Die Nacht verlief ereignislos, auch wenn es selbst mit dem prasselnden Feuer kalt und klamm war. Es hatte mehrere Tage geregnet und erst kurz vor Morgengrauen ließ der immerwährende Nieselregen, der im Spätherbst hier so oft vorkam, endlich nach. Als die Sonne aufging, roch es noch nach feuchtem Gras und Wald, aber die Wolken waren weiß und der Himmel färbte sich in einem hübschen klaren Hellblau. Es war ein guter Tag um Bronwyns Hütte durchzuwärmen und aufzuräumen. Zuerst musste aber noch etwas anderes erledigt werden...
Sanft weckte ich Rhian, die wie ein Ball zusammengekauert im Bett schlief. Das Kind musste erschöpft gewesen sein, da die Sonne sie nicht geweckt hatte. Das würde sich mit der Zeit ändern, denn eine Priesterin - und vor allem Novizinnen - standen mit dem Sonnenaufgang auf. "Guten Morgen, Schlafmütze" sagte ich gut gelaunt, denn bei diesem Wetter da draußen konnte man ja nicht schlecht gelaunt sein, während ich nach einem besonderen Gewand in der Kiste kramte. Auch dieses Gewand hatte einst Bronwyn gehört und würde nun Rhian gehören.
"Draußen neben dem Abort ist ein kleiner Verschlag mit einem Wasserfass, wo du dich waschen kannst. Ich bereite einstweilen unser Frühstück vor, Kind." Sanft gesprochen, aber ohne Widerrede duldend. Ich breitete in der Zwischenzeit das hellblaue Gewand der Novizin mit dem in dunkelblauem Faden aufgestickten Sichelmond über dem Herzen auf dem Bett aus und dann wandte ich mich dem Aufwärmen des Getreidebreis von gestern zu. Die Glut im offenen Feuerherd glimmte noch und das Feuer war schnell wieder in Gang. Mit ein bisschen Wasser wurde der Brei wieder sämig und warm schmeckte es ohnehin besser und wärmte von innen.