Willkommen im Forum, Bitte Anmelden oder Registrieren

[Officium] Gedanken nach der Hochzeit
01-04-2025, 08:31 PM,
Beitrag #1
[Officium] Gedanken nach der Hochzeit
“Sie ist ein Kind!“


Innogen lehnte sich lässig zurück auf dem Schreibtisch und beobachtete Leander, wie dieser noch immer reichlich aufgebracht durch das kleine Officium stapfte. Er hatte seine Frustration schon an ihr abgearbeitet. Zwei Mal. Weshalb sein Anblick jetzt, nackt und leicht verschwitzt, durchaus sehr ansprechend war. Aber das sollte sie jetzt besser nicht erwähnen. “Nunja, sie ist eben auch sehr jung.“ Auch das war wohl nicht die Antwort, die er hören wollte.
“Jung, verwöhnt und voller romantischer Flausen im Kopf. Sie wollte ein Kätzchen zum Spielen haben. Sie hat absolut keine Vorstellung davon, wie viel irgendetwas kostet und kann mit Geld nicht umgehen.“ Innogen hatte nicht gewusst, mit wie viel Abwertung man ein einzelnes Wort belegen konnte, bis jetzt. Sie zog die Augenbrauen hoch. Leander hielt in seiner Wanderung kurz inne und sah Innogen an. “Erinnere mich daran, mit der Köchin zu sprechen, dass das Budget für die Einkäufe weiterhin mit mir zu klären ist. Ich möchte keine Probleme bei der Vorratshaltung.“
Innogen seufzte leicht und setzte sich wieder aufrechter hin. “In Ordnung. Aber was willst du jetzt tun? Dich wieder scheiden, oder?“
Leander kam sehr schnell zu ihr und stützte sich so links und rechts von ihr ab, dass sie wieder leicht mit dem Oberkörper zurück musste. “Lass die Spielchen, Innogen. Du weißt, dass ich nicht so eine Art von Mann bin, der ein Kind wieder auf die Straße setzt, nur weil es ein Kind ist. Und du weißt auch, was das hier ist und was es nicht ist.“ Er blickte sie noch einen langen Augenblick lang intensiv forschend an, bis sie den Blick senkte und eine Entschuldigung murmelte.


Weil er ihr gerade so nah war und noch immer aufgebracht und sie noch nach Schweiß und Sex roch, regte sich in ihm wieder das Verlangen, also hob er ihren Kopf leicht mit den Fingern an und küsste sie einmal fragend und zurückhaltend. Als sie darauf dann sehr schnell einging und ihre Beine auch wieder um ihn schlang, folgte eine weitere Runde, diesmal nicht mehr ganz so hart und dominant wie die beiden Runden zuvor, aber immer noch fordernd genug, damit sie beide Erlösung fanden.


