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Triclinium | Cena für die neuen Hausherren
03-23-2025, 08:32 PM,
Beitrag #1
Triclinium | Cena für die neuen Hausherren
Der dickliche Ritter hatte gerade sein ausgedehntes Mittagsschläfchen gemacht, als er unsanft von Nike aus dem Schlaf gerissen wurde. Normalerweise würde er der Sklavin die Hammelbeine dafür langziehen, aber er wollte nicht so sein, da sie ihm Kunde von der Ankunft des tüchtigen Plautius Leanders und dessen Entourage verkündete. Na endlich! Montanus war bereits seit gut drei Wochen hier und hatte die ganze Vorarbeit für den legalen Mummpitz geleistet und das Hauspersonal hier vom Wechsel der Eigentümerschaft sowie deren neuen Hausherrn informiert. Der große Kasten musste gut zehn Jahre leergestanden sein und der Ritter hoffte, dass irgendjemand anderes Gefallen an dem Ding finden würde so lange er sich nicht drum kümmern musste.

Auf Geheiß von Montanus hin schwärmten seine Leibsklaven, allen voran die schöne und exotische Nike, aus und bereiteten ein würdiges Fest für Plautius Leander und seine junge Gattin vor. Die Küche brummte, mehrere junge Sklaven rannten auf den Markt um lokale und internationale Leckerbissen zu besorgen um einen angemessenen Empfang zu bereiten nach den Vorgaben von Plautius Montanus. Während Leander und Orestila noch im Bade saßen und entspannten, entwickelte sich das Haus in einen Bienenstock und das Triclinium wurde noch einmal gefegt um jedes letzte Staubkörnchen zu entfernen, zusätzliche Kissen für extra Komfort sowie gutes Geschirr, Trinkgefäße und Getränke aufgetragen. Auch hatten sich die Sklaven herausgeputzt und ihre guten Tuniken angezogen um den neuen Herren zu imponieren. 

Als alles an seinem Platz war, wuchtete sich der Ritter aus dem Gästezimmer die kurze Strecke bis zum Triclinium und ließ sich dann selbstbewusst auf die Kline fallen, die in der Regel für Ehrengäste reserviert war. Auch die Sklaven sollten sehen, dass die Villa einen neuen Hausherren hatte und dass Montanus diesen Platz nun nicht mehr einnahm. Als er es sich gerade bequem machte und auf Leander und seine ihm unbekannte Gattin wartete, driftete auch schon ein sehr gut aussehender Jüngling in einem bunten Federumhang mit einer Lyra im Arm herein und nahm auf einem geschmückten kleinen Podest Platz, das sich in der Mitte eines menschengroßen goldenen Vogelkäfigs befand und wartete dort auf seinen Einsatz um den Raum mit einer sanften Geräuschkulisse beim Essen zu füllen. Auch Kapaneus warf noch einen letzten Blick auf den Raum und schritt zufrieden davon um Leander und Orestila zu holen.
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Honoratior von Iscalis
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03-30-2025, 03:16 PM,
Beitrag #2
RE: Triclinium | Cena für die neuen Hausherren
Leander hatte sich das Schlafzimmer zeigen lassen, welches das seine sein würde, und wie alles in diesem Haus war es überwältigend, riesig und mehr als reich geschmückt. Leander konnte immer noch nicht so recht fassen, dass das nun alles ihm gehörte. Er verbrachte ungefähr eine viertel Stunde damit, den Raum anzusehen, die Fenster zu öffnen und zu schließen – überhaupt die Anwesenheit von Fenstern war schon für sich genommen Protz – ehe er wieder ins Atrium ging, um seine hoffentlich zu ihrer Zufriedenheit frisierte Frau in Empfang zu nehmen. Viel Zeit hatte er ihr ja zugegebenermaßen nicht dafür eingeräumt.
Allerdings war von seiner Frau nichts zu sehen. Dafür allerdings von einer Sklavin, die er als Ornatrix identifizierte, da sie mit Kämmen, Haarnadeln und einer Schere bewaffnet wartete. “Ist meine Frau schon fertig...?“ fragte er sie, denn so musste es wohl sein, wenn die Ornatrix im Atrium herumstand.
“Cressa, Dominus“, ergänzte sie auf die stumme Aufforderung hin ihren Namen und verneigte sich. “Nein, Dominus. Die Domina hat mich angewiesen, zu warten, während sie in ihrem Cubiculum ist.“
Dieser Satz ergab reichlich wenig Sinn, und die Art, wie die Sklavin zu Boden blickte, verriet Leander, dass da ein Teil fehlte. “In ihrem Cubiculum? Wo sie… was tut?“ fragte er daher nach.
Cressa schien sich fast zu winden vor der Antwort. “Sie hat ihren Sklaven Nicander angefordert. Es steht mir nicht zu, darüber zu urteilen, was sie tut.“

