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Gefangen zwischen den Welten - Ein Nachhauseweg
02-01-2024, 11:37 PM,
Beitrag #11
RE: Gefangen zwischen den Welten - Ein Nachhauseweg
Ich stocherte etwas unschlüssig in meinem Eintopf herum, während Narcissus mir einen ausführlichen Vortrag über Aglaias Streben nach Unabhängigkeit hielt. Er betonte, welch ein Glückspilz ich sei, der erste Mann zu sein, dessen Liebe sie erwidert hatte. Narcissus versicherte mir, dass ihre Liebe aufrichtig war und sie mich deshalb freigelassen und mit mir eine Familie gegründet hatte. Diese Perspektive hatte ich zuvor nicht in Betracht gezogen. Zwar hatte ich nicht die Absicht, sie in eine Abhängigkeit zu zwingen, doch meine Worte waren wohl zu hart gewesen.
"Aber ich hatte doch gar nicht vor, sie ihrer Unabhängigkeit zu berauben! Ich habe wirklich nichts dagegen, wenn sie arbeiten will. Nur nicht als Hetäre", versuchte ich meine Position zu klären. Ich erzählte Narcissus auch von Aglaias Vorstellung, gemeinsam mit mir in Londinium in einer Schmiede zu arbeiten – ich erledigte die Schmiedearbeiten und sie wollte den Verkauf der Schmuckstücke übernehmen. Eine ehrliche und ehrenwerte Arbeit, die jedoch wohl eher ein Traum bleiben würde.

Nach einigen Löffeln Essen schob ich meinen Teller beiseite und nahm einen Schluck Met. Narcissus zeigte Verständnis für meine Gefühle und versicherte mir, dass es keinen anderen Mann in Aglaias Leben gab und dass ich ihr viel bedeutete. Er erklärte, dass ihre Arbeit nichts mit wahrer Liebe zu tun hatte, sondern schlichtweg eine berufliche Tätigkeit war. Das war schwer zu begreifen, aber er warnte mich auch davor, sie zu sehr zu bedrängen.

Schließlich schlug Narcissus einen Kompromiss vor. Ich sah auf und blickte in Narcissus Augen. "Ein Kompromiss?", fragte ich nach. Der Hetär sprach weiter und was er sagte, hörte sich in gewisser Weise vernünftig an. "Ich möchte Aglaia nicht verlieren. Das musst du mir glauben! Ich würde alles für sie tun. Vielleicht sollte ich ihr diesen Vorschlag machen, wenn ich zu ihr komme," meinte ich lächelnd und trank einen weiteren Schluck. 

