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[Gabinia Clara]

Ich holte tief Luft und fragte meine Schwägerin, "Wollen wir eine Öllampe heute Nacht entzünden?"

Gerwina begrüßte ihre Schwägerin mit einem warmen Lächeln, "Natürlich störst du mich nicht, Stella, ich lese "Georgica" von Virgil, eine sehr spannende Lektüre und ich überlege mir, ob wir auf unserem Land auch Bienen züchten könnten,  dann hätten wir unseren eigenen Honig, das wäre doch schön!"

Als Stella dann das Ziel ihres Besuchers erläuterte, stand Gerwina auf und führte ihre Schwägerin zum Fenster. Auf der Fensterbank leuchtete bereits ein Öllämpchen, "Ja, liebe Stella, noch bevor ich ins Bett ging, habe ich das Licht angezündet, so wie ich es jede Nacht getan habe, als ihr auf der Flucht wart, und heute habe ich das wieder getan, so können Sonnwin und Fenia sich nachts in der Dunkelheit orientieren, wenn sie heim zurückkommen, wann auch immer..."

[Gabinia Clara]

Rückkehr aus dem Land der Dobunni

Dann aber sah ich in Gerwinas Fenster das Licht brennen. Wie ein kleiner Leitstern führte uns ihre Öllampe nach Hause. Dort warteten meine Stella und Quiwon, dort wartete meine Schwester.

Ich gab Jarpan etwas Schenkeldruck, ließ ihn traben und stieß einen schrillen Pfiff aus, der von den Mauern der Villa Rustica wieder hallte:

"Frau Abendstern!", rief ich: " Wir sind wieder zurück!"
Drei Tage waren wir unterwegs gewesen.

Gerwina stand am Fenster und winkte Sonnwin freudestrahlend zu, " Willkommen daheim, Bruder!", rief sie noch und sah, wie ihre Schwägerin auf ihn zurannte und in seine Arme fiel.

Gerwina lächelte sanft und ging wieder zu Bett. Sie wird dann Morgen ihren Bruder sehen und ihn dann richtig begrüßen, auch die Pferde anschauen. Der Kater Primus sprang wieder auf das Bett, ließ sich streicheln und schnurrte, was das Zeug hielt.

[Publius Gabinius Secundus]

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Rango lief so schnell er konnte mit dem Brief in der Hand zum vom Eingang aus gesehen rechts liegenfden Eckrisaliten, der nur als "Ostturm" bezeichnet wurde.
Und dort stürmte der Junge die Treppe hinauf. Vor der Tür aber verharrte er, fuhr sich durch seinen immer etwas abstehenden blonden Haarschopf, atmete tief ein und aus und klopfte dann an die Tür von Frau Gerwina.  

[Gabinia Clara]

Gerwina kam gerade aus dem großen Garten, wo sie die Obstbäume inspiziert hatte und wollte ein Bad nehmen, als es klopfte ... Eigentlich hatte sie heute keinen Besuch erwartet. Wer könnte es bloß sein, dachte die junge Frau und zuckte mit den Schultern:

"Herein!"

[Publius Gabinius Secundus]

Rango errötete wie stets, wenn er Frau Gerwina begegnete. Auf seine jungenhafte Weise schwärmte er für die Schwester seines Herren. Aber er nahm sich zusammen und verbeugte sich:

"Fraue Gerwina, ein Brief für dich ist gekommen. Der Silberhändler Andrippus hat ihn hergebracht", sagte er  auf Germanisch, da sie unter sich waren und gab Gabinia Clara den Brief:

Eisu grüßt Clara, so darf ich Dich doch nennen? Ich bin nun wieder in meinen eigenen vier Wänden, auf meinem Land, unter meinem Dach, doch wenn ich die Augen schließe, so sehe ich vor mir die Elfe aus dem fernen Germanien, mit goldblondem Haar und Augen so grün wie das Meer vor den Klippen von Albion. Bald ist August, die Erntezeit steht an, und doch fliegen meine Gedanken zurück. Bin ich denn der Göttin Frija begegnet, die ihre schwarzen Wälder und unbärdigen Ströme verlassen hat, um mit ihrem von Katzen gezogenen Wagen nach Britannien zu kommen? Wo bist du, Göttin, wo deine liebliche Gestalt, deine melodische Stimme? Wärst du hier, wäre alles gut und mein Herz wäre ruhig. Ich weiß nicht, ob du noch an meine Einladung und an den See Gweder denkst. Oder lässt dich dein strenger Bruder nicht fort? Ich gelobe ihm, dass Du in meinem Haus nur geehrt werden sollst, so wie keine Frau, weder Römerin, Germanin noch Keltin je geehrt worden ist. Wenn ich fehle, so mag er mich töten.  Doch noch schöner wäre es, wenn er dich begleitet, und seine liebe Frau und seine Kinder und auch unsere gute Freundin Fenia. Dann wollen wir alle zusammen fröhlich sein. Bitte schreibe mir. Oder komme selbst. In Ehrfurcht und mit Liebe Eisu ap Comu

[Gabinia Clara]

Rango kam rein und brachte seiner Herrin einen Brief. Gerwina nahm die Tabula, lies zuerst die Unterschrift und strahlte.
"Danke Rango, du kannst jetzt gehen...", so entließ sie den Knecht, setzte sich am Fenster und las die wunderschönen und gefühlerfüllten Zeilen, die der keltische Fürst Eisu Ap Comux ihr geschrieben hat.

Sie legte die Tabula auf das Tischchen und war eine Weile in Gedanken versunken. Der Brief hat sie sehr bewegt und ihre Seele berührt und sie beschloss, nach der Obsternte, Eisu zu besuchen und mit ihm zusammen in den See Gweder hineinzuschauen.  Morgen wird sie den Brief ihrem Bruder zeigen und mit ihm über ihre Reise ins Dobunni-Land sprechen. Gerwina küsste die Tabula und ging ins Bad.

[Publius Gabinius Secundus]

Doch Clara bekam keine Ruhe. Das war so, wenn man die Tante auf einem Gutshof war; immerzu kam jemand, um Rat zu erbitten, zu plaudern oder Gesellschaft zu haben.
Diesmal war es der junge Sklave Spiros, der anklopfte. Der Kater Primus saß auf seiner Schulter. Das hatte er ihm beigebracht und war stolz darauf. Jetzt war er aber gelaufen, um Domina Clara Bescheid zu sagen, dass ein neues Kind im Haus war. 
Da keiner öffnete, hatte der Junge den Mut, den Knauf zu drehen. Im Zimmer war niemand.
"Domina Clara?", flüsterte er und drückte sich an die Tür.

[Gabinia Clara]

Gerwina kam nach einem entspannten Bad zurück und erblickte den kleinen Spiros, der eigentlich schon sehr groß geworden war, aber immer noch ein Kind. Der liebe Kater Primus sprang gerade von Spiros Schulter und schmiegte sich dann an ihre Beine. Gerwina lachte vergnügt und fragte:

"Was gibt es, Spiros?"

[Publius Gabinius Secundus]

"Komm bitte zu Domina Stella und Dominus Gabinius in das Sonnengemach, Domina Clara!", sagte Spiros:
"Sie haben ein... Kind?"
Ihm fiel ein, dass er nicht einmal wusste, ob es ein Junge oder ein Mädchen war. Er war noch in einem Alter, in dem Katzen interessanter waren als Babies:
"Ihnen geht es aber gut. Der Herr schickt mich"