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Atrium | Ein neuer Vilicus im Haus
06-28-2023, 02:23 PM,
Beitrag #11
RE: Atrium | Ein neuer Vilicus im Haus
Man hatte bereits am Tag zuvor unter den Sklaven gemunkelt, dass sich wohl ein neuer Vilicus gefunden hatte. Am Morgen hatte sich dieses Gerücht dann auch schon bestätigt. Aus diesem Grund hatte man uns alle ins Atrium beordert, um es nun auch offiziell zu verkünden. Ganz nebenbei erfuhren dann auch alle, dass morgen die Operation des Dominus stattfinden sollte. Manche der Sklaven schauten sehr nachdenklich und besorgt. Ich konnte das sehr gut nachvollziehen. Gerade jetzt, da es Domina Calida auch nicht gut ging. Ich wollte gar nicht daran denken, wenn alles an Domina Prisca hängen bleiben würde und sie sich um alles kümmern musste. Wie gut, dass es dafür nun jemanden gab, der ihr dabei helfen würde. Auch wenn dieser neue Vilicus scheinbar noch grün hinter den Ohren war.

Als der Dominus die Versammlung schließlich aufhob und sich zum Gehen erhoben hatte, stand ich noch ganz entspannt bei meiner Domina. Doch das sollte sich ändern, als ich die Stimme des Dominus hörte, die meinen Namen rief und mich zu ihm befahl. Mir war, als würde mich ein heftigen Stich in den Magen treffen. Blitzartig dachte ich wieder daran, was ich kürzlich  meiner Domina hatte versprechen müssen. Ich hoffte nur, er würde mich wegen etwas anderem rufen.
Natürlich begab ich mich sofort zu ihm und war dann sehr erleichtert, als er mir sagte, dass  nicht ich, sondern die Domina die Nacht mit ihm verbringen sollte. "Ja, Dominus", sagte ich nickend. "Ich werde es ihr ausrichten." Als er dann ging, kehrte ich wieder zurück, an die Seite meiner Domina.
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06-28-2023, 02:58 PM,
Beitrag #12
RE: Atrium | Ein neuer Vilicus im Haus
Noch einmal dankte ich meinem Arbeitgeber, als er mir ein glückliches Händchen wünschte. Nachdem sich dann die Versammlung langsam auflöste,  stellte er mir dann noch seine Frau vor. Kaum hatte er das getan, ließ er sich bereits entschuldigen und wollte ebenfalls das Atrium verlassen. Ein wenig verloren stand ich nun bei seiner Frau und sagte das, was man wohl in solchen Situationen am besten sagte: "Es freut mich, dich kennenzulernen, Accia Prisca! Offenbar sind wir jetzt ganz auf uns allein gestellt." Ich hatte vor, mich gut mit ihr zu stellen, denn schließlich würde ich die kommenden Wochen mit ihr zusammenarbeiten müssen. Zu meiner Überraschung war sie noch sehr jung. Nicht älter, als ich selbst. Doch wie mir schien, war sie durch irgendetwas abgelenkt. Ihr Blick ging haarscharf an mir vorbei, so dass ich mich dann auch umwandte und mit meinem Blick ihren Gatten und die dunkelhäutige Sklavin einfing. War das nicht die Sklavin, die mit ihr gekommen war? Dem Blick der Accia zu urteilen, schien ihr zu missfallen, was sie da sah.

Doch schließlich erinnerte sie sich meiner. Ein fahriges Salve kam aus ihrem Mund. Sie versuchte zu lächeln. Wahrscheinlich hatte der Sabinius nicht nur ein gewisses Interesse an seiner Frau, sondern auch an deren Sklavin.

