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Einfach nur weg
12-31-2024, 06:31 PM,
Beitrag #21
RE: Einfach nur weg
Was genau stimmte mit mir eigentlich nicht? Diese Frage stellte ich mir mehrfach, während ich irgendwie wütend davon stapfte und geeignete Stellen für meine drei Hanfschlingen suchte. Mit etwas Glück wäre am nächsten Morgen in wenigstens einer ein Kaninchen, wenn ich die Schnur fest genug an einen niedrigen Busch band und das Tier nicht auf die Idee kam, es durchzubeißen.

Ich hatte mich nur knapp von Catia verabschiedet, ehe ich losgegangen war. Ich nahm an, dass sie es hinbekommen würde, den Braunen zu füttern. Man musste ja nicht wirklich mehr machen, als der Stute den Beutel hinhalten und aufpassen, dass sie den nicht gleich mitfraß. Aber ich wollte einen Moment einfach weg und mir dieses wütende Gefühl von der Seele stapfen.
Dabei wusste ich gar nicht wirklich, warum ich wütend war. Oder auf wen. Wahrscheinlich auf mich selber. Aber es war auch irgendwas kaputt mit mir. Als ich noch gedacht hatte, dass Catia von den komischen Warzen entstellt war, da hatte ich Sorge, dass ich nachts auf ihren warmen Körper reagieren könnte. Ich hatte mir schon überlegt, mir vor dem Schlafengehen diskret in der Richtung mit der Hand Erleichterung zu verschaffen, um das Risiko zu mindern. Und ich fühlte mich wie ein Arsch dabei und versuchte mir irgendwie einzureden, dass es vielleicht für sie gar nicht so schlimm wäre, diese Art von Aufmerksamkeit zu bekommen. Mitleidssex. Ja, so verkommen war ich, dass ich an Mitleidssex dachte.
Und jetzt, wo ich wusste, dass sie hübsch war und definitiv keinen Mitleidsex brauchte, war ich wütend und wollte nicht mehr mit ihr schlafen. Wie verkorkst bitte war das? Dass ich nicht mit einem hübschen Mädchen schlafen wollte. (Also, vorausgesetzt, sie wollte überhaupt. Aber jetzt mal rein theoretisch eben.) Und ich wusste nicht mal, warum ich jetzt nicht mehr wollte, oder warum mich das alles so wütend machte. Irgendwas stimmte mit mir definitiv nicht.

Nachdem ich die Fallen rund um das Lager ausgelegt hatte und eine ganze Weile dabei herumgestapft war wie ein Spriggan, suchte ich mir eine nette Stelle und pinkelte erst einmal. Einen beschämend langen Augenblick überlegte ich dann, ob ich nicht doch… Aber nein, ich war glaube ich durcheinander genug, um nicht in Versuchung zu geraten. Außerdem war es kalt. Ich packte also wieder alles ein und stapfte zurück zu dem Lager zwischen den Steinen.

Catia kauerte in der Nähe des Feuers. Wahrscheinlich war ihr kalt, jetzt, wo auch das letzte bisschen Licht weg war. Oder nicht ganz, denn über uns kamen die Sterne raus. Was schlecht war, denn das hieß, dass es heute Nacht wirklich saukalt werden würde, aber nicht ein Wölkchen war zu sehen.
“Hast du was gegessen?“ fragte ich sie und hoffte, wieder ausgeglichen und sanfter zu klingen als, naja, vorhin. Auch wenn die Wut nicht wirklich ganz weg war.
“Wir sollten heute Nacht eng beieinander liegen. Es wird verdammt kalt werden.“ Ich suchte aus meinen Satteltaschen schon die Decke raus, um sie dem Pferd zu geben. Der Stute war sicherlich auch kalt, und sie konnte sich an niemanden kuscheln. Ich führte sie an die windgeschützteste Stelle und rubbelte sie ein wenig durch die decke, damit ihr warm wurde. Und hoffte, dass das so reichte. Ich selber würde mir noch alles an Kleidung anziehen, was ich eben hatte, und hoffen, dass Catia nichts dagegen hatte, in meinen Armen zu liegen, so dass wir vielleicht sogar beide was von ihrer Decke abbekamen.
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Falke
[Bild: 3_15_08_22_9_38_19.png]
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01-01-2025, 04:19 PM,
Beitrag #22
RE: Einfach nur weg
Catia hatte sich darum bemüht, so etwas wie ein Mahl zu richten. Auf einer flachen Tonschale lagen etwas Trockenfleisch in Streifen, ein aufgeschnittener Apfel und getrocknete Früchte in einem Kranz darum. Aber auch das Herrichten des Tellers hatte sie nicht von ihrer Furcht ablenken können. Sie war keine Waldläuferin. Die Stille und die Weite der Nacht ängstigten sie, und als nun Louarn zurückkehrte und fragte - in wesentlich weniger schroffem Ton als zuvor - ob sie schon gegessen hatte, nickte sie, auch wenn das nicht stimmte. Männer aßen doch immer zuerst.
