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[Calum]

Calum wehrte sich nicht gegen die Umarmung, die ihm aufgezwungen wurde wie ein Schraubstock. Sie fühlte sich an wie das einzige, das ihn auf der Welt festhielt – auch wenn er kaum atmen konnte. Louarn hatte etwas von einem Bären, groß, stark. Unverrückbar wie ein Fels. Die Säule, an der sich Calum festhalten konnte, wenn alles andere wegbrach. Und für eine Weile tat er genau das: Sich festhalten und weinen.
Er wollte all dies nicht mehr. Wer hatte bestimmt, dass sie für ein Volk kämpfen und sterben sollten, das sie verachtete? Um Mütter zu rächen, die ihre Söhne gehasst hatten? Die nicht die Stärke gehabt hatten, für sie zu leben. Was schuldeten sie Cathbad?
Es war… nicht fair.

Aber Louarn war da. So unendlich geduldig und gütig, obwohl Calum sich so gehen ließ. Doch er hatte es nicht mehr geschafft. Calum dachte zu aller erst immer an seine Brüder. Hatte Caradocs Worte verschwiegen, weil er gewusst hatte, dass Deimos darunter leiden würde. Doch irgendwann ging es nicht mehr. Wenn man so viel gab, bis man nichts mehr selbst übrig hatte, endete man wie eine Kerze: Verbrannt. Ob es Lou genauso ging?

„Es… tut mir leid, Bruder“, sagte er mit leiser und heiserer Stimme. Endlich konnte er sich von Louarn lösen, wenn auch zögerlich, als wisse er nicht, ob er stehen könne. „Das war… nicht fair von mir. Ich weiß doch, dass du immer da bist, wenn ich dich brauche. Ich will doch nur… dass… dass es euch allen gut geht. Aber ich weiß nicht, was ich tun kann.“

[Louarn]

“Schon gut, Bruder“, sagte ich und zog Calums Kopf noch mal zu mir, um ihn auf die Stirn zu küssen. Genau dorthin, wo die Druiden uns gelehrt hatten, dass die Seele und die Kraft saß. Und ab und zu brauchte diese Seele Nahrung, wie den Kuss eines Bruders. Ich wünschte mir nur, ich hätte die Zauberkraft, hier wirklich eben jene Kraft anzufachen. Aber ich war nicht geübt in diesen Künsten. Überhaupt war ich nicht gut darin, Druide zu sein, und würde es auch nie mehr werden. In einem anderen Leben hätte ich vielleicht die Chance gehabt, ein Fili zu werden und mit Musik zu leben, aber in diesem Leben war mir auch das nicht möglich.
“Einfach ein Schritt nach dem anderen. Du musst nicht immer stark sein und für immer durchhalten. Nur heute. Das musst du dir einfach nur immer vornehmen, das ist viel einfacher. Einfach nur das Heute schaffen. Langsam und sicher.“ Ich wusste nicht, was ich Calum sonst raten sollte, denn viel mehr wusste ich auch nicht, außer, immer den Tag durchzustehen, der gerade war. Alles andere änderte sich ohnehin andauernd. "Und mir geht es gut, wenn du da bist“, schloss ich noch, und sparte die unangemessene Eifersucht einfach aus, die mich an Raven denken ließ und daran, dass sie ihn gewählt hatte. Wenn sie auch sagte, es sei nur zur Tarnung. Ich hoffte nur, er würde sich eines Tages bewusst werden, wie viel Glück er eigentlich hatte.

[Calum]

Calum wusste nicht, was er sagen sollte. Es war einfach. Louarn war schlichtweg immer da, wenn es wirklich nötig war. Ganz egal, wie sehr man sich selbst aufgab. Ganz egal, wie sehr man einsam und verlassen sein wollte. Louarn gab einem seine Liebe, ob man wollte oder nicht. Denn er wusste fast immer, wer ihrer bedurfte.
Ungeschickt fuhr sich Calum über die trännennassen Wangen und versuchte, seiner Gefühle wieder Herr zu werden. Seufzend lehnte er sich an die Wand und schluchzte.
"Du bist viel weiser, als du selbst glaubst, weißt du das?", sagte er und meinte dies vollkommen ernst. Louarn war in mancher Hinsicht der Besonnenste von ihnen - auch wenn er manchmal ein romantischer Trottel war. Den Kopf schüttelnd, suchte Calum den Boden ab - nach Dingen, die nicht dort waren - und wich somit Louarns Blicken aus.
"Hast du dir auch schon gewünscht, einfach weggehen zu können? Irgendwo neu anfangen? Ich... würde euch nie im Stich lassen. Aber manchmal, da stelle ich mir vor, was wäre... wenn wir Cathbad nie begegnet wären."

[Dunduvan Deimos]

Dunduvan wusste, wo der Stall des Schmieds war. Als er eintrat, meckerte eine der Ziegen laut, und er legte ihr kurz eine Hand auf den Kopf und kraulte sie zwischen den Hörnern. 
Aber Calum war nicht da, und einen Moment lang machte er sich Sorgen: Er hatte den Bruder lange nicht mehr zu Gesicht bekommen. Doch dann verrieten ihm die kleinen, verräterischeren Zeichen im Stroh und auf dem Fußboden, dass dort doch noch kürzlich jemand geschlafen hatte. 
Er ließ eine einfache Tabula so liegen, dass er sie sehen musste. Als Schriftzeichen hatte er diesmal nicht die Geheimschrift der Druiden ausgesucht, sondern eine römische Verschlüsselung, die er von Cathbad hatte:

Ghu Ndlvhu ihlhuw ehl Prqgxqwhujdqj lp Kdxvh ghv Kdkqv LLLpdo. Zhqq gx Vwriih ndxihq zloovw, nrpp.

Er spielte mit den Worten Gallier und Gallus, römisch für Hahn. Und mit dem dritten Mal gab er die Verschiebung an. Er ging davon aus, dass der Bruder verstehen würde, dass sich die Falken während des Regierungsjubiläumsfestes bei Monduntergang  vor dem Haus von Erwan, dem gallischen Tuchhändler treffen würden. 
Leise und wie ein Schatten fast unsichtbar verschwand er.

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Hier bitte entschlüsseln  

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[Calum]

"Stoffe kaufen... Der Tuchhändler...", schloss Calum sofort, denn es kostete ihn kaum Anstrengung, solche Codes zu entziffern. Er war neben Dunduvan immer einer derjenigen gewesen, die sich mit solchen Dingen leicht taten.
Jedoch wusste er nicht, warum. Er hatte das Fest eigentlich mit Phyteas verbringen wollen, doch diese Sache war wichtiger. Zumal er noch nicht ahnte, weshalb sie sich dort trafen...