Willkommen im Forum, Bitte Anmelden oder Registrieren

Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe
01-23-2025, 05:10 PM,
Beitrag #1
Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe
Nach einem durchschnittlich arbeitsintensiven Tag war Leander wieder nach Hause gekommen. Dort von der eigenen Ehefrau begrüßt zu werden war beinahe verstörender als das Verhalten von Plautius Seneca beim Abendessen, der zunehmend geistige Fähigkeiten vermissen ließ und Orestilla beständig mit einer seiner Töchter zu verwechseln pflegte, wenn er sie denn überhaupt einmal bemerkte. Glücklicherweise schlief er während der Cena ein und wurde von den nun zahlreichen Sklaven in sein Cubiculum gebracht. Leander rechnete nicht damit, dass Seneca noch sehr lange leben würde.


Leander war nicht geübt darin, die Verhaltensweisen seiner Ehefrau zu lesen, aber auf ihn wirkte sie diesen Abend sehr nervös und angespannt. Er rechnete fast wieder mit einem Versuch ihrerseits, sich ihm aufzudrängen. Nicht, weil sie ihre Leidenschaft entdeckt hätte oder ihn auf einmal attraktiv finden würde, sondern einfach nur, weil sie dachte, dass es sich so gehörte. Nach dem Gespräch am Morgen mit Nicander hoffte Leander, dass der Sklave erscheinen würde, ehe dieser für alle peinliche Moment kommen würde.
Um dem Ganzen etwas Vorschub zu leisten, wandte sich Leander schon beim Betreten des Schlafzimmers an seine Ehefrau, sobald die Sklaven, die die Lampen anzündeten und bei Bedarf beim Ausziehen oder Ablegen von Haarnadeln behilflich waren, gegangen waren. Er selbst war noch voll bekleidet, da er nicht gedachte, heute Nacht hier zu verbringen. “Bevor du zu Bett gehst, Orestilla, möchte ich mich mit dir noch über ein mir sehr wichtiges Thema unterhalten. Ich habe deinen Sklaven Nicander dazugebeten, denn es betrifft auch ihn.“ Den restlichen Abend hatten sie nur höflich miteinander geredet, so dass Leander hoffte, dass sie merkte, dass ihm dieses Gespräch wirklich sehr wichtig war und er es ernst meinte. Er konnte nur hoffen, dass sie den Inhalt erfassen würde und vielleicht mit der Zeit so einen Teil ihrer Unsicherheit verlor.
Zitieren
 
01-24-2025, 07:14 PM,
Beitrag #2
RE: Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe
Leander und ich traten gemeinsam in unser gemeinsames Schlafzimmer. Mein Blick fiel auf die Lampe, die gerade von einem der Sklaven entzündet wurde, und das gedämpfte Licht ließ den Raum irgendwie bedrückend wirken. Vielleicht war es auch nur meine eigene Unruhe, die mir den Atem schwer machte. Ich hatte den ganzen Abend überlegt, wie diese Nacht verlaufen würde. Nach dem Debakel der letzten Nach, wollte ich es in dieser Nacht besser machen.
Eine Sklavin eilte herbei, um mir beim Entkleiden zu helfen. Mit flinken Händen löste sie die Fibeln, so dass sich die Stoffschichten sich um meine Schultern lockerten. Schließlich entfernte sie noch die Nadeln aus meinem Haar und kämmte es, bevor sie es zu einem Zopf flocht und danach ging. Doch zuvor schon hatte ich mit einem schnellen Seitenblick bemerkt, dass Leander vollständig bekleidet blieb. Er machte keinerlei Anstalten, seine Tunika abzulegen, wie ich es erwartet hatte.
Als sich die Tür hinter der Sklavin schloss, begann er zu sprechen. Bevor ich zu Bett ginge, wollte er sich mit mir noch über sehr wichtiges Thema unterhalten, sagte er plötzlich, und ich zuckte unwillkürlich zusammen. Wieso nur ich? 
Seine Stimme klang ruhig und beherrscht, aber die Worte schnitten mir wie ein Messer ins Herz, als er meinte, er habe auch Nicander dazu gebeten, denn es würde ebenso ihn betreffen.
Meine Hände griffen unbewusst nach dem Stoff meiner Untertunika. Nicander? Ich spürte, wie mein Puls in den Ohren rauschte. Mein erster Gedanke war ein einziger Schrei: Er weiß es. Mein zweiter: Was wird er tun?
"Natürlich, Leander," brachte ich schließlich hervor, meine Stimme seltsam leise. "Ich höre dir zu." Ich richtete mich ein wenig auf, um die Haltung einer römischen Matrona zu wahren, doch meine Gedanken jagten einander. Warum Nicander? Warum jetzt? War es, weil ich heute Morgen zu offen mit ihm gesprochen hatte? Hatte mich einer der Sklaven beobachtet und alles Leander berichtet? Oder hatte er etwas bemerkt, das ich selbst nicht einmal richtig verstanden hatte?
Ich wagte es nicht, ihn direkt anzusehen, also ließ ich meinen Blick auf den Boden sinken, auf die Schatten, die die Lampen warfen. "Hat es... etwas mit unserem Gespräch heute Morgen zu tun?" fragte ich schließlich, meine Stimme so ruhig wie möglich, obwohl die Worte mich beinahe erstickten. Mein Magen zog sich zusammen. Ich war bereit, alles zu hören – alles außer das, was ich am meisten fürchtete.
[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
Zitieren
 