Sie war aber so erleichtert, ihn zu sehen, dass sie auf ihn zusprang. "Wir sollten heute Nacht eng beieinander liegen. Es wird verdammt kalt werden.“, sagte Louarn. Die Erleichterung in Catia dauerte an. "Oh ja, gerne", sagte sie und dachte daran, dass in Louarns Armen die Fey ihr vielleicht nichts tun würden. Aber dann fiel ihr selbst auf, dass ihre Worte etwas seltsam klangen, als wolle sie ständig bei ihren männlichen Reisegefährten liegen, und sie errötete bis hinter die Ohren:
"Doch bilde dir nichts ein dabei. Ich habe einen Freund. Wenn ich bei dir schlafe, so ist es nur, damit wir eine Decke teilen können", sagte sie bestimmt. Sie dachte dabei an Angus aus ihrem Dorf, aber es war kein angenehmer, sondern ein wütender Gedanke. Die Wut galt jedoch dem Abwesenden, nicht ihrer neuen Reisebekanntschaft:
"Und nun musst du essen, Louarn. Das ist für dich" Sie reichte ihm die Tonschale mit den etwas unbeholfen angerichteten Speisen und lächelte wieder.
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01-01-2025, 05:40 PM,
Beitrag #23
RE: Einfach nur weg
Als sie so eifrig zustimmte, eng bei mir zu schlafen, wuchs einen Moment lang wieder die Wut, auch wenn das total hirnrissig war. Aber ich konnte einfach nicht anders fühlen. Allerdings schob sie direkt eine Abfuhr hinterher, die zwar ein bisschen nach Notlüge klang, aber trotzdem das dumme Gefühl in mir ein wenig minderte. Ich nickte also und kramte meinen Dolch raus. Ich wollte ihn ihr gerade bringen, als sie auch schon mit einem Teller vor mir stand und mich zum Essen aufforderte.

"Setze dich bitte zu mir, junger Falke, ans Feuer. Ich hoffe, dass du etwas zu essen mitgebracht hast. Für dich, nicht für mich. Ich will nie etwas für mich, ich habe immer nur gegeben, auch das weißt du" Ich hörte seine schmeichelnde Stimme, und dann wieder dieses Knacken in meinem Kopf, so dass ich kurz den Kopf schütteln musste. Für Catia war das sicher verwirrend.
“Ich hab keinen Hunger. Iss du ruhig noch was“ sagte ich daher und klaute nur ein paar Apfelstücke vom Teller, um sie meinem Braunen zu geben. Das war eines der wenigen guten Sachen, die die Römer gebracht hatten: Äpfel. Bevor sie vor ein paar Generationen übers Meer gekommen waren, gab es diese Bäume hier nicht. Jetzt blühten sie hier im Süden jedes Frühjahr und gaben im Herbst ihre Früchte. Und Pferde mochten sie gerne.
Dann gab ich ihr noch den Dolch. “Als Leihgabe für heute Nacht. Dann kannst du mir das Gesicht zerkratzen und der Welt zeigen, was für ein Kerl ich bin, wenn ich dich bedrängen sollte.“ Das war in vielen Kulturen eine gute Tradition. Es half zwar nicht unbedingt bei dem direkten Übergriff auf die Frau, warnte aber jede folgende vor solch einem Mann und zeigte der Gesellschaft, mit wem man es zu tun hatte. Mein narbenfreies Gesicht weckte daher grundsätzlich eher Vertrauen, während es da draußen ein paar Kerle mit deutlichen Narben im Gesicht gab, von denen man schon beim ersten Anblick wusste, dass man sich vor ihnen in Acht nehmen sollte.

Danach kramte ich in meinen Taschen nach dem zweiten Hemd. Das war auch nicht schwer zu finden, nur das Anziehen war ein wenig frisch, denn ich musste zuerst meinen Umhang und die lederne Weste ablegen, um es über mein anderes Hemd zu ziehen, und dann wieder die Lederweste und den Umhang darüber, so dass es ein ziemliches Gehampel war, mir hinterher kaum wärmer und ich mich dafür ziemlich eingepackt fühlte. Aber was tat man nicht alles, wenn es kalt war.
Leider hatte ich nichts für meine Füße, was das viel größere Problem war. Oh, meine stiefel waren gut, aber kalt würde es eben werden und ohne herumzulaufen würden meine Zehen sich sicher sehr freuen und morgen früh blau und steif sein. Ich hoffte einfach, dass Catias Decke lang genug war, um zumindest ein bisschen Wärme an meine Zehen zu lassen. Ich würde sowieso wohl halb sitzend schlafen und sie sich an mich kuscheln lassen, das war definitiv am ungefährlichsten.

Ich suchte mir also eine schicke Stelle nah am langsam schwächer werdenden Feuer und lehnte mich da an den Findling. Selbst durch den Umhang, das Leder und zwei Schichten Kleidung fühlte sich der Stein kalt im Rücken an. Das würde spaßig werden. Ich rutschte also etwas hin und her, bis ich eine bequeme Sitz-Liege-Position gefunden hatte, und wartete darauf, dass Catia mit ihrem Essen und allem anderen fertig wurde, um zu mir zu kommen.
Da ich sie nicht die ganze Zeit anschweigen wollte, fing ich ein Gespräch an. “Wenn du einen Freund hast, warum willst du dann eigentlich nach Iscalis? Ich mein, wenn dein Onkel dich nicht an ihn geben wollte, hätte er dich doch einfach rauben können. Ein Jahr und ein Tag zusammen, und ihr wärt verheiratet gewesen.“ Da hätte auch der Onkel nichts dagegen machen können, zumal sie dann sicher schon ein Kind gehabt hätte.