Ihr war nicht ganz klar, was wir besprechen sollten, denn sie war wohl noch gar nicht lange die Hausherrin. Ihre Schwiegermutter hatte es oblegen, das Haus zu führen. "Ich bin mir sicher, dass wir beide das auch schaffen werden!" meinte ich dann, um sie ein wenig zu beschwichtigen. Denn besagte Schwiegermutter hatte nun nicht wie das blühende Leben gewirkt.
Accia Prisca wirkte sehr nervös. Ich fragte mich, ob das noch immer mit ihrer Sklavin und ihrem Mann zu tun hatte. Doch dann wechselte sie das Thema. Sie glaubte, mich von irgendwoher zu kennen. Offenbar hatten wir noch etwas gemein, wir kamen beide aus Londinium. Nun ja, es musste niemand wissen, dass ich lediglich die letzten beiden Jahre in Londinium gelebt hatte. Sie begann dann auch gleich zu erzählen, wer ihr Vater war und wo sie gewohnt hatten und wie die Freunde ihres Vaters geheißen hatten. Ihr Vater war letztes Jahr verstorben.
"Der Tod deines Vaters tut mir sehr leid! Auch wenn ich befürchte, dass ich keinen Marcus Accius Priscus kenne. Auch die anderen Namen sagen mir nicht viel. Meine Mutter kehrte nach dem Tod meines Vaters nach Caleva Atrebatum zurück. Mein Vater war Soldat. Aber der fiel kurz vor meiner Geburt. Ich hab ihn also niemals kennengelernt." Ich hoffte für ihn, dass er wirklich schon tot war. Doch so lange ich das nicht wusste, suchte ich weiter nach MAF!

"Als dann meine Mutter auch starb, kam ich wieder zurück nach Londinium zu meiner Tante und ihrem Mann. Da war ich noch ein kleiner Junge von sechs oder sieben Jahren. Aber meine Tante und mein Onkel wohnen in einer ganz anderen Ecke von Londinium. Ihr Haus ist in der Nähe der Straße nach Camulodunum, im Osten der Stadt," erklärte ich ihr mit einem gewissen  bedauern. Aber eigentlich war ich froh, dass ich niemanden kannte, den auch sie gekannt hatte. Nicht auszudenken, wenn sie dahinter kam, wer ich wirklich war!
[Bild: 3_16_10_23_1_09_34.png]
Als "Lucius Tarutius Corvus"
[Bild: 1_22_10_22_8_56_52.png]
Falke
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06-28-2023, 05:16 PM,
Beitrag #13
RE: Atrium | Ein neuer Vilicus im Haus
Tarutius Corvus wirkte nett. Er lächelte ihr zuversichtlich zu und meinte, dass sie beide das schaffen würden. Prisca hoffte es sehr. Sie brauchte unbedingt irgendeinen Verbündeten hier im Haus, und zwar einen, der ihr auch wirklich helfen konnte. Und sie brauchte Hilfe, bei den Göttern. Sie hatte immer noch keine Ahnung, wie sie das Chaos ihrer Schwiegermutter bereinigen sollte, ganz zu schweigen von den vielen, anderen Dingen. Aber vielleicht war der Vilicus ja auch eine Chance. Er war ein Mann, wenn auch nur etwa in ihrem Alter, aber trotzdem hatte er damit sicherlich mehr Autorität als Naevia Callida, und das hieß, Prisca könnte es vielleicht wirklich schaffen, dass die Dinge hier im Haus normal werden würden. Wenn er ihr denn helfen wollte.
Aber leider kannte er weder sie noch ihren Vater, wie es aussah, und Prisca kam sich ein wenig dumm vor, weil sie davon angefangen hatte. “Entschuldige, ich dachte nur…“, meinte sie etwas verlegen, und noch verlegener, als er von seinem Leben erzählte. Er war also auch eine Waise und war bei seinem Onkel aufgewachsen. “Mein Bruder ist auch bei der Legion“, meinte sie kurz als Zeichen, dass sie das verstand, wie das war, wenn man einen Verwandten hatte, den man so gut wie gar nicht kannte. “Und meine Mutter starb, als ich vier war, bei einer Geburt.“ Anscheinend hatten sie ein paar Dinge gemeinsam, wenn auch eher weniger schöne. "Mein Vater hat dann wieder geheiratet." Zweimal sogar, aber das war vielleicht nicht so wichtig.

