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[Rat der Druiden] Wasser und Asche
02-04-2025, 05:33 PM,
Beitrag #1
[Rat der Druiden] Wasser und Asche
[Bild: Druiden-v-ierusalime-carskie-grobnicy.jpg]¹



Der Rat der Druiden war endgültig von der Insel  Mona vertrieben worden. Die Krieger Monas hatten sich dem Legatus Augusti Petilius Rufus ergeben müssen. Fünf Tagesreisen entfernt in Novantum, ², wie es die Römer bezeichneten, an einem düsteren Kap umtost von den grauen Wogen der See, gerade jetzt im Winter, hatte er jedoch eine Zuflucht gefunden. Dort gab es einen Cairn, einen Steinhügel, den das alte Volk errichtet hatte, Kammern und düstere Grabkammern und im Notfall auch ein Versteck für die Verfolgten. Kaum jemand verirrte sich dorthin, und wer es tat, wurde verwirrt von Stimmen in der Finsternis, Nebel und einem namenlosen Schrecken. Während Mona ein Ort der Gelehrsamkeit und Spiritualität gewesen war, bis Rom die Insel zerstörte, war Maol nan Gall- der "kahle Hügel der Fremden" ein Ort des Kriegsrates und des Hasses. Bis Cathbad zu den Briganten aufgebrochen war, um erneut die Kriegsfackel entzünden, hatte er diesen Ort mit seinem Geist geprägt. Nun war er aber schon lange unterwegs, und seinen Platz hatte Meister Cartivel eingenommen. Cartivel war selbst breitschultrig und groß wie ein Kriegsmann. In sein rotes Haar flochten sich erst wenige graue Strähnen. Er war jedoch weniger eisern als der alte Cathbad, eher auf Ausgleich bedacht. Aber er war einer der Jüngeren und hatte nicht viele Anhänger und da er Cathbads Stellvertreter war, hielt er sich an dessen Beispiel und dessen Taten.

In einer sturmuntosten Nacht - es war gerade die Nacht, in der Fintan in der Falkenhöhle einen Leichnam verscharrte, träumte Cartivel einen beunruhigenden Traum.
Er sah in diesem Traum einen Wald. Es war einer der hohen, großen Wälder in Albions Süden.  Und dort über dem Wald leuchtete eine Schwärze ohne Sterne, ohne Licht und ohne Leben. Dort kreisten sie wie Stücke von Nichts, wie Leere, und wo sie kreischten und ihre Schwingen ausspannten, erloschen die Silberlinien der Welt selbst.  Etwas Böses heulte verzweifelt über den Verlust seines wertvollsten Werkzeugs. Sie hatten etwas verloren, was ihnen schon sehr lange gehört hatte. Sie forderten Rache von Land, Mensch und Tier.....

Cartivel erwachte. Trotz der Kälte dampften seine Glieder vor Schweiß. Er erhob sich schwankend, immer noch unter dem Eindruck der grausigen Bilder. Dann rief er einen der jüngeren Schüler, legte ihm eine Hand über die Augen und ließ ihn schlafen. Er brauchte ein bisschen nur von dessen jugendlicher Kraft, als er nun Asche und Wasser beschwor.
Er nahm mit einer Hand Asche und rührte sie in eine Schale Wasser. Sein Geist verband sich mit allem, was Wasser in Albion war, mit Quellen, mit Flüssen, mit Seen und selbst dem gezähmten Wasser der  Aquädukte. Doch auch Menschen und Tiere waren Wasser. Rasch floss sein suchender Geist dahin.

"Meister Cathbad... ich erbitte deinen weisen Rat. Was geschieht gerade?", murmelte Cartivel und tupfte mit seinem knotigen Zeigefinger etwas Wasseraschegemisch  auf die Stirn des Jungen. Dieser öffnete die Augen. Seine Augen waren schwarz wie das Moor.

"Er...ist...tot!", flüsterte er, und in seiner Stimme heulten die Boccanach mit dem Morgenwind: "Der Mörder jedoch....", der Junge verstummte, dann fiel er zu Boden.

Cartivel fühlte an seinem Hals seinen Puls, der kräftig war, dann strich er ihm erneut über die Augen: "Schlafe jetzt tief und ohne böse Träume, ruhe dich ganz und gar  aus", murmelte er und trug den schlafenden Jungen eigenhändig auf sein Lager, wo er ihn zudeckte. Wenn er aufwachte, würde er sich an nichts mehr erinnern.

Was Cartivel jedoch gesehen und gehört hatte, setzte ihn in Alarmbereitschaft. Meister Cathbad, der Erste im Rat, der Weiseste der Weisen, war entweder bereits gestorben oder doch in großer Gefahr. Und auch das Land selbst war es. 

Noch war Winter, der Seeweg war noch versperrt. Nur drei Reiter schickte Cartivel später aus, nach dem Verbleib seines Meisters zu fahnden: Einen in das Brigantenland, einen anderen nach Dubris, wo Cathbad das letzte Mal ganz sicher gesehen worden war, und Cenmonoc, den Stärksten und Kriegerischsten von ihnen nach Iscalis zu Cathbads Falken.

Cenmonoc war auch derjenige, der Meister Cartivel versprach, falls jemand die frevelhafte Tat begangen hätte, dem Obersten des Druidenrates ein Leid anzutun, er nur mit dem Kopf des Mörders an seinem Sattel zurückkehren würde oder gar nicht mehr.



Sim off: ¹Vasily Vereshchagin by Wikiart, Public Domain ² heute: Mull of Galloway

[Bild: 1_22_10_22_8_51_56.png]
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