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Falke
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01-04-2025, 03:42 PM,
Beitrag #24
RE: Einfach nur weg
Catia verstand nur, dass Louarn nicht essen wollte. Sie schaute auf das zugegebenerweise kärgliche Mahl. Kärglich war es selbst nach ihren Begriffen:
"Ich kann es besser", entschuldigte sie sich: "Wenn sich in deinen Fallen Kaninchen verfangen, wirst du es sehen. Wenn ich noch Quendel, Brennnessel und Löwenzahn finden kann, wirst du gar nicht bemerken, dass mir das Salz ausgegangen ist" Sie merkte aber, dass sie selber Hunger hatte. Wenn Louarn nicht wollte.... sie aß, doch nach jedem Bissen machte sie eine Pause, um zu gucken, ob es sich ihr Reisegefährte anders überlegte. Irgendwann aber war die Schale geleert. Jetzt da sie satt war, fielen der jungen Frau fast die Augen zu. Es war ein aufregender Tag gewesen. Doch Louarn hatte noch mehr vor. Plötzlich nahm er seinen Dolch und drückte ihn Catia in die Hand.
“Als Leihgabe für heute Nacht. Dann kannst du mir das Gesicht zerkratzen und der Welt zeigen, was für ein Kerl ich bin, wenn ich dich bedrängen sollte.“, sagte er.
Catia nahm ihn vorsichtig an und wog ihn in der Hand:
"Das wäre aber schade um dein Gesicht!", rief sie ehrlich erstaunt aus. Sie wollte alles weniger als Louarn weh tun. Er war gut zu ihr gewesen, auch wenn er behauptete, nicht nett zu sein.
Louarn zog sein zweites Hemd über sein erstes, während Catia ihn dabei beobachtete. Das Pferd, das sie so zuverlässig getragen hatte, würde die Decke bekommen. Für seine langen Beine und die Füße hatte er nichts Wärmendes dabei.
Catia fiel es ein, ihr Bündel, das aus zusammengeknoteten Stoff bestand, zu entknoten. Ihre Vorräte waren fast zur Neige, es war ziemlich leer. Doch in ein Tüchlein gewickelt blitzte es einmal, das waren ihre Sesterzen, auf die sie stolz war. Sie schob es in ihren Ausschnitt und legte den Stoff, der eher ein Schal war, über Louarns Knie. 
Dann endlich lehnte er sich an den Findling, und Catia lehnte sich an ihn. Ihr Kopf passte genau in die Kuhle zwischen seiner Schulter und seiner Brust. Louarns Körper war warm, und Catia konnte nicht anders, als ein wenig zu seufzen, als sie sich an ihn heranrobbte.
"Hmm", antwortete sie auf seine Frage, warum sie sich von ihrem Freund nicht hatte rauben lassen: "Was nützen der Färse Liebesschwüre, wenn der Ochse dann lieber im Stall bleibt?",
Ihre Stimme drückte weniger Kummer als verletzten Stolz aus:
"Würdest du das denn tun, Louarn? Einem Mädchen zu Beltane deine Liebe versprechen und als sie mit dir weglaufen will, sie zu versetzen?" Empört war Catia jetzt:
"Spott und Hohn über mich! ", sie stieß mit dem Dolch, der ihr Louarn anvertraut hatte, ein wütendes Loch in die Luft.
[Bild: 3_15_08_22_9_39_13.png]
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01-04-2025, 04:59 PM,
Beitrag #25
RE: Einfach nur weg
Dass sie das besser konnte und anfing, von der Zubereitung von Kaninchen zu reden, verstand ich nicht. Aber ich verstand die Frauen ja sowieso nicht und diese hier ganz besonders nicht, also war das insofern auch nichts neues. “Schon in Ordnung. Ich hab glaube ich noch etwas Salz dabei. Und du musst nicht für mich kochen.“ Was sinnigeres brachte ich als Erwiderung nicht heraus. Ich hatte keine Ahnung, was in ihrem hübschen Kopf vor sich ging und warum sie für mich kochen wollte.
Schließlich war auch sie so weit, stopfte irgendwas in ihren Ausschnitt – nicht, dass ich gucken würde, wie sie sich am Ausschnitt rumfummelte, aber… naja, ich bemerkte es halt. Welcher Mann bemerkt denn auch nicht, wenn eine Frau an ihren Brüsten herumspielt? - und kam dann zu mir rüber. Ihre Decke, die sie mir über die Füße legte, war kaum mehr als ein Fetzen Stoff. Sie selbst hatte nichts weiter für sich.
Ich überlegte noch, wie wir das anstellen sollten, dass wir beide hier nicht nachts erfroren, als sie sich an mich kuschelte in diese Kuhle an meiner Schulter und ein ziemlich unartiges Geräusch von sich gab für jemanden, der einen Freund hatte und dem treu bleiben wollte. Zumindest mein kleiner Freund interpretierte dieses Geräusch durchaus als Ermunterung an ihn, was ich hier und jetzt so überhaupt gar nicht brauchen konnte und wollte. Ich hatte nicht vor, sie zu verführen. Auch wenn ich mir nicht sicher war, wie man eine Frau eigentlich nicht-verführte. Ich hatte noch nie ein Mädchen so in meinem Arm gehabt, ohne dass im Laufe der nächsten Stunden etwas anderes passiert wäre als sich gegenseitig zu wärmen. Vielleicht machte ich also irgendwas, das dann dazu führte, wovon ich aber nicht wusste, was es war, weshalb ich jetzt nicht wusste, was ich besser nicht machen sollte. Und ja, mein Kopf schmerzte bei diesem Gedankengang.
