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Invictus
08-29-2023, 05:38 PM,
Beitrag #1
Invictus
Mein Rappe, der den schönen Name Der Unbesiegte trug, rumorte in seiner Box, als ich und der junge Bürger Iulius Felix hinzu kamen. Mein Pferd spürte meine Nähe und wieherte zur Begrüßung. 
Vor den Stallungen lag ein halbrunder sandiger Platz, der mit einer brusthohen Mauer abgegrenzt war. 
"Warte hier", befahl ich Felix und machte eine Handbewegung, dass er sich  dort rauf setzen konnte. Dann ging ich selbst zu Invictus hinein. Invictus war groß für ein Pferd und hatte kein einziges weißes Haar am Leib. Ein wenig struppig war er, denn keiner der Pferdeknechte traute sich noch in die Nähe, seit er den Sklaven Agaso zu Tode getrampelt hatte. Ich nahm eine Pferdebürste auf:
"Mein armer Junge", flüsterte ich meinem edlen Invictus zu: "Haben sie es nicht gewagt, dich zu striegeln? Ich habe dir jemanden mitgebracht, der das übernehmen wird. Es ist ein junger Römer, kein stinkender Sklave. Vielleicht magst du ihn ja. Schauen wir einmal, ob er deiner würdig ist"
Ich öffnete die Stalltür, dann schlenderte ich betont langsam heraus und warf Felix die Bürste zu.
Invictus stürmte nach mir ins Freie. Er schäumte vor Wut und man sah das Weiße in seinen Augen. Die scharfen, tödlichen Hufe meines geliebten Reittiers ließen den Sand aufspritzen.
"Zeig was du kannst, Bursche", sagte ich und verschränkte meine Arme.
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08-29-2023, 07:06 PM,
Beitrag #2
RE: Invictus
Fintan, der tatsächlich ein Herz für Tiere hatte, erkannte schon auf den ersten Blick, was das Problem dieses prächtigen Tieres war: Es war sein Herr.
Ja, Ovidius schien den Hengst gern zu haben und sprach mit ihm wie mit etwas kostbarem. Doch dann zeigte Invictus eine Wut und eine Wildheit, die man sonst bei diesen sanften Tieren selten sah. Aggressives Verhalten wurde von Pferden aktiv gemieden, bis sie keinen Ausweg mehr sahen. Und dann signalisierten sie damit eindeutig Unwohlsein oder Vermeidung. Dass Invictus ein derartiges Verhalten an den Tag legte, obwohl er keinen Grund hatte, sich bedrängt zu fühlen, zeigte Fintan, dass es antrainiert sein musste. Er kam nicht umhin zu bemerken, dass er Ovidius nicht besonders mochte.

Aufgeschlossen kam er zu dem Tribun in den Ring und betrachtete das wunderschöne aber vernachlässigte Tier neugierig. Ja, aus dem konnte man sicher was machen.
Fintan hob die Arme, um ihn zu beruhigen, aber Invictus trat aus, als habe er es darauf angelegt, ihn totzutrampeln. Fintan wusste, dass es so nicht funktionierte. Einem solchen Tier seinen Willen aufzuzwingen, war nicht nur unendlich schwer (er war stark, aber nicht SO stark!), es brachte auch nur oberflächlich etwas. Also tat er, was er für das Sinnvollste hielt: Er drehte sich um und verließ den Ring.