Sie räusperte mich kurz, als Nysa zu ihr zurückkam. “Das ist Nysa. Mein Mann hat sie mir geschenkt“, stellte Prisca sie kurz vor und schaute dann fragend zu den Sklavin. Ja, sie wollte wissen, was los war und hoffte, dass Nysa es ihr bei Gelegenheit zuflüstern würde, damit sie wusste, ob sie besorgt sein musste oder nicht.
“Hat man dich denn schon im Haus herumgeführt, werter Tarutius? Sonst wäre es mir eine Freude, wenn ich dir alles zeigen kann und vielleicht können wir uns ja ein wenig unterhalten und kennenlernen?“
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Vormund (Tutor): Marcus Accius Florus, Centurio Legio II Augusta (NSC)
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06-30-2023, 01:33 PM,
Beitrag #14
RE: Atrium | Ein neuer Vilicus im Haus
"Ach, keine Ursache!" entgegnete ich ihr lächelnd, als sie sich entschuldigte. Es war ja nicht ihre Schuld, dass ich niemand aus ihrem Umfeld kannte. Wahrscheinlich fühlte sie sich einsam in diesem Haus. Ihr Mann schien auch nicht besonders feinfühlig zu sein. Wie es um die Beziehung mit ihrer  Schwiegermutter bestellt war, konnte ich nicht sagen. Aber ich vermutete, die war auch nicht besonders warmherzig.

Sie erzählte mir dann noch von ihrem Bruder, der bei der Legion war und dass sie erst vier war, als ihre Mutter starb. Aber ihr Vater hatte stetig für Ersatz gesorgt. Für ein Mädchen war es bestimmt gut, wenn sie jemanden hatte, dem man sich anvertrauen konnte. Auch wenn es nur die Stiefmutter war. Belana, die so eine Art Stiefmutter für mich gewesen war, hatte mir gut getan. Schade, dass sie nicht schon ein paar Jahre früher da gewesen war, als ich noch ein Junge gewesen war.

"Ich habe keine Geschwister. Meine Mutter hat den Tod meines Vater nie überwunden. Ich kannte sie nur als sehr labile Frau, die lieber tot sein wollte, als lebendig. Meine Kindheit war ziemlich schwierig!“ Das waren wohl die einzigen Sätze, die mir über die Lippen kamen und die annähernd der Wahrheit entsprachen.

Die Accia räusperte sich, als ihre Sklavin sich wieder zu ihr gesellte. Sie stellte sie mir kurz vor. Ihr Mann hatte sie ihr geschenkt. Ich fragte mich, was der Sabinier mit ihr getuschelt hatte. Aber wenn ich Accias Körpersprache richtig deutete, wollte sie das auch wissen.
"Salve, Nysa!" grüßte ich freundlich die Sklavin, die wahrscheinlich heillos damit überfordert war, dass jemand sie beachtete. Doch ich war für jede Information über sämtliche Hausbewohner dankbar.
Accia zog wieder die Aufmerksamkeit auf sich, als sie mich fragte, ob man mit bereits das haus gezeigt hatte. Der kleine Beatus hatte sich am frühen Morgen redlich Mühe gegeben, aber um ehrlich zu sein, hatte ich fast alles wieder vergessen.
"Ich weiß nur mit Sicherheit, wo sich die Culina befindet!" entgegnete ich ihr grinsend. "Dein Angebot nehme ich dankend an, verehrte Accia!"
   
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Als "Lucius Tarutius Corvus"
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Falke
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06-30-2023, 02:20 PM,
Beitrag #15
RE: Atrium | Ein neuer Vilicus im Haus
Domina Prisca schaute mich erwartungsvoll an, als ich wieder bei ihr war. Sie befürchtete sicher das Schlimmste. Aber da konnte ich sie beruhigen. Oder auch nicht. Wahrscheinlich würde sie nicht gerade darüber begeistert sein, dass ihr Ehemann in der Nacht vor seiner Operation noch einmal bei ihr liegen wollte. Ganz gleich, wie sie den Wunsch ihres Mannes aufnehmen würde, ich musste einen passenden Moment finden, um ihr mitzuteilen, was der Dominus mir gesagt hatte.

Doch zunächst stellte sie mich dem neuen Vilicus vor, der ein ziemlich netter Kerl zu sein schien. Er nahm sich die Zeit, mich zu grüßen. Das erwiderte ich, wenn auch sehr schüchtern "Salve, Vilicus!" 
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06-30-2023, 02:52 PM,
Beitrag #16
RE: Atrium | Ein neuer Vilicus im Haus
Wäre das ein Wettbewerb, wer das schlimmere Schicksal hatte, würde Tarutius Corvus wohl gerade gewinnen. Prisca kam sich etwas selbstsüchtig vor, dass sie sich über ihr Leben beschwerte und ihr Schicksal verwünschte, wenn hier ein erwachsener Mann vor ihr stand und zugab, eine schwierige Kindheit gehabt zu haben. Da Männer grundsätzlich nie eine Schwäche zugeben würden, nahm Prisca an, dass es weit schlimmer war, als er sagte. Etwas verlegen kratzte sie sich am Arm.
Nysa begrüßte nur kurz den Vilicus und er grüßte zurück, aber verriet Prisca nicht, was ihr Mann gewollt hatte. Prisca konnte auch aus ihrem Gesicht nichts lesen, was sie halb wahnsinnig machte. Am liebsten hätte sie Nysa direkt gefragt, was los war, aber das ging jetzt nicht, weil der Vilicus da war und ihr Angebot annahm, ihn herumzuführen. Prisca war ein wenig zerrissen, aber es nützte ja nichts. Sie brauchte einen verbündeten, und solange Nysa in Sichtweite war, war sie nicht bei Merula, und das war ja schonmal eine kleine Sicherheit. Zumindest sagte Prisca sich das immer wieder.