Und irgendwie verselbständigte sich mein Körper, während mein Geist so abgelenkt damit war, darüber nachzugrübeln, Catia nicht versehentlich zu verführen. Ich legte nämlich den Arm um sie und zog sie etwas dichter ran und zog mit der freien Hand auch ihre Beine näher an mich heran, so dass die jetzt über meinen angewinkelten Beinen lagen und das Bisschen Decke sowohl über meinen als auch ihren Füßen, die unter den Röcken sonst viel zu ungeschützt wären. Und irgendwie beschäftigte sich mein Geist mit einem Mal mit der Frage, ob sie wohl dicke Strümpfe trug oder ihre Beine weitestgehend nackt wären, was so überhaupt gar nicht hilfreich war.
Sie fragte mich etwas, und ich brauchte einen Moment, bis ihre Worte soweit von der Frage ihrer nackten oder auch nicht nackten Beine abgelenkt hatten, dass ich verstand, was sie gesagt hatte. Ich kam nicht mal dazu, mich zu fragen, warum sie mit dem Dolch in der Luft rumfuchtelte. Oder warum meine freie Hand auf ihren Knien liegen geblieben war.
“Dein Freund ist also ein Ochse?“ Nein, das war nicht die intelligenteste Antwort, aber die, für die genug Blut im Gehirn war. Aber ich merkte selber, wie doof diese Antwort war. Also redete ich weiter. “Ich hab noch nie einem Mädchen versprochen, mit ihr wegzulaufen. Im Gegenteil, ich sag ihnen immer ganz klar, dass ich ihnen das nicht bieten kann. Sie wollen immer heiraten und Familie, aber… ich kann das nicht. Und entweder sind sie dann gleich wütend oder aber sie sagen, dass es für sie in Ordnung ist, dass ich allein ihnen reiche und sie trotzdem mit mir zusammen sein wollen. Aber das stimmt nicht.“ Ich schaute nach oben zu den Sternen, die immer mehr zu sehen waren. Sobald unser Feuer gänzlich heruntergebrannt wäre und kein Licht mehr spendete, würde man sie alle sehen können, und das weiße Band, das sich über den Himmel hinwegzog. Vielleicht sogar die Stellen hinter den Sternen, die aussahen wie orangener oder lila Nebel, der sich dort oben festgehangen hatte. Ich seufzte, weil wieder der Schmerz kam, der nicht weggehen wollte. Er war nicht mehr so stark wie am Anfang, als ich ihn noch einfach ignoriert hatte und so getan hatte, als wäre er nicht da. Aber er war immer da, und ich glaubte nicht, dass er je ganz verschwinden würde. Das war dieses Loch, das Niamh in meine Gefühle gerissen hatte, als sie mich zum zweiten Mal betrogen hatte. Ich hätte es nach dem ersten Mal schon wissen sollen, auch wenn da Ciaran seine Hand im Spiel gehabt hatte. Aber so sehr ich meinen Bruder auch fürchtete und ihm Vorhaltungen machen mochte, er erschuf nichts, was nicht schon da war. Aber ich hatte nicht hören wollen.
Also redete ich weiter. “Und wenn sie merken, dass ich ihnen die Wahrheit gesagt habe und sie mich nicht zwingen oder verführen können, zu tun, was sie wollen, suchen sie sich jemand anderen, den sie um ihren Finger wickeln. Wenn über dich Spott und Hohn kommen soll, weil du einem Versprechen geglaubt hast, dann verdiene ich den wohl genauso.“
[Bild: 1_22_10_22_8_56_52.png]
Falke
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01-07-2025, 12:06 PM,
Beitrag #26
RE: Einfach nur weg
Louarn zog sie so an sich, dass ihre Beine über seinen lagen, und Catia steckte den Dolch wieder ein. Nicht dass sie noch jemanden verletzte. Aber was Louarn jetzt sagte, erstaunte sie doch.
"Du willst keine Frau und keinen Erben?", fragte sie: "Du bist doch ein... edler Krieger. Ich dachte, dass sich alle Männer das wünschen, natürlich mit einer Frau, die zu ihnen passt und nicht mit....", einem Mädchen wie mir, hatte sie sagen wollen. Aber sie war kein schlechtes Mädchen, fand sie. Aper war genauso gut wie jeder Vater auch, auch wenn er bei den Adlern war. 
Jetzt aber spürte sie doch etwas unter der doppelten Stofflage ihres Rocks und ihres Umhangs, und ihr Erstaunen wich - einem leisen Gelächter. Catia lachte. Sie hatte keine Angst vor einem Mann. Sie hatte sich nur vor Misshandlung gefürchtet. Doch Louarn war nicht so einer, er hätte ja schon tausend Mal die Gelegenheit gehabt, sie zu zwingen.
Catia sah zu Louarn hoch, mit diesem forschenden Blick aus ihren schwarzen Augen. Ihre Augen glitzerten im schwachen Feuerschein:
"Hast du denn noch einen Dolch dabei, der mir gerade in die Pobacken piekst?", fragte sie belustigt:
"Schon gut, ich bin keine Jungfrau mehr. Du hast mich nicht erschreckt damit. Mein Freund ist wahrhaftig ein Ochse. Wir sind nun getrennte Wege gegangen, und er kann sich alleine die Füße am Herdfeuer von Papa und Mama wärmen" Es war ihr anzumerken, dass sie das mit dem Wärmen auch gerade gerne getan hätte:
"Ich bin niemandem auf der Welt etwas schuldig, Louarn" Sie konnte tun und lassen, was sie wollte, und sie hätte ihm fast angeboten, sich an ihr zu wärmen, weil er nett war, sie beschützte - und weil er so schön war, dass sie fast heulen musste, wenn sie ihn ansah. Doch sein letzter Satz ließ sie jetzt zögern. Er klang so verbittert, als würde Louarn gar nichts von Frauen halten. Von Zwingen sprach er, von Verführen und vom um den Finger wickeln und einem Versprechen, das gebrochen worden war. Oooh!
