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Die Domus und das Ladengeschäft des Tuchhändlers Erwan
07-28-2023, 10:22 PM,
Beitrag #111
RE: Die Domus und das Ladengeschäft des Tuchhändlers Erwan
Niamh fühlte sich so zerrissen. Sie war Louarn dankbar, dass er sie befreit hatte und dass er sie auch weiterhin vor Schlimmerem bewahren wollte. Auch davor, dass sie ihre Rache an dem Sklaven nahm, der sie geschändet hatte.  Sie hasste ihn dafür nicht, es war nur ihre Wut, die sie im Augenblick übermannte. 
Dass die Anspannung der Situation auch die anderen mitnahm, war unverkennbar. Vielleicht war auch so Dunduvans herausforderndes Verhalten erklärbar, als er sich plötzlich vor ihr aufbaute und sie aufforderte, ihre Wut auch an ihm auszulassen. Sie aber schüttelte nur verächtlich den Kopf. "Warum sollte ich? Du bedeutest mir nichts." Eigentlich wollte sie sich schon wieder von ihm abwenden, als Ciaran plötzlich wieder auf den Plan trat und glaubte, sie retten zu müssen. Sie war völlig perplex, als er sie plötzlich zu sich zog und dann mit ihr zu tanzen begann. Schließlich ließ er sie nicht mehr von sich weichen, damit die anderen in Ruhe arbeiten konnten, wie er sagte.
"Lass mich endlich in Frieden, du Irrer!" zischte sie nach einer Weile und versuchte, von ihm los zu kommen. Allerdings ohne Erfolg.

Ihre Entscheidung, Erwan den dreifachen Tod sterben zu lassen stieß zumindest auf keinen Einspruch. Welchen Göttern er letztendlich geopfert wurde, spielte für Niamh keine Rolle. Sie hatte genug von seiner Gegenwart und sie war es leid, nun sein Gewinsel mitanzuhören. Nein, sie hatte niemals darum gebettelt, dass er ihr gegenüber Gnade walten ließe.  "Schweig und stirb endlich!" schrie sie. 
Bevor nun noch ein Disput entstand, wie der Gallier sterben sollte, machte Fintan einen Vorschlag, den Louarn auf den Punkt brachte. Niamh beobachtete ihn, wie er den Gallier packte, um das Urteil zu vollstrecken. Es kostete ihn viel Mühe und wahrscheinlich auch ein großes Stück Überwindung, denn der Gallier leistete zunächst noch Widerstand. Ebenso seine Schreie, als die eisernen Nägel in seine Handgelenke getrieben wurden und diese zertrümmerten. Dem Anblick, als Louarn ihm seine Klinge in den Bauch rammte, konnte Niamh dann auch kaum noch standhalten. Erwan so sterben zu sehen, war doch schwieriger, als die gedacht hatte. Der letzte Tod, das Verbrennen, überließ Louarn schließlich Ciaran, der schon die ganze Zeit darauf brannte, das Haus in die Luft zu sprengen und endlich in ein Flammenmeer zu verwandeln.
Louarn wandte sich von Erwan ab und Niamh zu, um ihr zu sagen, dass sie mit ihm kommen könnte, wenn sie wollte. Aber sie könne auch mit jedem anderen gehen. Er hatte das mit einer Gleichgültigkeit gesagt, die sie traf. Wahrscheinlich war sie ihm inzwischen auch wieder gleichgültig. Noch einmal versuchte sie sich aus Ciarans Fängen zu befreien und diesmal gelang es ihr auch. Dabei war sie sich nicht sicher, ob sie mit Louarn gehen sollte oder mit einem der anderen. Nein, sie wartete auf keinen von ihnen. Sie lief direkt zur Haustür und verschwand in den dunklen Straßen von Iscalis.
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07-28-2023, 10:30 PM,
Beitrag #112
RE: Die Domus und das Ladengeschäft des Tuchhändlers Erwan
Niamh war ihm entglitten. In dem Moment als Ciaran sie nahm, sie herumwirbelte und mit ihr tanzte. Er sah einen Dämon, eine nur zu willige Mädchenbeute herumwirbeln, den Jäger, und Schwarz und Rot. Ihm war nie aufgefallen, dass die Römer einen Teil des dreifachen Todes erfüllten mit ihren Kreuzigungen, ohne dass sie selbst noch wussten, warum sie so straften. 
Niamh war nicht für ihn, Dunduvan. Sie hasste ihn, obwohl er gekommen war, sie zu befreien. Er würde nie Liebe von ihr erhalten. Aber auch keine Dankbarkeit oder Freundschaft. Doch auch Louarn würde sie nicht zurückbekommen. Nicht heil und micht ganz.
Er ließ die Arme sinken. Er wusste nicht, ob er es fertig gebracht hätte, Cathbads Willen zu tun und Niamh zu töten. Immer noch nicht....:" Dann hättest du mich nicht herausfordern sollen" erinnerte er sie daran, dass die ihn gefragt hatte, ob er fürchtete, sie könne ihre Wut an ihm auslassen.