Danach war Leander aber wirklich müde und der Zorn für den Moment verraucht.
Er ließ sich in einen Korbsessel fallen und dampfte etwas aus, während Innogen wackelig wieder auf die Beine zu kommen versuchte und sich am Schreibtisch wieder hochzog, um sich dort auf die Kante zu setzen. Ihre Knie waren etwas wundgescheuert und empfindlich.
“Und was willst du tun?“ fragte Innogen dennoch noch einmal, ohne irgendwelche Vorschläge zu machen.
Leander fuhr sich mit der Hand einmal übers Gesicht, und das nicht nur, um den Schweiß wegzuwischen. “Ich weiß es nicht. Sie will Romantik und Verführung...“
Innogen saß inzwischen wieder und schüttelte lächelnd den Kopf. “Und was ist daran so schwer? Dann raspele ein bisschen Süßholz und verführe sie eben. Wir beide wissen, dass du auch zärtlich sein kannst.“
Leander seufzte tief und frustriert und schüttelte den Kopf. “Nein. Das hier ist mein Zuhause, und wenn ich an einem Ort mich nicht verstellen möchte, sondern einmal ich selbst sein, dann in meiner Ehe. Und wenn das nicht möglich ist, will ich wenigstens nicht der Arsch sein, der eine Jungfrau benutzt und verführt. Auch wenn sie nicht weiß, was sie will oder nicht will und nicht in der Lage ist, Grenzen zu ziehen oder zu respektieren. Wenigstens ihre erste Erfahrung sollte nicht auf einer Lüge basieren. Wenn sie sich später einfach nur der Pflicht hingeben möchte, weil sie weiß, was auf sie zukommt und wie es ist, dann ist das eine Sache. Oder aus tatsächlicher Lust, was ich bevorzugen würde. Aber ich habe kein Interesse daran, derjenige zu sein, der sie dazu bringt und überredet.“ So eine Art von Mensch war Leander einfach nicht und wollte er auch nicht sein.
Er stand auf, um sich etwas zu trinken einzuschenken. Nach den schweißtreibenden Aktionen der letzten Stunden brauchte er etwas Flüssigkeit. “Ich werde mit ihr verheiratet bleiben, solange sich nichts anderes ergibt. Hier hat sie ein gutes und sicheres Zuhause, und ich denke das ist ein gerechter Handel für uns beide. Und vielleicht wird sie in dieser Zeit ja auch erwachsen oder entdeckt ihre eigene Leidenschaft oder… keine Ahnung, steht vielleicht wirklich auf mich und tut nicht nur so, weil sich das so gehört.“ Er trank in gierigen Zügen und setzte den Becher schließlich wieder ab. Das ganze Thema war fürchterlich frustrierend.
“Fürs Erste muss ich nur eine Lösung für die Schlafsituation finden Ich habe keine Lust, dich immer hier auf dem harten Boden zu nehmen. Bis Seneca gestorben ist, muss da eine bessere Lösung her. Vielleicht müssen wir die Zimmer noch einmal umdisponieren.“


Dies klang nach einem Plan und war etwas, worauf Leander konstruktive Energien lenken konnte. Er suchte seine Tunika, um sich wieder anzuziehen und gab Innogen damit zu verstehen, dass sie beide für jetzt erst einmal fertig waren. Also zog auch sie sich an, hob noch schnell die Wachstafeln und Papiere auf, die durch ihre Aktionen auf dem Boden gelandet waren, und ging dann wieder, um den grübelnden Leander erst einmal allein zu lassen.
Zitieren
 
01-05-2025, 03:21 PM,
Beitrag #2
RE: [Officium] Gedanken nach der Hochzeit
Eine Buchbestellung war eingetroffen - zwei Schriftrollen in einer metallenen Schriftrollenhülle. Ich wollte sie einem Schreiber geben, traf aber keinen. Weil ich wusste, dass solche Bücher von großem Wert waren und damit sie nicht etwa verloren gingen, strebte ich persönlich dem Officium des Hausherren zu, um sie ihm dort rasch auf den Tisch zu legen. Mochte er sich daran erfreuen! Ich sah den Titel nicht, aber bestimmt war er ohnehin eher Iusticia als Thalia gewidmet.
Auf halbem Weg kam mir Imogen, die blonde hübsche Keltin entgegen. Ihre Wangen waren gerötet, als sie mit einem kurzen Lächeln an mir vorbeihuschte.
Ich huschte auch,  öffnete die Tür so, dass ich mich durchschlängeln konnte und trat mit der Metallrolle in der Hand ein. Meine Nasenflügel blähten sich. Das Zimmer, obgleich wie alles im Haus, ordentlich und aufgeräumt, schien förmlich vor Sex zu dampfen, ich roch es, es kam aus allen Poren. 
Und als wäre es der Verlegenheit nicht genug,  stand dort  tatsächlich Herr Leander in einer schlichten Tunika. Ein wenig erstarrte ich, als hätte ich ein Verbrechen begangen. Ich war nicht gerufen worden, und es war nicht meine Aufgabe, im Officium zu arbeiten: Ich hielt daher die Rolle hoch, damit der Dominus sie sah:
"Bitte verzeih mein Eindringen in dein Refugium, o Herr. Es geschah nicht aus Mutwillen heraus.  Diese zweifellos verdienstvollen Werke sind angekommen, und ich wollte sie nur auf deinem Schreibtisch niederlegen. Schon bin ich wieder schneller weg als der linde Zephyros, als er den Zorn des Apollon fürchten musste, da er doch den Diskus warf, der Narcissus ums Leben brachte", 
Ich verneigte mich und hoffte, dass Dominus Plautius Leander über mein Eindringen nicht ärgerlich war, sondern mir lediglich bedeuten würde, zu verschwinden. Ich war noch nie mit ihm alleine gewesen.
[Bild: 1_26_01_24_4_43_25.jpeg]
[Bild: 3_15_08_22_9_43_44.png]
"Scheinsklave" Norbana Orestilla
Zitieren
 