"Du hattest mal ein Mädchen", vermutete Catia: "Aber sie war kein sehr...nettes Mädchen? Was ist denn zwischen euch vorgefallen, dass du glaubst, dass auch du Spott und Hohn verdient hast?"
Von einem wie Louarn konnte sie sich das nicht vorstellen. Spott und Hohn gab es nur für die Catias dieser Welt.
[Bild: 3_15_08_22_9_39_13.png]
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01-07-2025, 01:47 PM,
Beitrag #27
RE: Einfach nur weg
Die meisten Männer wollten einen Erben? “Die meisten Männer sind Idioten, die nur an sich selbst denken“, brummte ich und betrachtete weiter die Sterne. “Sie machen sich keine Gedanken darüber, was das beste für ihre Frauen oder ihre Kinder wäre und sehen nur sich selbst und denken nur an den nächsten Fick.“ Ich hatte das schon zu oft erlebt. Sogar meine Brüder, die ich sehr liebte, dachten immer nur an sich selbst und sonst an niemanden. Immer nur daran, wie sie sich fühlten, immer nur daran, welche Wünsche sie selbst hatten, immer nur an ihre eigenen Bedürfnisse. Nie an andere. Selbst wenn sie sagten, dass sie jemanden liebten, dachten sie nie an diese Person, bevor sie etwas machten. Immer nur hinterher, wenn alles den Bach runter ging.
Aber ich war nicht so. Ich dachte immer an die anderen. Mehr als an mich selbst. Und ich wusste, wie gefährlich es für meine Kinder wäre, allein schon zu leben. Dass sie getötet werden könnten, um mich zu treffen. Um Geheimnisse über mich zu erfahren.

Sie bemerkte die Reaktion meines Körpers. Zum Glück war es dunkel, denn wahrscheinlich wurde ich gerade ein wenig rot. Nicht, dass ich mich zu schämen brauchte, Sex war bei uns Kelten zum Glück etwas sehr natürliches und nichts, was man in jedem Fall verstecken musste. Aber ich wollte ja gar keinen von ihr und wollte nicht, dass sie jetzt die falschen Schlüsse zog. “War keine Absicht“, murmelte ich und rückte meine Hüfte etwas anders zurecht, so dass ich sie nicht mehr piekste und sich hoffentlich da unten endlich alles beruhigte.
Auch wenn ich mir nicht sicher war, ob sie nicht eigentlich doch wollte. Dass sie jetzt erwähnte, dass sie weder Jungfrau war, noch auf ihren Freund Rücksicht nehmen musste, obwohl sie eben noch was anderes gesagt hatte, klang schon so, als wollte sie jetzt eigentlich doch, dass wir die Zeit ein wenig anders nutzten. Und nein, das half meinem kleinen Freund gerade gar nicht, der war da nämlich sehr erpicht darauf. Ich hätte vorhin doch besser mal Hand anlegen sollen.

Ich redete also schnell weiter, um vor allen Dingen mich selbst etwas abzulenken, als sie fragte, was passiert war. “Ihr Name war Niamh. Sie war aus Eire geflohen und einem römischen Händler ins Netz gegangen, der sie als Sklavin verkaufen wollte. Und sie bat mich um Hilfe. Also habe ich ihr geholfen und sie befreit. Sie… Ich wollte eigentlich gar nicht mehr, aber sie kam nachts dann zu mir. Als ich ihr am nächsten Morgen aber nochmal sagte, dass ich sie auch jetzt nicht heiraten würde, wurde sie wütend und wollte weg. Also hab ich sie in Sicherheit gebracht, an einen heiligen Ort zu Priesterinnen, damit sie nicht wieder versklavt wird. Ich hab ihr dort ein Haus bereitet und ihr zwei Pferde gegeben, und wollte wieder gehen.“ Im Nachhinein betrachtet war ich wirklich ein riesiger Idiot. Zwei Pferde waren eine stattliche Mitgift, mehr als die meisten Frauen ihr eigen nennen konnten. Aber trotzdem hatte es Niamh nichts bedeutet. Und das tat auch jetzt beim Erzählen noch einmal weh. “Beltane kam, und sie hat es genutzt, um mit meinem Bruder zu schlafen. Ich hab es gesehen, und bin dann wirklich gegangen.“ Auch das tat noch weh, aus vielfältigen Gründen.