Es stirbt Herrscher und Volk am dreifachen Tod.
Der Galgenstrick bringt Atemnot.
Es wirft dich zu Boden des Messers Mut.
Trink aus dem Brunnen, dann hustest du Blut.'
rezitierte Fintan, dessen Beutel Dunduvan verdächtig schwer vorkam. War ja klar, dass der Bruder daran dachte, zu plündern. Überaschend munter war der Bruder, als würde ihn nichts und niemand wirklich erschüttern können.
Dunduvan trat zu dem sterbenden Erwan hin:
"Große Andrastre, Mutter der Rache, Unbesiegbare, Schützerin von Albion, Rabengöttin, Hasengöttin, diesen Hasen übergebe ich deiner Gewalt und bringe ihn dir da",
murmelte er. Dann vollzog er mit seinem Messer das grausige Ritual. Oft gebrauchten die Druiden Kräuter, um sich in den Zustand zu versetzen, den Göttern nahe zu sein, doch das vergossene Blut und das Morden hatte das Kochen seines eigenes Blut bis ins Unerträgliche gesteigert.
Da Louarn keine Anstalten machte, Erwans Kopf zu nehmen, tat er es. Er stopfte ihn zum anderen in seinen Beutel. Zwei Köpfe, das war eine gute Beute für einen Krieger, auch wenn er bei Erwan den anderen Vortritt gelassen hatte.
Dunduvan wusste nicht, wie stark das Feuer Ciarans sein würde, und ob überhaupt eine Mauer stehen bleiben würde, aber er tauchte sein Messer in Erwans Blut und dann schrieb er auf den weißen Marmor des Atriums:
BADWR
TRADITOR
Ihn ritt der Hochmut, und er schrieb es auf Griechisch dazu:
προδότης, Verräter 
Dann wandte er sich um zur Verwüstung. Sein Blick suchte Ciaran:

"Lass es brennen, Ciaran!", sagte er: "Lass es endlich brennen!"
[Bild: 1_22_10_22_8_56_52.png]
Falke
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07-29-2023, 12:13 AM,
Beitrag #113
RE: Die Domus und das Ladengeschäft des Tuchhändlers Erwan
Calum fühlte sich unendlich müde. Müde und erschöpft von der Welt und allem was sich darin befand. Er hatte hinten gestanden und dem barbarischen Treiben zugeschaut. Er hatte sich im Stillen immer weiter gesagt, dass es seine Brüder waren. Dass er es ihnen und ihren Opfern wenigstens schuldete, all dies zu bezeugen.
Doch es war zu viel. Es war klar gewesen, dass Erwan sterben musste. Er war ein Verräter und hatte vielen Menschen Leid gebracht. Doch er erkannte seine Brüder (außer Ciaran) einfach nicht wieder. Sie waren wie Dämonen aus der Unterwelt und der Gedanke, ihnen noch einmal nahe zu sein, erfüllte ihn mit Ekel und Abscheu. Die Männer wurden nicht getötet, sondern geschlachtet wie Vieh. Und selbst Niamh, das arme Mädchen, das Louarn so gerne hatte retten wollen, schien von ihrer Dunkelheit korrumpiert. Er konnte sehen, wie es den armen Louarn traf. Doch hatte er gedacht, dass dieser Pfad ihn zum Glück führte? Dass es so etwas wie ein glückliches Ende geben sollte? Sie alle waren verloren.
Kurz hatte Calum eine Eingebung, die Tür zu verbarrikadieren und die ganze verdorbene Brut in den Flammen umkommen zu lassen. Was hatten sie der Welt nur zu geben? Wollten sie, wenn dereinst die Kelten wieder frei waren, dass ihre neue Welt auf diesen grausigen Taten errichtet wurde?

