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[Nemeton] Noch eine Weihe
03-24-2024, 04:27 PM,
Beitrag #1
[Nemeton] Noch eine Weihe
[Bild: Dolmen-wilhelm-feldmann-im-sachsenwald.jpg] * 

>>> Wenige Tage nach dem Frühlingsequinox, nach der Mondfeier:



Es war atenoux, Vollmond und mat, die glücksbringende Zeit.

Brigids Quelle wurde von einem dichten Mischwald umgeben, der zwar nicht besonders groß, aber dafür naturbelassen war.
Es gab nur eine etwas größere Lichtung in dem Wäldchen, die als Ritualplatz diente zu den großen Festen wie Beltane und Samhain. Dort konnten sich leicht mehrere Dutzend Menschen versammeln und auf den umgestürzten Stämmen sitzen, die am Rand der Lichtung platziert wurden. Im Zentrum der Lichtung befindet sich ein kahler Fleck, der mit Steinen umrundet wurde. Der Boden war durch Asche unzähliger vergangener Feuer schwarz gefärbt worden.
Der Wald bestand überwiegend aus Eiben, Eschen und Fichten und es gab nur einige verschlungene und versteckte Wege durch das dicke Unterholz.

Einer der Wege führte zum Nemeton, das war ein alter Kultplatz, an dem graue verwitterte Steine aufrecht standen. Die Vorfahren hatten sie errichtet, sagte man oder auch: Riesen. Cathbad wusste aus seinen Lehren, wer oder was sie errichtet hatte, aber das spielte für die Einweihung keine Rolle.
Kein Vogel nistete im Nemeton, noch lauerte ein Tier in der Nähe. Die Blätter zitterten ständig, obwohl keine Brise wehte. Riesige Schlangen schlangen sich um die Eichen. 

Die Steine selbst waren nicht mehr intakt und ihre Anordnung teilweise zerstört. Sie lagen kreuz und quer und bildeten eine kleine Höhle, die genauso groß war, dass ein nicht allzu dicker Mensch hineinschlüpfen könnte. Drinnen war es finster und kühl, und der Betreffende musste sich fühlen wie in einem Sarg.

Doch darum ging es: Hinabzusteigen, zu sterben, zu sehen und wiedergeboren zu werden. Das war das, was Druiden, nicht die Priesterinnen taten. Und Raven war eine von ihnen.


Bildnachweis: artbreeder 

[Bild: 1_22_10_22_8_51_56.png]
[Bild: 3_15_08_22_9_38_19.png]
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03-25-2024, 11:09 AM,
Beitrag #2
RE: [Nemeton] Die Weihe
Tagelang war das Wetter schlecht und die Wolken hingen dicht und undurchdringlich über den Wäldern. Nachts war es dunkel, obwohl es kurz vor Vollmond war und selbst die Tiere des Waldes witterten das etwas passieren würde.
Raven war unruhig, ihre Weihe stand bevor und eigentlich sollte sie ruhig und gefasst sein, doch das war sie nicht. War sie wirklich würdig der Göttin voll und ganz zu dienen? Was war, wenn sie versagte? Gilda, Anwen und auch Dina hatte sie gut vorbereitet und auch ihre Zeit als Falke hatte ihr deutlich gemacht, dass die Göttin noch etwas mit ihr vorhatte aber jetzt? War sie schon dazu bereit, musste sie nicht noch so viel lernen?

Einige ihrer Schwestern waren viel jünger gewesen als sie zu Priesterinnen geweiht wurden, aber was taten die auch. Sie vollführten die Rituale, einige lasen die Zeichen im heiligen Wasser, andere hatten Visionen doch sie…was war so besonders an ihr?
Sie war eine gebrannte Frau, ihre Hände waren noch immer rot, wie das Feuer, das sie verbrannt hatte. Sie konnte sie zwar bewegen, aber sie war manchmal zu schwach, um auch nur ein Holzstück zu heben.

Auf dem Bett hatten lagen Bänder und das hellblaue Kleid der Novizin bereitgelegen. Sie war immer noch die Jungfrau, obwohl sie sich nach dem Feuer nicht mehr so unschuldig fühlte wie beim letzten Beltanefeuer.
Nicht nur das Feuer hatte sie zu einer anderen Frau gemacht, auch die Ereignisse in Iscalis und vor allem die Erkenntnis das sie eigentlich tot sein müsste, hatte sie verändert.
Seid sie ihre „Brüder“ kannte und wusste das alle ihre „Schwestern“ nicht überlebt hatten fragte sie sich, warum gerade sie überlebt hatte. Warum hatte Cathbad sie gerettet, war es wirklich der Wille der Göttin gewesen oder war es eine nicht nachvollziehbare Entscheidung des Druiden gewesen?
Wenn es letzteres war, was würde jetzt mit ihr passieren, würde die Göttin sie überhaupt annehmen?
Innerlich voller Zweifel und Ängste machte sie sich jetzt auf den Weg Nemeton, dem alten Ritualplatz.

