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[Die Marschen von Sabrina] Unser neues Heim
04-20-2023, 09:18 PM,
Beitrag #21
RE: [Die Marschen von Sabrina] Unser neues Heim
Eine kleine Rabenfedertochter würde ich genauso willkommen heißen“, erwiderte ich und ließ Stellas schwarze Flechten durch meine Hände gleiten. Sie war so schön und mir so nahe, und ich hätte am liebsten meinen Mund in ihrem Haar vergraben und ihr gezeigt, wie sehr ich sie liebte.
Es war rührend, wie sie sich ein Käsebrötchen wünschte, und es war so, dass ich ihr keines geben konnte. Sie hatte früher einfach Sylvana den Befehl geben müssen und dann war aus der Küche wie von Zauberhand ein goldgelbes Brötchen vor ihr aufgetaucht. Nun musste man erst einmal den Weizen sieben, damit die Spelzen flogen und ihn zwischen zwei Steinen mahlen, denn wir hatten nicht einmal eine Handmühle. Und wenn der Weizen gemahlen war,wurde er mit Wasser und Salz (das wir den Göttern sei Dank hatten) zu Fladen gebacken. Selma wurde gemolken und der Käsebruch wurde angesetzt. Gelbes Labkraut und Brennnesselsaft mussten dazu gefügt werden. Es fiel Molke an, die sollte Stella zur Kräftigung haben. Und so weiter und immerfort mit dem Tagewerk.

Meine Fridila hatte ein heißes Getränk aus Preiselbeeren zubereitet, welches ich trank. Es hatte draußen begonnen, zu schneien. Stella dachte an Durs und daran, ihn zu uns hineinzubitten. Ich wäre lieber bei ihr geblieben, doch es gefiel mir, dass sie an meinen Knecht dachte. 
Ich erhob mich,  um ihn zu holen, als es auf dem Dach noch mit dem Hammer klopfte, und ich war an der Tür, als es urplötzlich still wurde und dann ein heiserer Schrei, gefolgt von einem Schlag erfolgte, als wäre ein schwerer Körper auf den Boden gefallen.

Ich lief nach draußen. Es schneite, und im Weiß der Schneeflocken erkannte ich nur schemenhaft eine schwarze Gestalt auf der Erde. Ganz zusammengekrümmt war sie, sie glich fast nicht mehr einem erwachsenen Mann.  Unser starker Durs war vom Dach gestürzt.

Ich kniete mich zu ihm hin, nahm ihn auf die Arme. Sein Leib war schlaff und obwohl er so schwer war, schaffte ich es, ihn in das Innere der Rundhütte zu bringen. 
Dort legte ich ihn hin, strich über sein Gesicht, legte mein Ohr an sein Herz und berührte seine Lippen. Durs hielt die Augen geschlossen. Er war selbst so weiß wie der Schnee draußen:

„Fridila“, flüsterte ich und die Trauer drehte mir mein Herz um: „Ich fürchte, unser Durs ist nicht mehr“
[Bild: 3_15_08_22_9_36_30.png]
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04-22-2023, 12:35 PM,
Beitrag #22
RE: [Die Marschen von Sabrina] Unser neues Heim
"Eine kleine schwarzhaarige Tochter also möchtest du, mein Liebster? Und ich möchte einen kleinen Jungen mit goldenem Haar ...", Ich lächelte und küsste meinen Friudel, "Wenn die Zeit kommen wird, werden wir es erfahren!" ... Wir saßen dicht nebeneinander, genossen unsere Nähe und tranken das heiße Getränk. Es wurde mittlerweile sehr warm und gemütlich in unserer Hütte und ich legte meinen Kopf an Sonnwins Schulter. Dann erhob sich mein Mann und wollte nun doch Durs vom Dach holen. Ich stand auch auf und wollte mich gerade hinlegen, als ich einen entsetzlichen Schrei von draußen hörte und danach wieder die Stelle herrschte. Und bald darauf kam Sonnwin in die Hütte zurück, auf seinen Armen trug er Durs, der kein Lebenszeichen von sich gab, und ließ ihn auf die Bank nieder. Dann legte er seinen Kopf auf Durs Brust und sagte leise mit sehr trauriger Stimme: „Fridila, ... Ich fürchte, unser Durs ist nicht mehr“.