Doch natürlich handelte Calum nicht. Stattdessen wandte er sich ab, kaum dass Niamh die Flucht ergriffen hatte. Er verabschiedete sich von niemandem. Vermutlich waren sie zu sehr von der Hinrichtung gefesselt.
Er fühlte sich wie ein alter Mann, als er durch die Haustür hinausging, wie betäubt ins Leere starrend. Er ließ den Domus hinter sich, ohne sich noch einmal umzudrehen, bis die Stimmen seiner Brü- ... der Falken im Dunkel verloren gingen.
Am liebsten hätte er sich zu Flavianus geflüchtet. In die Sicherheit seiner Umarmung. Doch er fühlte sich besudelt. Befleckt. Der Medicus wusste gar nicht, was für ein Monster er sich ins Haus holen wollte. Und er hatte etwas besseres verdient als etwas, das am besten nie existiert hätte.
Er hatte nicht einmal Tränen übrig. Er war einfach nur so verdammt müde...
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Falke
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07-29-2023, 12:17 AM,
Beitrag #114
RE: Die Domus und das Ladengeschäft des Tuchhändlers Erwan
>>>

Ich kam vom Fest her und konnte ein paar Kerle in der Gegend herumlungern sehen, die ich mit ein bisschen aggressivem Gegröle leicht vertrieb. Die Wachen waren auch schon lange unterwegs nach mehr oder willigen Frauen und vor dem Haus des Tuchhändlers war es angenehm ruhig. Kurz hörte ich laute Schmerzensschreie aus dem Haus, da dort drinnen anscheinend gerade der Höhepunkt der Show stattfand und ich schlich einmal um das Haus herum um zu kontrollieren, ob es Zeugen gab. Zufrieden stellte ich fest, dass aktuell niemand weit und breit war und wartete daher in den Schatten, wo ich beruhigend meinen Braunen streichelte. 

Ich roch noch keinen Rauch, also hielt ich mich bedeckt und harrte der Dinge, als doch ein Vögelchen an mir vorbeiflog. Ich pfiff Niamh scharf zu, als sie direkt an mir vorbeirannte - ohne mich anscheinend gesehen zu haben - und trat dann aus den Schatten heraus mit dem Pferd. "Du kannst ja noch laufen, Prinzessin...und dabei warte ich hier mit einem stattlichen Ross, um dich von hier fortzubringen. Komm...steig auf, Prinzesschen" sprach ich nur und erwartete, dass das Mädel auch brav aufsteigen würde und ich mich hinter sie in den Sattel schwingen konnte, damit wir hier fortkamen.
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Falke
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07-29-2023, 07:25 AM,
Beitrag #115
RE: Die Domus und das Ladengeschäft des Tuchhändlers Erwan
Die kleine Irin hatte ihr Mitspracherecht genutzt und alle schienen damit zufrieden zu sein. Alle bis auf Calum. Aber er hatte sich auch nicht gegen Niamhs Urteil ausgesprochen und enthielt sich also. Somit war also beschlossen, dass für Erwan der Tag ein schlimmes Ende nehmen würde. Ich wandte mich angewidert ab, als der Kerl zu jammern anfing. War das der römische Einfluss, dem er jahrzehntelang ausgesetzt war? Würde es mir auch einmal so gehen, wenn ich mich noch jahrelang, als Römer verkleidet, unter Römern aufhielt? Ich hoffte nicht.

Aus Louarn, dem Ankläger wurde schließlich Louarn der Vollstrecker. Als er Erwan packte, um ihn an einem Türbalken zu nageln, dachte ich mir, er könnte vielleicht ein wenig Unterstützung brauchen. Denn der Gallier war schwer und er schien sich noch immer nicht mit seinem Schicksal abgefunden zu haben. Er strampelte und trat mit seinen Füßen, als er hochgehievt wurde und er am Türbalken festgenagelt wurde. 
Der nächste Teil der Hinrichtung sah ich mir aus einer gewissen Entfernung aus an. Das war kein schöner Anblick. Wirklich nicht! Ich hatte großen Respekt vor Lou, dass er das konnte, ohne mit der Wimper zu zucken. Dundi weihte das Opfer Andraste, der Kriegsgöttin und ich ahnte, dass dies hier erst der Anfang sein würde, von etwas, dessen Größe und Bedeutung wir noch gar nicht abschätzen konnten. Zweifellos würde diese Tat heute Abend nicht unbeantwortet bleiben!

