Catia selbst war in den Canabae,
einem dieser Lagerdörfer der Einheimischen, welches für gewöhnlich ein Legionslager umgab, geboren worden und dort hatte sie auch ihre ersten Jahre gelebt.
An jenem Ort hatten zwischen den Soldaten der Sieger und den Frauen und Töchtern der Besiegten alle Arten von Begegnungen, die möglich waren, stattgefunden; von zärtlicher Liebe, von Sex gegen Geld bis hin zu Gewalt. Die Frauen dort hatten manchmal Kinder von den Römern. Meistens zogen sie sie auch auf. Louarns Mutter war nicht einverstanden gewesen, so hatte es Louarn ausgedrückt. Sie hatte ihn aber behalten. Und jetzt da Louarn sie küsste, war Catia nur froh darüber, dass sie es getan hatte. Sie schmiegte sich an ihn.
Louarn war so liebevoll, so gut; sie konnte sich nicht vorstellen, dass seine Mutter ihn letztendlich nicht dennoch geliebt hatte. Aber dann fiel ihr
Pally ein, Louarns Bruder. Er war so seltsam, immer voller Spott. Bei ihm konnte sie sich eher vorstellen, dass er nie eine Mutter gekannt hatte, zumindest keine fürsorgliche. Es gab um beide Männer ein Geheimnis, das spürte Catia genau. Es war vermutlich unerfreulicher als alles, was sie in ihrem bisher kurzen Leben kannte. Es gehörte zum Bösen, das sie vertreiben wollte.
"Nicht zurücksehen, sondern nur nach vorne", flüsterte Catia. Sie selbst nahm Louarns Hand und führte sie an ihre Brust. Das Gefühl erregte sie, und sie seufzte leise. Sie wollte Louarn. Sie wollte, dass er sie nahm, dass er in ihr blieb und das nichts zwischen sie kommen konnte, nichts Böses aus der Vergangenheit, nichts Schlimmes aus der Zukunft:
Louarns Küsse hier. Ab und zu Pallys Hütte. Allans und Deirdres Wohlwollen. Das war die Gegenwart.