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[Calum]

Brigids Quelle >>>>

„Ich bin zurück!“, rief der der junge Besucher, als er das Pferd erneut vor dem Haus anband. Vermutlich konnte sie ihn hören. „Bist du hier, Gilda? Möchtest du mir sagen, womit ich dir helfen kann? Brauchst du noch Feuerholz oder soll ich dir etwas reparieren?“

[Gilda]

Nachdem ich die Oliven probiert hatte, begann ich ein wenig Ordnung in der Hütte zu machen. Ich wusch das bisschen Geschirr, das ich benutzt hatte, nachdem ich selbst noch ein bisschen Suppe verspeist hatte. Als Calum wieder zurückkam, war ich gerade dabei einige Kräuter in Bündel zu binden. Ich würde sie bald brauchen. 

Freundlich lächelnd stand ich auf und ging auf den jungen Mann zu. "Ich hoffe, dein Besuch bei der Quelle war erfrischend. Es gibt da in der Tat etwas, um das ich dich bitten möchte. Es hat aber nichts mit Aufgaben im Haus zu tun. Es ist bald Samhain und die Göttin versammelt ihre Kinder hier im heiligen Forst. Ich möchte, dass du zu Samhain zurückkehrst mit allen Gläubigen, die du finden kannst." 

Sollte ich ihm meine Beweggründe erklären? Ich hatte seit Tagen bereits Träume, dass eine Schar junger Kelten um Calum zu Samhain hier sein würde. Ich war mir absolut sicher, dass diese jungen Leute hier sein sollten, obwohl ich keinen davon direkt kannte.

[Calum]

Entgegen seiner Erwartungen schien Gilda derzeit keine Hilfe zu brauchen. Stattdessen bat sie ihn um das Überbringen einer Nachricht an so ziemlich jeden, den er kannte. Nun, abgesehen von den Bewohnern von Iscalis natürlich.
"Du richtest ein Fest zum Samhain aus?", wollte er wissen und dachte an sein letztes Samhain. Da war er allein in der Stadt gewesen, doch hatte der Göttin eine Kerze gezündet. An der Seite der anderen Gläubigen zu sehen, klang doch gleich viel besser. "Natürlich, ich hole gerne alle, die ich finden kann und die kommen möchten. Das tu ich doch gern!"

[Gilda]

Ich nickte kurz und schüttelte dann den Kopf. "Kein Fest...ein Ritual. Letztes Jahr war das Feuer nur klein und für wenige, doch dieses Jahr ist es wichtig, das möglichst viele die Botschaft der Göttin hören. Du bist mittlerweile auch ein Mann und musst das Orakel hören." 

Ich hatte Calum nie viel über diesen Ort erzählt und er war nicht in die Mysterien der Priesterinnen eingeweiht, aber er würde es noch früh genug sehen. "Du musst spätestens eine Nacht vor Samhain wieder hier sein, versprich es." Ich sah den jungen Mann dabei eindringlich an.

[Calum]

"Das Orakel hören... Das konnte ich bislang noch nie", sagte Calum nachdenklich und fragte sich, warum Gilda das so wichtig war. Sie wirkte sehr dringlich. Vielleicht hatte die Göttin ihr eine Eingebung geschenkt?
Ein wenig eingeschüchtert war er schon. Sie starrte ihn ganz streng an!
"I-Ich verspreche es! Ich werde mit so vielen wie möglich zurückkehren, eine Nacht vor Samhain!", sagte er mit einem heftigen Nicken, um sie zu beschwichtigen. "Versprochen, Gilda."

[Gilda]

Nachdem er es versprochen hatte, lächelte ich ihm noch einmal freundlich zu und gab ihm noch eine mütterliche Umarmung. Wäre Calum mein Sohn gewesen, dann wäre ich bestimmt stolz auf ihn gewesen. 

Danach entließ ich den jungen Mann aber, da dieser noch einen langen Heimweg vor sich hatte. "Geh am besten jetzt, bevor du noch das Licht verlierst. Möge die Göttin dich beschützen und behüten auf deinen Wegen."

[Calum]

Calum legte in diese Umarmung so viel seiner Zuneigung, wie er vermochte. Gilda war immer gütig gewesen und hatte ihn nie verurteilt. Auch wenn sie nicht wusste, was er in Wahrheit tat, war sie immer eine Stütze, wie eine Eiche, in deren Schatten man Schutz suchen konnte.
"Und dich auch, liebe Gilda. Wir sehen uns dann vor Samhain wieder. Bitte gib auch du auf dich Acht. Bis wir uns wiedersehen."
Schweren Herzens trennte er sich von ihr und war bekümmert, als er ihr Heim verließ, um durch den kühlen Wald zurückzukehren in die Stadt, in der niemand sein wahres Wesen kannte.