Mutig, stark, ehrlich, treu, sagte sie sich noch einmal und nahm sich zusammen. Sie schaffte es sogar, Tarutius Corvus ein klein bisschen anzulächeln, als er sie so angrinste. Wenn er lächelte, sah er sehr viel freundlicher und auch ein wenig jünger aus. Prisca gefiel das wesentlich besser als das Bild eines allzu strengen Vilicus, oder eines verhärteten jungen Mannes mit schwerer Vergangenheit. Wenn er lächelte, war es leichter.
“Gut, dann… Also… ich denke, das Atrium ist selbsterklärend. Dort drüben ist das Cubiculum meines Mannes. Da die Treppe hinauf gibt es noch mehr Räume, aber da sind gerade hauptsächlich die Sklaven, weil… naja, das Bein meines Mannes, du verstehst? Naevia Callida hat ihr Zimmer ebenfalls oben.“
Sie wandte sich in Richtung des hinteren Teiles des Hauses. “Wollen wir uns den Garten ein wenig ansehen? Jetzt im Sommer finde ich ihn sehr schön“, meinte sie und  machte einen Schritt in die Richtung vorbei am Tablinum, darauf wartend, ob er sich anschließen wollte.
“Und du wohnst in der Stadt?“ fragte sie dann noch, um etwas mehr von ihm zu erfahren.
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Vormund (Tutor): Marcus Accius Florus, Centurio Legio II Augusta (NSC)
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07-01-2023, 02:05 PM,
Beitrag #17
RE: Atrium | Ein neuer Vilicus im Haus
Nun lächelte sie auch ein wenig. Sie wirkte sehr zart und verletzlich  und nach allem was sie erzählt hatte, musste sie schon einige Verluste hinnehmen in ihrem Leben. Da unterschieden wir uns kaum. Ich hatte große Lust, sie etwas näher kennenzulernen, da wir ja in gewisser Weise Schicksalsgenossen waren. Zwar auf einer ganz andere Weise. Denn sie hatte weder etwas mit den Falken zu tun, noch mit meiner schier endlosen Suche nach MAF. Das hier war etwas ganz anderes! Vielleicht konnte ich durch die Gespräche mit ihr zu einer völlig neuen Sichtweise gelangen. Vielleicht lernte ich dadurch, meine beschissene Kindheit  besser zu akzeptieren.
Sie begann sofort mit der Hausführung und begann vom Atrium ausgehend. Da war das Cubiculum ihres Mannes, das wegen seines Beines hier unten war. Naevia Calida, die Schwiegermutter, hatte oben ihren Raum. Ebenso einige der Sklaven. Ich nahm an, dass ihr Cubiculum auch hier unten sei. Allerdings fragte ich auch nicht, weil sie das vielleicht falsch aufnehmen konnte. 
"Dein Bruder ist hier in Iscalis stationiert?" fragte ich, Vielleicht besucht er sie ja ab und zu und hatte hier im Haus auch noch ein Zimmer. So wie ich mitbekommen hatte, was er alles, was sie noch an Familie hatte.
Sie wandte sich dem dem hinteren Teil des Hauses zu und schlug vor, hinaus in den Garten zu gehen. Ich nickte und folgte ihr. "Oh ja, gerne! Ich halte mich auch lieber draußen auf, wenn es das Wetter erlaubt." Und selbst ein sanfter britannischer Regen hatte seine schönen Momente!
Sie fragte mich kurz darauf, ob ich in der Stadt wohnte. Leider hatte ich es gestern nicht mehr geschafft, mich auch noch um eine richtige Bleibe zu kümmern.
"Leider nein, das war gestern alles sehr kurzfristig. Ich bin gestern hier angekommen, habe die Stellenanzeige am schwarzen Brett gelesen und bin sofort hierher gekommen, um mit den verehrten Sabinius zu sprechen. Ich muss gestehen, ich habe letzte Nacht in Alans Mietstall bei meinem Pferd geschlafen, das ich dort stehen habe." Ich schaute etwas verlegen drein, als ich ihr gebeichtet hatte, dass ich nicht gerade standesgemäß genächtigt hatte.
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Als "Lucius Tarutius Corvus"
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Falke
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07-01-2023, 03:26 PM,
Beitrag #18
RE: Atrium | Ein neuer Vilicus im Haus
Sie gingen nebeneinander her und Tarutius Corvus fragte nach Priscas Bruder. “Ja, er ist Centurio hier bei der Legion“, sagte sie eine Spur zu tonlos, als dass es wirklich unauffällig wäre. Sie redete nicht gerne über ihren Bruder. Andere Mädchen hätten vielleicht mit einem Centurio in der Verwandtschaft angegeben, aber die hatten ja auch nicht ihren Bruder, bei dem Prisca wirklich nicht wusste, wie sie mit ihm angeben sollte. Sie hielt ihn nicht für einen guten Menschen, und das, obwohl sie ihm als Schwester zur Treue verpflichtet wäre. Ihr Vater wäre sicher sehr enttäuscht von ihr. “Deshalb sind Vater und ich damals auch nach Londinium gezogen, nach dem Aufstand, versteht sich. Er wollte näher bei ihm sein. Deshalb sind wir von Lutetia in Gallia hergezogen.“
Während sie erzählte, erreichten sie den Garten, wo gerade leider ein kleiner Regenschauer niederging. Zum Glück war das Peristyl rundherum ja überdacht, so dass sie dort trocken entlangschlendern konnten. Geistesabwesend streckte Prisca beim spazieren den Arm aus zwischen den Säulen, so dass ein paar Regentropfen ihn treffen konnten. Sie fand Regen im Allgemeinen schön, wenn man nicht grade pitschnass wurde. Als kleines Kind war sie sehr zu Miriams Verdruss auch gerne in Pfützen gesprungen. Zumindest so lange, bis ihr Vater ihr eine sehr lange Predigt gehalten hatte, dass eine feine römische Dame sowas nicht tat.
Als sie merkte, was sie gerade tat, schaute sie verlegen kurz zu Tarutius Corvus, und lächelte kurz entschuldigend. “In Britannia regnet es sehr oft. Aber irgendwie ist das auch schön. Dann wächst alles so schön grün.“ Und sicherlich wäre es auch nur ein kurzer Schauer wie so oft und in ein paar Minuten hätten sie wieder Sonnenschein.
Sie schaute ihn an, während sie so spazierten. Er war wirklich recht gutaussehend. Ein wenig streng um die Augen, aber hoch gewachsen und schlank. Es war angenehm, neben ihm zu gehen. Und er hatte schöne Finger. Warum Prisca das auffiel, wusste sie selber nicht. Und vielleicht sollte sie auch nicht darüber nachdenken.