Leander war einen Augenblick lang sprachlos. Seine Frau Norbana Orestilla nutzte ihren ersten Tag in dieser Villa, an dem sie sich als Hausherrin präsentieren sollte und wo sie nur sehr wenig Zeit hatte, ehe sie sich mit Montanus treffen sollte, um mit Nicander zu vögeln, mitten am Tage, und ließ ihn dafür warten? Hatte er das jetzt richtig verstanden?
Seine Miene verfinsterte sich erheblich, aber er beschwor sich, ruhig zu bleiben.
“Du kannst jetzt gehen, Cressa, du wirst heute nicht mehr gebraucht. Sollte die Domina dich rufen lassen, wirst du NICHT hingehen, verstanden?“ Ja, Leander war mehr als nur ein wenig zornig. Er hatte für dieses Arrangement nur sehr wenige, sehr nachvollziehbare Dinge von Nicander und Orestilla verlangt, und mit das wichtigste dabei war absolute Diskretion gewesen. Und doch dachte keiner von beiden auch nur ansatzweise daran, dass hier 39 Sklaven waren, die die beiden nicht kannten und über deren Verschwiegenheit und Zuverlässigkeit sie nichts wussten, ehe sie am hellichten Tage und noch mit der Anweisung an eine Sklavin, auf das Ende ihres Liebesspiels zu warten, ins Bett sprangen. Und weshalb?!  Leander war über so viel Dreistigkeit wirklich sprachlos. Das würde ein Nachspiel haben.

Erst einmal atmete er ein paar Mal tief durch, um sich zu sammeln, ehe er sich den Weg zum Tablinum zeigen ließ und dort auf einen gutgelaunten Montanus traf und… einen Kerl in einem Goldkäfig. Der sich als Vogel verkleidet hatte.
Nein, nein, Leander würde nicht darüber nachdenken. Montanus war exzentrisch, das hatte er selbst gesagt. “Salve, Plautius Montanus, und verzeih, dass du warten musstest. Meiner Frau setzt die Reise wohl doch etwas zu, weshalb sie sich in ihr Cubiculum zurückgezogen hat.“ Wo sie, wenn es nach Leander ging, auch bleiben konnte. Er war maßlos enttäuscht, ließ sich davon aber im Moment nichts anmerken.
“Ich wäre eher nach Londinium gereist, aber die Straße zwischen hier und Iscalis ist stellenweise eine Katastrophe. Der britannische Regen macht das Reisen nicht gerade gemütlich.“
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03-31-2025, 04:50 PM,
Beitrag #3
RE: Triclinium | Cena für die neuen Hausherren
Calum fragte sich schon gar nicht mehr, wieso sie nicht gemeinsam gereist waren. Er hatte längst akzeptiert, dass sie eine dieser modernen römischen Familien waren, wo man sich nicht leiden konnte - also im Grunde wie bei ihm und seiner Mutter. Zugegeben, hätte er den Ritt doch vermutlich auch nicht genossen, hätte er tagelang in einer Kutsche mit dem Dickerchen zubringen müssen - oder in Gegenwart Leanders und seiner Frau, die er zwar nicht kannte, die aber wohl die Unterbrechung der Zweisamkeit durch den Cousin ihres Gatten wohl kaum zu schätzen wissen würde.
Nach seiner Ankunft hatte sich Calum erst einmal ein paar Sklaven erwehren müssen, die ihn hatten baden wollen, ehe er dies dann ganz allein, wie ein großer Junge, vollbracht hatte. Auch die Freizeitkleidung hatte er sich selbst angezogen und fragte sich, ob man darauf stolz sein musste, dass es keiner der anderen zu schaffen schien. Wobei... Dickerchen war dazu vermutlich selbst gar nicht mehr in der Lage.