01-05-2025, 08:59 PM,
Beitrag #3
RE: [Officium] Gedanken nach der Hochzeit
Leander hatte kaum die Unterlagen wieder in die richtige Reihenfolge gebracht, als sich auch schon die Tür öffnete. Er blickte fragend auf und erblickte Nicander, der erst einmal wie angewurzelt stehen blieb und zurückstarrte, ehe er mit einer Schrifthülle zu winken anfing und in sehr, sehr blumiger Sprache dazu ansetzte, zu erklären, warum er hier hereingekommen war. Ohne anzuklopfen. Noch so eine Kleinigkeit, die er den neuen Sklaven wohl erst beibringen musste. Aber so war es immer, wenn jemand neu im Haus war, dass die Gewohnheiten und regeln eben erst vermittelt werden mussten und es am Anfang zu Fehlern kam. Nur dass in diesem Fall nicht nur eine neue Person im Haus war, sondern gleich ein halbes Dutzend.
“Dann leg die Rollen bitte auf meinen Schreibtisch“, sagte Leander also ruhig und sortierte seine anfallenden Arbeiten noch ein wenig weiter, während Nicander näher trat und tat, wofür er gekommen war.

An und für sich hätte Leander es damit vermutlich auch bewenden lassen können. Allerdings war das vielleicht auch nicht gerade förderlich, wenn die neuen Sklaven um ihn unsicher herumschlichen, da sie ihn nicht kannten, anstatt dass sie einander kennenlernen würden. Und zweifelsohne waren die norbanischen Sklaven intelligent genug, um zu erahnen, was hier in diesem Zimmer vor vielleicht einer halben Stunde noch im Gange gewesen war. Er wollte nicht, dass es zu einer Spaltung unter den Sklaven und Loyalitätskonflikten kam, und ebenso wollte er Gerede gerne eindämmen. Und das schaffte man nur, wenn man präsent und ansprechbar war. Das hatte Leander schon in seiner Zeit als Maiordomus gelernt.

“Nicander, richtig? Du drückst dich gerne sehr blumig aus.“ Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. Leander konnte damit auch wenig anfangen. Als Schauspiel konnte er es noch so gerade nachvollziehen, aber in der alltäglichen Sprache empfand er es als reichlich umständlich. “Wenn du gerade hier bist, möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich mit dir zu unterhalten. Die Hochzeit kam ja recht spontan zustande und gab den norbanischen Sklaven sicher nicht viel Zeit, sich mit der neuen Situation zu arrangieren.“ Es war keine direkte Frage, aber Leander wollte erst einmal warten, ob Nicander von sich aus gesprächig werden würde, oder ob er nur dann antwortete, wenn er eine direkte Frage gestellt bekam. Letzteres wäre etwas lästig.
Zitieren
 
01-07-2025, 11:17 AM,
Beitrag #4
RE: [Officium] Gedanken nach der Hochzeit
Ich drückte mich blumig aus? Blumig? Der Dominus hatte entschieden kein Ohr für Poesie. Aber ich nickte und verbeugte mich wie auf einer Bühne:
"Der Nämliche bin ich, Herr"  - War ich entlassen, nachdem ich mich der Bücher entledigt hatte? Mitnichten. Plautius Leander wollte sich mit mir sprechen, und ich dachte gleich, dass es nicht nur Plaudern war. “Wenn du gerade hier bist, möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich mit dir zu unterhalten. Die Hochzeit kam ja recht spontan zustande und gab den norbanischen Sklaven sicher nicht viel Zeit, sich mit der neuen Situation zu arrangieren.“, sprach er.