Der sture Knecht fiel tatsächlich vom Dach herunter. Ich stand wie betäubt da und war nicht imstande, mich zu bewegen, aber nur einen Moment lang und dann wurde ich tatkräftig, "Das werden wir gleich feststellen", dabei nahm ich Durs Handgelenk in meine Hand, um eine Pulsdiagnose durchzuführen, wie der Medicus damals bei mir gemacht hat. "Friudel, ich spüre seinen Puls, sehr schwach, er ist bewusstlos, aber er lebt ..., und wir müssen schnell handeln und versuchen, ihn zu retten." Ich nahm meinen Meeresschwamm und gab es Sonnwin. "Mein Herz, am besten, du ziehst Durs ganz aus und mit diesem Schwamm sollst du ihn kräftig massieren, seine Arme, seine Beine, seinen Körper, damit das Blut durch seine Venen wieder richtig fließt". Das hat Sylvana immer bei mir gemacht, wenn ich als Kind krank war. "Und auch nachsehen, ob und wo er sich verletzt hat".

Währenddessen nahm ich einen Becher mit Apfelwein, drückte etwas Durs Unterkiefer nach unten und versuchte tröpfchenweise den Wein in seinen Mund einzufließen, was mir auch gelungen war. Ich klopfte leicht auf seine Wangen und sagte laut, "Durs, wach auf, wach auf...", aber er wollte nicht aufwachen.

Und ich wollte ihn noch nicht aufgeben und schlug verzweifelt ein paar Mal mit meinen kleinen Fäusten kräftig auf seine Brust und sprach laut: "Die Herrin Stella befiehlt dir aufzuwachen, du unsäglicher Knecht Durs, wir brauchen dich, du darfst uns noch nicht verlassen, also wach endlich auf!" ...

Dann schaute ich hilflos meinen Friudel an und schüttelte resigniert den Kopf... . Und gerade in diesem Moment hörte ich ein leises Stöhnen und der Knecht Durs machte langsam die Augen auf!
[Bild: 3_15_08_22_9_35_15.png]
Vormund (Tutor): Tib. Furius Saturninus
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04-23-2023, 02:32 PM,
Beitrag #23
RE: [Die Marschen von Sabrina] Unser neues Heim
[Bild: Durs-Rund-Ava-1.png]

Ich nahm den Meerschwamm aus Stellas Hand und entkleidete Durs zur Hälfte, dann fing ich an, seine Haut kräftig zu reiben, bis sie sich rot verfärbte. Stella hatte seinen Puls fühlen können. Also lebte er. Ich besah ich seine Beine. Der Untergrund, auf den Durs gefallen war, war weich und morastig gewesen. Auf Stein hätte er sich sämtliche Glieder gebrochen. So schien nichts gebrochen zu sein, wie ich bemerkte, aber die rechte Schulter stand hoch, und er hatte sie sich ausgerenkt.
Stella versuchte es im Guten, sie versuchte es, ihn zu beschimpfen, wobei ich wusste, dass sie nur die Sorge trieb. Die Herrin Stella befiehlt dir aufzuwachen, du unsäglicher Knecht Durs, wir brauchen dich, du darfst uns noch nicht verlassen, also wach endlich auf!" ..., sagte sie, und gerade als sie mich traurig anblickte, stöhnte Durs auf und öffnete die blauen Augen:
"Frau Stella", flüsterte er und versuchte, zu lächeln. Ich war sehr erleichtert, und ich beugte mich über ihn:
"Gut dass du wenigstens der Hausfrau gehorchst wenn schon nicht mir", sagte ich und strich ihm das Haar aus der Stirn:
"Willkommen zurück bei den Lebenden. Wolltest doch noch nicht zu Hel oder wo man sonst hinkommt, wenn man in Britannien stirbt", meine Stimme versagte fast vor Erleichterung. Ich war so froh, und Durs grinste schwach:
"Jetzt aber Durs, musst du tapfer sein. Du hast dir nichts gebrochen, soweit ich feststellen kann. Aber ich muss deine rechte Schulter wieder einrenken"
Er nickte, und da er ohnehin schon auf dem Rücken lag, spreizte er den ausgekugelten Arm ab. Ich zog seine Füße an, damit er sie auf meinen Schenkeln seitlich abstützen konnte, als ich neben ihm kniete. Ich griff sein Handgelenk und zog kräftig, aber unendlich langsam. Durs knirschte mit den Zähnen und Schweiß trat auf seine Stirn. Auch ich schwitzte, obwohl es in der Hütte nicht sonderlich warm war. 
Nach einer Weile gab es ein dumpfes Geräusch, und ich konnte spüren, wie Durs rechte Schulter wieder an ihren richtigen Platz rutschte.
Unser Knecht keuchte ein letztes Mal auf, aber ich wusste, dass er nun weniger Schmerzen haben würde. Trotzdem bat ich Fridila, mit Tüchern den Arm fest zu binden, und ich deckte Durs mit einer Decke zu. Er war erschöpft vom Sturz und vom Einrenken und schlief auch gleich wieder ein.