“Sie hat es dann irgendwie geschafft, sich von demselben Händler noch einmal fangen zu lassen. Ich… ich hörte davon und hab sie mit meinen Brüdern wieder befreit. Und sie zu einem anderen Dorf gebracht. Ich… fühlte mich irgendwie schuldig, weil ich es beim ersten mal nicht richtig gemacht habe. Und eigentlich dachte ich, dass ich damit dann abgeschlossen hätte. Aber sie kam dann wieder zu mir, entschuldigte sich für alles, was vorgefallen war und sagte, dass sie mich lieben würde und sie nur mich wollte und…“
Ich seufzte und fuhr mir mit der Hand einmal übers Gesicht. Ich hätte damals einfach gehen sollen. Heute wusste ich das. Aber damals, nun damals wollte ich einfach Hoffnung haben, dass es stimmte. “Ich wollte ihr glauben. Ich wollte glauben, dass ich ihr genug war, einfach nur mit mir zusammen zu sein und die Sicherheit, die ich ihr bieten konnte. Ein unauffälliges, einfaches Leben, aber, naja, eben ein Leben. Und ich baute ihr wieder ein Haus und teilte es die meiste Zeit mit ihr, wenn ich nicht fort musste und Arbeit zu tun hatte. Und ich dachte, es wäre alles nun richtig und gut. Und ich wollte so sehr glauben, dass sie mich wirklich liebte. Aber so war es nicht.“
Ich blickte von den Sternen wieder hinunter zu Catia und ihren dunklen Augen. Sie war so nah, und ein Teil von mir wollte sie gerade einfach küssen. Nicht, weil ich sie liebte oder so etwas, sondern um etwas anderes zu fühlen als diese Leere und diesen Schmerz. Ein wenig Trost. Ein wenig Leben. Ich war einfach auch ein selbstsüchtiger Scheißkerl und kein netter Mann, wie sie behauptet hatte.
Bevor ich etwas blödes tat, sah ich beiseite zu den kleinen Flämmchen unseres Feuers. “Bei der erstbesten Gelegenheit hat sie sich rausgeputzt und einem reichen Römer an den Hals geworfen. Sie hat gedacht, ich würde es nicht merken, aber ich hab sie gesehen. Allerdings hat sie sich den falschen Römer ausgesucht, es gab wohl Probleme wegen der Sache mit dem Händler und sie musste mal wieder weg. Nur, weil sie nicht in Sicherheit bleiben wollte. Weil ich ihr nicht genügt hatte. Weil sie sich wieder einem anderen an den Hals geworfen hatte. Und trotzdem hatte sie die Nerven, mich zu bitten, sie wieder zu begleiten, ihr wieder zu helfen. Aber diesmal sagte ich nein, sagte ihr, dass ich nicht mit ihr mitkommen würde und dass das mit uns enden würde.“
Ich atmete tief durch und schluckte den ganzen Berg an Gefühlen herunter, der aufgewühlt worden war, indem ich das alles erzählte. “Du siehst also, dass ich ganz sicher Spott und Hohn verdient habe, wenn ich mich so oft belügen und betrügen lasse. Ich hätte ihr nicht zweimal glauben dürfen. Und ich hätte… ich hätte ihr nicht mein Herz schenken dürfen. Denn es war ihr nichts wert.“
Ein trockenes Lachen ohne jede Freude stieg in meiner Kehle hoch, schaffte es aber nur so gerade eben über meine Lippen. “Es ist jetzt ein halbes Jahr her. Ich wette, sie hat schon wieder einen neuen Idioten gefunden, der ihr ihre kleinen Lügen glaubt und alles für sie tun will. Wahrscheinlich diesmal auch jemand, der ihr Kinder macht, wenn sie das will. Und ich sitz hier und jammere ein hübsches Mädchen damit voll, dass ich sie geliebt habe. Ich bin wirklich ein Idiot.“
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Falke
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01-08-2025, 12:25 PM,
Beitrag #28
RE: Einfach nur weg
"Gleich zwei Pferde!" entfuhr es Catia: "Du bist aber reich!" Louarn hatte sich nun so hingesetzt, dass sie seinen Dolch nicht mehr spürte. Für Catia war es in Ordnung, es war ein freundliches Angebot gewesen, kein Liebestaumel, in dem man sich die Kleider vom Leibe riss und übereinander herfiel. Aufmerksam hörte sie zu. Louarn hatte diese Niamh nicht nur einmal, sondern gleich zwei Mal aus Gefahr befreit. Er hatte ihr eine Brautgabe und ein Haus gegeben, auch wenn er sie nicht heiraten wollte. Doch seine Taten waren so gut als wie. Oh, wäre Catias Freund so tapfer gewesen, sie hätte ihm immer treu zur Seite gestanden.  Dennoch hatte Louarns Mädchen ihn nicht gewollt. Sie war mit einem Römer weggegangen. 
Catia  sagte aus tiefstem Herzen:
"Es gibt also nicht nur Ochsen unter den Männern, sondern auch unter den Frauen!"
 Sie biss sich ein wenig auf die Unterlippe. Dann fragte sie fast schüchtern:
"Sie war aber gewiss sehr schön, diese Niamh?"
Denn so musste es gewesen sein, weil doch auch Louarn so ein stattlicher und attraktiver Mann war. Niamh musste so herrlich gewesen sein, dass ihr Anblick die Sterne und den Mond beschämte. Hach, es war Catia nun klar, warum Louarn ihr Essen und ihr Angebot zurückgewiesen hatte. Bestimmt hatte Niamnh auch  kunstvolle Speisen zubereitet, zartes Fleisch und würzige Suppen. Und während sie kochte, hatte sie hinreißend ausgesehen, auch wenn sie nicht sehr nett war und ihr der Sinn nach einem reichen Römer stand.  Catia seufzte ein wenig. Wer einmal eine Niamh geliebt hatte, konnte sie gar nicht wollen... aber dann hörte sie, dass Louarn sie ein hübsches Mädchen nannte und das nahm ihr den kurzen Anflug von Niedergeschlagenheit:
"Nein, du jammerst mich nicht voll. Ich habe dich doch nach deinem Mädchen gefragt", sagte sie:
"Und ich finde nicht, dass du Hohn und Spott verdient hast. Nicht weil man einem  Liebesversprechen geglaubt hat. Nie dafür"
Sie wusste durchaus, dass es anderen Leuten vielleicht gefallen würde, zu spotten. Manche Menschen waren gemein. Und gerade weil Louarn so nett und gutaussehend war, machte es diesen Leuten vielleicht Spaß, ihn in den Dreck zu ziehen. Auch ihrer Mutter hatten sie ja Römerliebchen nachgerufen und sie verlacht, weil sie immer davon überzeugt gewesen war, dass Aper eines Tages zu ihr zurückkommen würde. 