01-24-2025, 07:38 PM,
Beitrag #3
RE: Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe
(01-24-2025, 12:43 AM)Norbana Orestilla schrieb: "Oh, Nicander …" Meine Stimme brach, während ich sprach. "Du bist mir so lieb. Wäre die Welt nur anders, dann könnte ich dir die Gefühle erwidern, die du für mich empfindest. Doch zu meinem tiefsten Bedauern ist das Leben so grausam!"
Ich blickte ihn an, mit einem Schmerz in der Brust, der mich fast überwältigte. Mein Herz schien zerrissen zwischen der Treue zu meinem Ehemann und der Sehnsucht nach dem, was Nicander mir anbot – einer Liebe, die so viel mehr zu sein schien als ein flüchtiges Verlangen. Doch wie könnte ich den einen lieben, ohne den anderen zu verraten?

Und was geschah darauf hin? Ich gestehe, dass ich floh, nachdem ich meiner liebsten Herrin einen tränenvollen Blick geschenkt hatte. Wie lieblich und traurig zugleich hatte ihre Stimme geklungen. Es schnitt mir ins Herz.
Mit Unruhe hatte ich dann den  besagten Abend erwartet, an dessen Morgen der Herr angeordnet hatte, dass ich mit zum Ehegemach kommen sollte. Schon zuvor hatte ich mit vom Maiordomus die Erlaubnis und ein paar Asse für das nächstgelegene Badehaus geben lassen und meine Tunika zum Wechseln angezogen, meine Locken ordentlich gelegt und einen Löffel Honig, wie wir Schauspieler das gerne taten, genascht, um meinen Atem angenehm und meine Stimme wohltönend zu machen.
Meine Präsenz war für die Herrschaft im Prinzip genauso unbedeutend wie die einer Vase oder einer Zimmerpflanze.  Viele Römer schliefen mit ihren Frauen, während ein Sklave oder mehrere anwesend waren, die sie bedienten, und da war nichts dabei.
Dennoch ergriff mich plötzlich vor der Tür des Ehegemachs eine fürchterliche Scheu. Ich war aber von Natur aus nicht schüchtern. Also vermutete ich: Das musste Lampenfieber sein.

Ich hob meinen Fingerknöchel und klopfte zaghaft an.
[Bild: 1_26_01_24_4_43_25.jpeg]
[Bild: 3_15_08_22_9_43_44.png]
"Scheinsklave" Norbana Orestilla
Zitieren
 
01-24-2025, 08:38 PM,
Beitrag #4
RE: Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe
Leander versuchte, die Einzelheiten des Gespräches vom Morgen sich ins Gedächtnis zu rufen, denn Orestilla erschien mit einem Mal noch nervöser zu werden. Aber er wusste nicht, was das ausgelöst haben sollte. Aber sie hatten am Morgen auch über die letzte Nacht gesprochen und Leander glaubte, dass es darum ging. “In gewisser Weise. Aber bitte, versuche, dich zu entspannen. Ich habe nicht vor, dir Vorwürfe zu machen.“

Glücklicherweise klopfte es in diesem Moment und Leander sagte laut: “Ja?“ Als die Tür sich öffnete, sah er Nicander, der ebenfalls auffällig nervös und obendrein frisch gewaschen war. Offensichtlich rechnete jemand damit, gleich heute in den Genuss des Vollzugs zu kommen – eine Vermutung, die Leander doch mit leichter Sorge erfüllte. Es schien, als wäre mehr zwischen den beiden, als er durchaus aufgrund seiner kurzen Beobachtung selbst erschlossen hatte. Und leider machte das wahrscheinlicher, dass er sich nach einer neuen Ehefrau umsehen musste. Aber gut, dann wäre dem wohl so.