Als sie durch das unsichtbare Tor trat, umschloss sie eine vollkommene Stille, ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken und sie dachte das sie daran verbrennen würde.
Doch nach dem ersten Schritt innerhalb dieses heiligen Ortes legte sich eine solche Ruhe auch auf ihren Geist und umschloss sie wie eine schützende Rüstung.
Der Himmel war nun wolkenlos und doch war es stockdunkel, als der Blutrote Mond über der Lichtung stand. Vor der Höhle aus Stein brannte das heilige Feuer und dahinter zuckten die Schatten über den dunklen Eingang.
Raven zuckte jedes Mal zusammen, wenn in dem Feuer vor ihr ein Funken flog und doch kniete sie jetzt hier auf der Lichtung, über ihr das Feuer des Mondes und vor Ihr das Feuer der Erde.

Sie stand nun vor dem Feuer und jemand reichte ihr einen Kelch, den sie nun mit ihren feuerroten Händen nahm. 
Das Gold des Kelches schimmerte, wie Feuer und so sah es aus, als ob Raven aus einem glühenden Kelch pures Feuer trank, als sie ihn an ihre Lippen führte.
Es dauerte nicht lange bis die Kräuter wirkten, sie sah nun in dem Feuer vor sich kleine Wesen wirbeln und tanzen. Einige schienen jetzt auf sie zuzukommen, sie umkreisten sie und spielten mit ihren Haaren und der Kleidung.
Raven wurde es warm, das Feuer umgab sie, verschlang sie und versengte ihre Haut, ohne dass sie Schmerz spürte.
 Zuerst wollte sie aufschreien doch, wie schon nach dem Feuer in Iscalis, bekam sie keinen Ton heraus. Die kleinen Wesen aus Feuer verbrannten ihre Kleidung, bis sie nackt vor ihnen kniete.

Das Feuer der Göttin, den nichts anderes war es als die Göttin, die sie hier im Feuer neu erschuf, legte sich wärmend und schützend um sie.
Aus dem Feuer stieg eine Gestalt und wuchs zur immensen Größe, sie überragte alle und alles bis zu dem feuerroten Mond. Das Gesicht der Göttin beugte sich über sie und eine Hand legte sich auf ihren Kopf.

„Der starke Falke steigt aus dem Rauch empor und sieht die Erde unter sich brennen, die Asche sinkt zu Boden und wird neues Erschaffen. Der Adler wird fallen und das Küken das Nest verlassen, um sich zu behaupten. Doch Asche bedeckt sein Federkleid und wird ihn nicht fliegen lassen, so dass das Nest verlassen ist. Das Rad der Zeit dreht sich im stürmischen Wasser.
Geh mein Rabe des Feuers und Falke der Erde und bring mir das Herz des jungen Königs, bring mir die Leber des roten Häschers und das Auge des alten fallenden Adlers. So wie auch ich drei bin, so ist auch der Adler nur ein Teil seines ganzen.
Die Zeit wird kommen, doch zuerst muss der Drache geboren werden und auch du musst deine Aufgabe erfüllen. Bezwinge das Feuer und lege den Samen der Aussat in die fruchtbare Asche. Sei mein Wort und auch mein Auge, sei mein Herz und auch meine Hand, sei meine Jugend und mein Alter. Dein Platz ist bei deinen Geschwistern und doch wirst du keine von ihnen sein. Geh und lebe bis ich dich wieder zu mir rufen, um dich erneut aus dem Feuer zu gebären, denn du bist mein Leben und auch mein Tod.“

Die Stimme kam nicht aus der Gestalt, sondern aus Ravens Mund, doch es war nicht ihre Stimme, die sprach, sondern die der Göttin.
Das Feuer erlosch mit einem Knall und Raven lag, nackt wie sie erschaffen war, vor der langsam erkaltenden Glut um sie herum die Federn eines Raben.
Namen haben Macht.
[Bild: 1_22_10_22_8_54_26.png]Falke
[Bild: 3_15_08_22_9_39_13.png]
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03-27-2024, 11:59 AM,
Beitrag #3
RE: [Nemeton] Die Weihe
Da war sie gekleidet im hellblauen Gewand, die Falkin. Cathbad spürte, wie etwas in ihm weich und sanft zu werden drohte, doch heute an dieser Stelle war er NUR der Druide. Alles Persönliche hatte er zur Seite zu wischen.
Sie trank den Trank, der ihr gereicht wurde und starrte ins Feuer; sie bemerkte nicht, dass sie in die Erde versenkt wurde, dass sie starb. Nun betrat sie die andere Welt. Wenn sie wieder kam, würde sie verwandelt sein.
Cathbad stimmte halblaut das Lied des ersten Druiden an, der die Kelten auf die Inseln geführt hatte, als Raven durch das Tor trat. Was sie sehen würde, wusste nicht einmal er:

Ich bin der Wind der See
Ich bin die Welle des Meeres
Ich bin das Tosen der See
Ich bin der Hirsch mit sieben Enden
Ich bin ein Falke auf einer Klippe....
*


Lange, lange blieb Raven fort, im Schoss der Erde, der Mutter. Und sie kam alleine zurück. Sie war nackt, wie sie geschaffen worden war, und dann stieß sie die Worte aus, während ihr langes schwarzes Haar wie lebendig über ihre Schultern fiel. Die Schlangen an den Baumstämmen zischelten. Die Blätter rauschten, und ein seltsam warmer Wind hatte sich erhoben, der roch pfeffrig und nach Meer.