Ich trat zu Stella hin und nahm sie in den Arm. Nun, als ich darüber nachdachte, beeunruhigte mich die Reihenfolge der Ereignisse, und ich hatte das Gefühl, dass das Schicksal eine Entscheidung von mir forderte:
"Das du mir von unserem Kind erzählt hast, und dass Durs einen Unfall hatte und erneut zum Leben erwacht, ist ein Zeichen, Stella. Ich bin keine Weise Frau und vermag es nicht zu ermessen. Doch unser Kind ist ein besonderes Kind. 

Wir Chatten haben außer unseren Vaternamen auch Namen, die uns bei besonderen Gelegenheiten und wegen besonderer Vorkommnisse  gegeben werden.  Meistens machen das Priester, doch zuweilen auch die Skalden, und ich bin ein Schüler der Skalden gewesen, bis ich mich dafür entschieden habe, ein Römer zu sein", sprach ich und streichelte Stellas Bauch:

"Im Namen Bragis, im Namen Frejas: Ich Sonnwin Sonnmars Sohn rufe dich, mein Ungeborenes: Einer deiner Namen soll ab heute Kwiwon oder Quiwon sein, das bedeutet, der oder die, die zum Leben erweckt", sagte ich:
"Dieser Name soll dich daran erinnern, was geschah, als du im Mutterleib warst und dein Vater das erste Mal hörte, dass du da bist"

Ich küsste meine Stella. Ich wusste nicht, ob ihr Quiwon gefiel, und ich wusste, dass es ohne Durs noch viel härter werden würde unser Leben.

Aber wir hielten durch. Stella pflegte Durs, und er wurde von Mal zu Mal gesünder. Bald machte er vieles mit der linken Hand, nur den rechten Arm würde er nie wieder so gut gebrauchen können wie früher.
Und das Wunder geschah: Der Winter verließ die Marschen. Wir lebten.

Der Frühling kam. Und der Tag der Geburt unseres Kindes rückte näher und näher.
[Bild: 3_15_08_22_9_36_30.png]
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04-25-2023, 01:17 PM,
Beitrag #24
RE: [Die Marschen von Sabrina] Unser neues Heim
"... Es hat funktioniert, ... es hat funktioniert, liebster Friudel ... Wir haben Durs zurückgeholt!", und als der Knecht "Frau Stella" sagte und dabei lächelte, weinte ich vor Freude, "Ich bin hier, Durs und freue mich, deine Stimme zu hören!", dann nahm ich seine Hand, streichelte sie leicht und habe seinen Puls noch einmal gemessen, "Ist immer noch schwach, aber regelmäßig", und ich nickte zufrieden. Dann stellte sich heraus, dass Durs beim Sturz seine rechte Schulter verrenkte und Sonnwin gab sich große Mühe es wieder einzurenken und ich band mit Tüchern seinen Arm fest, damit der nun ruhig lag und gab Durs einen Becher verdünnten Wein, dann schlief er unter einer Decke ein.

Friudel wurde nachdenklich, dann nahm er mich in Arm und sprach, dass es ein Zusammenhang bestand, was heute passiert ist, und das wäre ein Zeichen, dass unser Kind ein besonderes Kind ist. Und dann sagte Sonnwin, dass in seinem Volk bei solchen besonderen Vorkommnissen außer Vaternamen auch andere Namen gegeben werden und er als ein Schüler der Skalden darf es machen. Er streichelte meinen Bauch und sprach feierlich:

"Im Namen Bragis, im Namen Frejas: Ich Sonnwin Sonnmars Sohn rufe dich, mein Ungeborenes: Einer deiner Namen soll ab heute Kwiwon oder Quiwon sein, das bedeutet, der oder die, die zum Leben erweckt"
"Dieser Name soll dich daran erinnern, was geschah, als du im Mutterleib warst und dein Vater das erste Mal hörte, dass du da bist"

Ich hörte ihm gebannt zu und war sehr bewegt, und als mein Friudel mich danach küsste, sah ich ihn liebevoll an und konnte nur leise wiederholen: "Kwiwon oder Quiwon"...