Ich hatte genug gesehen und genug gehört. Außerdem war mir schlecht. Für meine Begriffe hatte das alles viel zu lange gedauert. Meine Gedanken begannen wieder um Prisca zu kreisen. Es wäre sicher ein Vorteil, wenn ich noch vor dem großen Kawumm bei ihr war.  Gerade als ich gehen wollte, sah ich, wie Louarns kleine Irin ebenfalls das Haus verließ – ohne Louarn! "Verdammt", zischte ich leise und wollte ihr schon nachrennen. Aber ich musste unbedingt lernen, mich auch einmal zurückzunehmen und ließ sie allein hinaus in die Nacht gehen.
Wenig später verließ auch ich dieses Haus, um schnell zu Alans Stall zurückzukehren, wo hoffentlich Prisca immer noch schlief.
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Als "Lucius Tarutius Corvus"
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Falke
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07-29-2023, 06:21 PM,
Beitrag #116
RE: Die Domus und das Ladengeschäft des Tuchhändlers Erwan
Ich schaute nicht mehr zu, was Dunduvan und Ciaran trieben. Ich hörte, wie Dunduvan den Opfergesang anstimmte, und das reichte mit, um zu wissen, dass ich das nicht ansehen wollte. Alle Opfer waren blutig, aber die an Andraste waren grausam. Ich hatte für heute vom Töten und von Grausamkeit genug. Überhaupt hatte ich von ALLEM genug. Ich fühlte mich müde und leer und wollte hier weg gehen.
Dass Niamh mich nicht einmal einer Antwort würdigte, traf mich, aber es schaffte nicht mehr wirklich, mich zu schockieren. Sie hasste mich, das wusste ich, und sie würde mir nicht verzeihen. Auch wenn ich ihr die Wahrheit versprochen hatte, war diese wohl für sie uninteressant, und sie wollte lieber fliehen, als sie zu erfahren. Ich sollte sie einfach endlich gehen lassen und mir das eingestehen, dass da nie etwas gewesen war und nie etwas sein würde und sie für mich nur Verachtung übrig hatte, wie eben jede Frau, die etwas länger in meiner Gesellschaft war. Ich taugte ihnen eben nur für diese eine Sache, und wenn die ihren Nutzen verloren hatte, taugte ich ihnen eben gar nciht mehr.
Mein Kiefer mahlte, und ich wollte wirklich nicht hinter ihr hergehen. Ich sollte sie einfach gehen lassen. Wenn sie allein sein wollte, sollte ich das akzeptieren. Und wenn sie deshalb sterben würde, war das nicht mein Problem. Was kümmerte es mich? Es sollte mich nicht kümmern. "Ach, verdammte Scheiße", fluchte ich, schnappte mir mein Hemd und Alans Säge und ging hinter ihr her. Vielleicht war sie ja noch nicht so weit gekommen und ich fand sie noch. Ich hoffte, sie klappte nicht zusammen, wenn Ciarans Kräuter ihre Wirkung verloren. Vorhin hatte sie so gezittert, als ich sie im Arm gehalten hatte. Und als ich sie geküsst hatte.... Verdammt, ich hätte sie nicht küssen dürfen.