Der Gedanke daran, dass Louarn leiden sollte wie Regat zeit ihres Lebens, machte Catia wütend. In ihrer Hilflosigkeit nahm sie sich vor, jedem Klatschmaul vors Schienbein zu treten. Oder besser vor beide Schienbeine.
Von diesem etwas gewalttätigen Gedanken beseelt kuschelte sich dann zurecht. Sie war jetzt viel zu müde, um an Sex zu denken und eher wie ein Kind oder ein Tier schmiegte sie sich an den Leib ihres Reisegefährten:
"Niamh war vielleicht schön wie der junge Morgen, aber dennoch ein richtiger Hornochse. Und wer spottet, kriegts ab jetzt mit mir zu tun. Aber du musst auch mithelfen und nicht mehr schlecht über dich selber denken", murmelte sie:
"Gute Nacht, Louarn!"
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01-08-2025, 02:22 PM,
Beitrag #29
RE: Einfach nur weg
“Ich hatte zu dem Zeitpunkt zwei im Kampf gewonnen… reich bin ich nicht gerade“, schränkte ich das Bild, das sie von mir haben musste, ein wenig ein. Zwei Pferde zu verschenken war definitiv ein großer Reichtum, aber ich hatte ja nicht dauernd mehrere Pferde. War ja nicht dauernd so, dass sich irgendwelche Straßenräuber mit mir anlegten, deren Besitz ich dann nach keltischem Recht behalten durfte.
Sie fragte mich nach Niamh, wie schön sie gewesen war. Ich lachte leicht und mit schwerem Herzen. Es bedurfte keiner Anstrengung, mir ihr Gesicht ins Gedächtnis zu rufen. Sie war nach wie vor in so vielen meiner Träume vorhanden und kam so oft, wenn ich sie nicht rief, dass das wirklich kein Problem darstellte. “Sie sieht aus wie eine Spitzmaus. Eine spitze Nase, ein ebenso spitzes Kinn. Eigentlich fehlten nur die Schnurrhaare.“ Ich schloss die Augen und sah sie ganz deutlich vor mir, und seufzte einmal wehmütig. “Ich hab schon Frauen getroffen, über die Lieder geschrieben wurden. Die so schön waren, dass es fast schmerzte, sie anzusehen. Aber es gab Zeiten, da war sie für mich die schönste Frau auf der Welt und alle anderen nur ein blasser Abklatsch.“ ich seufzte nochmal. “Ich war wirklich ein verliebter Idiot.“

Irgendwie war es tröstlich, mit Catia zu sprechen. Sie wollte nichts von mir, obwohl sie gespürt hatte, dass mein Körper auf ihren reagierte. Aber sie suchte nur Wärme und Schutz und kuschelte sich bei mir ein. Sie nahm mich sogar in Schutz, was mir ein leichtes Schmunzeln entlockte. Noch nie hatte jemand mit so viel Ernst in der Stimme gesagt, er würde mich beschützen. Und mal ehrlich, ich sah jetzt auch nicht unbedingt schutzbedürftig aus. Wenn Räuber vor mir aus dem Gebüsch sprangen, warfen sie normalerweise einen Blick auf mich, entschuldigten sich für die Verwechslung und sprangen wieder zurück ins Gebüsch.
Wie Catia sich bei mir einkuschelte und mir ihre Hilfe zusagte und dabei schon halb wegdöste, war unglaublich niedlich. Ich kannte sowas nicht. Und ich wusste gar nicht, was ich damit jetzt machen sollte. Aber es fühlte sich schön an. Unbekannt, aber schön. “Gute Nacht, Catia“, sagte ich und schaute noch eine ganze Weile einfach auf sie hinab, wie sie sich an mich gekuschelt hatte und ihre Atemzüge immer gleichmäßiger und ruhiger wurden und in der kalten Luft kleine Wölkchen bildeten. Irgendwann fielen dann auch meine Augen zu.

Der kalte Wind sträubte mein Fell. Es war wirklich eisig heute. Das Feuer war heruntergebrannt und das Pferd stampfte immer wieder etwas mit den Füßen, um sie aufzuwärmen, während die beiden Menschen an den Felsen gelehnt schliefen. Ich wusste, wer die beiden waren, ich wusste, dass das ich war, aber trotzdem auch wieder nicht.
Der Himmel war übersäht von Sternen. Mehr, als je ein Mensch zählen konnte. Und weil kein Mond am Himmel stand, leuchteten sie nur umso heller. Meine goldenen Augen sahen in dieses unendliche Wunder hinauf und noch weiter, dahinter, und erschauderten ob der gewaltigen Macht von Leben, die mich da umgab.

