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[Flavianus Pytheas]

Ein Speisesaal aus drei Speisesofas (Klinen), die hufeisenförmig um den Tisch angeordnet waren. In der warmen Jahreszeit konnten die Decke und die Wände verschoben werden.

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[Flavianus Pytheas]

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Die Haushälterin, die eigentlich Peigi hieß, sich aber daran gewöhnt hatte, von Römern meistens Pegi gerufen zu werden, hatte den Tisch im Triclinium für Drei gedeckt. Es gab Brot, Oliven, Käse, Wasser und Posca. Das Brot war klein geschnitten und alles so, dass man sich selbst bedienen konnte. Pytheas wollte leider keinen einzigen Sklaven haben.
Als Peigi fertig war, wollte sie sich auf den Heimweg machen. Aber ein wenig neugierig war sie auf den Neuen schon, deshalb klapperte sie mit dem Geschirr und trödelte ein wenig. 
Dann kam Pytheas auch schon herein: "Guten Abend Pegi! ", sagte er: " Danke"
Er schaute auf den Tisch. Das sah gut aus: "Ist noch etwas?"
"Nö", brummte Peigi.
"Dann einen schönen Feierabend"
"Jau" 
Peigi machte wenig Anstalten, wie üblich nach Hause zu gehen.

[Louarn]

Sehr viel suchen musste ich ja nicht, wo ich hinmusste. Nachdem die ältere Dame weg war, folgte ich einfach dem Klang der stimmen bis zu einem Raum, in dem drei überdimensionierte Betten standen und ein Tisch mit Essen. Kleingeschnittenem Essen. Wie für Kinder. Ich guckte kurz verwirrt darauf, erinnerte mich dann aber wieder daran, dass bei den Römern eben alles anders war als bei uns. Flavianus Pü war auch schon da und eine rothaarige Frau, die ich mal als Keltin einsortierte, weshalb ich sie mit einem freundlichen, kleinen “Haia“ und einem dezenten Winken begrüßte. Wenn ich es richtig verstanden hatte, war diese Pegi – wenn das hier Pegi war – eine Magd oder Dienerin, aber eben eine freie Frau. Nur eben halt nicht die Herrin des Hauses, der ich größere Ehrerbietung schuldig wäre. Um ehrlich zu sein war ich mir nicht ganz sicher, wie ich sie behandeln sollte, also blieb ich einfach freundlich.
Da sie anscheinend noch mit irgendwas beschäftigt war, wollte ich meinen guten Willen eben auch demonstrieren und fragte: “Kann ich dir noch helfen?“ Ich war ja jetzt nicht wirklich ein Gast, nur so halb, weshalb ich mich wahrscheinlich eher einfügen sollte, als mich bedienen zu lassen. Ach, dieses ganze Konstrukt hier erschien mir fürchterlich kompliziert und ich war mir noch nicht sicher, worauf ich mir hier überhaupt eingelassen hatte. Seltsame Kelten, die Medicus werden wollten, ein Haus mit Betten anstatt Stühlen und ein dürrer Heiler als Arbeitgeber, der einen Wächter brauchte. Das erschien mir schon sehr anders, und auch, wenn uns Cathbad vorbereitet hatte, wie anders Römer waren, war es halt doch noch etwas anderes, das ganze so vorgeführt zu bekommen.

[Flavianus Pytheas]

Peigi schaute Louarn mit großen Augen an:

"Ich bin schon fertig mit meiner Arbeit", sagte sie: "Ich wollte dich nur sehen. Ich habe nicht gedacht, dass es noch Männer wie Dich gibt. Nicht seit den Tagen unserer Königin", sie schluckte:

"Ich frage dich nicht, wer du wirklich bist. Auch nicht, warum du dich hier verdungen hast. Doch mein Herz ist froh, dass es noch einmal einen Krieger sehen durfte"

Das war mehr, als Peigi im ganzen Jahr gesprochen hatte. Sie nickte noch einmal freundlich und ging. 