Fintan fand einen Eimer mit ein paar Äpfeln, nahm sich einen und setzte sich auf den Rand des Rings, wo er... einfach sitzen blieb. Den Hengst sah er absichtlich nicht an und ließ ihn toben und schnauben.
"Weißt du, Herr", sagte er, ohne Invictus zu beachten, "Was deine Frage von vorhin anbelangt, ich finde es viel schlimmer zu töten, als zu sterben. Ich meine, sterben müssen wir alle irgendwann, nicht? Und manche früher als später. Und wenn meine Zeit kommt, dann bin ich sicher, dass ich alles gemacht habe, was mir in meiner kurzen Zeit möglich war."
Er biss in den Apfel, während der Hengst immer noch unruhig in seiner Nähe herumtänzelte, als ob er seine Aufmerksamkeit erregen wollte.
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Falke
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09-01-2023, 04:01 PM,
Beitrag #3
RE: Invictus
Felix Antwort auf meine Frage ließ mich lächeln: "Das ist die Antwort, die ich erwartet habe. Aber wenn dir jemand ans Leder will, so wirst du feststellen, dass Töten doch einfacher ist"
Invictus bot, wie er in der Sonne seine Muskeln spielen ließ, das hinreißende Bild eines edlen Ross. Der Junge saß auf der Mauer und aß einen Apfel. Er hatte sich nicht in eine Konfrontation hineinziehen lassen. Der Punkt ging an ihn. 
Wie alle klugen Pferde war auch Invictus neugierig. Er zog Kreise, aber ich bemerkte, dass er, als sei es keinerlei Absicht, der Mauer immer näher kam.
"Nimm dich in Acht, Felix. Invictus ist genau wie sein Herr. Er lässt nicht jeden an sich heran", warnte ich ihn nun doch.
Auch hier war Invictus eine mir verwandte Seele. Er würde auch keine Barbarenhand an sich dulden, weshalb ich es mit Kelten, obwohl man ihnen Pferdeverstand nachsagte, schon gar nicht probiert hatte.
"Du machst ihn neugierig. Sehr gut", lobte ich. Ich wartete ab, was Felix nun tun würde. Noch ahnte er bestimmt nicht, in welcher Gefahr er sich befand. Es bedurfte nur eines Zurufes von mir:
"Kennst du die Sage der Pferde des Diomedes?", fragte ich Felix. Er kam vom Land, vermutlich waren ihm griechische Sagen nicht geläufig.
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09-02-2023, 06:11 PM,
Beitrag #4
RE: Invictus
Fintan war ein wenig froh, dass ihn Ovidius nicht anschrie, weil er sich scheinbar verdrückt hatte. Dabei folgte Fintans Vorgehen schließlich einer Methode, das Pferd neugierig zu machen und langsam für sich zu gewinnen. Das würde... ein paar Tage dauern. Aber er wollte auch nicht totgetrampelt werden. Der Apfel würde an den Hengst gehen, wenn er sich schließlich zu ihm hertrauen würde.
Die Beine anziehend, lauschte der junge Stallbursche den Worten seines neuen Herrn, der ihm mit - da wettete er, irgendwas Griechischem ankam.
"Nein, Herr. Davon habe ich noch nie gehört", gab er lächelnd zu. Und das stimmte sogar. Fintan war - wie alle Falken - gebildeter als man es ihm zutrauen würde. Doch man konnte sich nun wirklich nicht jede griechische Tragödie merken, die da draußen rumlief. Um seiner Fassade als argloses Bürschlein vom Land noch eins draufzusetzen, fragte er noch: "Sind die aus dem Orient?"
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Falke
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09-05-2023, 02:45 PM,
Beitrag #5
RE: Invictus
" Es ist eine griechische Sage: Die Pferde gehörten einem Thrakerkönig, der Diomedes hieß. Thrakien ist ein wildes Land im Osten. Sie waren sehr stark und sehr wild, weil ihr Herr sie mit Menschenfleisch fütterte. Leider hat der Held Hercules dann diese wundervollen Tiere getötet", ich lächelte Felix an:
"Ich frage mich, wie man ein Pferd dazu bringt, Fleisch zu fressen", sagte ich sehr nachdenklich. Mein Blick glitt an dem Jungen herab:
"Ob Invictus das könnte? Ob er das gerne tun würde?", sprach ich versonnen. Dann fiel mir ein, dass ich ein Gegenüber hatte. Der junge Römer hatte mir zugehört.
"Das ist nur eine alte Geschichte", sagte ich und legte Felix kurz die Hand auf die Schulter: "So, ich habe nun zu tun. In zwei Stunden ist Feierabend, dann nehme ich dich mit in die Lagerthermen. Solange hast du Zeit, mit Invictus Freundschaft zu schließen. Danach wirst Du froh sein, dir den Staub abwaschen zu können. Du wirst übrigens auch hier schlafen. Dein Vorgänger Agaso hat es auch getan. Seine Liege ist frei"
Ich deutete nach hinten, wo es einen großen Gemeinschaftsschlafraum für die Stallknechte gab. 
In zwei Stunden würden der Stalljunge und ich baden gehen. Oder ich würde das, was von ihm übrig war, vom Sand kratzen lassen.
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09-12-2023, 07:03 PM,
Beitrag #6
RE: Invictus
Die zwei Stunden vergingen. Fintan, der sich die Geschichte geduldig angehört hatte, ahnte schon, weshalb sie Ovidius so gefiel. Und er ahnte auch langsam, was mit dem früheren Knecht passiert war. Der Tribun erwartete wohl so halb, dass ihn das Tier tottrampeln würde, doch Fintan wusste schon, was er zu tun hatte.