Zumindest einen Moment lang, bis ich das Heulen von Wölfen hörte. Instinktiv zuckte ich zusammen und lauschte mit den Ohren, woher das Geräusch kam. Es war noch weit entfernt, aber Wölfe konnten gefährlich sein. Für Füchse, für Pferde. Manchmal für Menschen. Noch war der Winter nicht so hart gewesen, dass sie Menschen angreifen würden, aber wenn welche schliefen und sie nicht bemerkten….
Ich sah mich um und erstarrte, als ich in Richtung des Waldes blickte. Dort hinten, dort war es. Dort war es geschehen. Und selbst, wenn ich nicht gewusst hätte, dass es dort geschehen war, würde ich es jetzt wissen. Denn dort über dem Wald war eine Schwärze ohne Sterne. Ohne Licht. Ohne Leben. Dort kreisten sie wie Stücke von Nichts, wie schwarzer Feuerrauch und erstickende Leere, in ungesehenen Mustern und mit ungehörtem Kreischen. Nur ich hörte sie. Nur ich sah sie. Und ihre Münder, deren Kohlenfeuer jetzt nicht lächelte, sondern wütend in die Nacht hinaus schrie. Laut. Wütend, Rache beschwörend.
Wieder heulten Wölfe da, wo die Geister waren und ich hörte, wie die Geister sie aufstachelten. Rache. Sie sollten angreifen. Alles angreifen, was Leben war. Um den Verlust ihres Werkzeuges zu rächen.


Erschreckt fuhr ich aus dem Schlaf hoch. Mein Herz hämmerte noch immer wild, und die Welt war so scharf und hell, dass ich einen Moment lang glaubte, noch immer ein Fuchs mit nachtglänzenden Augen zu sein. Ich hörte immer noch die Schattengeister brüllen und Rache suchen, nach dem Mörder suchen, und mir war, als wären sie auch in mir und würden dort alles Leben auslöschen, alle Wärme und alles Licht.
An mir bewegte sich Catia, die ich aufgeweckt hatte. Hatte ich geschrien? Meine Kehle fühlte sich rau an, als ob ich geschrien hätte. Ich wusste es nicht. Alles, was ich wusste, war, dass ich Angst hatte und diese Leere in mir mich zu verschlingen drohte.

Und ich machte das einzige, was mir einfiel, auch wenn es die blödeste Idee überhaupt war. Ich sah noch einen Augenblick mit schreckgeweiteten Augen zu Catia, die sich halb sitzend aufgerappelt hatte, und im nächsten Moment war meine Hand in ihrem Haar und mein Mund auf ihrem. Das war kein zärtlicher und sanfter Kuss. Das war der verzweifelte Versuch, etwas zu fühlen, Leben zu fühlen, Wärme zu fühlen. Sollte sie mir das Gesicht dafür zerschneiden. Ich hätte es verdient. Aber auch dann würde ich wenigstens etwas anderes fühlen als diese erdrückende Schuld, die alles andere auslöschte. Alles, außer das Gefühl ihres warmen Körpers, den meine Hände auf meinen Schoß zogen, und ihrer Lippen, die meine Zunge zu teilen versuchte.
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Falke
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01-10-2025, 02:29 PM,
Beitrag #30
RE: Einfach nur weg
Catia träumte, und es war ein seltsamer Traum. Vermutlich hatte Louarns Beschreibung von Niamh sie beinflusst, denn sie ritt im Traum hinter einer Königin, die auf ihrem Streitwagen stand, her. Als die Königin sich aber umdrehte, war sie ganz und gar eine Spitzmaus. Ihre schwarzen Knopfaugen funkelten, und ihre Schnurrbarthaare bebten. Catia platzte laut heraus vor Vergnügen, aber da wurde sie endgültig wach und fuhr hoch. Louarn hatte sich aufgesetzt. In seinen Augen spiegelte sich ein namenloser Schrecken, als hätten die Fay ihn mit einem Fluch belegt. Im nächsten Moment aber fasste er nach ihrem Hinterkopf,zog sie zu sich und drückte seine Lippen fordernd auf die ihren. Catia erschrak nicht, sie war eher erstaunt. Louarn hätte eigentlich nur fragen müssen, sie hatte ihm ihre Hüften angeboten. Als sie aber dann seine Zunge fühlte, öffnete auch sie ihren Mund ein wenig und ließ sie eindringen, suchte sie mit der ihren. Louarn schien immer noch unter dem Bann des nächtlichen Schreckens zu stehen. Catia nestelte an ihrem Ausschnitt, nahm Louarns andere Hand und schob sie zu ihrem Busen, so dass er ihre weiße, kleine Brust mit seinen Fingern umfassen konnte. Hier würde er auch ihren Herzschlag spüren, fest und bestimmt, wenn auch etwas rascher als gewöhnlich. Catias Leib war warm und sehr irdisch und ihr Herz klopfte laut. Die Fay mussten Louarn  loslassen! Ohne viel zu überlegen, schlang die junge Frau ihre Beine um seine Lenden. Sie beanspruchte mit aller Kraft Louarn für sich selbst, kein Wesen aus der Anderswelt sollte Macht über ihn haben. 
Ich trete euch alle vors Schienbein, wenn ihr ihn nicht loslasst, dachte sie, als würde sie wirklich gegen jemanden kämpfen, und sie wusste nicht, ob sie laut gesprochen hatte. Der Dolch war ihr entglitten, ihr Geldsäckchen ebenso, und sie merkte es nicht.
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