"Du scheinst ihr sympathisch zu sein", bemerkte Pytheas, der beobachtet, aber kein Wort verstanden hatte. Natürlich war da mehr als Sympathie. Die Haushälterin war über alle Maßen gerührt gewesen, fast so, als wolle sie gleich in Tränen ausbrechen. Pytheas hatte das registriert, fragte aber nicht nach, da es ihn nichts anging:

"Ich habe kein Wort verstanden, leider. Wäre es möglich, dass Wicho und du mit mir eure Sprache sprecht wenn wir unter uns sind? Ich möchte sie gerne lernen. Es wäre sehr hilfreich, um mit den Patienten zu kommunizieren"

[Louarn]

Ich wusste nicht so recht, was ich sagen sollte. Ich war gerührt von ihrer Ergriffenheit, mit der sie mich anschaute und die sie in Worte kleidete. Ich hätte in diesem Haus ehrlich gesagt nicht damit gerechnet. Oder falsch, ich hätte in ganz Iscalis eigentlich nicht damit gerechnet. Ich hatte angenommen, alle hier hätten sich mit den Römern arrangiert und sich eingefügt. Ich hätte nicht gedacht, dass irgend jemand tatsächlich Sehnsucht nach etwas haben konnte, das so aus der Zeit gefallen zu sein schien wie ich.
“Ich bin geehrt durch deine Worte“, sagte ich nur, weil mir keine bessere Erwiderung einfiel. Vielleicht, wenn wir uns das nächste Mal sahen, vielleicht ein kleines Lied. Aber der Moment jetzt grade war zu… magisch, als dass ich ihn stören wollte. Und dann war Pegi auch schon weg und ich mit Flavianus Pü allein, der natürlich nichts verstanden hatte, aber wohl die Sprache lernen wollte.
“Ich weiß nicht, ob Wicho so viel mit mir reden will“, meinte ich mit eher schiefen Grinsen, da er und ich ja jetzt wirklich keinen allzu glorreichen Start hatten. “Und solange du die Sprache nicht kannst, verstehst du ja dann immer noch nichts. Wär es da nicht besser, wenn du gezielt einige Worte erst lernen würdest?“ So hatte Cathbad uns Latein und Griechisch beigebracht. Ein Wort nach dem anderen, und immer mehr, bis uns der Kopf rauchte. Aber es hatte funktioniert. Mein Griechisch war zwar im Vergleich eher miserabel, aber mein Latein ganz gut, von so seltsamen Worten wie Patienten und Türsteher mal abgesehen. Aber wie oft brauchte man die schon?

[Wicho]

Pytheas und dieser neue waren schon kurz vor Wicho im Speisezimmer eingetreten. Er hatte sich noch eben die Hände gewaschen und kam hinzu als Peigi gerade ihre Bewunderung für den großen Krieger zum Ausdruck brachte. Das war dann auch der Punkt den er nicht verstand. Nicht das sie ihn bewunderte, sollte sie doch bewundern wen sie wollte, nein das ein Krieger sich hier als Türsteher verdiente. Es gab doch für ihn bestimmt bessere Beschäftigungen, warum ging er nicht zum Beispiel zu einem Ludus, da konnte er doch wesentlich mehr mit seinen Fertigkeiten anfangen. Doch wenn er er hier in Zukunft von dem weiblichen Geschlecht so angehimmelt würde, dann ging es hier bald wie im … er wusste auch nicht wie, aber wäre er dann nicht ständig von seinen Aufgaben abgelenkt. Doch was wusste er schon, sein Patron wusste bestimmt was er tat.