Und so verging die Zeit in Harmonie und Liebe und wir waren glücklich. Ich pflegte unseren Knecht Durs so lange, bis er imstande war, sich selbst zu versorgen. Der Winter war nun vorbei und der Frühling kam und damit auch das Hochwasser.

Eines Tages machten wir einen kleinen Spaziergang Hand in Hand um unsere Hütte, "Friudel, kennst du das Fest Carmentalia zu Ehren der Göttin Carmenta? Die Göttin und ihre Schwester Porrima wachen über die Geburt und die andere Schwester Postversa hilft, wenn das Kind eine falsche Position im Leib der Mutter hat..."

Darüber wollte ich gar nicht erst nachdenken, fuhr aber fort," Schau mal, unsere Hütte könnte schon bald unter Wasser stehen und es ist an der Zeit, mich von einer Hebamme untersuchen zu lassen, ich bin ja schon im 6. Monat...", dabei blickte ich Sonnwin ernst an, "Ich denke, wir müssen nun eine Entscheidung treffen, mein Geliebter", und ich legte seine Hand auf meinen kugelrunden Bauch, "...Um seinetwillen...".
[Bild: 3_15_08_22_9_35_15.png]
Vormund (Tutor): Tib. Furius Saturninus
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04-26-2023, 08:45 AM,
Beitrag #25
RE: [Die Marschen von Sabrina] Unser neues Heim
Durs erholte sich, aber er war noch lange nicht der Alte. Ich hielt Stellas Hand und ging mit ihr auf und ab:
"Das Schmelzwasser kommt nicht bis zur Hütte", tröstete ich sie und streichelte ihren Bauch mit unserem oder unserer kleinen Quiwon:
"Fridila, was soll ich tun? Ich wäre bereit, mich deinem Cousin zu Füßen zu werfen und jede Strafe auf mich zu nehmen, die er mir auferlegt, nur um euretwillen. Doch ich möchte dich nicht alleine lassen nur mit einem kranken Durs. Selbst die Priesterinnen leben zu weit weg. Und..."
Ich wollte Stella nicht ängstigen. Aber ich hatte schon seit dem Frühlingsanfang von weitem Wölfe gehört. Auch sie hatten den Winter überstanden, und nun klangen sie hungrig. Wenn ich Stella alleine lassen würde und nicht wieder zu ihr zurück käme, nicht auszudenken. 
Eigentlich gab es in meinen Augen nur eine Möglichkeit. Mein Vater Sonnmar hatte mir erzählt, dass sein Vater ihn bei seiner Geburt mit eigenen Händen aus seiner Mutter herausgezogen hatte. Denn damals waren die Chatten im Krieg mit Rom gewesen, und sie hatten sich im Wald verstecken müssen. Auch ich würde unserem Kind auf die Welt helfen. Nur war Stella eben keine  Chattin, sondern eine vornehme junge Patrizierin. Allerdings hatte sie schon mehr Widerstandskraft gezeigt als so manche Germanin. 
Aber ich schwieg und wartete Fridilas Vorschlag ab.
[Bild: 3_15_08_22_9_36_30.png]
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04-27-2023, 01:18 PM,
Beitrag #26
RE: [Die Marschen von Sabrina] Unser neues Heim
Nun standen wir vor einem Dilemma und während wir unseren Spaziergang vorsetzten, dachte ich nach, Sonnwin wäre bereit nach Iscalis zurück zu gehen und meinen Cousin um die Verzeihung zu bitten, und jede Strafe auf sich zu nehmen, "Nein, nein, meine Sonne, das kommt nicht in Frage ...", ich drückte sanft seine Hand, "Wenn schon, dann gehen wir zusammen, ich werde dann selbst meinen Cousin um Versöhnung bitten, aber es besteht die Gefahr, dass er uns trennen wird und mich wieder einsperren lässt, und wenn er dir was antut, werde ich es in meinem Zustand nicht überleben...", sagte ich leise und versteckte mein Gesicht an seiner Brust, um seine tröstliche Wärme zu spüren. Dann schaute ich meinem geliebten Sonnwin in die Augen,