“Ah, Nicander, komm herein und schließ die Tür hinter dir“, forderte Leander den Sklaven auf und wartete, bis alles ausgeführt war und die beiden fast wie zu verurteilende vor dem Richter dastanden und ihn ansahen.
Er wand sich zuerst an Orestilla. “Orestilla… Ich weiß, dass du keinerlei Anziehung mir gegenüber verspürst. Wann immer ich versucht habe, dir näher zu kommen, war deine erste Reaktion Furcht und Ablehnung, auch wenn du sie nie offen zugegeben hast oder mir etwas verwehren würdest, was ich von dir verlange. Und natürlich kennen wir uns erst seit Kurzem und ich bin nicht so dumm, als ob ich nicht wüsste, dass junge Frauen lieber einen ebenfalls jungen Adonis an ihrer Seite erträumen und nicht einen älteren Anwalt.
Nur möchte ich genauso wenig mit einer Frau Geschlechtsverkehr haben, die das nur aus Pflichtgefühl heraus tut. Ich möchte eine Frau, die mich begehrt und die mit mir Geschlechtsverkehr haben will. Das soll kein Vorwurf an dich sein. Ich will nur, dass du vielleicht auch einmal versuchst, zu verstehen, warum die Situation für mich nicht besser ist, als für dich. Und warum ich auch darauf bestanden habe, die letzte Nacht nicht mit dir zu verbringen.“

Leander machte eine kleine Pause, damit dieser Punkt Zeit hatte, bei ihr anzukommen, und fuhr dann gleich fort: “Ich weiß, dass Nicander und du euch sehr zugetan seid. Und ich habe bereits heute Morgen mit ihm darüber gesprochen und möchte jetzt auch in seinem Beisein mit dir darüber sprechen. Ich bin kein eifersüchtiger Mann und ich erkenne die Realitäten dieser Ehe auch an. Und ich bin der Meinung, dass die ersten sexuellen Erfahrungen jedes Menschen idealerweise mit jemandem sein sollten, dem man ernsthaft zugeneigt ist, damit man erfahren kann, welch schöne und erfüllende Erfahrung das ganze sein kann. Keine Pflicht, die es zu erfüllen gilt, sondern Begehren, Leidenschaft, Freude, Verlangen...“
Er blickte von Nicander wieder zurück zu seiner Ehefrau. “Natürlich möchte ich dir nicht sagen, was du tun sollst und was nicht, denn wie gesagt sollte es deine freie Entscheidung sein. Aber sofern du mit deinem Sklaven ein Verhältnis eingehen möchtest, würde ich es unter einigen Bedingungen tolerieren. Die erste und offensichtlichste ist natürlich, dass es absolut diskret und geheim bleiben muss und niemals Anlass zu Gerede geben darf. Das heißt, kein Händchenhalten, keine verstohlenen Blicke oder Küsse irgendwo, wo andere es sehen können. Sollte es zu Gerede kommen, hätte ich keine andere Wahl, als mich von dir unverzüglich scheiden zu lassen und nach den Gesetzen würdest du nicht nur für dein Verhalten infam werden, du würdest auch deine Mitgift verlieren und könntest im schlimmsten Fall verbannt werden. Und damit ich nicht als Mittäter oder Zuhälter gelte, müsste ich es zur Anzeige bringen. Ich möchte das unter allen Umständen vermeiden.“
Dieser Punkt musste Orestilla klar sein. Sie war sehr jung, und junge Menschen taten dumme Dinge. Aber wenn es in der Stadt Gerede gab, dass sie Leander betrog, hatte er keine Wahl. Er konnte nur hoffen, dass dieser Punkt ihr unmissverständlich klar war und sie deshalb nichts Dummes tat.

“Und der zweite Punkt ist natürlich, dass du keinesfalls von ihm schwanger werden darfst. Ihr könnt euch mit Oral-, Anal- und Schenkelverkehr vergnügen, wie es euch Freude bereitet, aber Vaginalverkehr kann ich nicht tolerieren.“
Das war hoffentlich auch selbstverständlich und vermutlich wusste Nicander eher, wovon Leander sprach, als Orestilla, die schon die Frage nach Selbstbefriedigung am letzten Abend völlig überfordert hatte.