Narcissus boxte mir freundschaftlich gegen die Schulter und versicherte mir, dass der Furier vorerst keinen Ärger mehr machen würde. Überrascht fragte ich nach den Details, und Narcissus erzählte von dem, was nach meinem Besuch in Furius' Villa passiert war. "Du hast ihr davon erzählt?" platzte es aus mir heraus. "Und was hat sie dazu gesagt?" Das interessierte mich nun wirklich brennend! Aber Narcissus spannte mich nicht lange auf die Folter. Offenbar hatte sich der Furier durch sein überhebliches Gebaren selbst ins Abseits manövriert. Da musste ich nun wirklich herzhaft lachen!
"Oh Narcissus! Du bist ein wahrer Freund! Verzeih mir bitte, dass ich dich anfangs falsch eingeschätzt habe. Komm, lass uns auf Aglaia trinken!", rief ich lachend und hob meinen Becher.
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02-02-2024, 12:09 AM,
Beitrag #12
RE: Gefangen zwischen den Welten - Ein Nachhauseweg
Narcissus war sehr erfreut über die Art und Weise, wie mit ihm umgegangen wurde. Wie es aussah, hatte auch er Owain falsch eingeschätzt, denn er hatte geglaubt, von dem Mann seiner besten Freundin für seine Tätigkeit verachtet zu werden. Tatsächlich gab Owain zu, ihn anfangs "falsch eingeschätzt" zu haben. Doch hier saßen sie und unterhielten sich wie alte Freunde. Vor allem die Nachricht über Saturninus' Verfehlungen schien seine Laune zu heben, was Narcissus natürlich zufrieden stimmte.
Lächelnd hob er den Becher und schlug ihn gegen Owains, bevor er zustimmte:
"Auf Aglaia. Und Euer Töchterchen."
Schmunzelnd trank er, bevor er weitersprach:
"Schwamm drüber, Owain. Und hab keine Sorge. Mir ist schon klar, dass du sie nicht bedrängen willst. Mach einfach langsamer. Ist nicht gesagt, dass die Zukunft, die du dir wünschst, nicht irgendwann eintreffen wird. Aber lass es ihre Entscheidung sein. Ich denke, ein Tag pro Woche ist fürs erste ein guter Kompromiss. Und wer weiß, vielleicht wünscht sie sich das ja irgendwann auch von allein. Bis dahin bin ich vorbereitet, dir diesen Vortrag so oft zu halten, wie du ihn hören musst."
Mit einem Lächeln prostete er dem Schmied erneut zu.
"Geht es dir jetzt besser? Ich weiß jedenfalls, dass es mir sehr viel besser gehen wird, nachdem Aglaia sich mit dem Furius einmal gut und gründlich unterhalten hat.
Was meinst du, sollen wir nach dem Essen aufbrechen? Du hast lang genug drauf gewartet, die beiden zu sehen."
[Bild: 1_26_01_24_4_36_43.jpeg]
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02-04-2024, 10:15 AM,
Beitrag #13
RE: Gefangen zwischen den Welten - Ein Nachhauseweg
Auch Narcissus hob seinen Becher und stieß mit mir auf meine Frau und meine Tochter an. Er hatte es wirklich geschafft, meine miese Stimmung, die mich schon den ganzen Tag und darüber hinaus im Griff hatte, zu vertreiben. Zumindest für den Moment, denn noch immer stand da die kommende Begegnung mit meiner Frau im Raum, der ich mich schon bald unweigerlich stellen musste. Doch auch diesmal schien Narcissus mich beschwichtigen zu wollen und fasste noch einmal zusammen, was er mir hatte mitteilen wollen. Dann müsste ich mir auch keine Sorgen mehr machen. Ich nickte ihm zu. Einen Kompromiss finden, darin lag hoffentlich die Lösung zu unserem Problem. Vielleicht konnte ich dann auch langfristig damit leben und musste nicht mehr fürchten, eines Tages daran zu zerbrechen.

Der Herär prostete mir noch einmal zu, was ich natürlich entgegnete. Dann fragte er mich, wie ich mich damit nun fühlte. "Ja, es fühlt sich nun besser an. Dank deiner Bemühungen! Ich glaube, ich kann jetzt etwas beschwingter zu ihr gehen, um mit ihr zu reden. Dieser riesige Klotz, der den ganzen Tag auf mir lastete, ist plötzlich wie weggeblasen. Ich danke dir, mein Freund!"
Als Narcissus fragte, ob wir nach dem Essen gehen sollten, nickte ich. Denn nun verspürte ich endlich wieder diese Vorfreude, mein Kind und meine Frau zu sehen. "Oh ja, das sollten wir! Aber lass es dir erst einmal schmecken!" antwortete ich lächelnd und begann, weiter zu essen. Nachdem ich den letzen Rest Eintopf verzehrt hatte, spülte ich auch noch den Met hinunter, der inzwischen nur noch lauwarm war. Bevor ich mich erhob, nickte ich Narcissus noch einmal zu, nahm die hölzerne Wiege und ging zum Wirt, um die Rechnung zu begleichen. Danach gingen wir wieder hinaus, in den dunklen kalten Abend. Doch in mir brannte nun das Licht der Vorfreude.

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