"Wenn das Wasser aber, wie du sagst, nicht bis zur Hütte kommt und wir hierbleiben, dann besteht immer noch das Risiko, dass Komplikationen auftreten könnten, auf jeden Fall müssen wir eine Hebamme finden...", Ich hatte einfach Angst und, dass Friudel die Geburt selbst durchführen könnte, würde es mir niemals in den Sinn kommen.

"Wäre es möglich, dass du, oder wir beide, in die nächste Siedlung gehen und nach einer Heilerin fragen, die uns helfen könnte?", dann fiel mir noch etwas ein: "Friudel, wolltest du nicht zuerst nach Hibernia?... Wir könnten die Überfahrt bei diesem schönen Wetter machen und da wären wir frei!"
[Bild: 3_15_08_22_9_35_15.png]
Vormund (Tutor): Tib. Furius Saturninus
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05-02-2023, 09:46 AM,
Beitrag #27
RE: [Die Marschen von Sabrina] Unser neues Heim
Meine arme Stella! Natürlich war sie besorgt, und ich war es auch. Frauen hatten immer erfahrene Frauen an ihrer Seite. Patrizierinnen konnten auf Sklaven und Ärzte zurückgreifen. 
Ich hob Stellas Gesicht zu mir und küsste sie: "Ich werde sehen, ob ich eine erfahrene Frau auftreibe und wenn ich sie an den Haaren herschleifen muss" Ich dachte an eine Bäuerin von  einem der Bauernhöfe hier in der Gegend:
"Ich werde gleich Morgen früh aufbrechen. Doch vor Nachtanbruch komme ich wieder. Und wenn ich kein Glück habe, Fridila, so werde ich dir eigenhändig helfen, unser Kind zur Welt zu bringen. Wir schaffen das mit Frejas Hilfe. Die Göttin hat uns nicht soweit geführt, um zu dulden, dass wir hier elendig umkommen. Und denke an Quiwons besonderes Schicksal. Unser Kind bringt Leben", ich lächelte ihr aufmunternd zu. Ich hatte nur Erfahrung mit Stuten, die fohlten. Aber das sagte ich nicht.

Am nächsten Morgen brach ich tatsächlich in unserem Rundboot auf. Mit einer langen Stange stakte ich auf dem Grund. Ich sah gleich, dass sich der Sabrinafluss verändert hatte. Das Schmelzwasser war gestiegen, und hatte weite Teile des trockenen Landes überschwemmt. Dort war die Gefahr groß, dass ich mit dem Boot hängen blieb, und ich arbeitete konzentriert, um solche Fallen zu umgehen.
Es dauerte sehr lange, bis ich den Hof erreichte, auf dem ich damals Selma, Helma und Hertha gekauft hatte. Der Bauer erkannte mich wieder, und weil ich so ernst wirkte, zuckte er zusammen, dann fragte er mich etwas, was ich nicht verstand. Ich machte viele Gesten, eine fürs Wiegen, eine für langes Frauenhaar, eine wie eine Bitte. 
Der Bauer schaute mich lange an, dann nahm er mich am Arm und führte mich zu einem Haufen aufgeschichteter Steine. Ich sah die Steine an und überlegte, was er mir damit sagen wollte, und dann begriff ich. Ich stand vor einem Grab. 
Es war wohl für die Frau des Bauern, die den Winter nicht überlebt hatte, errichtet worden.  Ich nickte dem Bauern zu und senkte den Kopf. Wieder redete er und wies über den Fluss in östliche Richtung. Ich glaubte zu verstehen, dass er von den Priesterinnen sprach.  Der Gedanke, einen ähnlichen Grabhügel für Stella und Quiwon errichten zu müssen, erschütterte mich. 
Es blieb uns nichts anderes übrig: Wir würden wieder nach Osten gehen müssen, zum Keltendorf oder bis zu den Heiligen Quellen. In diesem Moment verfluchte ich den kalten, starrsinnigen Furier Saturninus, der uns das Leben so schwer machte. 