Leander atmete noch einmal tief durch. “Meine Hoffnung ist, dass es dir die Freude am Akt an sich näher bringt und du so vielleicht mit der Zeit auch ein Verlangen nach mir zu fühlen imstande sein wirst. Sofern das der Fall sein sollte und du von mir schwanger werden solltest, hätte ich auch keine Einwände dagegen, wenn du die Affäre fortzusetzen gedenkst während dieser Zeit.
Sollte es bei dir aber zu der Erkenntnis führen, dass du keinerlei Verlangen für mich fühlst, bitte ich euch beide, mir dies mitzuteilen, damit sich unser aller Wege zivilisiert wie unter Erwachsenen trennen können und niemand in einer Beziehung gefangen ist, die ihn unglücklich macht.“
Zitieren
 
01-25-2025, 10:12 AM,
Beitrag #5
RE: Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe
Nicander trat ein, die Tür fiel leise ins Schloss. Mein Herz begann unruhig zu klopfen, und ich konnte nicht verhindern, dass mein Blick ihn suchte. Er war im Badehaus gewesen – seine Tunika war frisch, und seine dunklen Locken lagen ordentlich. Für einen kurzen Augenblick vergaß ich Leanders Anwesenheit, doch dieser Moment war nur flüchtig.
Ich bemerkte eine leichte Anspannung in Nicanders Gesicht. Er wirkte unsicher, fast schüchtern, was so gar nicht zu dem Mann passte, der sonst mühelos jede Rolle spielte. Es war seltsam, ihn so zu sehen, und die leise Unsicherheit, die von ihm ausging, ließ mich noch nervöser werden.
Dann spürte ich Leanders Blick auf mir. Mein Herz schlug schneller, und ich kämpfte darum, mir nichts anmerken zu lassen. War es so offensichtlich, was ich fühlte? Gedanken wirbelten in meinem Kopf umher wie Blätter im Wind. Ich wusste nicht, wohin mit meinen Händen und so verschränkte ich meine Arme vor meiner Brust. Es war schwer, Worte für das zu finden, was in mir vorging – weder für meine Gefühle gegenüber Nicander noch für die Unruhe, die die Anwesenheit meines Ehemanns in mir auslöste.

Leander begann zu sprechen, und seine Stimme holte mich in die Gegenwart zurück. Die Art, wie er die Möglichkeiten aufzählte – als wäre es ein Vortrag über irgendein Rechtsverfahren –, ließ mich beinahe den Atem anhalten. Es war so surreal, dass ich nicht wusste, ob ich lachen oder weinen sollte. Doch in seinen Worten lag keine Bosheit, nur Pragmatismus.
Seine Worte waren ruhig, fast sachlich, doch in ihrer Klarheit lag eine Art von Verständnis, die mich erschütterte. Er sprach von dem, was er in mir gesehen hatte, und ich war überrascht, ja, fast erschrocken, wie präzise er meine Gefühle erfasste – Gefühle, die ich selbst kaum begriff.
Mit jedem Satz spürte ich, wie die Anspannung in mir wuchs, und zugleich, wie eine neue Erkenntnis in mir aufstieg. Leander war nicht wütend. Er war nicht zornig über das, was ich für Nicander empfand. Er schien mich nicht verurteilen zu wollen, und das ließ eine Welle der Erleichterung in mir aufsteigen, die ich kaum zu greifen vermochte.
Als ich weiter lauschte, verstand ich plötzlich auch, warum er die vergangene Nacht mit der Sklavin verbracht hatte. Es war keine Liebe gewesen, keine Leidenschaft, sondern etwas anderes: Trost vielleicht, oder das Bedürfnis nach einer Nähe, die ich ihm nicht geben konnte. Es tat weh, das zu begreifen, doch ich konnte es akzeptieren. Es passte zu ihm.
Seine Worte endeten, und für einen Moment hing eine Stille im Raum, die mich mehr erdrückte als alles zuvor. Ich blickte auf meine verschränkten Arme hinab, wagte es kaum, ihn anzusehen. Doch schließlich hob ich den Kopf, suchte seinen Blick und sprach mit leiser Stimme: "Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich hätte nicht gedacht, dass du so reagieren würdest. Dass du… so verständnisvoll bist." Je länger ich darüber nachdachte umso mehr verstand ich, was ihn dieser Großmut kosten musste.
"Ich verspreche, ehrlich mit dir zu sein und auch, dass ich nichts tun werde, was dich oder mich in der Öffentlichkeit kompromittieren könnte." Wieder entstand eine kurze Pause, da ich von der gesamten Situation noch so überrascht war. Mit einem zaghaften Lächeln sah ich schließlich zwischen ihm und Nicander hin und her. "Ich hoffe… ich hoffe, mit Nicanders Hilfe werde ich bald bereit sein… für dich." Meine Stimme zitterte leicht, und ich spürte, wie meine Wangen heiß wurden. Verlegen senkte ich den Blick, unfähig, Leander oder Nicander länger anzusehen.
[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
Zitieren
 