[Flavianus Pytheas]

"Hast du alles in der Stadt bekommen?", fragte Pytheas Wicho nach den Einkäufen und fügte dann dazu: 
"Der Botenjunge der Sabinier war hier. Wir werden also bald operieren" Er hatte volles Vertrauen zu Wicho, der aber bisher noch nie bei einem so großen chirurgischen Eingriff, wie er Sabinius Merula bevorstand, assistiert hatte:
"Ich möchte, das Du am Vortag des Eingriffs in die Casa Sabinia gehst und einen Raum für die Operation vorbereitest. Er sollte so groß sein, dass eine Kline und ein Beistelltisch  hineinpassen und zwei Personen um diese herumgehen können. Mehr an Möbeln sollte aber auch nicht da sein. Ein Tageslichtfenster wäre gut. Der Raum muss zur Vorbereitung gründlich mit Essigwasser ausgewischt werden. Desweiteren brauchen wir jede Menge zugeschnittene Leintücher und heißes Wasser", 
er wandte sich an den Louarn:
"Auch für dich hätte ich einen Auftrag, wenn du das möchtest"  Wenn der Kelte sich nur als Türsteher betätigen wollte, war es auch in Ordnung, doch seine Körperkraft wäre Pytheas bei einer bestimmten Aufgabe nützlich.

"Ja, bringt mir bitte keltische Worte bei",  sagte er auf Louarns Vorschlag mit dem Sprachelernen hin: 
"Wie begrüße ich beispielsweise einen Mann? Wie eine Frau? Und wie verabschiede ich sie?"
Würde er die Sprache der Britannier sprechen, würde er nicht nur das Vertrauen der Patienten gewinnen, sondern auch seinem Vermieter, dem Centurio Octavius, mehr über das sagen können, was sich die Leute so untereinander erzählten. Das hatte er dem freundlichen Offizier versprochen.

Das Argument  dass er nichts verstehen würde, wenn sich Wicho und Louarn unterhalten würden, brachte den Medicus hingegen ein wenig zum Lachen:

"Aber so habe ich als Kind Latein gelernt", widersprach er: "Als ich klein war konnte ich von meiner Mama her ja nur Griechisch. Ich habe die Menschen aber beobachtet, und mir manches aus ihrer Mimik und Gestik erschlossen, wenn ich sie bei Tisch bedient habe. Gewöhnlich war es nur Veni - komm her!", er machte die entsprechende Geste: "Und natürlich: Mehr Wein!

 Apropos Wein: Bitte esst und trinkt so wie ihr mögt. Richtet euch nicht nach mir. Und wenn es nicht reicht, hole ich noch etwas aus der Küche"

[Louarn]

Wicho kam herein und schaute mich misstrauisch an. Ich wusste echt nicht, was ich ihm schlimmes getan hatte, aber wahrscheinlich war er einfach einer von den Kelten, die sich mit der Besatzung arrangiert hatten und alles keltische nun ablehnten und als Gefahr ansahen. Und ich war schon verdammt keltisch.
Flavianus Pü besprach mit ihm auch gleich irgendwas, was sie machen wollten, von dem ich nicht wirklich Ahnung hatte. Es klang nach einer größeren Angelegenheit, wenn sie dafür Möbel beiseite schaffen sollten. Als Flavianus Pü dann meinte, er hatte einen Auftrag für mich, sah ich mich schon besagte Möbel schleppen. Trotzdem zuckte ich nur gleichmütig die Schultern. “Warum nicht? Wenn du Hilfe brauchst und ich helfen kann.“ Wenn es mir dann doch nicht passte, konnte ich schließlich immer noch nein sagen. Aber im Moment war so ziemlich alles spannender, als nur auf eine Tür aufzupassen.

