04-07-2025, 02:07 PM,
|
|
Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken
Leander hatte Nicander und Orestilla in sein Zimmer gerufen, nachdem das Essen mit den verwandten schließlich beendet war. Es gab Dinge zu klären, die er nicht weiter aufschieben wollte, denn der Zorn kochte tief in seinen Eingeweiden und drohte, ihn zu ersticken. Er wollte die Sache jetzt klären, ehe er sich zu einer eitrigen Wunde in seiner Seele verfestigen konnte, und auch, ehe die beiden in ihrer Dummheit noch mehr anstellen konnten, was zu einem noch schlimmeren Zornesausbruch führen würde.
Dabei war Leander so eigentlich nicht und wollte auch nicht so sein. Er war allgemein kein rachsüchtiger Mensch. Ihm gefiel es nicht, andere Leute zu demütigen und zu maßregeln und er fand keinen Gefallen an Strafen und Erniedrigung. Zumindest nicht, sofern diese dem Gegenüber nicht tiefe Lust bescherten. Aber eigentlich war er ein ruhiger, besonnener und ausgeglichener Mensch.
Doch Nicander und Orestilla hatten dies nun so sehr ausgenutzt und in sein Gegenteil verkehrt, dass er ernsthaft Probleme mit seinem Selbstbild zu bekommen anfing. Er wollte so nicht länger sein müssen, nur weil seine Frau ihn aus Selbstsucht, Gedankenlosigkeit und einer perfiden Lust für zickigen Unsinn dazu zwang.
Nach dem letzten Streit hatte er geglaubt, dass sie auf dem Weg einer Besserung wären, dass sie zu einer Verständigung gefunden hätten. Dass seine Frau endlich reifer würde. Erwachsener. Und er hatte ihr vertraut. Aber all das war durch ihre Taten jetzt zunichte gemacht, und Leander machte sich selbst vorwürfe, warum er nicht auf seinen ersten Instinkt gehört hatte und der ganzen Sache überhaupt die Chance gegeben hatte, so verraten zu werden.
Innogen spürte die innere Zerrissenheit von Leander und wollte schon zu ihm gehen, aber er schickte sie weg. “Stell dich vor die Tür und gib acht, dass niemand lauscht“, trug er ihr auf, noch ehe sie ihn auch nur berühren konnte. Sie schaute etwas unsicher, ging aber ohne weitere Fragen.
Leander stand also auf einer Seite seines überdimensional riesigen Cubiculums vor dem Halbrund mit den Fenstern zum kleineren Garten und verschränkte die Arme. Er hatte vieles, was er gerne sagen würde, aber er zwang sich, erst einmal still zu bleiben und zu warten. Denn er war noch eines: gerecht. Und als gerechter Mann wollte er den beiden ihm Gegenüber erst einmal die Chance geben, ob sie nicht von sich aus zu der Erkenntnis der Konsequenzen ihrer Handlungen fähig waren, und ob sie in der Lage waren, die Verantwortung für ihren Verrat an seinem vertrauen auf sich zu nehmen.
|
|
04-09-2025, 12:17 PM,
|
|
Nicander
Schauspieler
  
|
Beiträge: 98
Themen: 5
Registriert seit: Oct 2023
|
|
RE: Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken
Ich hatte schon die Cena mit einer metaphorischen eiskalten Faust im Magen verbracht, und die Tatsache, dass Innogen ernst und bedrückt vor der Tür gestanden hatte, war nicht dazu geeignet, mich zu beruhigen. Normalerweise hätte sie mir gesagt, dass man mir nicht den Kopf abreißen würde, doch sie schwieg und schickte nur die anderen Haussklaven, die in der Nähe waren, mit einer Handbewegung fort.
Doch nun in dem weiträumigen Cubiculum des Dominus kamen mir zuerst - meine Eltern in den Sinn: Mein Vater, meine gute Mutter Klamida. Was hatten sie unter meinem leichtsinnigen Tun nicht gelitten; der Vater stumm und in verbissener Würde, die Mutter mit Tränen, stets versuchend, mich zu bekehren und mit Abba zu versöhnen.... ich war ihnen ein so schlechter Sohn gewesen. Weg hatte es mich getrieben, nur weg, und in fünf langen Jahren war ich gewesen, was ich war; ein Herumtreiber, ein Schauspieler, ein verantwortungsloser Kerl; der dann selbst den Sklavenstand dem Erwachsenwerden vorgezogen hatte.
Doch nicht einmal als Sklave hatte ich heute getaugt.
