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Eine ferne Provinz
06-28-2022, 04:04 PM,
Beitrag #1
Eine ferne Provinz
Die Furier waren, obgleich eine der ältesten und bekanntesten Patrizierfamilien in Rom, doch schon vor dem Ende der Republik in Bedeutungslosigkeit versunken. Sie lebten zurückgezogen mit altem Geld, und ab und an starb einer von ihnen den Heldentod.

Saturninus aber hatte nichts desgleichen vor. Im politischen Rom, welches einer Schlangengrube glich, glaubte er zu ersticken. Er hatte ein neues Land gesucht, eine Provinz, die zwar befriedet war, aber nicht zu sehr, um ihr nicht seine Handschrift aufdrücken zu können und nun war er hier: Provinz Britannia, Stadt Iscalis.
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Honoratior von Iscalis
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06-30-2022, 12:55 PM,
Beitrag #2
RE: Eine ferne Provinz
Er ging über das Forum.
Es herrschte Goldgräber oder viel mehr Silbergräberstimmung, denn Iscalis war in der Nähe einer Silbermine (und einer Bleimine) entstanden; und er sah grabende, schwitzende und schleppende Bauarbeiter, die in dem aufstrebenden Ort Hand anlegten.
Saturninus war seines Amtes der Princeps Oficii, der zivile Leiter der Schreibstufe des LAPP. Er wartete auf seinen Vorgesetzten, der sobald es die Wetterverhältnisse erlaubten, eintreffen würde; doch noch war er nicht da, und die Schreibstube erledigte Routineaufgaben.
Ein geflecktes Schweinchen bahnte sich grunzend seinen Weg, und Saturninus blieb stehen, um nicht darüber zu stolpern. Weitere kleine folgten ihm, hinter ihnen ein sommersprossiger Knabe, der einen Moment lang zu ihm hoch sah, mit unwahrscheinlich blauen Augen.


Die Sonne war herausgekommen und wärmte, doch sie schien Saturninus fahl. Er selbst hatte den beinahe olivefarbigen Teint seiner Mutter, dichtes schwarzes Haar und Augen, die so dunkel waren, dass sie fast schwarz wirkten.
Kürzlich war die Sagitta angekommen, das wusste er, ein schnelles Transportschiff in claudischem Besitz, und er rechnete damit, dass die Reisenden heute über den Landweg Iscalis erreichen würden.
Er war gespannt auf die Neuen. Saturninus war bereits seit drei Wochen im Land, und das genügte ihm, sich selbst nicht mehr dazu zu zählen.
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Honoratior von Iscalis
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07-11-2022, 10:06 PM,
Beitrag #3
RE: Eine ferne Provinz
Soeben ratterte ein schwerfälliger Wagen über den gepflasterterten Weg, die Ochsen, die ihn zogen, waren große, massige Tiere. Saturninus sah ihm hinterher; jeden Tag kamen Wagen mit Neuankömmlingen, doch die Dinge, die er geladen hatte, stachen hervor, sie waren kostspieliger als das, was normalerweise die Habe der Menschen war. Hinten auf dem Wagen saß ein jüngerer Mann in einfacher Reisekleidung, der den Kopf reckte und sich neugierig umschaute. Er hatte helle Augen wie ein Sperber, die sich auf alles zu heften schienen, dem sie ansichtig wurden. 
Saturninus nahm an, dass er nicht von hohem Stand war, doch hier war nicht Rom, und er war neugierig, also hob er die Hand zum Gruß und sprach ihn an: "Salve Fremder!, rief er: "Woher kommst du und wer ist dein Herr? Warst du vielleicht mit auf der Sagitta?"
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Honoratior von Iscalis
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07-12-2022, 09:36 AM,
Beitrag #4
RE: Eine ferne Provinz
Der Römer, der Flavianus Pytheas ansprach, hielt ihn für einen Sklaven, was ja nicht abwegig war, da er bei den anderen saß. Er nahm so was auch nicht übel, wie sollte er. Seine ganze Jugendzeit hindurch war er ein Sklave gewesen, und auch wenn er jetzt frei war, hatte er das nicht vergessen.
Er antwortete sogleich: "Salve, in der Tat bin ich mit einem Schiff dieses Namens  angekommen, und der edle Claudius Menecrates hat mir diese vorzügliche Mitfahrgelegenheit verschafft."
Da sie nun im Zentrum angekommen schienen - meine Güte, war das Städtchen klein, wenn man aus Rom mit seiner Million Einwohner kam - bat er den Fuhrmann, einen Moment lang zu halten und bedankte sich nochmals fürs Mitnehmen.