Ich war nun doch gelinde überrascht. Ich hatte ihn nämlich für einen Klotz gehalten. Aber wenn er sich Gedanken um die Befindlichkeiten der norbannischen Sklaven machte, so machte er sich vielleicht auch Gedanken um die Befindlichkeiten wirklicher Menschen. (Ich dachte zu wissen, wie die Römer uns sahen, und nein, es beleidigte mich keineswegs) Vielleicht könnte er meine Domina Orestilla doch noch glücklich machen. Doch seine Frage verriet mir mehr. Wollte er wissen, wie es mir erging oder wollte er eigentlich wissen, wie es ihm selbst erging?

"Ich bin Metamorphosen gewöhnt, und passe mich an so wie Wasser auch in jeder Form zu fließen vermag und dennoch immer Wasser bleibt", erklärte ich und hob etwas den Kopf:
"Doch auch dein Leben hat sich gewandelt, Herr. Du hast die lieblichste und liebenswürdigste Blume von Iscalis in dein Heim geführt hast, jedoch....", mein beredeter Blick musste ihm verraten, dass ich genau wusste, was er mit der zweifellos hübschen Imogen so ausführlich getrieben hatte.
[Bild: 1_26_01_24_4_43_25.jpeg]
[Bild: 3_15_08_22_9_43_44.png]
"Scheinsklave" Norbana Orestilla
Zitieren
 
01-07-2025, 11:52 AM,
Beitrag #5
RE: [Officium] Gedanken nach der Hochzeit
Leander hatte ein wenig gehofft, ein Gesamtbild über alle Sklaven zu erhalten und nicht nur über Nicanders persönliches Befinden, aber immerhin, eine Stimme war mehr als keine Stimme gehört zu haben. Er würde Orestillas ehemaligen Maiordomus befragen, mit dem Leander ohnehin noch ein längeres Gespräch über Stellungen und Aufgabengebiete halten musste. Weder wollte Leander jemanden ungerechtfertigter Weise zurückstellen in seinem erarbeiteten Rang, noch vertraute er einfach blind ihm fremden Menschen, die einen anderen Haushalt heruntergewirtschaftet hatten. Es musste also ein gespräch über die Gründe hierfür folgen und über die Fähigkeiten aller neu eingezogener, ehe er entscheiden konnte, ob Phineas auch hier Maiordomus sein sollte oder nicht.
Im hier und jetzt aber sprach Nicander die Hochzeit an und ließ seinen satz unvollendet. Eine Eigenheit, die Leander zwar kannte und nachvollziehen konnte, aber im Allgemeinen wenig schätzte. Wenn man etwas zu sagen hatte, sollte man es sagen. Allerdings ging eben das als Sklave nicht immer, und seit Leander kein Sklave mehr war, war er seinen Untergebenen in dem Punkt nicht mehr gleichgestellt, so dass sie eben wie mit einem Römer mit ihm sprachen. Enervierend, aber verständlich.
Leander blickte also auf und wiederholte: “Jedoch?“ Nicander sollte aussprechen, was auch immer er meinte, dass sie darüber sprechen sollten. Natürlich hatte Leander seine Vermutungen, insbesondere, dass sich schon herumgesprochen hatte, dass er und Orestilla keinen Beischlaf ausübten und er die Hochzeitsnacht schließlich auswärts verbracht hatte. Aber er wollte es aus Nicanders Mund hören und nicht Vermutungen anstellen.
Zitieren
 
01-08-2025, 12:52 PM,
Beitrag #6
RE: [Officium] Gedanken nach der Hochzeit
Wenn Dominus Leander mich aufforderte, meine Rede fortzusetzen, so würde ich es tun, obwohl ich eines aus vielen der Stücke, in denen ich mitgewirkt hatte, gelernt hatte: Erfuhr man eine unangenehme Wahrheit, so köpfte man darauf den Boten.