So wie meinen Vater hatte ich an diesem Abend auch den gerechten Dominus enttäuscht, der mir nie anderes als Güte erwiesen hatte. Mein Leichtsinn, den bereits die arme Cassia zu spüren bekommen hatte, hatte mich nun auch in der Villa Plautia eingeholt. Selbst hier...selbst hier.... ich hätte die Domina abhalten müssen von ihrem Plan; stattdessen hatte ich mich dem fleischlichen Vernügen hingegeben, sie umgarnt und in ihr Feuer Öl gegossen (wortwörtlich!) statt es auszulöschen mit mahnendem Wort und weisem Rat.
Wir waren zum Mahle der plautischen Verwandten viel zu spät gekommen, da Herrin und Diener, jung und dumm, wie sie waren, der Wollust frönten. Nicht einmal Kalkül war es, kein böser Sinn, nur kindisch und gedankenlos, als sei unsere Existenz ein immerwährendes Spiel. Saturnalia!
Und zu allem Überfluss hatte ich den Plautius Leander auch noch genötigt, die Scharade um die Nackenverspannung seiner Ehefrau mitzuspielen. Ich hatte gewusst, dass er öffentlich uns nicht widersprechen würde, ohne dass er natürlich einen Moment daran glaubte; doch ihn zu zwingen, das stand mir gar nicht zu!
Ich, Neshro Bar- Abba, bekannt unter dem Namen Nicander, war als Sklave so schlecht wie ich es schon als Schauspieler gewesen war.
Ach, ich verdiente Prügel, das Hypocaustum, den Stall, die Latrinen, die niedrigste Arbeit auf Knien. Meine feinen Gewänder sollte ich ablegen, groben Lendenschurz und barfuß gehen und im Keller zu schlafen waren für mich angemessen, denn ich war der schlechteste, der dümmste Diener unter der Sonne gewesen.
Ich wusste, dass der Dominus es nicht liebte, wenn man sich vor ihm auf den Boden warf, seine Knie umfasste, seine Hände mit Tränen benetzte oder küsste; und was noch all die Bezeugungen waren, um um Gnade zu betteln.
Gnade suchte ich auch nicht, ich verdiente sie auch nicht.
Nur zutiefst unglücklich, mit gesenktem Blick und gesenktem Haupt und zitternd stand ich da, ein wenig schräg neben Norbana Orestilla. Um sie deutlich zu sehen, hätte ich den Kopf ganz wenden müssen.
Das erste Mal bereute ich bitter, was und wer ich war und meinen Leichtsinn. Ich spielte kurz mit dem Gedanken, meine Identität aufzudecken, aber auch das wäre wiederum gewesen, mich aus der Verantwortung zu stehlen. Dann hätte die liebste Domina ganz alleine die Bürde meines Versagens auf sich nehmen müssen.
Nein, diesmal war ich bereit, alle Verantwortung und so den größten Teil des Zornes des von mir enttäuschten Hausherren zu tragen.
Denn Plautius Leander war zornig, das hatte ich beim Hereinkommen gesehen; still stand er dort, mit verschränkten Armen, aber mit von Zorn umloderter Stirn wie ein Zeus, und die Stille war trügerisch wie wenn am Abend die Luft drückend und schwül uns Sterblichen aufs Gemüt schlug und schwarze Wolken dräuten, bevor dann Blitz und Donner sich mit aller Macht auf die bebende Erde entluden.
|
|
04-09-2025, 06:24 PM,
|
|
RE: Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken
Ich trat unsicher von einem Fuß auf den anderen. Die Luft im Raum war schwer, fast klebrig, und ich spürte seinen Blick auf mir – nicht laut, nicht mit sichtbarem Zorn, aber kalt. Wie ein Hauch aus Eis auf meiner Haut. So voll Erwartung, so voll Enttäuschung, dass es mir die Kehle zuschnürte.
Ich wusste sehr genau, weshalb er mich und Nicander herzitiert hatte, und ich fühlte mich, als wäre ich wieder ein Kind, das beim Naschen erwischt wurde. Wie ein dummes kleines Mädchen, das sich mit klebrigen Fingern vor seinen Vater stellt und hofft, dass das Donnerwetter nicht allzu schlimm ausfällt.
"Ich …" setzte ich an, aber meine Stimme versagte. Kurz sah ich zu Nicander hinüber, als könnte er mir helfen oder mir einen Funken Mut schenken, doch dann schüttelte ich den Kopf. Nein. Wenn ich hier stand, dann stand ich für mich selbst. Er hatte nur Befehle befolgt - meine Befehle.