Und dann sprach sie:

"Der starke Falke steigt aus dem Rauch empor und sieht die Erde unter sich brennen, die Asche sinkt zu Boden und wird neues Erschaffen. Der Adler wird fallen und das Küken das Nest verlassen, um sich zu behaupten. Doch Asche bedeckt sein Federkleid und wird ihn nicht fliegen lassen, so dass das Nest verlassen ist. Das Rad der Zeit dreht sich im stürmischen Wasser.
Geh mein Rabe des Feuers und Falke der Erde und bring mir das Herz des jungen Königs, bring mir die Leber des roten Häschers und das Auge des alten fallenden Adlers. So wie auch ich drei bin, so ist auch der Adler nur ein Teil seines ganzen.
Die Zeit wird kommen, doch zuerst muss der Drache geboren werden und auch du musst deine Aufgabe erfüllen. Bezwinge das Feuer und lege den Samen der Aussat in die fruchtbare Asche. Sei mein Wort und auch mein Auge, sei mein Herz und auch meine Hand, sei meine Jugend und mein Alter. Dein Platz ist bei deinen Geschwistern und doch wirst du keine von ihnen sein. Geh und lebe bis ich dich wieder zu mir rufen, um dich erneut aus dem Feuer zu gebären, denn du bist mein Leben und auch mein Tod.“


Kaum hatte sie die Worte ausgestoßen - Cathbads geschulter Geist merkte sich jedes einzelne - klappte sie zusammen, als hätte eine unsichtbare Hand ihre Kniekehlen durchschnitten.

"Die Priesterin war tot und ist wiedergeboren worden! Aber schwach ist sie wie ein Neugeborenes! Rasch, bringt Decken, sie zu wärmen, bringt sie ans Feuer, reibt ihre Glieder!", befahl der Druide den Frauen.

Um sie lagen Rabenfedern wie ein Kreis. Doch nun galt es, mit Hilfe der Sterne, des Kalenders die Worte der Göttin zu deuten. Cathbad zog sich zurück, in fieberhafter Eile berechnete er, stutzte, konnte das sein? - nur ab und zu flog sein besorgter Blick zu Raven, die immer noch lag, als sei das Leben aus ihr gewichen.



* Sim off: Amergin's Song
[Bild: 1_22_10_22_8_51_56.png]
[Bild: 3_15_08_22_9_38_19.png]
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04-03-2024, 09:55 PM,
Beitrag #4
RE: [Nemeton] Die Weihe
Rhian war aufgeregt. Innerlich aufgeregt. Auch wenn sie nicht genau wusste weshalb dies so war. Fest stand, dass heute Ravens Einweihungsritual stattfinden würde. Vielleicht war das Mädchen deswegen so aufgeregt, weil sie Raven liebgewonnen hatte. Schweigend betrat Rhian den Kultplatz, an dem Ravens Einweihung stattfinden sollte. Langsam ließ Rhian ihren Blick weiter schweifen, bis ihr Blick auf die grauen Steine traf. Einige waren sogar mit Moosflechten bedeckt. Verwittert wirkten diese Steine. Altertümlich. Und doch passten sie perfekt in diese gar unwirtliche Umgebung. Wenn jetzt noch ein Käuzchen in einem der Bäume saß und seinen Ruf ausstieß, wäre diese Szenerie perfekt. Doch kein rascheln oder Flügelschlagen verriet, dass sich hier an diesem Ort überhaupt Tiere aufhielten.

Aus dem Augenwinkel beobachtete Rhian wie Raven, in ihr hellblaues Gewand gekleidet, den Trank zu sich nahm und in die Flammen starrte. Minutenlang passierte überhaupt nichts. Außer, dass die Flammen höher zu peitschen begannen. Zumindest hatte Rhian diesen Eindruck. Und dann erklang ihre Stimme. Die Stimme der Göttin, so dass es einen eisigen Schauer über Rhians Rücken schickte. Wie gebannt lauschte sie den Worten, die über Ravens Lippen entwichen. Nachdem Raven mit der Stimme der Göttin gesprochen hatte, sank die Schwarzhaarige zu Boden. Augenblicklich kam Bewegung in Rhian und hoffentlich auch in die anderen Frauen. Mit einer Decke in den Händen eilte Rhian zu der auf dem Boden liegenden Raven und legte ihr die Decke um die Schultern. Die Rabenfedern blieben Rhians geschultem Blick nicht verborgen und so versuchte sie die Federn nicht unbedingt zu berühren. Auf den Rabenfedern herumzutrampeln könnte man als böses Omen deuten. Nachdem sie Raven die Decke um die Schultern gelegt hatte, versuchte sie die Dunkelhaarige in Richtung der Feuer zu dirigieren. Dort könnte sie sich aufwärmen und in das Hier- und Jetzt zurück finden.
[Bild: 1_09_09_23_10_22_31.png]
[Bild: 3_15_08_22_9_39_13.png]
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