"Lieblich und gutherzig ist sie, die allerbeste Herrin, die man sich wünschen kann", wiederholte ich: 
"Aber Ungeduld und Kälte können solch eine Blume zertreten und verdorren lassen. Ich fürchte um meine Herrin, Herr. Sie war schon in ihrem Vaterhaus immer alleine. Norbanus war ein Gelehrter wie dein eigener Vater. Es gab immer nur Männer in ihrem Umfeld. Keine Mutter, keine Tante lehrte sie. Und da ihr Vater mit seiner Familie so oft auf Reisen waren, konnte sie auch keine Freundschaften mit gleichaltrigen Mädchen schließen. Nun kommt sie ganz alleine in dein Haus o Herr. Und auch hier ist sie einsam und kann es dir wohl nicht recht machen",,
ich machte eine Pause und rang die Hände:

"In der Nacht vor der Hochzeit fragte sie mich, wie sie dich als deine Ehefrau glücklich machen könnte. Mich- stelle dir vor, Herr? Keine weibliche Verwandte, keine Freundin, ihren Sklaven fragte sie. Gut, da ich schon oft auf der Bühne Damen dargestellt habe, sehen sie mich als einen der ihren und vertrauen sich mir an. Aber es war für meine Herrin auch keine andere da.
Nur dich hat sie doch! Ich zähle nicht wirklich"


Der letzte Satz kam mit Bitterkeit, und ich erschrak über mich selbst. Nun würde Plautius Leander wissen, dass ich Norbana Orestilla liebte. Ich hatte mich verraten, in dem ich leidenschaftlich ihre Sache vertrat, als ein Anwalt ihrer Seele. Der Herr war selbst ein Anwalt, er würde dieses Pladoyer des Herzens sofort durchschauen.

Ich fiel auf die Knie wie es Sklaven taten, die ich gespielt hatte:
"Verzeih Herr, verzeih! Es steht mir nicht zu, auch nur eine Geste von dir zu kritisieren! Ich bin auch der Einzige aus der Familia Norbana, der gefehlt hat, bitte, bestrafe die anderen nicht mit! Die wundern sich nur, dass du nicht jeden Tag damit beschäftigt bist, einen Sohn zu zeugen, anstatt deinen Samen an Imogen zu geben, denn Söhne sind doch Sinn und Zweck einer Ehe"
[Bild: 1_26_01_24_4_43_25.jpeg]
[Bild: 3_15_08_22_9_43_44.png]
"Scheinsklave" Norbana Orestilla
Zitieren
 
01-08-2025, 03:01 PM,
Beitrag #7
RE: [Officium] Gedanken nach der Hochzeit
“Steh auf, Nicander“ forderte Leander den Sklaven auf, als dieser sich ihm zu Füßen warf und um Vergebung bettelte. Leander war derart zur Schau gestellte Unterwerfung eher unangenehm, zumal keinerlei Notwendigkeit dafür bestand.

