern. Sie meinte zwar, sie könne keinen Wagen besorgen, doch wir könnten ja laufen. Mir machte das nichts aus. Aber ihr vielleicht? "Hast du Pferd? Wir können reiten!" Falls sie nicht reiten konnte, dann konnte sie mit mir reiten. Doch dann traf mich ihr Dämpfer! Es gab ein Problem! "Ein Problem? Was ist Problem?" fragte ich besorgt. Ich begann schon zu überlegen, wo den nun das Problem liegen könnte. Vielleicht fehlte ihr das Geld dazu und ich sollte nun auch... Dann aber küsste sie mich, was mich noch mehr zu irritieren begann. Die Auflösung aber kam dann prompt. Ja, natürlich! Wir mussten aufstehen! Nun lachte ich auch erleichtert auf und schwang mich mit einem Ruck aus dem Bett.
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04-23-2023, 05:48 PM,
Beitrag #17
RE: Cubiculum | Aglaias Privatzimmer
"Sonnenschein?“ fragte ich nach und lächelte dann. Das klang süß. Ich versuchte, es nachzusprechen, was aber selbst für mich nach einer mittleren Katastrophe klang. “Ich fürchte, du musst das noch oft sagen, bis ich es nachsprechen kann“, lockte ich ihn ein wenig, weil ich es wirklich gern noch einmal hören wollte.
Ich schwang also auch meine Füße aus dem Bett und suchte etwas anziehbares, das auch dazu geeignet war, eine Stunde zu Fuß zu laufen. Und das war bei meinen Kleidern schwieriger, als man annehmen sollte, denn die meisten bestanden aus Seide, hauchfeiner Wolle, dünnem Leinen oder allgemein viel Nichts. Aber ich fand schließlich doch eines, das mir gefiel – dunkelrotes Leinen, weiß am Kragen bestickt und ist angedeuteten Ärmeln versehen. Es war jetzt nicht unbedingt modern, aber hier in der Provinz wahrscheinlich trotzdem noch der heißeste Scheiß. In Rom würde ich es wohl nur tragen, wenn ich aus welchem Grund auch immer unauffällig sein wollte, aber hier stach ich damit wahrscheinlich immer noch heraus.

Ich ließ es mir also gerade über die Schultern gleiten und suchte nach einer passenden Fibel, damit es nicht über eben jene rutschte, als Owain mich fragte, ob ich ein Pferd hätte. Ich lachte leicht und schüttelte den Kopf. "Ich hab schon gehört, dass Keltinnen reiten. Aber nein, ich kann nicht reiten. In Rom wird das als männlich angesehen. Krieger reiten. Militär, Legionäre, reiche Männer. Wenn eine Frau beim Reiten erwischt wird, ist das ein ziemlicher Skandal und gilt allgemein als ziemlich entwürdigend für die Frau“, erklärte ich ihm, auch wenn er vielleicht nicht alle Worte verstand.
“Eine Dame fährt in einem Wagen oder lässt sich mit der Sänfte tragen. Man könnte wohl sagen, dass römische Frauen sehr auf gutmütige Männer angewiesen sind.“
Inzwischen war ich angezogen und malträtierte mein langes Haar mit Bürste und Kamm, bis es wieder herzeigbar war. Der Einfachheit halber schlang ich es mir im Nacken zusammen und drehte es einmal lose auf, ehe ich es mit einem Haarband am Hinterkopf zusammenhielt. Ich wollte ja nur eine schmiede Besuchen und musste niemanden beeindrucken. Aber ganz wild konnte ich auch nicht vor die Tür.
“Ich nehme an, du kannst reiten?“ fragte ich ihn dann. In der Stadt würden mich keine zehn Pferde auf ein eben solches bringen. Aber das Stückchen zwischen Iscalis und Cheddar, wenn keiner guckte? Und ich nur draufsitzen musste, ohne runterzufallen? Das war verhandelbar.
[Bild: 15_14_01_23_5_20_11.png]
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04-23-2023, 09:02 PM,
Beitrag #18
RE: Cubiculum | Aglaias Privatzimmer
"Fy heulwen," wiederholte ich grinsend, weil sie mich darum gebeten hatte und sie es offensichtlich auch mochte. Aus ihrem Mund hatte es sich wirklich seltsam angehört. Aber sie würde das schon schaffen, mit etwas Übung.
 