01-25-2025, 05:12 PM,
Beitrag #6
RE: Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe
Ich verbeugte mich ganz kurz beim Eintreten und blieb stehen. Die Domini standen mir gegenüber, so dass wir ein Dreieck bildeten wie man es auf der Bühne tat, wenn man ein Dreiergespräch abbilden wollte. Jeder Zuschauer konnte so zumindest von seinem Platz aus einen der Schauspieler beziehungsweise den Pantomimen, der durch Tanz alle drei verkörperte, genau sehen. Nur dass wir hier keine Zuschauer hatten.  Dennoch schien es fast wie ein Theaterstück. Aber der Stoff für die Tragödie und für die Komödie gleichermaßen  entsprang nicht gelehrtem Wissen über alle Vorkommnisse der Sagenwelt bis hin zur Königin Kleopatra, sondern hier dem realen Leben, dem Ehegemach von Plautius Leander und Norbana Orestilla, die brave Iscaler Bürger waren und meiner Wenigkeit, ihrem Sklave .

Plautius Leander hielt sich... wie sollte ich es sagen, für körperlich nicht anziehend genug. Er meinte, dass eine junge Frau einen Adonis an ihrer Seite wünsche. Da hätte ich ihm gleich hundertmal widersprechen können. Wusste er denn nicht, dass es sogar junge Damen aus senatorischem Stand gab, die nach schielläugigen, narbengesichtigen Gladiatoren schmachteten? Die Liebe war schon ein seltsames Spiel. 
Doch dieser Irrtum war es nicht, der mich verblüffte. Sondern dass er, der Römer sagte, er wünsche sich eine Gattin, die sich aus Begehren mit ihm vereinigte und nicht aus Pflichtgefühl. Heieieiei... aus was denn sonst? Ich hatte mich getäuscht, mein Herr war gar nicht so römisch,wie er für mich ausgesehen hatte,  in seiner Seele war er ja griechisch durch und durch. Das war mir höchst symphatisch.  Leidenschaft wollte er nämlich, und dass die süße Norbana Orestilla durch jemandem, den sie als anziehend empfand, in die Liebe eingeführt wurde, auf dass die Freude an der  körperlichen Liebe auch die Bereitschaft für ihren Gemahl entzünde.

Mir wurde klar, dass Plautius Leander durch seine außerordentliche Grpßzügigkeit in die Gefahr geriet, als Betrogener oder Kuppler dazustehen und sich gesellschaftlich lächerlich zu machen, selbst wenn ein Richter die Schuld - natürlich - der Frau geben würde. Wenn er dies Risiko auf sich nahm, musste er Norbana Orestilla aufrichtig lieben. Meine kleine fromme Lüge im Tablinum, dass der Plautius die Norbana, war also wie durch ein Wunder zur lauteren Wahrheit geworden.

Plautius Leander edle Gesinnung rührte mich jetzt so sehr, dass mir wieder Tränen in die Augen traten. Und genau mit diesen tränenumflorten Augen begann ich den Dominus jetzt in seiner ganz eigenen Schönheit zu sehen.  Vielleicht lagen seine Reize in seinen Augen, in seiner Ruhe und Unerschütterlichkeit, in seiner Selbstlosigkeit und in seinen ernsten männlichen Zügen und seinem immer noch ansehnlichem Körper. Ein Pylades war er eher als Adonis. Aber Adonis sank so jung in sein Grab. Der treue Freund Pylades lebte hingegen bis ins hohe Alter glücklich mit seiner Frau Elektra....

Nun beschrieb uns Plautius Leander genau und in größter Sachlichkeit,  was er  an Venusdienst gestattete und was er nicht gestattete. Erlaubt waren all die Praktiken, die verheiratete, auf Abwegen wandelnde Frauen mit ihren Liebhabern auszuüben pflegen, damit ihre Kinder trotz allem dem Ehemann ähnlich sahen. Doch diesmal erschien mir des Herren Juristerei lieblich und eine Verbündete. Ich nickte ernst bei allem, was er sagte, auch wenn mir die Wangen brannten.  

Jetzt schaute ich zu meiner  liebsten Herrin. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Die Wangen gerötet, schöner als je zuvor, stand sie da, vom nämlichen Gefühl der Zuneigung für ihren Gatten ergriffen, und sie sprach zwar gerührt, aber dennoch ihrer selbst sicherer als je zuvor, seit sie ihr neues Heim betreten hatte:
"Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich hätte nicht gedacht, dass du so reagieren würdest. Dass du… so verständnisvoll bist.
Ich verspreche, ehrlich mit dir zu sein und auch, dass ich nichts tun werde, was dich oder mich in der Öffentlichkeit kompromittieren könnte."
Nun schenkte sie ihrem Ehemann ein zögerliches Lächeln: " Ich hoffe… ich hoffe, mit Nicanders Hilfe werde ich bald bereit sein… für dich."