"Ich wusste nicht, dass es so schlimm ist." Meine Worte kamen kaum hörbar über meine Lippen und wahrscheinlich würde er sie auch nur für eine dumme Ausrede halten. "Ich dachte, es wäre nicht so wichtig. Nicht wirklich. Ich wollte dich nicht verärgern. Es war dumm. Vielleicht sogar kindisch. Aber es war nicht aus Bosheit. Bitte, glaub mir das."
Ich ging einen Schritt nach vorn, legte meine Hände übereinander, löste sie wieder, ließ sie aneinander vorbeigleiten – ich wusste nicht, wohin mit mir. „Ich weiß, dass ich dich enttäuscht habe und ich weiß, ich kann es nicht ungeschehen machen. Ich bin vielleicht wirklich nicht gut genug für dich..." Nein, nein, daran sollte ich nicht einmal danken. Ich senkte den Blick, atmete tief durch, zwang mich zur Ruhe, bevor ich weitersprach. "Es tut mir sehr leid! Wirklich... und ich weiß, dass ich einen großen Fehler gemacht habe. Aber ich konnte nicht anders. Das musst du mir glauben." Für einen Moment rang ich mit mir. Ich wollte erst nichts sagen. Wollte es lieber verschweigen. Denn wahrscheinlich würde er mir kein Wort glauben. Aber ich spürte, dass es nicht richtig wäre. Also zwang ich mich, weiterzusprechen, leiser jetzt, fast flüsternd:
"Ich konnte nicht anders nach dem Bad. Ich konnte keine Ruhe finden, konnte nicht ruhig sitzen. Alles hat gekribbelt. In meinem Kopf, unter meiner Haut, in meinem Bauch – es hat mich fast wahnsinnig gemacht. Ich wusste nicht, was los ist mit mir. Ich hab mich gefühlt, als würde ich gleich... platzen."
Ich lachte leise, bitter, mehr über mich selbst als über die Situation. "Nicander hat mir mal erklärt, dass Männer mit einer Frau schlafen müssen, weil sie sonst vor lauter Samen in sich platzen. Und ich… ich weiß, das klingt dumm. Wirklich dumm. Aber ich hab mich genauso gefühlt. Als müsste ich explodieren, wenn mich niemand … wenn mich niemand berührt."
Ich hob den Blick wieder, ganz langsam. "Ich wollte nicht, dass es er ist. Ich wollte, dass du es bist. Aber du hast mich abgewiesen. Und dann war da niemand mehr. Nur er."
![[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]](https://adlerchronik.de/gallery/3_15_08_22_9_37_19.png)
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
|
|
04-09-2025, 07:38 PM,
|
|
RE: Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken
Wenigstens hatten die beiden den Anstand, schuldig auszusehen. Auch wenn es Leander ernsthaft sehr schwer viel, ruhig zu bleiben und sich anzuhören, was seine Frau zu sagen hatte, gestand er den beiden immerhin das zu, dass sie jetzt, wo der Schaden angerichtet war, sich schuldig fühlten. Auch wenn seine Frau nicht wirklich zu verstehen schien, worum es ging und mit der seiner Ansicht nach dümmsten Ausrede der Welt als Begründung ankam. Er hob eine Hand an sein Gesicht und rieb sich mit zwei Fingern die Nasenwurzel, um Kopfschmerzen zuvorzukommen, mit leidlichem Erfolg.
“Das ist Schwachsinn. Niemand platzt, nur weil er keinen Sex haben kann“ sagte Leander so ruhig wie möglich unter den gegebenen Umständen mit zugekniffenen Augen und der Hand weiter an der Nasenwurzel.
