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Die Entdeckung einer neuen Welt: Niamhs erster Ausflug in die Stadt
02-09-2023, 01:49 PM,
Beitrag #10
RE: Die Entdeckung einer neuen Welt: Niamhs erster Ausflug in die Stadt
Sie ließ nicht locker, sie wollte unbedingt ein Kompliment haben. Ich grinste frech, anstatt zu antworten. Nein, so leicht machte ich es ihr nicht. Abgesehen davon, dass Mädchen sowieso immer das haben wollten, was sie nicht hatten, und ihnen schnell langweilig wurde, wenn sie bekamen, was sie wollten. Nicht dass ich irgendwelche Spielchen spielen wollte. Aber, doch, vielleicht ein bisschen. Es war leicht und einfach und möglich und lenkte ab von all dem, was schwer und kompliziert und unmöglich war.
Und natürlich wollte sie ein Lied, ein gutes cymrisches. “Eines über die Vorzüge von hier? Da muss ich kurz überlegen“, meinte ich lachend. Nicht, dass meine Heimat nicht viele Vorzüge hatte. Sehr viele sogar. Ich könnte ihr davon wahrscheinlich Stunden vorschwärmen, wie schön die Landschaft sein konnte mit den sanften Hügeln, den dichten Wäldern, dem Nebel im Herbst, und wie die Sonne ihn durchbrach. Selbst über die Kraft von gewittern über dem Meer konnte ich wahrscheinlich so erzählen. Aber ein Lied darüber zu finden, das auch nur halbwegs abdeckte, wie schön es hier war, das war dann schon schwerer, da musste ich nachdenken. Ich kannte ungefähr eine Million Lieder, aber die meisten gingen dann doch eher um das Zwischenmenschliche und weniger um… Landschaft.

Sie erzählte dann, dass sie nicht verheiratet war, aber verlobt gewesen war. “Wenn er dich nicht wollte, war er ein Idiot“, sagte ich, noch ehe ich darüber richtig nachdenken konnte. Aber stimmte trotzdem, welcher Depp ließ eine junge und hübsche Verlobte einfach stehen? So manch einer würde selbst aus der Anderswelt dafür wieder zurückkommen. Wobei ich grade irgendwie hoffte, dass das nicht der Grund war, warum es nicht geklappt hatte, denn ansonsten hätte ich grade zielsicher ein riesiges Fettnäpfchen getroffen. Aber nein, wäre der Kerl tot, hätte sie das sicher anders erzählt und würde jetzt nicht bei mir nach Komplimenten fischen.

Aber bevor wir das vertiefen konnten, kam auch Erwan. Niamh schwindelte ihn an und sagte, sie sei in mich gerannt, während er mich anschaute, als wolle er doch ein Schwert zücken, um mich zu vertreiben, und kurz darauf sagte, er wäre ihr Vater. “Dein Vater…?“ schaute ich nur kurz fragend zu Niamh, die gerade eben nicht den Eindruck gemacht hatte, als wäre das ihr Vater. Und ihn zusätzlich auch Erwan nannte, und eben nicht ihren Vater oder Papa oder sonst mit einem Kosenamen. Kurzum, ich glaubte nicht, dass das ihr Vater war, aber es ging mich nicht wirklich was an. Ich war zwar durchaus neugierig, was hier ablief, aber ich war auch klug genug, zu wissen, dass jetzt nicht der passende Zeitpunkt war, das zu klären.
“Es gibt nichts, für das sich Niamh hätte entschuldigen müssen. Ich bin es, der um Entschuldigung bitten muss“, meinte ich diplomatisch und trat einen Schritt zurück, von Niamh weg, damit ihr Vater sich entspannen konnte. Manchmal wünschte ich mir, dass wir nicht so unauffällig bleiben mussten und uns im Verborgenen halten mussten. Die meisten Väter – und auch “Väter“ – wären geradezu entzückt, ihre Töchter mit einem Druiden zu verbinden. Zumindest, bevor die Römer kamen und alles Druidische verboten hatten. Aber so war ich halt nicht ein schlechter, angehender Druide, sondern einfach nur ein mittelloser Schuft, der unschuldige Maiden verführte, oder so. Dabei hatte ich ja wirklich nichts getan! Auch wenn ich so das Gefühl hatte, dass mit etwas Mühe und süßen Worten, das anders sein könnte.
Ich lächelte Niamh noch einmal zum Abschied zu. “Ich schulde dir ein Lied“, meinte ich nur leicht neckend und ging dann in Richtung der Essensausgabe, wo jetzt etwas weniger los war. Denn ich hatte nach wie vor noch Hunger und brauchte auch ein wenig zu essen.

Ich fing wieder an, leise zu summen, ehe mich irgendwie der Schalk doch packte. Ich grinste, und fing dann an, einfach so für mich, ein wenig zu singen. Und natürlich kein Lied über die Vorzüge der Gegend. Nein ich sang ein Lied über ein hübsches Mädchen in einem Obstgarten.

“Dacw 'nghariad i lawr yn y berllan, (Da ist meine Liebste unten im Obstgarten)
Tw rym di ro rym di radl didl dal
O na bawn i yno fy hunan, (Oh, wie sehr ich wünschte, auch dort zu sein)
Tw rym di ro rym di radl didl dal
Dacw'r tŷ, a dacw'r 'sgubor; (Dort ist das Haus, und dort ist die Scheune)
Dacw ddrws y beudy'n agor. (Dort ist die Tür zum Kuhstall geöffnet...)
Ffaldi radl didl dal, ffaldi radl didl dal,
Tw rym di ro rym di radl didl dal.

Dacw’r dderwen wych ganghennog,  (Dort steht die galante, verzweigte Eiche)
Tw rym di ro rym di radl didl dal
Golwg arni sydd dra serchog. (Eine Vision, liebevoll gekrönt)
Tw rym di ro rym di radl didl dal
Mi arhosaf yn ei chysgod (Ich warte in ihrem Schatten)
Nes daw 'nghariad i 'ngyfarfod. (Bis meine Liebe kommt, um mich zu treffen)
Ffaldi radl didl dal, ffaldi radl didl dal,
Tw rym di ro rym di radl didl dal.

Dacw'r delyn, dacw'r tannau; (Hier liegt die Harfe, hier sind ihre Saiten)
Tw rym di ro rym di radl didl dal
Beth wyf gwell, heb neb i'w chwarae? (Wofür bin ich gut, wenn ich nicht für sie spielen kann?)
Tw rym di ro rym di radl didl dal
Dacw'r feinwen hoenus fanwl; (Da ist die zarte Schönheit, exquisit und voller Leben)
Beth wyf well heb gael ei meddwl? (Wie nah bin ich, ohne ihre Aufmerksamkeit zu haben?)
Ffaldi radl didl dal, ffaldi radl didl dal,
Tw rym di ro rym di radl didl dal...“


Irgendwie musste man sich ja beim Warten die Zeit vertreiben.
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Falke
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RE: Die Entdeckung einer neuen Welt: Niamhs erster Ausflug in die Stadt - von Louarn - 02-09-2023, 01:49 PM

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