Ich wechselte meinen Standpunkt, um an Orestillas Seite zu treten. Ich konnte nicht anders, als sie anzustrahlen, mit solcher Seligkeit, mit solchem Herzklopfen. Ich würde Norbana Orestilla küssen dürfen. Ich würde ihre geheimsten Stellen erkunden, sie lieben, und sie wäre mein - nicht meine Frau, aber mein Mädchen, meine Geliebte, wenn auch nur heimlich und verborgen.

"Ich werde keinem von euch Schande bringen, Domini. Deine Worte habe ich mir gut gemerkt, Herr", sprach ich und streckte eine Hand aus, damit Orestilla die ihre in meine legen konnte. Meine Hand zitterte,  denn mein Herz glühte in Liebe und Leidenschaft.

Aber wie gesagt, es war mir ein hehres Ziel, die Gatten zu vereinen. Ich würde also oft Plautius Leanders Lob singen. Und ich würde auch Plautius Leander dazu bringen müssen, um... seine Gattin zu werben als sei sie ein Liebchen. Wenn er wollte, dass sie mit ihm schlief, weil sie ihn begehrte, war altrömische Gattenliebe nicht genug, da brauchte auch er Nachhilfe in amor, in Romantik.
[Bild: 1_26_01_24_4_43_25.jpeg]
[Bild: 3_15_08_22_9_43_44.png]
"Scheinsklave" Norbana Orestilla
Zitieren
 
01-25-2025, 07:01 PM,
Beitrag #7
RE: Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe
Es kam nicht einmal der Versuch, es zu leugnen, oder ihn zu beruhigen und zu beschwichtigen. Leander schaute ruhig zu, wie die beiden sich anlächelten und wie Nicander ihre Hand ergriff. Und hätte er es nicht schon vorher gewusst, so wusste er jetzt mit Sicherheit, dass die Ehe nicht lange halten würde. Sie würde sich in Nicander noch mehr verlieben und der Romantik Vorrang vor jeglicher Vernunft geben, und Leander würde eine neue Ehefrau brauchen, die ihn nicht ganz so erschreckend und abstoßend fand und gerne Kinder mit ihm zeugen wollte. Aber es war in Ordnung, diese Ehe musste nur lange genug halten, damit er das Erbe von Plautius Seneca antreten konnte. Leander war nicht wütend und noch nicht einmal besonders enttäuscht. Er hatte es ja durchaus kommen sehen.

“Ich gehe nicht davon aus, dass die Schlafsituation so, wie sie jetzt ist, für irgendeinen von uns dreien besonders angenehm ist, insbesondere hinsichtlich eurer… Vorhaben. Deshalb werden wir morgen die Zimmer umverteilen. Dieser Raum hier, wenngleich im vorderen Bereich des Hauses, wird zum Servitricium für die hier lebenden weiblichen Sklaven umfunktioniert. Die Männer bleiben in ihren Räumen. Mein Officium wird verlegt in eines der vormaligen Servitricia, auch wenn es dort sehr beengt ist und ich werde in meinem vormaligen Officium schlafen. Und du wirst in das zweite, freiwerdende ehemalige Sklavenzimmer umziehen müssen. Dort ist es enger und nicht so gut geheizt wie hier vorne und es gibt keine Wandmalereien, aber es ist die einzige Möglichkeit, dass alle einen Schlafplatz haben.“
Leander machte das nichts aus, er hatte sehr lange in den Wirtschaftsräumen geschlafen, auch als Maiordomus. Aber Orestilla würde die Aussicht vielleicht weniger berauschend finden. Allerdings war das eben der Preis, den sie zahlen musste.

“Da ihr sicherlich einiges besprechen wollt, werde ich jetzt gehen.“ Heute war die letzte Nacht, die er unbequem ihretwillen zu schlafen gedachte. Und er hegte keinen Zweifel daran, dass die beiden heute Nacht noch übereinander herfallen würden wie ausgehungerte Löwen über ein Stück Fleisch. Er machte sich da keinerlei Illusionen. Er konnte nur hoffen, dass sie sich ernsthaft an die Regeln hierfür halten würden, aber auch da würde es ihn wenig wundern, wenn nicht. Leander war durch die Reaktionen der Beiden durchaus sehr ernüchtert.
Zitieren
 