Er atmete noch einmal tief durch, ehe er die Augen öffnete, die beiden ansah und den Kopf schüttelte. “Und nein, ich kann das ernsthaft nicht verstehen. Ein paar Stunden, Orestilla, das wäre alles gewesen. Ein paar Stunden sich erwachsen benehmen, wie eine Hausherrin und nicht… wie ein zweijähriges Kind, das sich nicht anders zu helfen weiß, als seinen Wünschen und Emotionen nachzugehen und sich bei Überforderung auf den Boden wirft und schreit.“
Er schüttelte wieder den Kopf, denn ja, er war sehr schwer enttäuscht, von allen beiden. “Ich habe wirklich nur sehr wenig verlangt, als ich mein Einverständnis dir erteilt habe, dass du deinen eigenen Neigungen nachgehen und sie erkunden kannst. Aber die absolut wichtigste, auf die ich mit sehr ausführlicher Erklärung bestanden habe, war absolute Diskretion. Aber ich glaube nicht, dass ihr beide auch nur annähernd wisst, was dieses Wort überhaupt bedeutet. Wie sonst könntet ihr in einem fremden Haus, dessen Bewohner ihr absolut nicht kennt, am helllichten Tag auch nur auf die Idee kommen, dass es eine gute Idee wäre, dann zu vögeln? Dass meine Verwandten gewartet haben, dass ICH gewartet habe, ist da nur die Krönung des ganzen. Habt ihr auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht, dass jeder der Sklaven hier an der Tür vorbeigehen konnte? Dass die Sklaven hier genauso reden wie alle anderen Menschen auch und etliche dich, Orestilla, schon davor gesehen haben, völlig unverspannt durch die Gegend hüpfend? Und dass mehrere Sklaven mitbekommen haben, wie du Nicander in dein Cubiculum befohlen hast? Dass die Sklaven im Bad ihm das ausgerichtet haben und sich jetzt ihren Teil denken werden, wozu er am helllichten Tag zu seiner frisch gebadeten Domina kommen soll? Dass die Sklaven hier auch dein Bett beziehen und die Spuren darin sehen? Und das auch, während wir beim Essen lagen? Und hat einer von euch bedacht, dass ein Sklave, der seine Herrin des Ehebruchs überführt, sich damit die Freiheit verdienen kann, dank unseres großen Imperator Augustus und seinen restriktiven Ehegesetzen?“
Leander ließ diese ganze Litanei der aufgezählten Gedankenlosigkeit erst einmal wirken. Erst nach einer wohldosierten Pause sprach er weiter. “Also ich kenne die Sklaven hier nicht gut genug, um einschätzen zu können, ob einer davon sein Glück versuchen will, indem er seine Domina des Ehebruchs bezichtigt. Und selbst wenn sich keiner traut, lässt mich die ganze Situation schwach erscheinen. Wer hat Respekt vor dem Ehemann, dessen Frau vor seiner Nase mit dem Liebhaber vögelt? Als Hausherr bin ich hier das oberste Gesetz und sollte absoluten Respekt genießen, aber wenn nicht einmal meine Ehefrau und meine mitgebrachten Sklaven mich respektieren, warum sollten es dann die neunundreißig anderen Sklaven hier, die zuvor einem römischen Ritter und nicht einem Landei und dessen wollüstiger Frau dienten?“
Leander wusste immer noch nicht, wie er damit eigentlich wirklich umgehen sollte. Er zweifelte und ver-zweifelte wegen dieser beiden vor ihm. Was hatte er sich seinen Einstieg hier in Londinium doch anders vorgestellt! Und jetzt hatte er die Wahl, entweder selbst Orestilla zu verstoßen, um vielleicht wenigstens ein bisschen Souveränität wiederzuerlangen, oder abzuwarten, wie schlimm das Nachspiel dieser ganzen Sache werden würde, wobei er die Situation die ganze Zeit wie ein Damoklesschwert über sich wissen würde.
“Und das schlimmste ist, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich euch je wieder vertrauen kann. Denn offenbar ist meine Ehefrau so schwer von ihrem Verlangen getrieben, dass drei Stunden zuviel verlangt sind, die dafür gesorgt hätten, dass all die verräterischen Geräusche und Spuren auch auf mich hätten zurückgeführt werden können, ohne alberne Ausreden wie Verspannungen“
|
|
04-10-2025, 01:23 PM,
|
|
Nicander
Schauspieler
  
|
Beiträge: 98
Themen: 5
Registriert seit: Oct 2023
|
|
RE: Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken
Jetzt fiel mir das mit dem Platzen, wenn man keinen Sex hatte, auf die Füße. Dabei hatte ich das nur gesagt, um die liebste Domina zu trösten, als sie mitbekam, dass Plautius Leander mit Innogen zugange war. Ich räusperte mich und flüsterte:
"Das war sozusagen rein metaphorisch....", dann verstummte ich, denn was der Herr, uns nun sagte, erschütterte mich. Er hätte uns das Schäferstündchen nicht missgönnt, schien es mir, aber was für ein Rattenschwanz von Schande und Ansehen hing für ihn daran.
Ich hatte gewiss nie dem lieben Herren schaden wollen. Ich hatte ihn aufrichtig gerne, und ich mochte es auch sehr, mit ihm das Bett zu teilen. Als er aber nun auch noch ein unseliges Gesetz des göttlichen Augustus erwähnte, nach dem ein Sklave die Freiheit erwerben konnte, wenn er seine Herrin denunzierte, da hielt ich es doch nicht mehr aus, sondern hob die Hand, dass ich zu sprechen wünschte:
"Ich bin doch kein Liebhaber, Herr, nur ein Werkzeug bin ich. Und wenn einer der Sklaven hier meine Herrin durch üble Nachrede beleidigt, so bringe ich ihn eigenhändig um, das schwöre ich bei der Großen Allat! Ich bin ganz alleine Schuld o Herr, denn ich bin der Ältere und hätte es besser wissen müssen! So habe ich meine Herrin durch süße Worte und noch süßere Taten ins Unglück gestürzt! Und dich vielleicht dazu! Nie wollte ich das, niemals!"