>>>> Iscalis

[Dunduvan Deimos]

Dunduvan war kurz vor Samhain am Haus der Priesterin angelangt. Das kleinste Häuschen, vor dem eine Ziege graste, war das ihre. Alle anderen Häuser waren verlassen. 
Dunduvan trug einfache gewebte Kleidung, Gepäck und eine Stange über der Schulter, an dem der ausgenommene Kadaver eines Hasen baumelte.
Ein zweiter, ein seltsam hellfarbenes Tier,  steckte in einem selbstangefertigten Käfig auf seinem Rücken. Dunduvan hatte beide Hasen in Schlingen gefangen. Aber einen ließ er am Leben für ein Opfer.
Außerdem trug er einen Beutel mit Mistelnblättern und Ledon, welches die Sinne verwirrte und schöne runde Steine für seine Schleuder.
Je mehr er sich in den Wäldern aufgehalten und Iscalis ferngeblieben war, desto freier hatte er atmen können. Es war als fiel buchstäblich eine steinerne Last von ihm ab - der Anblick der steinernen Gebäude, der Statuen, von all dem, was die dunklen und grausamen Eroberer, von denen er abstammte, mit auf die Insel Albion gebracht hatten.
Dunduvan atmete die würzige Luft um ihn herum tief ein, dann zeigte er seine beiden Hände zum Zeichen, dass er unbewaffnet war:
"Hüterin der Quelle, im Namen der Göttin, ich komme in Frieden!", rief er halblaut.
Die Priesterin war  eine  Frau, die alleine lebte. Sie mochte einem Außenstehenden schutzlos erscheinen. Doch die Weiße Göttin Bridget hielt ihre Hand über sie, und ihr mochten Mächte zur Verteidigung zur Verfügung stehen, die Dunduvan nicht kannte. Daher war er vorsichtig.

[Gilda]

Es war einer der letzten warmen Sonnentage, die das Jahr wohl zu bieten haben würde, daher nutzte ich die Gelegenheit und ließ die Türe des Häuschens offen zum Lüften. Ich war ganz in meine Arbeit vertieft, da ich die Kräuter gerade in einem Mörser zerrieb als Vorbereitung für die Rituale an Samhain. Ich musste mich beeilen, da wahrscheinlich bald die ersten Gläubigen eintreffen würden und es gab noch einiges zu tun. 

Noch viel wichtiger war, dass die Mischung der Kräuter stimmte, die ich da zusammenwarf. Die Strafe für Fehler war empfindlich, wenn ich dies falsch machte. Als letzte Zutat fügte ich noch eine kleine Menge Fingerhut der Mixtur hinzu, ehe ich mit dem Ergebnis zufrieden war. Ich legte gerade den Stößel aus der Hand, als sich auch schon jemand ankündigte. Ich wischte mir den Schweiß aus dem Gesicht vom anstrengenden Kräuter zerreiben und wandte mich dann dem Besucher zu. 

"Ich bin Gilda, Hüterin der Quelle Brigids." Ich hatte mein fünfzigstes Jahr bereits hinter mir, aber mein Haar hatte noch Farbe. Es könnte schlimmer sein, aber Ausstrahlung macht vieles wett und diese wusste ich zu nutzen. Ich richtete mich zu voller Größe auf und stand statuesk in der Tür meines Häuschens. Ich trug das lange und an der Taille gegürtete Gewand der Priesterin, gefärbt mit blauem Waid. So wartete ich, bis der Bittsteller sein Anliegen vortrug, mit prüfendem Blick.

[Dunduvan Deimos]

Die Priesterin war älter, als Dunduvan geglaubt hatte, aber dann fand er sie schwer zu schätzen, als wandle sie ihr Alter in jedem Moment. Das blaugefärbte Gewand umschmiegte ihren schlanken Körper, und ihre Haltung war die eines jungen Mädchens. Ihr Blick lastete auf Dunduvan, als könne sie in sein Inneres sehen:
"Ich bin Dunduvan Deimos, ein Schüler Cathbads, o Hüterin der Quelle", sagte Dunduvan zu Gilda und nahm den bereits ausgenommenen und abgezogenen Hasen von seiner Stange:
"Dies ist für Dich oder deine Gäste" Er deutete auf den anderen Hasen im Käfig: "Und er hier ist für die Göttin, wenn sie dieses Opfer möchte. Ich hätte Fragen an sie",
er schaute sich um, und dann lächelte er, während sein Blick so wachsam blieb wie immer:
"Ich sehe aber, dass Du mit den Vorbereitungen für Samhain beschäftigt bist, und Du hast niemand aus der Schwesternschaft zur Hilfe. Ich könnte Dir zur Hand gehen, wenn Du möchtest. Ich mache einen recht guten Hasenbraten"