Als Ovidius wiederkehrte, übergab Fintan Invictus gerade den Apfel. Der stolze Hengst hatte schließlich doch seine Seite mit der Nase angestupst, ohne ihm gleich das Bein abzubeißen. Fintan machte sich keine Illusionen. Es würde noch ein kleines Weilchen dauern, ehe er Invictus überhaupt gefahrlos anfassen konnte, doch es schien zumindest nichts mehr gegen seine passive Anwesenheit zu haben. Und das war ein Fortschritt.
Als der Tribun zurückkehrte, stand Fintan bereit.
"Ich denke, wir werden noch richtig gute Freunde!", sagte er und meinte das Pferd. Doch auch der Tribun schien sich ähnliches über sie beide zu denken, denn ein solcher Mann ging vermutlich sonst selten mit Knechten ins Bad. Entweder das oder er musste bald den Arsch hinhalten. Er konnte sich zwar angenehmeres vorstellen, aber da musste er dann wohl durch...
"Ich bin ja so aufgeregt. Wo ich herkomme, haben wir keine Thermen. Ist das Wasser wirklich warm?"
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Falke
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09-15-2023, 06:44 PM,
Beitrag #7
RE: Invictus
Das Felix noch am Leben war, war ein weiterer Beweis für die edle Natur meines Pferdes:
" Mein Invictus duldet wirklich nur Römer um sich", sagte ich stolz auf seinen Instinkt: " Kelten- und Sklavenpack muss sich jedoch vor ihm in Acht nehmen. Ich denke, wir werden gut zusammen arbeiten, junger Iulius. Nun komm, du hast dir die Thermen redlich verdient"
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02-16-2024, 03:16 PM,
Beitrag #8
RE: Invictus, mein Henker
>>> 

(02-14-2024, 10:41 PM)Niamh schrieb: Verdammt, warum übersetzte Danuacus nicht? Dieser elende Mistkerl sollte ruhig wissen, dass ich lieber sterben würde, statt noch eine Minute länger bei ihm sein zu müssen. Der Übersetzer verharrte völlig bewegungslos und war ganz bleich. Währenddessen hatte Ovidius seinen dritten Sklaven losgeschickt, um Feuer im Herd zu machen. Der Kerl war wirklich komplett verrückt und schien mir tatsächlich die Hände abschneiden zu wollen.

Dann begannen die beiden zu reden, während der Römer sich meine Handgelenke besah, um die beste Stelle zu finden, am der er mir die Hände abschlagen wollte. Nur worüber sie redeten, konnte ich nicht mal erahnen. Vielleicht versuchte Danuacus dem dämlichen Römer auszureden, mir die Hände abzuschneiden. Das wäre natürlich prima gewesen, denn ich wurde immer nervöser.  Aber ehrlich gesagt wusste ich nicht, warum er das hätte tun sollen. Nun ja, er hatte Mitleid mit mir und brachte mir immer etwas zu essen mit. Ohne ihn wäre ich wahrscheinlich längst verhungert. Aber ansonsten hatte ich ganz schön seine Nerven strapaziert, weil ich einfach nicht nachgeben wollte.
Ein paar einzelne Worte hatte ich tatsächlich von diesem widerlichen Gebrabbel verstanden. Aber der Kern der Sache, blieb mir weiterhin verborgen. Anhand der Gesten und Gesichtsausdrücke der beiden konnte ich vielleicht erahnen, worum es ging. "He, was redest du so viel mit diesem Irren? Was sagt er? Na komm schon! Sag mir doch endlich, was du mit ihm beredest!" drängte ich, wie ein nervendes Kind, während Ovidius nun mit der stumpfen Seite seines Schwertes über meine Arme strich.