Er erzählte, dass er in einem Stall geschlafen habe, weil er keine Zeit gehabt hatte, sich eine Wohnung zu suchen. Prisca blieb stehen und schaute ihn peinlich berührt an. Sie wollte ihn ja nicht in Verlegenheit bringen mit ihrer frage! “Oh, das… aber wenn du hier arbeitest, hast du ja auch keine Zeit dafür!“ stellte sie erschrocken fest und bekam noch mehr ein schlechtes Gewissen. Hatte ihr Mann das nicht gefragt? Sie konnten ihren Vilicus doch nicht in einem Stall schlafen lassen!
“Das… wir könnten dir auch ein Gästezimmer einrichten? Also, wenn du magst und du das nicht… unanständig findest oder so. Ich meine, du musst ja schon früh morgens auch anfangen und wenn du so wenig Zeit hast, dann wäre das doch praktisch und es wäre doch schön, wenn du gleich hier wärst. Also für dich, meine ich.“ Prisca hoffte, er dachte nicht, dass sie ihn einlud, weil sie mit ihm flirten wollte. Ihre Flirtkünste waren etwa so ausgereift wie grüne Erdbeeren. Deshalb benutzte sie sie auch nie, selbst wenn sie Hoffnung gehabt hätte, damit ein positives Echo zu erfahren.
Sie merkte, dass ihre Wangen sich erröteten, und drehte sich rasch zur Seite, um weiterzugehen. Das war weniger verfänglich. “Oder du könntest ins Thorianum ziehen. Ich könnte auch einen Sklaven für dich schicken. Meine alte Wohnung ist sicher noch frei. Sie ist nicht sehr groß, aber du bräuchtest ja nur einen Platz zum schlafen. Und sie ist trocken und die Nachbarn sind sehr nett. Von der Wäscherei in der Nähe zieht bei Südostwind manchmal leider etwas Geruch hinauf, aber… es ist trotzdem eine wirklich nette Wohnung, und für einen alleinstehenden, jungen Mann fürs Erste sicherlich ausreichend. Also, bis du etwas besseres findest. Und sie war günstig. Ich meine, es sind sicher auch größere Wohnungen frei, die dann etwas mehr kosten. Ich weiß ja nicht, wie viel mein Mann dir bezahlt...“ Sie redete zu viel, das merkte sie selber. Aber sie fühlte sich gerade auf eine seltsame Art und Weise ertappt, die sie nervös machte, obwohl das wahrscheinlich gar nicht nötig gewesen wäre. Aber sie wollte gerne, dass Tarutius Corvus sie gern hatte. Nicht gern gern, aber eben… gern.
[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]
Vormund (Tutor): Marcus Accius Florus, Centurio Legio II Augusta (NSC)
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07-02-2023, 07:21 AM,
Beitrag #19
RE: Atrium | Ein neuer Vilicus im Haus
Als sie über ihren Bruder sprach, klang das nicht besonders warmherzig. Der Kerl war Centurio, hier bei der Legion in Iscalis. Dann fügte sie noch hinzu, dass ihr Vater und sie extra wegen ihm von Gallia nach Londinium gezogen waren – nach dem Aufstand. Ich musste nicht viel herumrechnen, um zu verstehen, dass ihr Bruder mindestens doppelt so alt sein musste, wie sie selbst. Und wenn er damals schon in der Legion diente, dann bestand die Möglichkeit, dass er… Nein, das glaubte ich nicht!