Das erste was ihm auffiel, als er das Triclinium betrat, war der mannshohe Käfig, in dem ein - zugegebenermaßen heißer - junger Mann in einem Federkostüm saß.
'Götter. Ist das was Perverses?!', schoss es ihm durch den Kopf, ehe er ihm auffiel, dass seine Augen wohl etwas zu groß wurden. Schnell wandte er sich also von dem eigentümlichen Anblick ab und erkannte Leander und Montanus, die liebe Verwandschaft. Der eine wollte ihn nur weil er einen Erben brauchte, der andere mochte ihn nicht leiden, weil er eben keinen brauchen konnte. Und er hatte seine eigene Familie für kompliziert gehalten.
"Salve", grüßte er dennoch mit freundlicher Miene und schloss zu den beiden Männern auf. "Es tut mir leid, dass ich so spät bin. Ich hoffe, ihr wartet nicht schon lange auf mich."
So ganz widerstehen konnte er nicht. Ganz diskret neigte er sich zu Leander (vielleicht brach es ja das Eis) und flüsterte, mit einem Seitenblick zu dem großgewachsenen Piepmatz:
"Was glaubst du, was der für Körner frisst?"
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Falke
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03-31-2025, 05:52 PM,
Beitrag #4
RE: Triclinium | Cena für die neuen Hausherren
Es waren nur einige Minuten vergangen, die Montanus damit zubrachte sich am Anblick des Jünglings, des Raums und der Speisen zu erfreuen, von denen er schon einmal ein wenig naschte. Seine Leibdienerin Nike warf ihm einen gespielt bösen Blick zu, als er schon am ersten Gang knabberte, der gerade angerichtet wurde. Die ersten drei Gänge waren simple kalte Gänge mit Früchten, Käse und Nüssen in kleine Häppchen geschnitten und bevor der dickliche Ritter sich noch ein Stück süßen Apfel genehmigen konnte, arrangierte Nike unter seiner Nase schon wieder das Teller um, damit es unberührt aussah. Es war nun mal unhöflich schon anzufangen, aber das Essen war einfach so appetitlich!

Als erstes erschien Leander ins Triclinium geschneit, der nicht sonderlich gut gelaunt aussah. Da der Ritter Senecas Sohn nicht so gut kannte, nahm er an, dass es einfach seinem Wesen entsprach steif, strikt und ungemütlich zu sein wie dessen seliger Vater - oder vielleicht war es auch Verstopfung. Damit kannte der Ritter sich aus und schlechte Laune wegen Verstopfung war absolut nachvollziehbar und verständlich. "Ah, Salve Leander. Es freut mich, dass du schon hier bist." Reisen war wirklich ungemütlich und Montanus verzichtete auf diese Erfahrung, wo es nur möglich war. Der Ritter wartete, bis der Hausherr es sich gemütlich gemacht hatte, ehe er weitersprach. "Reisen ist leider manchmal ein unnötiges Übel. Meine Nubier sind so oft im Matsch stecken geblieben mit meiner Sänfte...eine absolute Katastrophe!"

Als nächstes allerdings kam statt der bestimmt bezaubernden Gattin Leanders ein unerwarteter Gast - der baldige Adoptivsohn Caelinus. Was für eine Überraschung! "Salve, Caelinus! Mit dir hatte ich heute noch gar nicht gerechnet. Wie schön, dass du hier bist!" Die Freude war nicht unbedingt gespielt, da er den jungen Kerl eigentlich gut leiden konnte, wenn der nicht gerade den Unterhaltungssklaven im Vogelkäfig wie ein Kalb mit zwei Köpfen anstarrte. Um die Stimmung ein wenig aufzulockern nickte ich dem Paradiesvögelchen zu. "Spiel doch für uns, Melestratus..." sagte der Ritter aufmunternd, was den angesprochenen Sklaven dazu brachte seine Lyra als Untermalung sanft erklingen zu lassen um Gespräche nicht zu stören.
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Honoratior von Iscalis
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03-31-2025, 07:04 PM,
Beitrag #5
RE: Triclinium | Cena für die neuen Hausherren
“Du bist mit der Sänfte gereist, nicht mit der Kutsche?“ fragte Leander kurz verwundert, erinnerte sich aber selbst wieder daran: Montanus war exzentrisch. Mit der Sänfte musste er zwei Wochen gebraucht haben anstatt drei Tagen – oder bei seinem Gewicht eher fünf.