Danuacus hatte meinen wahren Namen genannt und verstand ich auch noch das Wort ‚Gnade‘. Ich konnte es wirklich nicht glauben! Was verhandelte er da mit ihm? Und weshalb? Ich wollte keine Gnade! Ich wollte diesem Mistkerl auf keinem Fall zu Kreuze kriechen müssen!
Die beiden schlossen einen Handel ab und der Römer steckte sein Schwert wieder in die Scheide. Zuvor aber hatte er seine Hand an seiner Tunika abgewischt, mit der er soeben mit Danacus eingeschlagen hatte. Dann erwähnte er sein Pferd, das er Invictus rief und das nicht ganz richtig im Kopf war. Das war ja auch kein Wunder, denn der Römer hatte ja auch nicht mehr alle Latten am Zaun! Vielleicht sollte ich sein Pferd wieder beruhigen, weil es gerade  wieder durchdrehte. Aber noch bevor ich mich fragen konnte, wie er jetzt gerade auf diese Idee gekommen war, hörte ich, wie Danuacus plötzlich zu flüstern begann, denn der Römer hatte ihn fort geschickt. Was er sagte, war nicht besonders schmeichelhaft, was den Römer betraf. Doch ich da war vollkommen bei ihm, was er da so leise vor sich her fluchte.
Danuacus sah mich noch einmal mitleidig an und ging dann, ohne noch etwas zu mir zu sagen, Ich sah ihm noch kurz nach. Dann war ich wieder mit dem Römer und seinen Sklaven allein.

Niamh hatte aufgestampft wie ein wütendes Kind. Sie wirkte nicht wie eine Sklavin, die dem Tod entgegenblickte, sondern eher wie ein kleines Mädchen, das die Lage nicht begriff. Fehlte nur noch, dass sie sagte: "Ich will es gewiss nicht wieder tun"
Danuacus aber schwieg und ging. Sein Kopf und seine Schultern hingen.  Er schien ganz und gar gebrochen. Dabei musste er das nicht sein. Seine Tochter bedeutete mir nichts, und ich hasste sie nicht. Wenn sie mir zufrieden stellend diente, würde sie nicht bestraft werden.

"Er hat um dein Leben gebettelt", sagte ich langsam zu der Sklavin, damit sie verstand: "  Dein Leben hat er nicht bekommen, aber deine Hände darfst du behalten. Bringt sie weg"

Meine drei Sklaven taten wie befohlen. Sie hätten nie gewagt, Bestiola anzurühren oder etwas anderes zu tun. Sie schleiften sie von meiner Villa aus bis in die Stallungen.

Ich war nicht dabei, doch ich wusste, was geschehen würde. Invictus Stall bestand aus zwei Räumen, die durch ein Gatter getrennt waren. Im Raum, den man vom Hof aus betreten konnte, stand ein Wassertrog und waren zwei große metallene Ketten mit Schnappverschlüssen an der gekalkten Wand angebracht. Die Ketten waren fast mannslang, denn das Opfer sollte sich durchaus bewegen können und zu entfliehen versuchen, nur entkommen konnte es nicht.
Syrus würde beide Ketten an Bestiolas Halsring befestigen. Sollte sie weinen, betteln, flehen, er würde nicht mit der Wimper zucken. Meine Sklaven waren abgestumpfte Kreaturen, kaum je erhellte das Licht des Geistes ihren trüben Blick. Sie liebten nicht, sie hofften nicht, und sie waren daher mitleidlos wie die See.

Wenn das getan war, würden die anderen Sklaven nach draußen gehen und Syrus das Gatter öffnen. Dann würde er um sein Leben laufen und die Stalltür zu machen ( ich hatte mir schon einmal überlegt, als mir langweilig war, sie von außen abzuschließen. Aber Syrus war doch zu nützlich, um ihn einem Zeitvertreib zu opfern)