"Oh, dann kommst du eigentlich aus Gallia," stellte ich fest.
Wir hatten inzwischen den Garten erreicht. Noch liefen wir unter dem überdachten Säulengang umher. Ausgerechnet jetzt hatte ein leichter Regen eingesetzt, der sicher gleich wieder vorbei war. Das ging hier sehr schnell. Accia streckte ihren Arm aus, um ein paar Regentropfen einzufangen. Das tat sie wohl unbewusst, denn als sie bemerkte, was sie gerade in meiner Gegenwart tat, schien sie plötzlich ganz verlegen zu sein. Ich lächelte sie an, als sie dann meinte, dass es in Britannia oft regne und dass sie es schön fand, weil dann alles so schön grün wuchs. Dass diese Aussage ausgerechnet von einer Römerin kam!

Sie schien auch etwas peinlich berührt zu sein, nachdem ich ihr von meinem letzten Schlafplatz berichtet hatte. Sofort bot sie mir an, ein Gästezimmer hier im Haus zu beziehen, weil das ja auch von Vorteil wäre. Da gab ich ihr Recht. Ein richtiges Bett war wesentlich bequemer und ich hatte es morgens auch nicht sehr weit zur Arbeit.
"Oh, das ist ein sehr freundliches Angebot. Wenn es für dich und deinen Mann keine Umstände macht, würde ich es gerne annehmen. Zumindest für den Anfang, bis ich etwas Eigenes habe." Sie erzählte mir dann auch von ihrer alten Wohnung im Thorianum. Das musste so eine Art Insula sein, so wie es sie inzwischen auch in Londinium zu Hauf gab. Accia gab sich richtig viel Mühe, das merkte ich. Aber ich verstand nicht so genau, warum sie das tat. Ich hoffte, sie wollte mich nicht verführen. Aber nein, dazu war sie nicht der Typ! Vielleicht wollte sie einfach nur nett sein, auf eine so ganz unrömische Art.