Sorgfältig hiefte er sein Gepäck - die vier Dolia-  hinab, und stand dann direkt vor Saturninus:
"Mein Name ist Flavianus Pytheas. Ich suche eine Taberna, in der ich erst einmal übernachten kann, könntest du mir da vielleicht etwas empfehlen?"
Pytheas hätte ein kaiserliches Empfehlungsschreiben mitbringen und sich irgendwo dienstlich einquartieren lassen können. Aber das wollte er nicht. Er wollte Iscalis und seine Menschen gerne unbefangen kennen lernen. Auch diejenigen, die nun - Vorbehalte - gegen die Römer hatten. Als griechischer Arzt war er sozusagen neutral.
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Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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07-13-2022, 04:26 PM,
Beitrag #5
RE: Eine ferne Provinz
Es gab einige Informationen, die Saturninus damit gegeben waren,  ohne dass sie explizit ausgesprochen werden mussten: Flavianus, ein Freigelassener der Flavier, womöglich sogar der kaiserlichen Familie. Pytheas war griechisch, aber das musste nichts heißen; griechische Namen waren bei der Dienerschaft in Mode. Und er sprach zwar höflich, doch kein bisschen unterwürfig. Eher frei von der Leber weg. Doch bevor der Furius noch genauer nachdenken konnte, wie er den Neuen einzuordnen hatte, kam ihm das Gesagte so recht ins Bewusstsein:
"Claudius Menecrates ist schon angekommen? Weshalb wurde kein Bote geschickt?"  Saturninus wurde nervös. Der LAPP war bereits auf britannischem Boden? Konnte das sein? Es wäre noch so viel vorzubereiten, und er hatte nicht mit einer so unerwarteten Eintreffen gerechnet, niemand vom Stab hatte das.
Er sah an sich herunter, ordentlich genug sah er aus; er trug eine saubere Toga und angemessenes Schuhwerk. Er würde sich sofort zur Villa Claudia begeben, um seine Aufwartung zu machen.
Beim Weggehen sagte er noch:
"In der nächsten Seitenstraße gibt es eine einigermaßen annehmbare Taberne, die auch Gäste beherbergt."
Saturninus wollte nicht unfreundlich sein, aber was glaubte der Jüngling denn? Das er das Auskunftsbüro für Reisende nach Iscalis war? Außerdem hatte er es nun eilig.
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Honoratior von Iscalis
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07-14-2022, 07:59 AM,
Beitrag #6
RE: Eine ferne Provinz
„Lass bloß deine dreckigen, ungewaschenen Pfoten von ihr“, ertönte es plötzlich laut. Für ein Augenblick hielt alles inne. Alle schauten in Richtung der durchdringenden Stimme. Sie kam von einem Einheimischen, dem Kelten Erin. Dieser stand mit geballten Fäusten vor einem kleineren rundlich wirkenden Burschen, welcher ihn höhnisch angrinste.
Die Aufmerksamkeit der Zuschauer richtete sich wieder auf ihre Arbeit. Dieses Schauspiel waren sie gewohnt mindestens einmal in der Woche standen die beiden Kampfhähne sich mit geschwollenem Kamm gegenüber. Ging es nicht um ein Weibsbild, wie heute, dann war es ihre Abstammung. Jeder wollte ein wahrer Kelte sein- Erins Trumpf gegen Wicho war, diesem vorzuhalten er wäre nach Caesars Aussage ein Galli, nur ein Belgae, kurz einem Zugezogener. Er dagegen gehöre hierhin, er wäre ein wahrer Iceni, Kelte.
Jeder wartete in Iscalis darauf, das einer der Beiden endlich zuschlug und die Sache endlich geklärt würde. Eigentlich ging die ganze Streiterei um ihre Stellung in der Silbermine. Noch waren sie einfache Arbeiter. Doch beide wollten sich hervortun um endlich den ersehnten Posten des Vorarbeiters zu bekommen.