01-26-2025, 10:26 AM,
Beitrag #8
RE: Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe
Nicander reichte mir seine Hand. Ich sah, wie sie leicht zitterte, und mein Blick fiel auf sein Gesicht. Sein Lächeln war warm, fast zärtlich, und für einen Moment spürte ich, wie mir die Hitze in die Wangen stieg. Doch bevor ich reagieren konnte, hörte ich Leanders Stimme. Seine Worte schienen den Raum mit einer unerwarteten Kühle zu füllen.
Ich richtete mich ein wenig auf und wagte einen Blick in seine Richtung. Während er sprach, spürte ich, wie sich meine Hände in den Falten meiner Tunika verkrampften. Ich versuchte, seinen Gesichtsausdruck zu deuten, suchte nach einem Hinweis, was er wirklich dachte. Aber er wirkte so ruhig, fast unnahbar, und das verunsicherte mich noch mehr.
Als er sagte, dass er gehen würde, stockte mir der Atem. Ich wollte etwas sagen, ihn bitten zu bleiben oder mich entschuldigen, aber die Worte blieben mir im Hals stecken. Stattdessen stand ich einfach da und sah zu, wie er den Raum verließ. Die Tür fiel leise ins Schloss und eine unangenehme Stille breitete sich aus. Meine Hände rutschten von der Tunika und ich starrte auf die Tür, hinter der er verschwunden war.
Was war gerade geschehen? Hatte ich ihn verletzt? Ja, ganz sicher! Die ganze Situation war einfach surreal. Ich senkte den Blick und merkte, wie meine Finger zitterten. In meiner Brust bildete sich ein Knoten und ich kämpfte gegen die aufsteigende Unruhe an.
'Er tut mir so leid', dachte ich plötzlich und erschrak über diesen Gedanken. Mein Magen zog sich zusammen, als ich an sein Gesicht dachte, an die Ruhe, die er ausgestrahlt hatte. Wie konnte er so ruhig sein? War er wirklich so gleichgültig? Ich schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch. Ich wollte verstehen, was in ihm vorging, aber gleichzeitig spürte ich, wie ich mich immer weiter von ihm entfernte.
Ich hob den Kopf und schaute Nicander an. Er stand immer noch da, mit ausgestreckter Hand und hoffnungsvollen Augen. Aber ich konnte sie nicht ergreifen. Stattdessen drehte ich mich langsam um, ging zu meinem Bett und ließ mich darauf fallen. Meine Gedanken waren bei Leander. Sein Rückzug schien eine Niederlage zu sein, nicht für ihn, sondern für mich.
[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
Zitieren
 
01-26-2025, 03:48 PM,
Beitrag #9
RE: Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe
Ich hatte nicht erwartet, dass der Herr für die Herrin und mich eine Art Schlafgemach vorgesehen hatte. Ich hatte bei mir gedacht, dass doch ich mich hierher schleichen würde, wenn alles schlief oder am Tage, dass es einen abgeschiedenen Raum irgendwo im Haus gäbe, in dem ich der liebsten Norbana Orestilla zeigen würde, was sie wissen sollte. 
Daher sagte ich: " Herr, die Schlafsituation ist mir nicht unangenehm, und es steht dir zu, jedes Wort zu hören, das in deinem Haus gewechselt wird" Ich war ein mittelloser Schauspieler gewesen und hatte an weit unangenehmeren  Plätzen übernachten müssen, als es die Domus Plautia war,  doch da hatte er schon entschieden. Die Domina sollte in das freiwerdende Sklavinnenzimmer umziehen, das kahl und ohne Hypocaustum war. Die Sklavinnen würden dieses so schöne Zimmer bekommen, in dem wir uns gerade befanden. Ich konnte mir vorstellen, wie es Innogen freuen würde. 
Der Herr, obgleich er Ehrlichkeit gefordert hatte, bestrafte nun für meine Begriffe gerade diese Ehrlichkeit, wobei nicht ich der Bestrafte war, sondern die liebste Domina. Auch sie, eben noch sicher ihrer selbst, schien es zu spüren. Sie senkte das braungelockte Haupt, ihre zarten Hände zitterten. 

Ich Schaf, ich großes! Vor lauter Liebeswahn hatte ich die Anzeichen nicht bemerkt. Nicht kalt wie Marmor war der Herr, sondern wir hatten ihn gekränkt damit,  da wir so rasch auf seine Bedingungen eingegangen waren. Er durfte ja nichts anderes denken, als dass Norbana Orestilla ihn wirklich verabscheute, und so ging er jetzt.