Und ich musste auch nciht weit gehen, denn sie stand da vor Cinead mit seinem Pferd, der ihr gerade aufhelfen wollte. Ich war nicht sicher, ob sie aufsteigen wollte oder nicht.
"Niamh", sprach ich sie an und kam etwas näher, aber nicht zu nahe, damit sie nciht wieder wegrannte. "Ich weiß, du verachtest mich und hasst mich, und ich kann es ja sogar verstehen. Aber bitte, du bist noch nicht wieder ganz gesund. Lass mich dir helfen. Du musst ja nicht mit mir mitgehen, aber geh dann wenigstens mit Cinead nach Cheddar, wo du dich erholen kannst. Bitte, Niamh", beschwor ich sie, ihr Leben nicht wegzuwerfen, nur weil sie mich verachtete.
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Falke
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07-30-2023, 08:46 AM,
Beitrag #117
RE: Die Domus und das Ladengeschäft des Tuchhändlers Erwan
Niamh wollte einfach nur noch von hier fort! Alle ihre Peiniger waren nun tot. Aber trotzdem fühlte sie diese Leere in sich. Das Gefühl der Rache hatte nur einen kurzen Moment angehalten und war dann einfach verpufft. Unter normalen Umständen hätte sie nun erleichtert sein können, dass Erwan und seine Männer ihr nie wieder etwas antun konnten. Doch die Freude darüber konnte sich nicht einstellen. Sie hatte an diesem Abend ihre Freiheit wieder gewonnen, aber auch so viel verloren! Die Erkenntnis, dass sie ganz allein war, auf dieser Welt manifestierte sich in ihren Gedanken. Louarn hatte gewiss ein großes Herz, sonst wäre er nicht gekommen und hätte sie befreit. Doch einen festen Platz hatte sie niemals darin gefunden, denn er hatte niemals wirklich ihre Gefühle erwidert. Die Gleichgültigkeit, mit der er ihr begegnet war, hatte ihr einen Messerstoß versetzt.

Tränen rannen über ihre Wangen, als sie hinaus in die Nacht gelaufen war. Ohne darüber nachzudenken, wohin sie eigentlich wollte, lief sie los. Aber sie kam nicht weit. Als sie hinter sich einen Pfiff  und eine hörte, blieb sie abrupt stehen und wandte sich um. Cinead, Ciarans Zwillingsbruder war mit seinem Pferd aus dem Schatten hervorgetreten. Nun bot er ihr an, ihr beim Aufsteigen zu helfen. Sie zögerte einen Moment. Von Ciaran und seinen Späßen hatte sie schon genug. Dies aber war sein Bruder, der im Zweifelsfall keinen Deut besser war, als sein Bruder. Ein Teil in ihr wehrte sich dagegen, auf das Pferd zu steigen, denn ihr Vertrauen in die Zwillinge war nicht besonders groß. Doch die Vernunft gebot ihr, das Angebot anzunehmen, da sie sonst in dieser fremden Stadt endgültig verloren wäre.

Niamh trat näher heran und wollte schon auf das Pferd steigen, als sie plötzlich Louarns Stimme hörte. Er kam auf sie zu, hielt aber ungewöhnlich viel Abstand zu ihr. Dann redete er auf sie ein, dass er wüsste, sie würde ihn verachten und hassen und dass er es verstehen könne. Aber er wolle ihr helfen, denn sie war noch immer nicht wieder völlig hergestellt. Sie merkte bereits, wie die Wirkung von Ciarans Wundermittel nachließ.
Ein großer Teil von ihr wäre liebend gerne mit ihm gegangen, denn ihre Gefühle für ihn waren immer noch da. Aber genau deswegen würde er ihr immer wieder von neuem wehtun, indem er ihr deutlich zeigte, dass er ihre Gefühle nicht erwiderte.
"Ich verachte dich nicht! Und ich hasse dich auch nicht," stellte sie klar. "Du willst, dass ich mit dir komme? Um ein weiteres Mal erfahren zu müssen, dass ich dir nichts bedeute und du mich nicht liebst? Wie oft willst du mir mein Herz noch zerreißen?" Sie erwartete keine Antwort von ihm und stieg auf den Rücken des Pferdes.
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07-30-2023, 09:30 AM,
Beitrag #118
RE: Die Domus und das Ladengeschäft des Tuchhändlers Erwan
Sie blieb kurz stehen, um mir zu antworten. Jedes Wort war ein weiterer Stich, aber ich hatte heute schon so viele eingesteckt, dass es darauf wohl nicht mehr ankam. Trotzdem schmerzte es, zu hören, dass ich ihr wohl weh getan hatte und entgegen ihrer Worte hatte sie mir noch immer nicht verziehen, dass ich ihr damals, vor so unendlich langer Zeit gesagt hatte, dass ich sie nicht heiraten und mit ihr eine Familie gründen konnte. Ich hätte es ihr gern erklärt. Vielleicht hätte sie es ja sogar verstanden. Zumindest würden dann keine Geheimnisse mehr zwischen uns stehen. Und irgendwie hatte ich wohl gehofft, dass die Zeit diese Wunde geheilt hätte, vielleicht nicht ganz, aber doch soweit, dass sie mir wieder vertraute. Und wenn nicht die Zeit, dann die Tatsache, dass ich sie jetzt schon zwei Mal gerettet hatte und nie, wirklich nie etwas von ihr gefordert oder mich aufgedrängt hatte. Aber diese Hoffnung war jetzt wohl begraben.
"Ich wollte dir nie weh tun", sagte ich resignierend und ernst, denn das hatte ich wirklich nie, kein einziges Mal gewollt. Aber ich konnte ihr nicht das geben, was sie wollte und was sie verdient hatte. Und ich hatte kein Recht, Verständnis von ihr zu fordern oder ihr meine Last aufzudrängen, indem ich sie ihr erzählte. Es war richtig, sie endlich gehen zu lassen und aufzuhören, ihr weh zu tun. Den Rest, was sie mir bedeutete, was ich fühlte oder auch nciht fühlte, der war mein Problem und würde ihr nicht helfen.

Ich wandte mich Cinead zu. "Pass auf sie auf, ja?" Denn nein, sie war mir nicht gleichgültig. Ich wollte, dass es ihr gut ging. Auch wenn es schmerzte, dass es ihr in meiner Nähe niemals würde gut gehen können.
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Falke
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07-30-2023, 06:50 PM,
Beitrag #119
RE: Die Domus und das Ladengeschäft des Tuchhändlers Erwan
Er wollte ihr nie wehtun, hatte er noch gesagt, als sie auf das Pferd gestiegen war. Das wollte sie ihm auch gerne glauben. Louarn war immer ein Helfer in der Not gewesen und sie dachte gerne an den Tag zurück, an dem sie sich zum ersten mal getroffen hatten. Seitdem war so viel passiert.
Kaum dass Niamh nun auf dem Pferd saß, beschlich sie der Gedanke, dass sie sich doch falsch entschieden hatte. Sie hätte mit ihm gehen sollen. Vielleicht hätten sie dann wieder zueinander gefunden und vielleicht hätte Louarn dann seine Meinung geändert. Aber das war alles nur Wunschdenken! Wieder rannen die Tränen über ihre Wangen. Sie wandte ihr Gesicht von ihm, damit er nicht sehen musste, wie sehr sie gerade litt. Das war keine der Geschichten, die man ihr als Kind erzählt hatte, in denen am Ende alles gut wurde und die Prinzessin den Prinzen bekam. Nein, sie würde nicht glücklich bis an ihr Lebensende sein.
Nun wartete sie nur noch darauf, dass Cinead endlich losritt. Dennoch schaffte sie es nicht, sich nicht doch noch ein paar Mal nach ihm umzusehen, als das Pferd sich endlich in Bewegung setzte. Als ihr klar wurde, das Louarn nun wirklich fort war, begann sie zu schluchzen.
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07-31-2023, 09:31 AM,
Beitrag #120
RE: Die Domus und das Ladengeschäft des Tuchhändlers Erwan
Endlich verschwanden alle nacheinander. Calum hatte sich frühzeitig verkrümelt, wahrscheinlich war er wieder unleidlich. Alun war kurz später gefolgt und beherzigte hoffentlich meinen Rat, sich jetzt ein Mädchen zu suchen und so richtig durchzunehmen, um mal wieder das wirkliche Leben zu fühlen. Fintan... war entweder schon weg oder würde eben mit gegrillt, war mir egal. Und Louarn war doch der hysterischen Niamh hinterhergelaufen, ganz so, wie sie es sicherlich geplant hatte. Aber ganz sicher würde er es wie immer verbocken.
War nur noch Dunduvan übrig, der mein Meisterwerk mit ansehen wollte. Aber nicht, ohne vorher noch Erwan erst zu opfern und dann doch den Kopf für sich zu beanspruchen. Ich schaute ihm mit schiefgelegtem Kopf bei beidem zu. Er war wirklich dunkel, wie sein Name vermuten ließ, denn ihm schien das fast Freude zu machen. Oh, das war kein Werturteil, nicht von mir, aber ich fand es sehr interessant. Aber ich war ziemlich sicher, dass er damit gerade Niamh und das Urteil betrog, da der dritte Tod so gar nicht durch Feuer stattfand, sondern durch köpfen. Und ich war mir auch nicht sicher, ob Andraste den Kopf nicht eigentlich für sich beansprucht hatte, wenn es doch ihr Opfer war, und Dunduvan die Göttin gerade beklaute. Aber auch hier hielt ich meinen Mund und wartete ab, was einfach passieren würde. Andraste war ein wechselhaftes Weib, die nie das tat, was man von ihr erwartete. Aber auch das sagte ich nciht laut.

Ich wartete also, bis er fertig war und grinste mein schiefes Grinsen. "Dann sorge ich mal für das große Finale, meinte ich und ging erst einmal in die Küche. Ich musste nicht lange suchen, denn wohin sollten sich meine beiden Mädchen auch bewegt haben? Sie waren immer noch gelähmt und lehnten mit verheulten gesichtern an der Wand. Beide schienen zu schlafen, vielleicht taten sie das auch. Der Körper hatte die Angewohnheit, auf unausweichliche Situationen mit ungewöhnlichen Maßnahmen zu reagieren. Ich schaute die beiden einen langen Moment an. So ein bisschen bekam ich Lust, meinen Rat an Alun ebenfalls zu beherzigen, aber nein, das würde Dunduvan nicht verstehen.
Ich nahm also erst die eine auf die Schulter, wobei ich sie zweifellos weckte, und trug sie ins Atrium, wo ich sie ins Impluvium setzte, direkt vor den getöteten Tuchhändler. Sie wimmerte, offensichtlich sah sie ihn, aber mein Gift erlaubte ihr nicht, zu sprechen. Ich holte dann auch die andere und drapierte sie ähnlich, so dass die beiden Mädchen schließlich einander zugewandt im Impluvium knieten und ihre Hände jeweils auf den Schultern der anderen hatten.
"So, meine beiden hübschen, ich habe eine ganz besondere Aufgabe für euch", erzählte ich ihnen ruhig, während ich das letzte meiner Tongefäße auf ihren Armen balancierte, so dass es nicht gleich herunterfiel, sondern von ihnen in dieser Pose gehalten wurde.
"Hier drin ist Feuer, das entzündet wird, sobald es das Wasser berührt. Solange es euch nciht herunterfällt, werdet ihr also leben. Vielleicht auch so lange, bis die Legion kommt und euch rettet? Aber wenn es euch herunterfällt... oh, ich würde gerne bleiben, um es zu sehen, aber ich muss jetzt leider gehen." Ich gab jeder von ihnen noch einen unanständig innigen Kuss auf den Mund, ehe ich aus dem Impluvium stieg und Dunduvan mit mir winkte. "Komm, gehen wir."

Wir waren noch nicht weit aus dem Haus heraus, als ich zu kichern anfing und vor Aufregung einen federnden Gang bekam. "Es kann nicht lange dauern, ihre Muskeln werden zunehmend schlaffer. Komm, von da hinten haben wir einen guten Blick", stupste ich ihn an und ging beschwingt an einigen rammelnden Pärchen vorbei, die mich vermutlich nciht einmal sahen. So, wie die aussahen, waren die schon eine Stunde dabei und kein Ende in Sicht. Ich hätte vielleicht etwas vorsichtiger dosieren sollen. egal.
Ich suchte mir also einen schönen Platz an einer Häuserwand, weit genug weg, und wartete gebannt. Eine Weile passierte nicht, aber dann..

BUMM!

Und es war schöner, als ich es mir hätte vorstellen können! Blendend weiße Flammen schossen in den dunklen Himmel. Steine und Dachziegel rieselten als Kieselregen überall herab und trafen einige der in der nähe rammelnden Pärchen, wo sich die Leute nun schreiend und blutend wanden, während das Feuer langsam rot wurde und laut röhrend Aufmerksamkeit einforderte.
Bei den Göttern, ich brauchte jetzt dringend ein Mädchen. Das hier, das war Perfektion! Es war wunderschön!
[Bild: 1_22_10_22_8_56_52.png]
Falke
[Bild: 3_15_08_22_9_38_19.png]
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