04-12-2025, 06:29 PM,
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Nicander
Schauspieler
  
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Themen: 5
Registriert seit: Oct 2023
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RE: Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken
Der Richterspruch des Pater Familias war verkündet worden. Er war wesentlich weniger grausam, als er hätte sein können, und doch war es mir, als griffe eine eiskalte Hand nach meinem Herzen. Ich war froh darüber, die liebste Domina noch einmal angesehen, mir jede Faser ihres Anblicks in mein Bewusstsein gebrannt zu haben, und ich hatte die süßen Erinnerungen an ihren Leib, ihre sanfte Haut, ihr Seufzen und ihre warmen Blicke in jeder Faser meines Seins bewahrt. Mehr als schmerzhafte Erinnerung würde mir nämlich nicht bleiben. Und sie hatte es selbst gesagt: Ich war selbstsüchtig, ich habe ihn nur benutzt."
Ich hatte mich vorhin selbst ein Werkzeug genannt; folgerichtig war es, dass man mich benutzte. Dennoch tat mir diese Wortwahl auf ganz eigenartige Weise weh, als müsse ich von einem liebgewordenen Traum Abschied nehmen, wie Leander (diese Gestalt aus der Sage trug den Namen meines Herren) seine Hero in den Fluten der Wellen verlieren musste, nur dass diese Flut kein Meereswasser war sondern eben ein einziger Satz. Das Licht, das Hero für jenen Leander ins Fenster stellte, war erloschen. Der Liebende war verloren, verlor die Richtung, verlor seinen Kurs.
Die Strafe war hart, doch sie war nicht unbillig.
"Ich danke dir, Herr, für deine Gnade", flüsterte ich mit einer Neigung meines Kopfes.
Nein, man musste nicht immer sterben. Man musste nicht einmal in den Keller zu hartem Tagewerk. Man musste nur aufhören, zu lieben oder das zumindest sehr gut spielen können.
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04-12-2025, 09:47 PM,
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RE: Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken
Ich senkte den Blick, als Leander sein Urteil verkündete. Es war nicht grausam. Es war... gerecht. Und es tat mir trotzdem so weh, als hätte er mir gerade das Herz aus der Brust gerissen.
Ich hatte keine Tränen mehr übrig. Vielleicht hatte ich sie alle schon geweint, vielleicht hielt mich auch einfach nur der Stolz davon ab, mich vor ihm zu entblößen. Ich war seine Ehefrau. Ich hatte ihm Unrecht getan. Und nun hatte er mir vergeben – auf seine Weise.
"Ich verstehe", sagte ich, und die Worte schmeckten bitter auf meiner Zunge. Nicht, weil ich seine Autorität nicht anerkannte. Sondern weil ich wusste, dass ich damit auch sagte: Ich nehme dein Urteil an. Ich nehme es an, dass ich ihn nicht mehr sehen darf. Nicht so, wie ich es will.
Ich wagte keinen Blick zu Nicander. Denn dann hätte ich mich nicht mehr zurückhalten können. . Ein einziger Blick auf seine Augen, und ich hätte die Fassung verloren.
"Es tut mir sehr leid, dass ich dein Vertrauen missbraucht habe", flüsterte ich weiter, meine Stimme war ruhig, aber innen bebte alles. "Ich werde deine Entscheidung achten. Und ich danke dir, dass du bereit bist, überhaupt noch mit mir einen Weg zu suchen, obwohl ich... obwohl ich ihn fast unmöglich gemacht habe."
Ich spürte das Zittern in meiner Brust, das ich mühsam unter Kontrolle hielt. Ich hatte das alles gewollt – ich hatte ihn gewollte – und nun durfte ich nicht einmal mehr einen Moment allein mit ihm verbringen. Keine Berührungen mehr, keine Küsse, kein geflüstertes "Bleib". Nur noch Abstand. Nur noch Schweigen. nur noch Leere.
"Ich werde deine Bedingungen befolgen, Leander", sagte ich und hob kurz den Blick zu ihm. "Du sollst keinen weiteren Grund zur Sorge haben."
Und doch... ich wusste, dass mir mit diesem Urteil etwas genommen wurde, das ich nicht so einfach zurücklassen konnte. Ich würde es tun, weil ich es tun musste. Weil ich nicht noch mehr verlieren wollte. Aber in mir war ein Raum, in dem sein Name noch nachhallte. Eine Kerze, die niemand mehr anzünden durfte, aber deren Docht noch rauchte.
Ja, ich habe ihn geliebt. Das wusste ich jetzt. Ich liebte ihn noch immer.
Aber ich würde lernen müssen, es zu gut verstecken.
![[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]](https://adlerchronik.de/gallery/3_15_08_22_9_37_19.png)
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
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04-13-2025, 02:53 PM,
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RE: Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken
Die beiden machten es Leander schwer, wieder vertrauen zu schöpfen, so wie sie dastanden und keineswegs erleichtert aussahen, sondern so, als hätte er sie schwer bestraft. Dabei war alles, was er getan hatte, das zu fordern, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Dass seine Ehefrau ihm treu war. So, wie die beiden zu Boden sahen, glaubte er allerdings nicht daran, dass es so wäre. Und das war extrem schlecht, denn er fing an, seine zuvor getroffene Entscheidung zu bedauern.
“Ich hoffe, dass sich etwas wie das hier nie mehr wiederholt. Denn beim nächsten Mal werde ich ganz sicher keinerlei Nachsicht walten lassen“, sagte er ruhig und etwas traurig, dass er es nötig fand, diese Tatsache überhaupt ansprechen zu müssen. Aber sollten die beiden ihn auch für schwach halten, würden sie dann eines besseren belehrt werden. Leander hoffte, dass es nicht dazu kommen musste, aber er hatte die Vorahnung, dass seine Hoffnung vergebens war.
“Das war alles, was ich zu sagen hatte. Ihr könnt euch zurückziehen. Und Nicander, bitte Kapaneos, zu mir zu kommen.“ Denn Leander hatte auch mit dem Maiordomus einige Dinge zu besprechen.
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04-13-2025, 06:50 PM,
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Nicander
Schauspieler
  
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Themen: 5
Registriert seit: Oct 2023
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RE: Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken
Ich ahnte, was Norbana Orestilla dachte; das wir beide beraubt waren unserer gegenseitigen Liebe. Es war unmöglich und wahnsinnig, es war tief gegangen, es hatte Spuren auf meinem Fleisch, unter der Haut hinterlassen; es würde mir immerzu im Herzen brennen wie ihr auch, mich nicht loslassen, doch wenn wir beide leben wollten, mussten wir all das vergessen. Plautius Leander hatte geurteilt. Es blieb daher nur eines, was ich tun, eine Rolle, die ich spielen konnte, und ich sprach mir den Text vor, immer wieder, übte vor meinem Geist die Geste, den Blick.
Ich musste Norbana Orestilla sagen, dass sie mir nichts bedeutet hatte.
So konnte sie glücklich werden, befreit von mir, der wie ein Klotz an ihrem Bein hing. Ob ich noch glücklich werden konnte, das glaubte ich nicht. O meine liebste Domina. Nicht die Krallen der Harpyen, nicht die Fänge des Cerberos, nicht die Erinnyen, die sich mit Schlangenhaar bewehrt auf den Unglücklichen stürzen, konnten jemanden so martern wie ich gemartert war, nämlich ihrer Gegenwart beraubt. Sie täglich zu sehen, mit ihr zu sprechen, und sie nicht lieben zu dürfen.... Erbarmen! o Aphrodite, der du mich Sterblichen mit dieser Liebesglut geschlagen hast, Erbarmen!....
Ich verbeugte mich in beider Richtung leicht: " Ich gehe sofort, Kapaneos zu holen. Dominus - Domina"
Abgang.
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04-13-2025, 10:45 PM,
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RE: Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken
Ich stand einfach nur da, wie erstarrt. Die Tür war noch nicht ganz ins Schloss gefallen, als Nicanders letzter Blick mich wie ein Messer traf: voller Schmerz, voller Abschied, und doch gefasst. Wie einer, der sich selbst in Ketten gelegt hat. Dann war er fort. Und ich blieb zurück.
Mit Leander. Mit dem Mann, dem ich gehörte. Mit dem Mann, der – so fürchtete ich – nichts mehr für mich empfand.
Die Stille war erdrückend. Ich wagte kaum zu atmen, mich kaum zu rühren. Ich wusste nicht, ob ich weinen oder mich zusammenreißen sollte. Ob ich sprechen oder schweigen sollte. Ich wusste überhaupt nichts mehr. Und doch brannte in mir die Frage: War jetzt alles vorbei?
Er war nicht wütend gewesen. Nur enttäuscht. Enttäuscht von mir. Denn ich hatte versagt. Ich war nicht die Ehefrau, die er sich gewünscht hatte.
Wie sollte es nun weitergehen? Ich spürte nur Leere. Nur Kälte. Da war mein Mann, der mir nicht sagen konnte, dass er mich liebte. Und mein Sklave, der es von nun an nicht mehr durfte.
War das meine Zukunft? Ein Leben in einer Villa, schön wie ein Traum, und doch ein Gefängnis?
Goldene Gitter. Weiche Kissen. Aber kein Entkommen.
Ich war eingesperrt in einer Ehe mit einem Mann, der mir für immer fremd nleiben würde.
Und getrennt von dem, der mein Herz erkannt hatte, aber es nie wieder würde berühren dürfen.
Ich wandte mich ab, um zu gehen. Es war alles gesagt. Und doch… Ich wünschte, er würde noch etwas sagen. Oder mich aufhalten. Irgendetwas. Nur nicht dieses Schweigen. Dieses Schweigen, in dem ich mich selbst nicht mehr spürte.
![[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]](https://adlerchronik.de/gallery/3_15_08_22_9_37_19.png)
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
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