Norbana Orestilla hatte meine Hand nicht ergriffen. Sie ging zu ihrem Bett, setzte sich und starrte ins Leere. Sie tat mir unendlich Leid, und auch der Dominus tat mir Leid, da beide Menschen so hoffnungslos aneinander vorbei agierten, obwohl sie doch zusammen kommen sollten. 

Wieder setzte ich mich neben sie auf den  Boden, die Arme um meine Knie geschlungen. Das Geschehene hatte mich sehr ernüchtert. 
Hätte der Herr dagegen mich bestraft, so hätte es mir nichts ausgemacht. Doch dass meine süße Norbana Orestilla litt..

"Meine liebste Herrin, ich habe dir schlechten Rat gegeben", sagte ich sehr betrübt in eine unbestimmte Richtung:
"Ich dachte, wenn wir tun, was dein Ehemann so offensichtlich will, so wird er dich umso mehr lieben. Doch sein Wille, den er uns kundgetan, ist nicht, was er wirklich erhoffte"
Wäre Plautius Leander meinesgleichen gewesen, ich wäre ihm nachgelaufen und hätte ihm den Kopf gewaschen.  So wie Caligula ab und an seinen Tod vortäuschte, um zu sehen, wer sich darüber freute, so hatte auch Orestillas Ehemann sie förmlich auf die Probe gestellt. 

Noch einmal verfluchte ich meinen mangelnden Scharfsinn. Ich hatte nämlich gedacht, es ginge dem Plautius einzig darum, sich nicht die Mühe machen zu müssen, um die Zuneigung einer Jungfrau zu werben. Warum erfreute er sie nicht mit kleinen Aufmerksamkeiten? Sie war die liebste und schönste Blume von Iscalis, doch er sagte es ihr nicht. Ein Mann musste kein Adonis sein, um eine Frau zu gewinnen. Er musste nur aufmerksam sein. Ein Küsschen hier, ein Streicheln dort. Ach, je mehr ich nachdachte, desto verfahrener wurde es:

"Verzeih mir, liebste Domina. Wenn du möchtest, dass ich bleibe, so bleibe ich bei Dir. Doch wenn du mich wegschickst, so schlafe ich auf deiner Türschwelle und bewache deinen Schlaf" 

Jeder der vorbei ging, würde mich auf der Türschwelle erblicken, und die Tugend meiner Herrin wäre wie eh und jeh über alle Zweifel erhaben.
[Bild: 1_26_01_24_4_43_25.jpeg]
[Bild: 3_15_08_22_9_43_44.png]
"Scheinsklave" Norbana Orestilla
Zitieren
 
01-26-2025, 08:07 PM,
Beitrag #10
RE: Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe
Ich saß auf dem Bett und starrte ins Leere. Meine Gedanken rasten.
Nicander war noch da und ich spürte seinen Blick, aber ich konnte ihn nicht ansehen. Seine Worte waren leise, aber ich konnte sie nur halb verstehen. Etwas über Leanders Erwartungen... und was er sich erhoffte. Ich wollte nicht daran denken. Ich war sicher, alles falsch gemacht zu haben, was man nur falsch machen konnte.

Schließlich blickte ich auf und sah Nicander auf dem Boden sitzen, die Arme um die Knie geschlungen. Er tat mir leid. Ich wusste, er wollte nur helfen. Und doch hatte ich das Gefühl, ihn und Leander gleichermaßen enttäuscht zu haben.
"Nicander", sagte ich leise, meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. "Ich weiß nicht, was ich tun soll." Meine Finger verschränkten sich, während ich den Kopf schüttelte. "Ich habe alles falsch gemacht", murmelte ich und sprach es jetzt aus, was nur noch mehr schmerzte.
Ich spürte seine Nähe, seine Wärme, aber sie konnte die Kälte in mir nicht vertreiben. Die Kälte der Erkenntnis, dass ich niemanden verstand - nicht Leander, nicht mich selbst und vielleicht nicht einmal Nicander. 
"Vielleicht... solltest du besser gehen", sagte ich schließlich, zögernd, unsicher. Doch noch während ich die Worte aussprach, spürte ich, wie die Schuld in mir wuchs.
'Was mache ich nur', dachte ich, 'ich stoße ihn weg, obwohl ich jetzt nicht allein sein will.' Aber vielleicht war es besser, wenn er jetzt ging.
Ich zog die Knie an meine Brust und vergrub mein Gesicht darin. Tränen standen  in meinen Augen. Ich versuchte, sie zurückzuhalten, um nicht vor Nicander weinen zu müssen. Aber nicht einmal das gelang mir. Ich war wirklich ein hoffnungsloser Fall! 
"Es tut mir so leid", flüsterte ich schließlich, ohne ihn anzusehen.
[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
Zitieren
 


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste