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[Accia Prisca]

Prisca war sich immer noch nicht sicher, ob sie nicht gerade eine riesengroße Dummheit beging. Überhaupt war sie sich nicht sicher, worauf sie sich hier einließ. Balventius scapula wollte ihr eine Nachricht zukommen lassen, aber sie wusste nicht einmal, wie das gehen sollte, ohne dass ihr Mann etwas davon mitbekam. Und dann wusste sie nicht, wie sie zu einer Verabredung gelangen sollte. Und dann wusste sie nicht, was sie dann dort tun, sagen oder auch nur denken sollte. Oh ja, sie hatte durchaus mehr als nur ein klein bisschen Angst, aber trotzdem konnte sie jetzt keinen Rückzieher machen.

Und all das war vollständig vergessen, als Balventius Scapula seine Hände an ihre Schultern legte und sie sanft zu sich zog. Prisca kam sich ganz fürchterlich ungelenk und tollpatschig vor, und ihr Herz hämmerte ihr bis zum Hals, aber sie war viel zu aufgeregt um auch nur irgend etwas davon zu sagen. Und dann berührten seine Lippen die ihren und es war noch so viel besser als alles, was sie sich vorgestellt hatte. Ihre Knie wurden weich, sehr weich, und sie lag geradezu in seinen Armen, während sich seine Lippen auf ihre schmiegten. Und seine Zunge… Prisca konnte ein leises Stöhnen nicht zurückhalten, als sie seine Zunge an ihrer fühlte und ihr Mund sich ihm so bereitwillig dafür hingab. Ihre Hände hatten irgendwie ihren Weg zu seiner Brust gefunden, und die fühlte sich geradezu phänomenal unter ihren Fingerspitzen an. So kraftvoll und stark und fest und…
Und dann war es vorbei. Prisca war noch ganz schwindelig und sie war sich einen langen Moment nicht sicher, ob sie selbständig stehen bleiben konnte. Und in ihrem Bauch passierten einige sehr interessante, teils schon fast schmerzhafte Dinge. Und sie hätte nicht einmal ihren Namen noch nennen können, wenn sie jemand gefragt hätte. Scapula bedankte sich und lächelte wieder so, dass sie jetzt ganz sicher war, gleich mit den Knien wegzuknicken, weil die sich verflüssigt hatten.
Aber sie blieb stehen, mit ziemlich roten Wangen, als er sich von ihr entfernte und sie vor ihrem Mann warnte.
Schnell drehte Prisca sich ein wenig beiseite und legte ihre Hände an die wangen, um die zu kühlen. Oh Götter, was hatte sie getan? Wie sollte sie den Abend durchstehen? Wie sollte sie jetzt nicht die ganze Zeit an diesen Kuss denken und dabei rot anlaufen? Oh, bitte, Götter, helft mir, dachte sie nur. Ganz sicher würde ihr Mann es ihr sofort an der Nasenspitze ansehen!
Sie fuhr sich noch einmal über das Kleid und prüfte ihre Frisur, ehe sie möglichst still einfach dastand und leise betete, dass nichts ihr unzüchtiges Verhalten verriet.

[Marcus Sabinius Merula]