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07-14-2022, 08:44 AM,
Beitrag #7
RE: Eine ferne Provinz
"Das ist doch wohl das letzte, du Barbar beschimpfst mich hier? Was währt ihr denn ohne uns Gallier und Caesar? Ihr würdet doch ohne Kultur eingehen“
Es war genug, lange genug hatte ich dem seine elenden Schmähungen angehört. Heute konnte ich es nicht mehr lächelnd hinnehmen und abtun. Im Grunde meines Herzens war ich ein friedfertiger Mann. Meist nahm ich alles mit Guter Laune und Humor. Doch gerade jetzt, wo so hochrangige Römer hier vorbei kamen, musste der sich so hervortun. Nein das musste nun endlich ein Ende nehmen. Ehe ich mich versah, verselbstständigte sich meine Faust und landete punktgenau und das obwohl der vermaledeite Kelte etwas Größer war, auf dessen Kinn. Beim zweiten hinsehen war der Kerl weg. Einfach verschwunden. Verdutzt schaute ich mich um und wäre dabei fast über ihn gestolpert. Der lag doch wirklich vor mir auf dem Boden. Er rührte sich einfach nicht. Vorsichtig tippte ich ihn mit dem Fuß auf. „He du stell dich nicht so an und steh auf“, kam es ein wenig krächzend von mir. Doch nichts geschah, mit entsetzen starrte ich auf ihn hinab.
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07-14-2022, 08:54 AM,
Beitrag #8
RE: Eine ferne Provinz
Der Römer hatte sich ihm nicht vorgestellt und schien es außerdem plötzlich sehr eilig zu haben, fortzukommen, als hätten Pytheas Worte ihn aufgerüttelt. Der Medicus schaute ihn mit seinen hellen Augen an:
„Weshalb kein Bote geschickt wurde, kann ich nicht beantworten.“, erwiderte er wahrheitsgemäß:
„Ich danke Dir für deine Auskunft“
Bevor er jedoch gehen konnte, um nach der Taberna zu suchen, entstand weiter vorne so etwas wie ein Menschenauflauf. Offensichtlich ein Streit unter Einheimischen. Pyheas horchte auf. Offensichtlich sollte es eine Kostprobe des berühmten keltischen Temperamentes, über das er gelesen hatte, geben.
Er selbst würde sich keinesfalls einmischen, aber er blieb, wo er war. 

Es klang für ihn so, als würde die verbale Auseinandersetzung in eine körperliche münden. Dann gab es mindestens blutige Nasen, vielleicht sogar Wunden oder Brüche. 
Pytheas machte sich bereit, die Kontrahenten am Ende zu verarzten. Das war schließlich sein Beruf. Vielleicht käme er so an seinem Ankunftstag schon an seine(n) ersten Patienten.
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Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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07-14-2022, 08:57 AM,
Beitrag #9
RE: Eine ferne Provinz
Saturninus indes hörte auch das Geschrei, und runzelte die Stirn. Er fühlte sich als Teil der Ordnungsmacht, auch wenn er, was er in Rom nie getan hätte, gerade ohne Begleitung  unterwegs war.  In punkto Straßenräuber erschien ihm Iscalis beschaulicher als die Hauptstadt. 
Öffentliche Prügeleien wollte er keinesfalls  dulden, bei den hitzigen Britanniern gab nämlich ein Wort das andere, und danach womöglich einen Aufstand wie unter der Führung jenes unsäglichen Weibsbildes, der icenischen Königin Boudicca, dem vor siebzehn Jahren viele römische Siedler zum Opfer gefallen waren. Sein Gedanke war also: Wehret den Anfängen
Er trat mit der Haltung eines römischen Patriziers  zu den Streithähnen hin und richtete sein Wort an einen von ihnen, es war Erin:
„He du, was ist hier los?“, aber da war es schon zu spät. Dieser hatte dem anderen eine verpasst, und der  ging wie tot zu Boden.
Einige der Frauen kreischten auf: „Der hat ihn umgebracht!“

Saturninus richtete seinen Zeigefinger wie einen Dolch auf Erin: „Im Namen Roms, du bist in Gewahrsam genommen.  Soldaten!“
Es war keine Kleinigkeit, wenn der Princeps Officii Amtshilfe erbat. Im Nu war die Marktaufsicht in Gestalt von vier Legionären unter Führung eines Centurios und eines Optios da.
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Honoratior von Iscalis
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07-14-2022, 10:31 AM,
Beitrag #10
RE: Eine ferne Provinz
Der Centurio Marcus Octavius Fronto war auf dem Weg zum Palast des Stadthalters. Hinter ihm her marschierten, der Optio Nero Traulius Axianus und vier Legionäre. Sie hörten den Ruf nach Soldaten. Seltsam dachte er, um diese Tageszeit. Als er um die nächste Ecke bog sah er den Auflauf. Bestimmt wunderte man sich wieso sie so schnell vor Ort waren. Seine befehlsgewohnte Stimme donnerte auch gleich los. „Was in Mars Namen was ist hier los?"
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