Ich konnte meine Tränen kaum zurück halten, und auch ich sah Norbana Orestilla an, für die ich immer nur Glück und Freude gewünscht hatte.
" Ich werde jede Strafe tragen, die du mir gibst. Und wenn sie hart sein muss, damit keiner dich hier für schwach hält, auch dann. Denn ich weiß selbst, dass der Familia nichts verborgen bleibt, auch wenn sie oft kein Urteil fällt"
Da in vielen Häusern die Sklavinnen dem Herren zu Willen sein mussten, dachten die meisten, dass auch die Römerinnen sich nahmen, was ihnen beliebte. Bei uns zuhause hielt man die Römer schlicht für verkommen und wunderte sich eher, dass sie in Rom nicht allesamt nackt auf den Straßen herumliefen. Doch dieses Bild schien eher einem Wunschdenken als der Realität zu entsprechen ( Wunschdenken deshalb, weil man, wenn man schon erobert und besetzt worden war, wenigstens moralisch höherstehend sein wollte)
"Denn keine Strafe kann für mich härter oder schlimmer sein, als dass du mich nicht mehr gern hast, Dominus, und mir nicht mehr vertraust", jetzt war das heraus, und meine Tränen flossen.
|
|
04-10-2025, 11:00 PM,
|
|
RE: Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken
Ich konnte mich kaum rühren, während Leander sprach. Jeder einzelne Satz traf mich zutiefst, und ich begriff, dass ich es wirklich verbockt hatte. Ich war so blauäugig gewesen und sah nun, dass ich nicht einen Moment nachgedacht hatte, welche Konsequenzen mein Handeln hatte. Nicht nur für Leander oder Nicander, sondern auch für mich.
Als Nicander zu sprechen begann, schmerzte es mich fast noch mehr. Dass er nun selbst die ganze Schuld auf sich nehmen wollte, da er doch nur meine Anordnungen befolgt hatte… Dabei war es doch meine Selbstsucht gewesen. Ich hätte ich ihn nie darum bitten dürfen, zu mir zu kommen und mir zu willen zu sein. Aber ich hatte mich von Gefühlen leiten lassen. Wie ein Kind.
Es gab nun nur noch eine Konsequenz für mich, das wusste ich nun. Es gab nichts mehr, was mein Handeln irgendwie hätte entschuldigen können.
"Nicander trifft keine Schuld!" sagte ich, und meine Stimme war zunächst kaum mehr als ein Flüstern. Ich hob den Kopf und sah Leander an, so offen und ehrlich ich nur konnte, auch wenn mir die Tränen in den Augen standen. "Er hat nur getan, worum ich ihn gebeten habe. Ich allein bin verantwortlich."
Ich atmete tief durch, doch meine Kehle war wie zugeschnürt. Alles in mir wollte fliehen – vor Scham, von dem Blick meines Mannes, der mich ansah, als hätte ich ihn verraten. Und das hatte ich wohl auch. Ich hatte nicht nur gegen seine Regeln verstoßen, sondern gegen sein Vertrauen, gegen das, was wir miteinander aufzubauen versucht hatten.
"Ich… ich hatte geglaubt, dass uns niemand belauschen würde. Dass es keine Rolle spielt, was die Sklaven denken und was hinter der verschlossenen Tür meines Cubiculums passiert. Ich dachte…" Ich schluckte, denn der nächste Gedanke war so kindisch, dass ich ihn kaum aussprechen konnte. "… ich dachte, wenn du mit deiner Sklavin schlafen kannst, dann darf ich das auch."
Ich wischte mir die Tränen mit dem Handrücken aus dem Gesicht, auch wenn es nichts half. "Aber das entschuldigt nichts. Ich habe dich bloßgestellt. Ich habe riskiert, dass man über dich lacht. Dass man dich als Hausherr nicht ernst nehmen wird. Ich habe mich nicht wie deine Ehefrau benommen, sondern wie ein trotziges Mädchen, das nicht nachgedacht hat."
Ich sah kurz zu Nicander, der genauso unglücklich wirkte wie ich, dann wieder zu Leander. "Ich werde gleich morgen früh wieder nach Iscalis zurückkehren. Ich kann nicht erwarten, dass du mich nach diesem Vertrauensbruch noch an deiner Seite behalten willst. Du wirst sicher die Scheidung wollen. Und wenn du mich fortschickst, dann ist das richtig. Ich werde nicht versuchen, es zu verhindern."
Meine Stimme brach fast, als ich den letzten Satz sprach. Aber ich zwang mich, aufrecht stehen zu bleiben. Ich wollte nicht auch noch feige sein.
![[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]](https://adlerchronik.de/gallery/3_15_08_22_9_37_19.png)
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
|
|
04-11-2025, 10:35 AM,
|
|
RE: Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken
Leander bedachte Nicander mit einem strengen Blick. “Willst du mich jetzt über Rechtsprechung belehren?“ fragte er den Sklaven ruhig und vielleicht mit ein klein wenig Ironie in der Stimme. Denn er irrte sich, in mehrerlei Hinsicht. Einem Mann war es erlaubt, so viel Verkehr mit seinen Sklaven und Sklavinnen zu haben, wie es ihm beliebte. Bei einer Frau blieb das Ehebruch, da hier nur ein Unterschied darin gemacht wurde, ob der Ehemann den Liebhaber auf der Stelle erschlagen durfte oder nicht. Immerhin ging es bei der Frau um die Legitimität der Nachkommenschaft.
“Und du wirst niemanden in diesem Haus verletzen. Ich würde gerne darauf verzichten, dich kreuzigen oder totpeitschen zu lassen, also behalte deine Hände bei dir und bitte deine Göttin um Verzeihung, bei ihr zu schwören, wozu du kein Recht hast.“
Dann fing Orestilla an zu sprechen und Leander hörte wieder zu. Sie versuchte, die Verantwortung zu übernehmen, auch wenn Leander sich sicher war, dass sie nur die Hälfte der Schuld trug. Es war ja nicht so, als hätte sie Nicander unter Androhung von Gewalt dazu gezwungen. Leander wusste, dass Nicander in sie verliebt war, weshalb er ja überhaupt erst dazu gekommen war, ihr die Genehmigung für ein Verhältnis mit ihm zu erteilen. Wahrscheinlich wäre es dann dennoch dazu gekommen, dass die beiden ihn betrogen hätten, aber dann wäre es wenigstens böser Wille und nicht Dummheit gewesen, was vermutlich leichter zu ertragen wäre.
Schließlich schlug sie eine Scheidung vor, und Leander kam nicht umhin, zu denken, dass sie das vermutlich schon lange wollte. Er hatte ja ebenso lange darüber nachgedacht und machte sich keine Illusionen darüber, wie diese Ehe entstanden war, oder darüber, was sie zusammen hielt. Hätte Orestilla keine Geldsorgen, hätte sie wohl gar nicht erst eingewilligt, ihn zu heiraten, und hätte er weniger Verantwortungsgefühl, hätte er ihre Eskapaden nicht so lange mitgemacht. Aber es war keine tiefe Zuneigung zwischen ihnen beiden. Er hatte gehofft, dass sich das nun ändern könnte, dass die Reise nach Londinium für sie beide ein Neuanfang sein könnte. Aber sie konnten beide ihre alte Haut nicht abstreifen wie eine Schlange, sondern mussten mit dem Leben, wie sie waren.
“Ist es das, was du willst?“ fragte er müde und gab ihr noch ein letztes Mal die Gelegenheit, ihn mit ihrer Antwort zu verletzen.
|
|
04-11-2025, 02:27 PM,
|
|
Nicander
Schauspieler
  
|
Beiträge: 98
Themen: 5
Registriert seit: Oct 2023
|
|
RE: Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken
"Ich würde es nie wagen, dich zu belehren, Herr", flüsterte ich. Meine Tränen erweichten Plautius Leander diesmal nicht, und als er nun von zu Tode Peitschen oder Kreuzigung sprach, fühlte ich zum ersten Male an diesem Tage, auch wenn er gesagt hatte, er würde gerne darauf verzichten, kreatürliche, tiefsitzende Angst. Plautius Leander war in diesem Moment sehr römisch, und Römer taten erbarmungslos wie die See und wie der Sturm, was sie anzukündigen pflegten. Ich merkte, wie mein Mund trocken wurde, und nun kniete ich doch:
"Und nie gegen deinen Befehl handeln" - das betraf Plautius Leanders Anweisung, niemanden hier im Haus zu verletzen, selbst wenn der sein loses Maul nicht hielte:
" Und ich schwöre auch, dass ich mit der Herrin keinen Geschlechtsverkehr hatte und würde es immer beschwören, ganz gleich wo und vor wem" Es war wahr, denn Plautius Leander hatte uns coitus per vaginam verboten und wir sein Gebot nicht gebrochen. Das ich allerdings bis über beide Ohren verliebt und Norbana Orestilla so etwas wie der kühlende Wassertrunk, nach dem Tantalos in seinen Qualen lechzte, für mich war, hatte es mich stets Beherrschung gekostet; dennoch war hier mein Gewissen rein. Allerdings hatte ich schon früh das Verhängnis kommen sehen. Menschen waren keine Automata. Und nun war das Verhängnis über uns hereingebrochen.
Einmal noch umfing mein Blick die liebste Domina. Ich wollte mir ihr geliebtes Bild, ihr Antlitz, ihre schönen Augen, ihre liebe Präsenz noch einmal in die Seele brennen. Sie gab sich, tapfer wie sie war, die Schuld und sprach von Scheidung.
Das Schlimme war; ich hätte lieber die Peitsche ertragen, als diese Ruhe, die Herr Leander beibehielt. Denn nun fragte er Norbana Orestilla: “Ist es das, was du willst?“ In dieser Frage lag so viel Traurigkeit, das ganze Elend der Welt wehte mich an.
Und ich wusste doch, dass die liebste Domina unglücklich über ein Scheitern dieser Ehe sein würde. Ich wusste doch, dass sie ihren Ehemann liebte, nicht wie mich, mit Küsschen und Versen und Turteln wie Tauben, sondern tiefer und mit mehr Bewunderung. Ich liebte ihn ja auch, aber das machte nichts besser.
Vielleicht, wenn er mich jetzt schnell erstechen würde? Das sollte rasch gehen, nicht so lange dauern wie die furchtbare Kreuzigung. Aber dann würde niemand mehr den Herren für schwach halten können. Eventuell nannte man ihn in gewissen Kreisen einen altmodischen Spießbürger, doch bewundern würde man ihn insgeheim, den Plautius, der in echt altrömischer Manier der Ehefrau und der Sklavenschaft gegenüber durchgegriffen hatte...
"Niemand entkommt seinem Schicksal, das die große Allat uns bestimmt hat, Herr....und ich bin ganz alleine Schuld an dem Unglück, das geschehen ist. Ich allein habe die Herrin verführt", jetzt hätte ich noch etwas Tapferes sagen, meine Tunika öffnen und Plautius Leander meine blanke Brust und Kehle darbieten können. Aber es war leichter, den tragischen Helden auf der Bühne als im wirklichen Leben zu mimen. Man musste doch nicht immer gleich sterben! Hätte es nicht auch ein Monat in den Tiefen des Kellers beim Befeuern des Hypocaustum getan?!
|
|
04-11-2025, 10:24 PM,
|
|
RE: Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken
Ich hätte alles erwartet – Wut, Schreie, vielleicht sogar eine Ohrfeige. Doch als Leander mich nur so müde ansah und fragte, ob das wirklich mein Wunsch sei, traf mich seine Traurigkeit mit voller Wucht. Ich spürte, wie mir das Herz schwer wurde, so schwer, dass ich kaum noch atmen konnte.
"Nein", sagte ich leise, kaum hörbar. "Nein, ich will das nicht."
Ich sah zu ihm auf, in seine dunklen Augen, in denen so viele Dinge lagen, die er nie aussprach – Enttäuschung, Erschöpfung, vielleicht auch ein Rest Hoffnung, den ich zu zerstören drohte.
"Ich wollte nie, dass es so weit kommt. Ich war töricht, ich weiß das jetzt. Ich habe Dinge getan, die du nie verdient hast. Aber ich habe nicht aufgehört, dich zu achten. Ich will nicht, dass das hier endet."
Dann drehte ich mich zu Nicander, der da kniete wie ein zum Tod Verurteilter, und mein Herz krampfte sich zusammen. Ich hätte ihn nie in diese Lage bringen dürfen. Mein Fehler war nicht nur, ihn begehrt zu haben, sondern ihn in mein eigenes Chaos hineingezogen zu haben.
"Er hat mich nicht verführt", sagte ich klarer, fester. "Ich war es. Ich wollte jemanden, der mich ansieht, der mich begehrt. Der mir süße Worte der Liebe zuflüstert. Ich war selbstsüchtig, ich habe ihn nur benutzt."
Ich schluckte, hart und trocken, weil ich wusste, was ich nun sagen musste. "Wenn du mich nicht mehr bei dir willst, Leander, werde ich gehen. Du sollst nicht länger unter meiner Nähe leiden. Aber wenn du noch willst, dass ich bleibe… wenn du mir noch einmal erlauben kannst, ein Teil deines Lebens zu sein, auch wenn ich dir wehgetan habe… dann bleibe ich. Dann will ich es besser machen. Für dich."