Er hatte sich ruhig alles angehört, was Nicander so gesagt hatte und dabei durchaus wie auch schon zuvor herausgehört, dass Nicander wohl im Gegensatz zu ihm selbst ziemlich verliebt in Orestilla war. Er war ja auch bedeutend jünger als Leander, der sicherlich auch Orestillas Vater hätte sein können. Hätten Leanders über die Jahre entstandenen Kinder überlebt, wäre das älteste jetzt in Orestillas Alter. Kein besonders aphrodisierender Gedanke.
Leander wartete also, bis Nicander sich wieder aufgerappelt hatte, und holte erst einmal tief Luft. “Ich bestrafe niemanden, der seine Aufgaben gut erfüllt. Ich bestrafe Illoyalität, diesem Haus und seinen Bewohnern gegenüber, ich bestrafe Verrat und ich ermahne Faulheit. Aber ich bestrafe niemanden dafür, dass er ein Haushaltsmitglied hier beschützen möchte und um sein oder ihr Wohlergehen besorgt ist.“
nachdem das nun hoffentlich klargestellt war und Nicander sicherlich die Grenzen dieser Aussage verstand, konnte Leander sich dem eigentlichen Inhalt widmen.
“Und ich erwarte von dieser Ehe nichts weiter, als dass sie besteht. Natürlich wäre ein Erbe wunderbar, aber Norbana Orestilla ist noch ein halbes Kind. Und ich habe keinerlei, wirklich keinerlei Verlangen danach, mich einem Kind aufzuzwingen. Erst recht nicht, wenn dieses Kind noch nicht einmal weiß, was Sex wirklich bedeutet. Sie kennt ja noch nicht einmal ihren eigenen Körper. Und ja, ich habe sie danach gefragt. Weil ich wissen wollte, welche Erfahrung sie hat und was ihr Freude bereiten könnte.“
Leander kam um den Schreibtisch herum und lehnte sich leicht mit dem Gesäß an, um bequem stehen zu können, während er mit Nicander sprach. Es war vielleicht nicht ganz passend, diese Dinge mit Orestillas Sklaven zu erörtern, aber andererseits gab es auch niemanden, mit dem es gut zu erörtern wäre und immerhin hatte Nicander wohl Gefühle für Orestilla, was Leander von sich nicht so ganz behaupten konnte.
“Ich weiß, sie denkt, sie muss mit mir Kinder zeugen und hat ganz fürchterlich romantische Vorstellungen von einer Ehe. Für mich ist diese Ehe aber zunächst einmal ein Weg, das Erbe meines Vaters zu sichern und dabei gleichzeitig Orestilla aus ihrer finanziellen Notlage zu helfen. Ich erwarte nicht, dass sie mir sexuell gefällig sein muss. Es wäre schön, wenn wir zu diesem Punkt kommen und wir tatsächlich einen Erben zeugen, aber ich erwarte es nicht von ihr nach dieser kurzen Zeit und vor allem nicht unter Druck.“

Leander überlegte einen Moment, ob er dem Sklaven gegenüber so offen sein sollte, entschied sich dann aber doch dafür. “Empfindet Orestilla denn ähnlich für dich wie du für sie? Und nein, ich werde keinen von euch dafür bestrafen, wenn es so ist. Nur wenn es so ist, bin ich der Meinung, dass ihre ersten Erfahrungen mit Sex positiv sein sollten und ihr zeigen sollten, wie lustvoll der Vorgang sein kann. Nicht Pflicht.“ Leander beobachtete Nicander hierbei genau. “Solange keine Kinder daraus entstehen, versteht sich.“
Zitieren
 
01-13-2025, 03:23 PM,
Beitrag #8
RE: [Officium] Gedanken nach der Hochzeit
Ich erhob mich, immer noch außer Atem vor ausgestandener Furcht, geschmeidig wie eine Katze. Aber mein Herr sprach weiter, und wieder ließ er mich in Tiefen seiner Seele sehen, die ich bei diesem strengen Anwalt nicht vermutet hatte. Er wollte mich nicht bestrafen. Er wollte sich seiner jungen Frau auch nicht aufzwingen. Und da wir gerade offen und vertraulich redeten, wagte ich ein sanftes Lächeln:
"Herr, meine Herrin ist noch eine Jungfrau. Und damit meine ich nicht, dass sie vorgibt, eine zu sein, wie es so oft geschieht. Jungfräulich ist ihr Leib, aber auch ihr Gemüt. Wie kann sie dir deine Frage nach ...sexuellen Vorlieben beantworten, wenn sie das noch nicht einmal selbst weiß?", 
Dann aber erläuterte mir Dominus Leander die Gründe dafür, warum er Norbana Orestilla geheiratet hatte. Und die waren wiederum so, wie ich es erwartet hatte: Nüchtern und von Kalkül. Was Norbana Orestilla an Romantik zu viel besaß, besaß er zu wenig. Aber manch anderer Römer warf eine junge Braut in der Hochzeitsnacht einfach aufs Bett und erwartete, dass sie ihre Pflicht ohne Gegenwehr erfüllte, was ich von Damen schon gehört hatte. Sie hielten mich ja wie gesagt für ihresgleichen.  Wenigstens war Plautius Leander geduldig, und er meinte es auf seine Weise gut mit sich und seiner jungen Gemahlin.