Er lud uns daraufhin auch zum Essen ein und meinte, wir sollten alles wie immer machen. Was irgendwie schwer war, so ganz ohne Stühle und Sitzbank, aber gut. Und er wollte lernen und stellte ziemlich viele fragen, wie man was sagte. Und er erzählte, dass er eigentlich nur Griechisch konnte und erst später Latein gelernt hatte, was mich doch sehr verwirrte.
“Ich dachte, alle Römer lernen ihre eigene Sprache von Beginn an“, sagte ich verwirrt und setzte mich ganz auf den Rand eines dieser Betten in der Nähe des Tisches und wartete, was die anderen so machten. Klar hatte ich Hunger, ich war ein großer Kerl, aber ich wollte mich trotzdem nicht wie ein unzivilisierter Wilder auf das Essen stürzen, als hätte ich tagelang nichts gekriegt.
“Und Begrüßung… Also wenn du jemanden feierlich willkommen heißen willst, sagst du hier in der Gegend Croeso, wenn es mehr eine informelle Begrüßung sein soll, dann reicht ein Haia. Ansonsten kannst du es auch an der Tageszeit festmachen. Morgens sagst du Bore da. Bore ist der Morgen und da heißt gut. Yn Prynhawn ist der Nachmittag, also dann Prynhawn da. Vor Einbruch der Nacht ist Noswaith, dann also Noswaith dda, und schließlich die Nacht, Nos.“ Das sollte erst einmal eine Menge Information zum Thema Begrüßung sein.

[Wicho]

Wicho nickte eifrig: „Ja noch mehr als wir bestellten. Gleich nach dem Mahl beginne ich damit Leinentücher und Verbandsmaterial zuzuschneiden.“ Bei dem was der Medicus dann sagte wäre ihm fast der Mund offen stehen geblieben. Er durfte assistieren. Mehr noch, er hatte die Verantwortung um alles für die Operation vorzubereiten. Voller Dankbarkeit und Freude strahlte er seinen Patron an. „Sehr gerne und du kannst dich auf mich verlassen“. Von da ab waren seine Gedanken nicht mehr bei dem kennenlernen Essen oder wie immer man das nenne sollte. Um den Großen kennen zu lernen, blieb ihm noch alle Zeit der Welt. Das hier aber, sein Auftrag musste sorgfältig geplant werden. Da waren als erstes die Leinentücher, in verschiedene Großen, die er noch am Abend fertig machen würde, dann das Essigwasser, musste er das jetzt mitnehmen oder war das im Haus der Sabinier? Dann musste er.... So war er nicht bei der Sache und hörte nichts von dem Gespräch zwischen Patron und Türsteher. Essen stopfte er er sich zwischendurch in den Mund, den Wein beachtete er nicht. Wasser reichte ihm, bevor die Römer kamen, lebten sie auch ohne ihn.

[Flavianus Pytheas]

 Pytheas legte sich nicht zu Tisch; er setzte sich seitlich auf seine Kline und ließ die Beine baumeln. 
"Ich hege keine Zweifel, dass Du es hervorragend machen wirst, Wicho", sagte er ernst und dachte bei sich, wie seltsam es war, dass er hier in Britannien eine Art eigene Ärzteschule begründete und dass sein erster Schüler ein junger Kelte war, über dessen Fähigkeiten im Lesen und Schreiben er sich nicht ganz im Klaren war.  Später wird sich Wicho einmal vorstellen als  "Wicho Medicus aus der Schule des Pytheas von Iscalis", dachte er, so wie ich selbst Schüler des Andromachus Maior von Kreta war: 

"Ja, Louarn, ich habe einen Sack großer Spiegel, die doch einiges wiegen. Sie sollen möglichst ohne zu zerbrechen in die Villa Sabinia transportiert werden. Könntest du das übernehmen?", fragte er den Türhüter:

"Römische Kinder lernen gewiss Latein von ihren Müttern. Ich bin jedoch kein Römer, sondern ein Freigelassener. Das bedeutet, dass ich ein römischer Sklave war und mein Herr mich in die Freiheit entlassen hat", fügte er als Erklärung an: 

"Bore da. Croeso. Haia", wiederholte er die Worte aus der britannischen Sprache: "Aber wie war noch einmal das Wort für Nachmittag? Und kann man für gute Nacht auch Nos da sagen?  Das nächste Mal bringe ich eine Wachstafel mit. So kann ich mir das nicht merken. Es sind seltsam krause Wortgebilde: Pryn- was und Nos- wie? Nos klingt beinahe wie Nox"

Wo habt ihr eigentlich so gut Latein gelernt, Wicho und Louarn?"