Ich trat einen Schritt näher zu ihm. "Aber du sollst wissen, dass ich nie mit ihm geschlafen habe. Es war nicht, was du denkst. Ich war feige, ich habe dich nicht betrogen in der Weise, wie es aussieht – aber ich habe dich hintergangen, in Gedanken, in Sehnsüchten, und das ist vielleicht noch schlimmer."
Ich ließ die Hände sinken. Ich wollte ihn nicht anflehen. Ich wollte ihn entscheiden lassen – über sich, über uns. Und ich würde die Konsequenzen tragen, welche auch immer sie sein mochten.
![[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]](https://adlerchronik.de/gallery/3_15_08_22_9_37_19.png)
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
|
|
04-12-2025, 12:10 PM,
|
|
RE: Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken
Dass die beiden sich darin überboten, wer nun mehr Schuld sei, um den jeweils anderen zu schützen, machte es Leander alles andere als leicht, auch nur ein klein wenig Vertrauen in einen von den beiden zu setzen. Ihm war durchaus klar, dass die beiden weit mehr zueinander halten würden, als je zu ihm. Aber er fühlte deshalb keine Eifersucht, mehr etwas wie traurige Gewissheit und weitere Zweifel bezüglich der Zukunft.
Dass Nicander schwor, nie gegen seinen Befehl zu handeln, hatte etwas ironisches angesichts der Situation, dass die beiden gerade ja sehr wohl gegen seinen Willen und zu seinem Nachteil gehandelt hatten. Leander zog daher nur kurz die Augenbrauen leicht hoch und noch mehr, als Nicander sich auf den Boden warf und beteuerte, mit Orestilla keinen Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Ein möglicher Verrat, an den Leander bislang noch nicht einmal gedacht hatte, der ihm nun, da es angesprochen war, aber leider nicht unmöglich mehr erschien. Sein Vertrauen war wirklich schwer erschüttert.
Insbesondere glaubte Leander nicht daran, dass man nur unschuldiger Zuschauer seines eigenen Lebens war und sich gegen dessen Windungen nicht stemmen konnte. Ja, das Schicksal war ein wilder Sturm auf dem Meer, gegen dessen Kraft man nicht viel ausrichten konnte. Aber wenn man nicht einmal versuchte, zu rudern, konnte man sich ebensogut gleich selbst in die Fluten stürzen, um zu ersaufen. Vielleicht bekam man vom Schicksal nicht, was man sich wünschte, aber das hieß nicht, dass man nicht darum kämpfen sollte. Und das sagte er als geborener Sklave!
Orestilla fand schließlich ihre Stimme wieder und sagte, dass sie eigentlich keine Scheidung wollte. Leander wollte eigentlich auch keine, aber ihre Taten machten es sehr schwer. Auch wenn sie jetzt, zwar spät, aber immerhin, Einsicht zeigte. Und er wollte ihr gerne glauben, dass es ernst gemeint wäre und vor allen Dingen, dass sie ihre Worte auch einhalten konnte. Aber er konnte nicht mehr so darauf vertrauen wie zuvor, und das nagte an ihm.
Er schwieg einen langen Moment, während er nachdachte. Er wollte keine übereilte Entscheidung treffen, die er später bereuen würde. Nur gab es hier keine Entscheidung, die nicht dazu führen würde, dass er es bereuen könnte. Einen gerechten Weg zu finden war häufig schwer, ihn dann zu beschreiten noch viel schwerer.
“Ich möchte nicht, dass du gehst“, sagte er schließlich und atmete noch einmal tief durch. “Mein Vertrauen in euch beide ist erschüttert, und ich weiß jetzt noch nicht, ob das wieder heilt. Aber ich möchte zumindest die Möglichkeit nutzen, es zu versuchen.“
Er richtete sich gerade auf, jetzt der Richter dieses Haushaltes, denn natürlich mussten Konsequenzen der Handlung dennoch erfolgen. “Aber ich ziehe jedes Einverständnis zu näherem Kontakt zwischen euch beiden zurück. Ihr werdet weder Küsse, noch Berührungen, noch Liebesschwüre tauschen, geschweige denn sexuelle Handlungen. Nicander wird Orestillas Cubiculum nicht wieder betreten, und ihr beide werdet euch in keine geschlossenen Räume miteinander zurückziehen, wo euch sonst niemand sehen kann. Ihr könnt miteinander reden, wo andere euch sehen können und bezeugen können, dass zwischen euch nichts ist als das Verhältnis eines Sklavens und einer Domina.“
|
|
|