Aglaia blieb auch nicht mehr lange liegen. Sie stand auf und suchte gleich nach etwas Passendem, was sie anziehen konnte. Ich hatte da nicht sonderlich viel Auswahl. Für mich gab es nur meine Tunika, die ich mir überzog. Was hätte ich dafür gegeben, nun noch ein paar Hosen zu haben! Das fehlte mir total! Mit meinen Fingern fuhr ich mir noch ein paar Mal durchs Haar, damit ich micht ganz so zerzaust aussah. Da wir in ein keltisches Dorf gehen wollten, sollte das völlig genügen.
Aglaia hatte sich für ein rotes Kleid entschieden, das zum Glück nicht durchsichtig war. Nicht dass sie in ihren durchsichtigen Kleider nicht begehrenswert gewirkt hätte. Doch heute ging es nicht darum, um neue Kundschaft in Cheddar anzuwerben, sondern sich lediglich eine alte Schmiede anzuschauen.
Meine Frage nach dem Pferd löste bei Aglaia eine gewisse Heiterkeit aus. Aber schnell wurde mir klar Frauen und Reiten bei den Römern ein absolutes no go war. Was für unsere Frauen vollkommen normal war, ging gar nicht bei den Römern! Sie klärte mich darüber auf, wie römische Damen zu reisen pflegten. "Aha, " fiel mir da nur ein. "Eine Sänfte?" Ich wusste schon, was eine Sänfte war. Manche Römer ließen sich einfach in ihrem Bett durch die Gegend tragen. Seltsames Volk!
Ich sah ihr noch eine Weile zu, wie sie ihr langes Haar mit einer Bürste zu bändigen versuchte. Heute genügte auch eine einfache Frisur. Sie schlang das Haar einmal zusammen und machte noch einige Handgriffe, bis sie es mit einem Haarband zusammenfügte. Als sie damit fertig war, sah sie mich an und fragte mich, ob ich reiten könne.

"Äh ja," sagte ich nickend, als wäre dies das Normalste auf der Welt. "Aber es gibt Problem!", sagte ich und schaute dann plötzlich ganz ernst drein. "Ich brauche Hose!" Das war mein voller Ernst. Ohne Hose zu reiten machte nun wirklich keinen Spaß. Weder während, noch nach dem Reiten!
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04-23-2023, 09:26 PM,
Beitrag #19
RE: Cubiculum | Aglaias Privatzimmer
“Ja, eine Sänfte! Aber in Iscalis wär das wahrscheinlich ein wenig zu viel des guten, hier herrscht ja kein Verbot von Wagen und dergleichen“, philosophierte ich so vor mich hin, auch wenn Owain das wahrscheinlich nicht verstand. Aber wie sollte ich ihm eine Stadt wie Rom erklären? Das musste man einfach gesehen haben, sonder glaubte er mir doch nie, dass dort siebenstöckige Häuser standen und tags alle zu Fuß gehen mussten. “Aber keine Sorge, da gehen wir lieber selbst zu Fuß. Heute soll es ja schön werden, hab ich mir sagen lassen.“ Die allgemeine Wettervorhersage der örtlichen Auguren war zwar bestenfalls gewagt, aber ein bisschen Hoffnung durfte man ja haben.