Leander lag kaum, als er auch schon von Montanus’ hübscher Sklavin einen Teller angereicht bekam. Leander wusste, dass Hector fürchterlich verliebt in das Mädchen war und musste später unauffällig die frage einflechten, ob Montanus etwas dagegen hätte, wenn die beiden miteinander interagierten.
Erst einmal aber wurde er aus diesem und anderen Gedanken gerissen, als Atreus Caelinus erschien, offenbar auch zu Montanus’ Überraschung. Auch Leander begrüßte den jungen Mann und, da er offensichtlich zum Hausherrn erkoren und damit trotz allem gastgeber war, bot Leander ihm auch einen Platz. “Leg dich doch gerne zu mir. Außer natürlich, du möchtest bei deinem Vater liegen.“ Womit Leander dem jungen Mann den zweithöchsten Ehrenplatz zuwies, nachdem Montanus schon auf dem höchsten Ehrenplatz lag.

Atreus Caelinus kam auch zu ihm und fragte scherzhaft, was für Körner wohl der Vogelmann fraß, der jetzt zu singen anhob. Leander sah zu dem Käfig hinüber und die Endlosschleife von Montanus ist exzentrisch, Montanus ist exzentrisch, mit der er sich selbst ermahnte, nicht zu viel darüber nachzudenken, spiegelte sich durchaus ganz zaghaft in seinem Gesicht.
“Ich fürchte, der frisst Pilze“, meinte Leander also ebenso leise zurück. Und damit meinte er nicht die schmackhaften Pilze, die zur entsprechenden Jahreszeit gerne auf den Tellern zu finden waren, sondern eher die Art, die man trocknete und dann wahlweise rauchte oder aß, um eine Weile die Götter sehen zu können.
Leander blinzelte und fing an, von den Häppchen zu essen, die ihm gereicht worden waren. Alles war sehr delikat und wohlschmeckend, das musste er neidlos anerkennen.

Einen kurzen Augenblick entstand also gefräßiges Schweigen, bevor Leander fragte: “Konntest du denn alles für die Adoption soweit vorbereiten, wie du gewollt hast, Montanus, oder benötigst du noch Hilfe?“ Nicht, dass Leander viel helfen konnte, denn Montanus war derjenige mit dem Geld, aber man sollte es zumindest einmal anbieten, und außerdem waren ja sowohl Montanus als auch Atreus Caelinus deshalb in Londinium.
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04-01-2025, 10:52 PM,
Beitrag #6
RE: Triclinium | Cena für die neuen Hausherren
Dickerchen schien wie immer alles großartig zu finden. Calum wusste ihn nicht recht einzuschätzen. Montanus war in seinem Gebahren freundlich und zuvorkommend und er entnahm manchen Worten, dass er gar nicht so einfältig war, wie er zu Beginn geglaubt hatte. Und doch wollte sich nicht recht Vertrautheit einstellen. Calum, der sich eine Familie wünschte, kam mehr und mehr der Gedanke, dass Montanus einfach einen Erben wollte, damit das Vermögen nicht irgendwo in der Latrine verschwand. Und Leander... nun, sie würden sich nicht häufig sehen. Und das war vielleicht auch gar nicht so schlecht, bedachte man, dass er ihn im Grunde für einen Arschkriecher und Goldgräber zu halten schien. Doch immerhin war ihr Umgang miteinander zivil. Er hatte schon Anfeindungen befürchtet. Immerhin schienen sie einen ähnlichen Humor zu haben.
"So viele Pilze, dass ich darüber nicht mehr lachen müsste, gibt es auf der ganzen Welt nicht", flüsterte er daher. Hach, es war gemein, dachte er. Der arme Musiker konnte ja nichts dafür, dass der Dicke ihn in den Käfig gesteckt und als Huhn verkleidet hatte. Die Musik war gar nicht so übel, auch wenn für ihn niemand an Louarn und die Musik ihres Volkes heranreichte.