Dann wäre das Gatter offen. Und dann würde Bestiola ihn schon zu Gesicht bekommen: meinen herrlichen schwarzen Hengst, meinen Seelenverwandten Invictus, meinen Henker.
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02-17-2024, 09:32 AM,
Beitrag #9
RE: Invictus
Kaum hatte der Übersetzer den Raum verlassen, trat Ovidius an meine Seite. Mit bedächtig gewählten Worten erklärte er mir, dass Danuacus tatsächlich um mein Leben gefleht hatte, jedoch nur meine Hände erhalten hatte, die ich behalten durfte. Bevor ich mich fragen konnte, warum er das getan hatte, wies Ovidius seine Sklaven an, mich wegzuführen. Sie gehorchten sofort und schleppten mich zu den Stallungen. Ich konnte nur annehmen, dass sie mich zu Ovidius' ungestümem Gaul brachten, der ein echtes Problem hatte, mindestens genauso groß wie das seines Herrn. Syrus legte mir zwei Ketten an, die er an dem verfluchten Halsring befestigte, der ohnehin schon zu eng war. War das der Dank dafür, dass ich das Pferd nun beruhigen sollte? Immerhin würde ich dann für eine Weile auf die Gesellschaft des Römers verzichten können. Das war immerhin etwas!

Die Sklaven verließen den Stall und Syrus öffnete das Gatter, damit der schwarze Hengst zu mir kommen konnte. Er selbst schaute schnell, dass er Land gewann, bevor sich das Pferd seines Herrn näherte.
Da war er dann auch, Invictus, lebendig und lebhaft! Sofort wurde er unruhig und begann zu steigen, als er mich sah, genau wie bei unserer ersten Begegnung. Seine Augen waren weit aufgerissen, so dass man das Weiße sehen konnte. Normalerweise hätte man das Pferd in diesem Zustand meiden sollen, da es sogar jemanden töten könnte. Aber das Pferd war so gestresst, dass ich ihm einfach helfen musste! Das Wichtigste war, dass ich selbst ruhig blieb, denn es würde zweifellos meine Angst spüren können. Wie damals begann ich, beruhigend auf den Hengst einzureden. Nach einer Weile beruhigte er sich tatsächlich wieder etwas und hörte zunindest auf zu steigen. Vorsichtig näherte ich mich ihm und versuchte, seine Schulter zu berühren. Pferde, die oft so aufgeregt waren wie er, waren sehr sensibel, was Berührungen anging. Der Hengst ließ es zu, dass ich sein Fell streichelte, während ich weiter beruhigend auf ihn einredete. Nach einer Weile fasste er Vertrauen und begann sich zu entspannen. Ich atmete erleichtert auf und ließ mich ins Stroh sinken.

Ich konnte nicht sagen, wie lange ich so dasaß und vor mich hin starrte. Irgendwann wurde es dunkel und ich schlief ein. Der Hengst hatte sich auch in der Nacht  hingelegt und war nun ganz ruhig und entspannt. So verbrachte ich die Nacht bei ihm im Stall, bis mich am Morgen die ersten Sonnenstrahlen und die Betriebsamkeit in den Stallungen weckten. Der schwarze Hengst stand inzwischen vor mir, als ich meine Augen öffnete und kam mit seinen Nüstern meinem Gesicht sehr nahe. Seine Berührungen kitzelten mich und ich begann zu lachen. Dabei hatte ich fast schon vergessen, wie man lacht.
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02-18-2024, 03:36 PM,
Beitrag #10
RE: Invictus
Syrus hatte mich am anderen Tag gefragt, ob er den Stall säubern sollte. Das war für gewöhnlich wirklich kein schöner Anblick, der sich am Morgen bot, wenn jemand bei Invictus "übernachtet" hatte. Er berichtete mir jedoch auch, dass es in der Nacht verdächtig still geblieben war. Ob Invictus nicht getan hatte, was er sollte?
Ich ging selbst zum Stall hin und stieß einen lauten Pfiff aus. Von drinnen erklang Begrüßungswiehern. Invictus kannte seinen Herren und wusste, was ihm blühte, wenn er nicht gehorchte. Es hatte eine harte Hand erfordert, ihn so weit zu bringen, das er mir in allem nützlich war.
Durch die Stallwand drang Gepolter. Wenn Bestiola noch lebte, versuchte mein Pferd gerade, sie unter seine Hufen zu bekommen. 
Ein flüchtiges Lächeln erhellte meine Miene, dann ging ich in mein eigenes Büro. Zu Mittag dann würde ich mir in allen Details ansehen, was mein Liebling, mein stolzer schwarzer Hengst angerichtet hatte.
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