Ich wusste, dass ich mich verspätet hatte. Obwohl mir meine Sklaven frühzeitig eine frische Tunika und eine der besseren Togen  angelegt hatten. Doch der junge Beatus war mit einer Mitteilung meiner Mutter in mein Cubiculum gekommen. Sie hatte mir mitteilen lassen, sie fühle sich heute nicht gut und wollte daher nicht an der Cena teilnehmen. Da ich besorgt um sie gewesen war, schickt ich ihr Beatus mit der Frage wieder zurück, was ihr fehlte. Als Antwort kam dann, sie sei müde und habe keinen Appetit. Daraufhin ließ ich wieder nachfragen, ob ich nach dem Medicus schicken lassen solle, was sie aber verneint hatte.
So war ich also mit Artatas zum Triclinum aufgebrochen. Vom Atrium aus hatte ich bereits Stimmen gehört. Wie gut, dass sich Prisca rechtzeitig eingefunden hatte, umunseren Gast begrüßen zu können! Als ich das Triclinum dann betrat, sah ich die beiden. Prisca war aufmerksam gewesen und hatte Balventius ein Getränl gereicht. Seltsamerweise hatten sich noch keine Sklaven eingefunden. Lediglich der Sklave des Balventius war anwesend.
"Salve, Balventius Scapula! Ich freue mich sehr, dich so schnell wieder zu sehen! wie ich sehe, hat dsich meine Frau mit dem Nötigsten bereits versorgt."   Ich lächelte meiner Frau anerkennend zu. "Leider lässt sich meine Mutter, Naevia Calida , heute Abend entschuldigen, da sie sich nicht wohlfühlt." 
Aratas geleitete mich zur Kline des Gastgebers. Die mittlere war natürlich für den Balventius reserviert. Da nun meine Mutter nicht anwesend sein würde, überließ ich es Prisca, ob sie neben mir Platz nahm oder die gegenüberliegende Kline wählte. "Bitte, nehmt doch Platz!" 
Als ich es mir bequem gemacht hatte, schickte ich Aratas los, um die Sklaven herbeizuholen und der Köchin mitzuteilen, dass wir heute Abend nur zu dritt waren.

[Accia Prisca]

Merula schien nichts zu merken, dennoch blieb Prisca ziemlich lang und ziemlich stumm auf Sicherheitsabstand zu Balventius Scapula und schaute noch nicht einmal in seine Richtung. Sie traute sich einfach nicht, weil sie wusste, man würde es ihr ansehen. Wie könnte man es nicht? Der Kuss war so wun-der-schön gewesen! So vollkommen und wenn Prisca die Augen schloss, konnte sie immer noch seine Lippen auf ihren fühlen, so sanft und doch so fordernd gleichzeitig. Oh, sie würde nie wieder an etwas anderes denken können als an diesen Kuss!
Ihr Ehemann sagte, dass seine Mutter nicht kommen würde. Prisca machte zwar einmal “Oh“, aber war doch ziemlich erleichtert. Ihr Mann schien nichts zu merken, aber Naevia Calida hätte es sicherlich bemerkt. Sie gab den Sklaven, die jetzt wieder von überall herzukommen schienen, einen kleinen Wink, damit diese den zweiten Korbsessel wegtrugen und ihren eigenen anders platzierten. Sie saß nun so, dass sie mit beiden Männern ein Dreieck bildete. Sie hätte sich auch zu ihrem Mann legen können, aber Prisca war beigebracht worden, dass eine feine Dame saß und nicht lag. Und außerdem wollte sie nicht neben ihrem Mann liegen, das erschien ihr gerade falsch. Neben Balventius Scapula hingegen… oh, sie sehnte sich irgendwie nach seiner Nähe, nach seiner Berührung, aber das war hier so unmöglich, noch unmöglicher als überall anders. So sehr sie wollte, das hätte sie nicht gekonnt. Also blieb der Korbsessel in der Mitte.
Prisca gab dann den Sklaven mit einem kleinen Nicken bescheid, dass sie auftragen konnten. Es war das erste Essen, das sie geplant hatte. Naja, eigentlich hatte die Köchin geplant und Prisca nur abgenickt. Aber sie hoffte doch auf Zustimmung.
“Als Vorspeise gibt es Eier mit verschiedenen Saucen und frisches Brot und etwas Moretum. Zum Hauptgang Täubchen mit Gemüse und zum Nachtisch Obst, Käse und Honig“, gab sie den Herren eine Zusammenfassung über das anstehende Mal, weil sie nicht wusste, was sie sonst sagen sollte. Das Tischgespräch würde wohl hauptsächlich zwischen den beiden Herren stattfinden und sie eine mehr oder weniger ansehnliche Dekoration dazu sein.