Doch mich hatte der Gedanke an ihren Bruder nicht ruhen lassen. Hatte sie seinen Namen genannt? Nein, nur der ihres Vaters: Marcus Accius Priscus. MAP! Plötzlich glaubte ich, dem Ziel meiner Suche so nah zu sein, wie es bisher noch nie der Fall gewesen war.

Inzwischen hatte es tatsächlich schon wieder aufgehört, zu regnen und ich sah auf den Garten hinaus. Die Regentropfen, die die Pflanzenblätter benetzt hatten, begannen nun zu verführerisch glänzen, als die Sonne wieder hinter den Wolken hervortrat. Alles schien viel grüner, als sonst zu sein.
"Dann ist dein Bruder wohl viel älter als du, "  stellte ich fest. "Darf ich fragen, wie dein Bruder heißt? Mein Ziehvater war ungefähr zur gleichen Zeit auch bei der Legion. Vielleicht kennen sie sich ja." log ich.
[Bild: 3_16_10_23_1_09_34.png]
Als "Lucius Tarutius Corvus"
[Bild: 1_22_10_22_8_56_52.png]
Falke
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07-02-2023, 01:28 PM,
Beitrag #20
RE: Atrium | Ein neuer Vilicus im Haus
Prisca nickte bei seiner Frage nach Gallai und war froh, dass er ihren Anflug von Kindlichkeit offenbar nicht krumm nahm. “Ja, aus Gallia, aber um ehrlich zu sein, erinnere ich mich kaum noch. Ich weiß nur noch, dass wir damals einen Baum hatten, in dem eine Schaukel hing, und gelbe Weizenfelder. Aber sonst… es ist einfach viel zu lange her. Ich war damals noch klein.“ Der Aufstand von Boudicca war immerhin auch schon fast siebzehn Jahre nun her, da war Prisca noch nicht einmal geboren. Der Wiederaufbau Londiniums hatte dann zwar ein paar Jahre gedauert, aber Prisca konnte sich eigentlich nicht wirklich an ein Leben vor Londinium erinnern.

Nach ihrer peinlichen Ansprache zu Carvus’ Wohnsituation gingen sie weiter, und er bedankte sich für das Angebot und nahm es gerne an. Prisca nickte eifrig, ohne ihn anzusehen, den Blick auf den Weg geheftet, um die Peinlichkeit zu überspielen, in die sie sich selbst gebracht hatte. Sie drehte sich nur einmal zu Nysa um. “Kümmerst du dich bitte darum?“, bat sie die Sklavin nur und ging davon aus, dass Nysa ein gutes Zimmer heraussuchen würde für den neuen Vilicus.

Der Regen hatte aufgehört und Prisca bog auf den Kiesweg ab. Der Boden war zwar noch feucht und an den Blumen und Sträuchern hingen Tropfen, trotzdem fand sie es schön. Zur Sicherheit reffte sie das Kleid ein wenig und hielt es mit einer Hand oberhalb ihrer Knie, was Tarutius Corvus vielleicht einen nicht ganz züchtigen Blick auf ihre Knöchel gewähren würde. Aber Prisca war sich sehr sicher, dass sich ohnehin niemand für ihre Knöchel interessierte.
Sie streifte mit den Fingern beim Gehen an den regenbenetzten Blättern entlang und mochte das Gefühl auf ihren Fingern und wie die Tropfen herunterperlten. Am liebsten wäre sie noch immer in die nächste Pfütze gesprungen, aber das machte man nicht. Manchmal beneidete sie da die Keltinnen und Sklavinnen, die so einen Spaß machen konnten. Natürlich nicht vor dem Vilicus! Aber so generell.
Er fragte sie nach ihrem Bruder und die Leichtigkeit flog wie ein Vogel davon. Prisca blieb stehen und ihre Hand senkte sich wieder, während sie sich darin übte, römische Matrone zu sein. “Ja, Florus wird dieses Jahr vierzig“, bestätigte sie ihm und ging dann züchtig weiter. “Ich würde aber lieber über etwas anderes reden“, meinte sie dann etwas weniger diplomatisch, als sie gerne sein würde. Aber sie wollte wirklich nicht über ihren Bruder reden. “Wie kam es, dass du ausgerechnet nach Iscalis gekommen bist? Londinium ist doch viel…. Naja, Londinium eben“, fragte sie also, um vom Thema ihres Bruders ein wenig wegzukommen.
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Vormund (Tutor): Marcus Accius Florus, Centurio Legio II Augusta (NSC)
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