Ich war dann soweit startklar, aber Owain sprach plötzlich von einem Problem. Jetzt war ich es, die die Stirn runzeln musste und schon überlegte, was los war und ob mein Kleid nun so scheußlich war, dass das das Problem sein könnte. Aber nein, er wollte Beinlinge haben! Ich lachte erst einmal, weil ich den Zusammenhang nicht verstand. Römische Männer ritten ja immerhin auch einfach so. Aber Owain war eben kein Römer, und ich kam zu ihm und küsste meinen wilden Barbaren noch einmal richtig und war gemein genug, dabei die Vorzüge einer nicht-vorhandenen Hose zu nutzen und unter seine Tunika mit meiner Hand kurz zu fahren, um ihn scharf zu machen.
“Dann kaufen wir dir noch eine. Und vielleicht auch ein oder zwei Tuniken mehr und bessere Schuhe“ – die hatte ich ihm ja versprochen – “und wenn du für die Schmiede noch etwas brauchst, dann auch das.“ Ich küsste ihn noch einmal und machte mich dann los. “Aber erst muss ich noch einmal auf die Latrine, und dann gehen wir. Sonst schaffen wir das heute nicht mehr alles.“
Und so verließen wir auch kurz später das Haus.
[Bild: 15_14_01_23_5_20_11.png]
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04-30-2023, 12:52 PM,
Beitrag #20
RE: Cubiculum | Aglaias Privatzimmer
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Wir kamen erst relativ spät am Abend wieder. Wir hatten ja noch das Pferd wieder zurückbringen müssen, und ich hatte tatsächlich noch den zuständigen Stadtbeamten auf dem weg getroffen, der für die Verpachtungen zuständig war und ihm mit viel Charme den Vertrag auch noch so spät am Nachmittag aus den Rippen geleiert, dass ich nun ganz offiziell für die nächsten zehn Jahre die Pächterin dieser Schmiede war, sogar mit der Option, das Land danach zu kaufen oder noch einmal zehn Jahre zu verlängern. Eigentlich sollte ich hoch zufrieden sein, denn einen viel besseren vertrag hätte ich wohl selbst dann nicht aushandeln können, wenn ich den Mann an Ort und Stelle befriedigt hätte.

Aber ich fühlte mich ganz und gar nicht zufrieden, als wir nach Hause kamen. Von der Küche her duftete es nach Essen, aber ich hatte keinen Hunger, auch wenn ich heute nach dem Frühstück nicht wirklich etwas gegessen hatte und wohl auch zu wenig getrunken. Ich tapste in mein Schlafzimmer und schenkte mir einfach nur einen Becher Wasser aus dem Krug an dem Tischchen ein, leerte ihn schnell und fühlte mich immer noch elend. Ich legte die gesiegelte Wachstafel beiseite, die ich mitbekommen hatte. Der richtige Vertrag würde erst ausgearbeitet und abgeschrieben werden müssen für die Archive der Stadt.
Ich fühlte mich sehr müde, aber ich hatte Angst vor der Nacht. Es fühlte sich so an, als hätte sich Owain von mir zurückgezogen, und ich ertrug dieses Gefühl nicht, das das bei mir auslöste. Ich wollte eigentlich nur heulen, konnte aber nicht. Erst recht nicht, weil er ja auch noch hier war. “Wenn du noch Hunger hast, geh ruhig und hol dir was von Ida“, sagte ich zu ihm, ohne ihn wirklich anzusehen. Ich konnte grade nicht. Ich fühlte mich wie eine leere Hülle, die grade nur zufällig herumlief und redete und vorhin auch geflirtet und gelächelt hatte, als sie es musste. Aber dieses andere Gefühl, dieses schöne und erhabene, das mich hatte strahlen lassen, das war irgendwie weg. Owain hatte es mit sich wieder mitgenommen, so wie er es überhaupt erst zu mir gebracht hatte, und ich merkte erst jetzt, wie sehr es mir gefallen hatte. Wie sehr ich es brauchte.
[Bild: 15_14_01_23_5_20_11.png]
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