Auch Calum bediente sich nach anfänglicher Zurückhaltung an dem Essen. Er musste wirklich darauf achten, von dem Zeug nicht zu viel zu naschen, denn auf keinen Fall so enden wie sein Onkel.
Ach was, dafür würde Pytheas schon sorgen, der würde ihn dankbarerweise zum Training scheuchen und notfalls auch noch auf Diät setzen.
"Verstehe ich es richtig, dass im Grunde nur meine Anwesenheit gefordert ist?", wollte er wissen und schaute abwechselnd in die Gesichter der beiden. "Oder kann ich mich sonst wie nützlich machen? Ich will nicht untätig herumsitzen."
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Falke
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04-01-2025, 11:24 PM,
Beitrag #7
RE: Triclinium | Cena für die neuen Hausherren
Das Triclinium war hell erleuchtet, der Duft exotischer Speisen lag schwer in der Luft, und leise Musik füllte die Stille zwischen den Gesprächen. Es war offensichtlich, dass Plautius Montanus keine Mühen gescheut hatte, um diesen Abend zu einem unvergesslichen Ereignis zu machen. Obwohl ich ihn zuvor noch nie getroffen hatte, war es unschwer, ihn zu übersehen. Sein fülliger Leib lag auf einer der Klinen ausgestreckt, als gehöre ihm noch immer das ganze Haus.

Ich trat näher, meine Schritte ruhig und kontrolliert. Die Blicke der Anwesenden streiften mich, doch ich richtete meine Aufmerksamkeit auf meinen Ehemann, der ebenfalls bereits Platz genommen hatte.

Mein Blick glitt weiter und blieb an einer weiteren unbekannten Gestalt hängen. Ein junger Mann mit dunklem Haar, dessen Haltung und Kleidung darauf hindeuteten, dass er kein gewöhnlicher Besucher war. Seine Anwesenheit irritierte mich für einen Moment, doch ich zwang mich, mir nichts anmerken zu lassen. Wer mochte er wohl sein?

Leander hatte nicht übertrieben, als er Plautius Montanus als Exzentriker beschrieben hatte. Das erklärte wohl auch den Sklaven, der in einen bunten Federumhang gehüllt und in einem goldenen Käfig sitzend auf seiner Lyra spielte. Zweifellos ein Schaustück, ein lebendiges Kunstwerk zur Belustigung der Gäste. Ein unbehagliches Gefühl regte sich in mir, doch ich ließ es mir nicht anmerken.

Ich neigte den Kopf leicht, ein Lächeln auf den Lippen, das hoffentlich so viel Anmut wie Entschuldigung ausdrückte. "Salvete! Verzeiht bitte meine Verspätung", sagte ich und ließ mich auf der Kline neben meinem Gatten nieder. "Eine unangenehme Verspannung plagte mich, und ich musste mich erst massieren lassen." Ich hoffte, dass meine Worte keine allzu große Aufmerksamkeit erregen würden.

Nun glitt mein Blick zu unserem Gastgeber und ich schenkte ihm ein gemessenes Lächeln. "Salve, Plautius Montanus! Ich freue mich, dich endlich kennenzulernen. Du hast wirklich alles getan, um diesen Abend unvergesslich zu gestalten und uns auf so herzliche Weise zu empfangen." Meine Worte waren herzlich, mein Tonfall freundlich, ohne aufgesetzt zu wirken.

Dann wandte ich mich zu meinem Ehemann und lächelte ihm zu. Ob ihm meine Frisur gefiel?
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Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
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04-02-2025, 02:09 PM,
Beitrag #8
RE: Triclinium | Cena für die neuen Hausherren
Die liebste Herrin hatte mir gesagt, ich dürfe sie begleiten. Das tat ich, und wir betraten ein prachtvolles Triclinium. Der Herr teilte seine Speisekline mit einem Jüngling, der offenbar dadurch eine Ehrung erfuhr. Ritter Montanus war mir nicht bekannt, doch die Beschreibungen seiner Person  hatten nicht übertrieben. Ihm wäre es zumindest schwer gefallen, seine Kline mit jemandem zu teilen, wenn dieser nicht dürr wie ein Gerippe wäre. Dennoch faszinierte er mich, so wie mich der Maiordomus Kapaneos durch seine sonore Stimme begeisterte, durch seine üppige, außergewöhnliche  Gestalt. Was für ein schlemmender Löwe, was für ein Bacchuskopf! Auf diese Naturgewalt sollte man wahrhaftig Verse schmieden...

..... Man trägt Montanus durch das steinerne Gewühl, 
sein Schatten wächst, ein Berg aus Mensch und Geist. 
Die Toga spannt sich, wie ein Segel voller Sturm, 
sein Lachen hallt, ein Donner, der die Gassen streift. 

Montanus, ein Koloss aus Fleisch und Wein, 
schwebt über Rom, sein Schatten füllt die Gassen. 
Sein Lachen hallt, ein Donner, schwer und rein, 
die Träger zittern, nur nicht fallen lassen

Ein Bacchus wandert, Monument der Lust
sein Atem trägt den Duft von Wein und Brot.
Sein Leib, ein Festmahl, prall vom Überfluss, 
so mächtig, prächtig wie das Kapitol.....


kam mir in den Kopf.

Norbana Orestilla lächelte derweil ihren Ehemann mit einem Lächeln lauterster Harmlosigkeit an. Ich trat an ihre Seite und zupfte ein wenig an dem Seidentüchlein um ihren Hals, als würde ich es richten:

"Domina, bitte schone dich, solange dein Nacken noch verspannt ist", sprach ich so laut, dass der Herr mich hören konnte; dann war meine Rolle in dem Stück beendet und ich trat zu den Sklaven, die in einer Reihe aufrecht an der Wand standen.
Ich dachte jedoch nicht, dass Dominus Leander glauben würde, dass seine Gattin wirklich unpässlich gewesen wäre. Aber was hätte er davon, sie während einer Cena mit Verwandten zu beschämen? Das würde doch nur auf ihn selbst zurück fallen. Ich hoffte also, dass der Herr nichts sagen würde, aber erwartete noch immer das heftige Donnerwetter danach. Diese Aussicht betrübte mich sehr.

Dabei fiel mein Blick auf den liebreizenden Vogeljüngling im Käfig, der spielte und sang. Ritter Montanus nannte ihn Melestratus. Er zupfte die Lyra. Ich fragte mich, wer für die Dekoration dieses Raumes verantwortlich war und tippte auf die zugebenermaßen sehr reizend aussehende Sklavin, die den Ritter geschickt bediente, indem sie sich darauf verstand, seine Speisen immer gerade so wieder anzurichten, als seien sie noch unberührt, um seinen Appetit weiter anzuregen.... wie hätte ich mich unter anderen Umständen an diesen hübschen kleinen Miniaturen erfreut. Aber wie gesagt. mich plagte die Furcht, und so hielt ich den Blick gesenkt und konnte die kleine Galgenfrist vor dem Zorn des Hausherren, die mir und der Herrin blieb,  nicht wirklich genießen.
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"Scheinsklave" Norbana Orestilla
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04-02-2025, 03:10 PM,
Beitrag #9
RE: Triclinium | Cena für die neuen Hausherren
Danach kam dann doch noch wie er annahm Leanders Gattin, die er nicht kannte und deren Namen er nicht wusste, aber die doch gewisse Gefühle im dicklichen Ritter weckte. So starrte Montanus die junge Frau einige Momente nur total verzaubert an, ehe er sich wieder fing und am Gespräch mit den Männern teil nahm. Ihr Haar glitzerte so appetitlich golden, was Montanus am besten gefiel, schließlich war das seine Lieblingsfarbe. Er rückte sogar ein klein wenig - zugegebenermaßen eher demonstrativ - falls sich die junge Frau zu ihm setzen wollte, da ja schon Caelinus bei Leander saß, aber natürlich quetschte sie sich lieber zu ihrem Gatten, was den dicklichen Ritter ein wenig traurig in ihre Richtung blicken ließ. 

"Eh, ich habe bereits mit Caristanius Faustus und ein paar anderen einflussreichen Leuten gespeist und sie bewirtet. Ich gehe davon aus, dass wir die generelle Zustimmung der Stadtväter haben." Und diese war auch teuer genug gewesen, da er nicht an Unterhaltung und Geschenken gespart hatte. "Auch die Dokumente sind alle beisammen anhand der Liste, die du aufgestellt hattest, Leander." Es musste daher nur noch ein wenig gewartet werden bis es wieder einen Gerichtstermin für solche Angelegenheiten gab. Dann driftete die Aufmerksamkeit allerdings wieder von den Männern weg zu Orestila, die es sich gerade bequem gemacht hatte.

"Verrate mir doch deinen Namen, holdes Geschöpf!" flötete der dickliche Ritter erquicklich und sichtlich mehr interessiert an ihr als dem Gespräch in Richtung Orestila mit ihrem goldglitzerndem Haar. Bisher hatte Montanus jedes Jahr seinen Obolus bezahlt um nicht heiraten zu müssen, aber würde er auch so ein holdes Mädel kennenlernen, dann würde er es sich vielleicht doch noch mit der Ehe überlegen. Oder vielleicht sogar dieses bestimmte holde Mädel. "Nike, schenk doch dem holden Engelchen ein, zack zack!" wies er die Sklavin an, die ein wenig missmutig dreinschaute als sie den Befehl ausführte über das doch sehr penetrante Starren ihres Dominus auf die Frau dessen Verwandten. Das war ja mal wieder typisch, dass er sich daneben benahm und anderer Leute Weiber anstierte.
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[Bild: 3_15_08_22_9_36_30.png]
Honoratior von Iscalis
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04-02-2025, 07:12 PM,
Beitrag #10
RE: Triclinium | Cena für die neuen Hausherren
Zum Glück für Orestilla war Leander Anwalt und als solcher neigte er nicht dazu, seine Gefühle auf der Zunge zu tragen. Dennoch sprach sein Blick definitiv nicht von großer Zuneigung oder gar Bewunderung.
“Setz dich besser auf diesen Korbstuhl, bevor du dir erneut den Nacken verspannst“, deutete Leander bestimmt auf einen Korbsessel, als sie sich anschickte, sich zu ihm und Atreius Caelinus auf die Kline zu quetschen. Aber er wollte sie gerade nicht in seiner Nähe haben und würde ganz sicher nicht den baldigen Verwandten bitten, für sie den Platz zu räumen. Abgesehen davon saßen Frauen von Stand in Korbsesseln und fläzten sich nicht wie ein leichtes Mädchen auf einer Kline. Auch wenn Orestilla das seiner momentanen Auffassung nach durchaus war.
Da half auch Nicander absolut gar nicht, der ihm dieselbe dreiste Lüge aufzutischen versuchte. Als ob einer von den beiden ernsthaft glaubte, dass ihnen dieses Schauspiel jemand abnahm. Er sicher nicht, und die Sklaven, die Orestilla bis zu dieser ominösen Verspannung schon gesehen hatten, garantiert auch nicht.

Montanus schien sich da sehr leicht beeindrucken zu lassen von einem festen Gesäß und ein paar hübscher… Augen. Leander holte einmal tief Luft, verzichtete aber darauf, seinen Verwandten irgendwie darauf aufmerksam zu machen, dass er seine Komplimente besser nicht verschwenden sollte. Das würde die Situation gerade nur eskalieren, und er hatte wirklich keine Lust, sich von seiner Frau wirklich alles am heutigen Tag verderben zu lassen.
In der festen Absicht, Orestilla bis zum Ende des Essens zu ignorieren, nahm Leander also das Gespräch wieder auf, als wäre sie gar nicht anwesend.
“Dann hast du also noch keinen Termin bei der Volksversammlung erwirkt?“ vergewisserte sich Leander noch einmal, denn das wäre dann das, was fehlte. Die Volksversammlung tagte einmal im Quartal, weil hierbei der gesamte Provinzialadel zusammentreten musste, also die höheren Ritter, Senatoren und dergleichen, um über die Anliegen zu entscheiden. Es war für alle Beteiligten reichlich unpraktikabel und die Termine daher begrenzt. Und auch wenn Montanus zwar etwas verrückt und verschwenderisch war, war er Leander zwar sympathisch, aber nicht so sehr, als dass er ihn mehrere Monate hier bei sich haben wollte.
Auch Atreius Caelinus fragte nach einer Aufgabe, und das ließe sich Leanders Meinung nach verbinden. “Im Grunde musst du wirklich nur respektabel aussehen und anwesend sein, Atreius Caelinus. Aber wenn der Termin noch nicht fest ist, könntest du für Montanus auch losgehen und den Termin ausmachen. Da die nächste Volksversammlung auch demnächst schon stattfindet, wird wahrscheinlich ein wenig Geld helfen, einen Termin notfalls einzutauschen.“
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