Ich verabschiedete mich von dem Bauern und stakte mein Boot vorsichtig zurück zu unserem Wiha. Unterwegs gelang es mir, einige unvorsichtige Fischlein zu fangen. So kam ich am Abend zurück.
Stella würde an meiner Haltung erkennen, dass ich erfolglos gewesen war. Ich hatte ihr keine Geburtshelferin besorgen können.
[Bild: 3_15_08_22_9_36_30.png]
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05-04-2023, 12:55 PM,
Beitrag #28
RE: [Die Marschen von Sabrina] Unser neues Heim
Mein Friudel küsste mich und sagte, er wird schon eine Frau finden, die mir, uns helfen wird und sie, wenn auch mit Gewalt, hierherbringen wird. Ich lächelte leise von mir hin, mein Sonnwin war ein gutmutiger und sanfter Mann und würde keiner Frau etwas antun.
Und wenn er keine Heilerin finden würde, dann wird er mir selbst helfen, das Kind zur Welt zu bringen. Als ich das hörte, war ich zuerst sprachlos, dann schaute ich meinen Germanen, der mich aufmuntern anlächelte an und wusste, er meinte es ernst.

"Ja, mein Liebster, wenn du es sagst, die liebliche Frija wird uns helfen, dass Quiwons das Licht der Welt erblickt und unser Knecht Durs wird dir dabei assistieren...". Bei dieser Vorstellung lächelte ich leicht und schaute mich um, Durs war nicht da und hat nichts mitbekommen.

Am nächsten Tag machte Sonnwin sich auf den Weg... Es war warm geworden und ich ging zu meinem Preiselbeerstrauch, seine glänzenden immergrünen Blätter, die im leichten Wind sich anmutig bewegten, wirkten beruhigend auf mich... Ich habe zwei goldene Armreifen für die Schwestern Porrima und Postverta mitgebracht, die über die Geburt wachten, versteckte die unter dem Gebüsch und bat sie um die leichte Geburt.

Am Abend entzündete Durs draußen das Feuer, er erzählte mir über das Chattenland und ich bereitete das Abendbrot vor. Und wir warteten auf Sonnwin. Und als er endlich zurückkam, verstand ich ohne Worte, dass er keine Heilerin fand. Ich kam auf ihn zu und umarmte meinen Friudel innig, "Wir schaffen es, meine Sonne, es wird alles gut, so lange wir zusammen sind ".
[Bild: 3_15_08_22_9_35_15.png]
Vormund (Tutor): Tib. Furius Saturninus
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05-08-2023, 09:52 AM,
Beitrag #29
RE: [Die Marschen von Sabrina] Wigelin aus Eisenholz
Fridila sollte sich schonen. Das war schwer in einem Frühling, der doppelt und dreifache Arbeit brachte. Aber wir schafften es, und dann kamen die süßen fetten Wachteln, der würzige Bärlauch, die jungen Hasen. Wir nahmen, was wir brauchten, nicht mehr. Jedoch je weiter Fridilas Schwangerschaft gedieh, desto mehr nötige Dinge wollte ich für das Kind anfertigen.

Bäume waren Heiligtum für die germanischen  Götter selbst, denn die Chatten verehrten sie nicht in Hallen aus Stein. Ja, die ersten Menschen wurden aus Esche und Ulme geschaffen. Ich schwankte zwischen einer betula, einer Birke, aus der man traditionell die Wiegen schnitzte oder noch härterem Holz, eine hagebucha, als ich mich dran machte, eine Wiege, eine wigelin anzufertigen. 
Die Hagebuche war schwer und hart und von grauer Farbe. Im Gegensatz zu anderen Hölzern durfte man sie nicht zu sehr trocknen lassen, weil sie sich dann nicht mehr spalten ließ. Eisenholz nannten wir ihr Holz deswegen. Ich dachte daran, dass unser Kind eine eiserne Konstitution brauchen würde. Es würde nicht in einer Villa umgeben von Kindermädchen aufwachsen, sondern hier in der Wildnis. Daher schien mir Eisenholz eine gute Wahl.

Im Chattenland wuchsen Hagebuchen in Gruppen, und die Männer schlugen sie mit Äxten, um  Wehrhecken anzulegen. Doch ich fand eine Hainbuche, die  hier einsam auf einem Hügel in den Sabrinamarschen gewachsen war, und nun bat ich sie, uns dazu zu dienen, unseren kleinen Römer oder unsere kleine Römerin zu wiegen. Mit Durs Hilfe fällte ich sie.

Manche Axt wurde schartig, aber Durs schliff sie mir wieder.  Ich war wochenlang sehr beschäftigt, während Stella wohl dachte, dass ich jagte oder fischte, denn ich sagte ihr nicht, was ich sägte, spaltete, und endgültig polierte.
Eisenholz nahm einen wunderschönen Schimmer an, wenn man sich die Mühe machte; und da half mir Durs, bis die fertige Wiege glänzte, so dass man sich fast darin spiegeln konnte. Sie lief auf Rädern, um sie bewegen zu können, denn sie war schwer.
An ihrem Fußende hatte ich die Eibenrune Eiwaz geschnitzt, das war die stärkste Schutzrune, die ich kannte:
[Bild: eiwaz1.png]
Eine kleine Strohmatratze, ein Wiegenschleier und Wickelbänder fehlten noch, doch ich dachte mir, dass sie vielleicht Stella selbst aus einem ihrer Gewänder oder einer der schönen weichen Decke anfertigen wollte.

Die hellgraue, sanft schimmernde Wiege aber hatte ich mit Mühe erst  mit dem Boot und dann mit Bernjans Hilfe  zu unserem Wiha geschafft und dann flüsterte ich Stella zu, dass sie einmal mit mir hinter die Hütte kommen sollte

Und dann wartete ich gespannt, was meine Fridila zu der wigelin für unser ungeborenes Kind sagen würde.
[Bild: 3_15_08_22_9_36_30.png]
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05-10-2023, 04:01 PM,
Beitrag #30
RE: [Die Marschen von Sabrina] Unser neues Heim
Es war ein schöner Frühling, kaum hat es geregnet, die Sonne schien und das Hochwasser ging zurück. Dem Knecht Durs ging es auch viel besser und wir machten wieder unsere Ausflüge, um etwas brauchbares zu finden. Hinter verfallener Hütte, wo wir schon früher einen Tisch gefunden haben, entdeckte ich einen hölzernen Zuber, zwar etwas klein, aber unbeschädigt und wir könnten ihn als eine kleine Badewanne benutzen.

Auch ging er zusammen mit Sonnwin jagen und fischen. Manchmal den ganzen Tag. Nun, haben wir genug zum Essen und ich wurde immer rundlicher, wie eine Bäuerin mit vollen Brüsten. Es gab ja keinen Spiegel, aber ich konnte mich im klaren Wasser gut sehen und schüttelte nur den Kopf. Ob mein Friudel mich so begehren könnte, glaubte ich nicht und seufzte ... .

Nachdem ich unsere Hütte gründlich gereinigt habe, legte ich mich hin und dachte an die Dinge, die wir brauchen würden, und wo wir die besorgen könnten, wenn das Kind da ist, und bin dabei fast eingeschlafen, als Sonnwin etwas aufgeregt reinkam und sagte, ich sollte mit ihm hinter die Hütte kommen. Langsam stand ich auf, "Was ist denn passiert, mein Herz?", ging aber brav mit.

Und da sah ich es: Eine hellgraue, wunderschöne Wiege aus edlem Holz, die auf Rädern stand und im Licht der Sonne so glänzte, wie ein Spiegel! Am Fußende war ein Zeichen geschnitzt, das ich nicht kannte. Ich blickte meinen Sonnwin, der mich angespannt anschaute, voller Bewunderung an, "Hast du es gemacht, mein Liebster?... Aber natürlich, denn niemand sonst ist imstande so ein Kunststück, so eine wigelin zu erschaffen, danke dir...", Ich war sehr bewegt und küsste ihn sanft.

Dann betrachtete ich die schöne Wiege und dachte kurz nach, „Durs kann eine kleine Strohmatratze machen und ich versuche, aus Hasenfellen eine warme Pelzdecke und ein Kissen anzufertigen, wir haben ja genug Felle da, nicht wahr?" Und ich lächelte meinen Friudel glücklich an.
[Bild: 3_15_08_22_9_35_15.png]
Vormund (Tutor): Tib. Furius Saturninus
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