Die nächste Frage aber trieb mir die Schamesröte ins Gesicht. Ich schnappte nach Luft, und hätte ich nicht schon gewusst, dass mein Herr Unterwürfigkeitsbezeugungen nicht leiden mochte, diesmal hätte ich mich niedergeworfen und seine Knie umklammert:
"Dominus, ich schwöre bei allen Göttern, dass ich mich der Domina nie erklärt habe. Sie weiß nichts über das, was ich fühle, und ich habe es tief in mir verwahrt. Nie habe ich mir auch nur das kleinste bisschen ihr gegenüber herausgenommen, rein wie eine Vestalin ist sie...."

Da dämmerte es mir. Plautius Leander beschuldigte mich ja gar nicht, wie ich zuerst gedacht hatte. Es war eine Frage. Ich verstummte und ordnete blitzschnell meine Gedanken neu. Ich hatte meinem Herren gesagt, dass Metamorphosen mein Metier waren, und dass ich mich anpasste, wie das Wasser, welches floss. Aber ich wollte nichts falsch verstanden haben:

"Du meinst... es wäre nur wünschenswert, Herr, wenn ich Lust am Dienst für Aphrodite in der Herrin wecken würde und du gestattest mir daher alle Praktiken, die nicht zur Zeugung von Nachkommen führen, um sie für den ehelichen Beischlaf vorzubereiten?", fragte ich im Ton sehr vorsichtig, in der Wortwahl jedoch deutlich, zurück.
[Bild: 1_26_01_24_4_43_25.jpeg]
[Bild: 3_15_08_22_9_43_44.png]
"Scheinsklave" Norbana Orestilla
Zitieren
 
01-13-2025, 04:34 PM,
Beitrag #9
RE: [Officium] Gedanken nach der Hochzeit
Leander fragte sich, was er eigentlich an sich hatte, dass solche Furcht in anderen Leuten hervorzurufen imstande war. Wenn er es absichtlich tun könnte, wäre das durchaus hilfreich, nur hatte er keine Ahnung, weder absichtlich noch unabsichtlich, was an ihm so ehrfurchtgebietend war, als dass er es hätte kultivieren können.
“Was ich meine, ist, dass die erste sexuellen Erfahrungen ein positives Erlebnis sein sollen und dass jeder Mensch sie idealerweise mit einer Person begeht, die er oder sie sich selbst ausgesucht hat. Sei es ein Sklave oder eine junge Römerin.“
Leander sah Nicander sehr eindringlich bei seinen folgenden Worten an, denn es war ihm wichtig, dass die Grenzen dieses Arrangements verstanden wurden und zwischen ihnen Männern unmissverständlich klar waren. “Und sofern Orestillas Wahl hierbei auf dich fallen würde, gestatte ich dir alle Praktiken, die nicht zur Zeugung von Nachkommen führen. Und ich hoffe, dass sie das dazu bringt, den ehelichen Beischlaf zur Zeugung von Nachkommen vollziehen zu wollen und dabei Freude zu empfinden. Doch selbst wenn nicht, wäre ich bereit, über eine diskrete Affäre hinwegzusehen, sofern diese absolut – und ich kann diese Bedingung nicht genug betonen – geheim und unauffällig bleibt und vor allen Dingen keine anderen Verwicklungen, insbesondere Kinder, hervorruft. Was ich allerdings schwer sanktionieren werde, sind Lügen. Ich möchte wissen, wenn meine Frau mit dir schlafen sollte, und ich möchte auch wissen, wenn sich hieraus Gefühle ergeben oder der Wunsch auf etwas anderes, und ich möchte insbesondere wissen, wenn daraus erwächst, dass sie eben keinen ehelichen Beischlaf mit mir wünscht. Fürs erste suche ich zwar keine neue Ehefrau, allerdings wird sich das nicht endlos hinausziehen lassen, sofern sie keinen Nachwuchs mit mir zeugen möchte.“
Leander begab sich wieder zu seinem Platz hinter dem Schreibtisch, um seine Arbeit langsam wieder aufzunehmen. “Von daher, Nicander, versuche gern, sie zu verführen und für die Sache an sich zu begeistern. Ich gestatte dir alle Praktiken, die nicht zur Zeugung von Nachkommen führen, und sollte sie mit mir welche zeugen und weiterhin Bedarf nach deiner Berührung haben, während ihrer Schwangerschaft auch alle anderen. Sind wir beide uns da also einig?“
Zitieren
 
01-16-2025, 02:23 PM,
Beitrag #10
RE: [Officium] Gedanken nach der Hochzeit
"Dominus, verzeihe mir meine Langsamkeit im Denken. Ich dachte zuerst nämlich, dass du die Herrin unerlaubter Beziehung bezichtigen möchtest, um dich wieder scheiden zu lassen" Und mich hätte er, falls er uns in flagranti erwischte, was ihm in diesem Fall keiner verdenken würde, sogar töten dürfen - das erwähnte ich aber nicht!
 "Daher bin ich so erschrocken. Keiner von uns hat je etwas Verbotenes getan. 
Ich würde nie wagen, dich zu belügen. Und der Leumund der edelsten Herrin ist mir heilig. 


Wie hast du dir denn das Vorgehen gedacht, falls die Herrin mich als Liebhaber in Betracht ziehen sollte....", ich nahm an, dass ihr Ehemann auch ihr gegenüber diese Erlaubnis äußern würde, denn wenn sie glaubte, ein Unrecht zu tun,  würde meine süße Norbana Orestilla bestimmt keine Liebesaffaire beginnen:

"...Auf welche Weise soll ich dir Bericht erstatten? Täglich? Einmal in der Woche? Und nur über das, was Taten waren oder auch über jedes Wort, das sie geäußert und jedes Gefühl, das sie empfunden haben mag?"

Ich nickte, als Plautius Leander mir die Praktiken aufzählte, die mir erlaubt und die eine, die mir verboten war, da sie zu unehelichem Nachwuchs führen konnte.

Meine Gefühle waren jedoch gemischt. Mein Herz jubelte, dass ich vielleicht bald die süße Norbana Orestilla liebkosen und küssen dürfte, aber gleichzeitig war es mir schwer, ohne dass ich meine Sorge recht zu fassen wusste: 
In Alexandria am Museion soll es gelehrte Mechaniker geben, die wunderbare automata bauen, künstliche Vögel, die gleich wirklichen Vögeln singen und mit den Flügeln schlagen und sogar ein künstliches Mädchen soll es geben, das mit dem Kopf nicken und mit den Händen zierliche Bewegungen vollführen vermag.  Aber drinnen sind sie nur Uhrwerke, die nur so gehen, wie ihr Schöpfer sie gebaut hat, und wenn sie zersprangen, so war es aus mit ihnen.

Wir Menschen jedoch sind keine automata. Was würde mit ihr und mir geschehen, sollten wir uns aus dem Tanz des Uhrwerks unsers Schöpfers lösen? Ich versprach mir selbst, dass das nie geschehen durfte. Wenn ja, würde ich selbst Plautius Leander bitten müssen, dass er auf Norbana Orestilla hinwirkte, mich weit weg zu verkaufen. 

"Du bist großzügig, Dominus. Ja, ich denke, dass ich jetzt begriffen habe", sagte ich noch einmal

Wieder verneigte ich mich. Vorhang.
[Bild: 1_26_01_24_4_43_25.jpeg]
[Bild: 3_15_08_22_9_43_44.png]
"Scheinsklave" Norbana Orestilla
Zitieren
 


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste