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Große Halle
10-09-2024, 11:34 PM,
Beitrag #11
RE: Große Halle
Anwen stand neben Cathbad, das Gesicht von dem Schatten ihrer Kapuze halb verborgen, als sie die Worte des jungen Königs Cahir hörte. Sie konnte die Beklommenheit in der Halle spüren, das zaghafte Zittern in den Herzen der Anwesenden, als Cahir mit fester Stimme das Gebot der Götter akzeptierte. Sie war stolz auf ihn, aber in ihrer Seele regte sich auch das Echo der Verantwortung, die sie als Dienerin der Göttin Andraste trug.
Als Cahir fragte, wann das Ritual stattfinden solle, spürte sie die Kälte, die sich in der Luft verdichtete. Der Gedanke an das Opfer lastete schwer auf ihnen allen. Aber sie, Anwen, wusste, dass es unvermeidlich war. Die Götter verlangten ein Zeichen der Loyalität, ein Geschenk des Blutes, um den Boden zu segnen und den Krieg gegen Rom mit ihrer Gunst zu erfüllen.
Cathbad antwortete in seinem vertrauten, beinahe ehrfurchtgebietenden Ton, doch es war an Anwen, den Ort des Rituals zu benennen. Sie trat vor, als die Stille der Halle erdrückend wurde. Ihre Augen suchten die Cahirs, den König, der bereit war, seinen Sohn zu opfern, um sein Volk zu schützen. In diesem Augenblick fühlte sie sich selbst als Brücke zwischen den Welten – der irdischen und der göttlichen, zwischen Leben und Tod.

"Das Opfer wird im Moor dargebracht," begann Anwen, ihre Stimme klang fest, aber klar, wie das Echo der Götter selbst. "Die Moore sind die heiligsten Orte unserer Vorfahren, die Schwelle zwischen den Welten. Dort, wo die Erde das Wasser umarmt, sind die Götter uns am nächsten." Ihre Worte hallten in der Stille der Halle nach, und die Augen der Krieger vor ihr weiteten sich, als sie die Bedeutung erfassten. 

"Andraste verlangt das Blut eines Königssohns, und es muss an einem Ort fließen, der seit jeher der Macht der Götter geweiht ist."
Das Moor – die uralten Heiligtümer, wo die Seelen der Toten ruhten und die Götter wandelten – war der einzige Ort, an dem ein solches Opfer angemessen war. Die Priesterin wusste, dass die Götter dort sprechen würden, dass Andraste ihren Willen kundgetan hatte. 

"Dort, wo das königliche Blut vergossen wird, an der Schwelle zwischen Leben und Tod, zwischen den Welten, wird die Göttin uns ihren Segen gewähren," fuhr Anwen fort. "Das Moor wird den Sohn des Königs verschlingen, und Andraste wird unsere Feinde zerschmettern. So war es immer, und so wird es auch jetzt sein."Anwen ließ die Bedeutung ihrer Worte auf die Anwesenden wirken. In ihren Augen flackerte der kalte Glanz der Entschlossenheit – sie wusste, dass das Opfer unvermeidlich war.
Die Männer, die zuvor noch laut ihre Treueschwüre gerufen hatten, verstummten erneut. Sie wussten um die Bedeutung der Moore. Sie wussten, dass diese heiligen Orte nicht nur die Götter, sondern auch die Erinnerungen ihrer Ahnen beherbergten. Die Opferung eines Königssohnes an solch einem Ort bedeutete, dass die Götter Albion selbst mit ihrem Blut segnen würden.
Cahir, der junge König, würde es tun – für sein Volk, für das Land. Und die Göttin Andraste würde ihnen den Sieg schenken, denn königliches Blut im Moor vergossen war das mächtigste Opfer, das sie erbitten konnte.

"Drei mal drei Nächte," wiederholte Anwen die rituellen Worte Cathbads, ihre Stimme wie ein Flüstern, das durch die Köpfe der Männer drang. "Am neunten Tag wird das Blut des Königssohnes das Moor tränken, und Andraste wird uns erhören."
Die Atmosphäre in der Halle war drückend, doch Anwen war sich sicher: Das Opfer würde geschehen, und die Götter würden ihr Urteil fällen. Der Krieg gegen Rom stand bevor, und es gab keinen Raum mehr für Zweifel.

Anwen hatte ihr ziel erreicht. Ohne ein weiteres Wort wandte sie sich um und ging langsam zur Tür. Ihr blauer Mantel, der sie wie ein Bote der Anderswelt umhüllte, glitt leise über den Boden. Die Schritte der Priesterin hallten dumpf in der gespenstischen Stille, die sich über die Männer gelegt hatte. Zurück ließ sie die Anwesenden, deren starrer Blick von düsterem Nachdenken geprägt war.
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10-12-2024, 09:57 PM,
Beitrag #12
RE: Große Halle
Mein Gesicht musste zu einer stoischen Fratze erstarrt sein und ich versuchte mir keine Zweifel, keinen Herzschmerz und nicht die Tragweite dieser Entscheidung ansehen zu lassen, auch wenn sich meine Hände um die Lehnen meines Stuhls so sehr verkrampften, dass meine Knöchel weiß hervortraten. Die Entscheidung, die ich treffen musste, war monströs und wider jeder Natur. Aber hatte ich das Recht mich Kriegsherr dieses Stammes zu nennen und Männer in die Schlacht zu führen, von denen viele sterben würden, wenn ich selbst nicht bereit war mein eigenes Fleisch und Blut für das Land zu opfern? Es war das grausame Los eines Anführers über Leben oder Tod zu entscheiden und dem konnte ich mich nicht entziehen. 

"In drei mal drei Tagen im heiligen Moor" wiederholte ich die Worte von Cathbad und Anwen tonlos und nickte nur leicht. Ich würde da sein. Die heiligen Moore lagen nordöstlich eine halbe Tagesreise entfernt von Isurium und man sagte den Mooren nach, dass sie deshalb so heilig waren, weil es eine Verschmelzung von Wasser und Land war. Nicht ganz Wasser, nicht ganz Land - eine Schwelle für Leben und Tod voller Nebel und Unsicherheit. Es musste mindestens zwei Generationen her sein seit dem letzten Opfer dieser Art. Ich war noch nicht einmal geboren, als es das letzte Mal stattfand und meine Mutter war noch ein kleines Kind gewesen. 

Nachdem der Ort und die Zeit verkündet wurde, verließ die Priesterin nach dem Druiden die Halle und die Anwesenden wichen vor ihr zurück, als wäre sie eine fleischgewordene Plage. Die Menschen fürchteten ihre Göttin Andraste und in diesem Moment wollte niemand mit mir oder der Priesterin tauschen oder von den kalten Fingern Andrastes berührt werden, damit sie deren Kinder auch noch holte. Auch ich erhob mich und verkündete noch laut: "Ihr habt es gehört...in drei Mal drei Tagen ziehen wir ins heilige Moor." Das Volk würde da sein und bezeugen, dass das Opfer gebracht wurde. Damit erhob ich mich ebenfalls ruckartig und verließ die Halle in Richtung Obergeschoss, wo ich mich in das Ehegemach zurückziehen konnte.

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12-09-2024, 06:25 PM,
Beitrag #13
RE: Unverhofft
Zwei Monate später.....

Ich war zwei Mal  auf Erkundigungsgängen mit dem Leben nur knapp davon gekommen. Aber ich hatte Glück. Mars oder sonst wer beschützte mich.
Meine Aufgabe bestand im Moment darin, für die IX Hispania und den Feldzug im Norden Lebensmittel zu requirieren. Im Guten, das bedeutete, ohne Orte niederzubrennen und Barbaren aufzuschlitzen, sondern nur in dem Grade bedrohlich zu wirken, dass die Britannier die Sachen "freiwillig" herausrückten. Legat Fronto konnte keine wütenden Wilden brauchen, die uns auf Grund verschärften Vorgehens in den Rücken fielen, meinte er. Ich erklärte ihm, dass diese Wilden keine Rechtfertigungen bräuchten, um genau das zu tun. Aber Befehl war Befehl - noch. 
Eboracum selbst war trotz seiner Wichtigkeit als Legionsstandort düster und langweilig. Entweder regnete es oder es war windig oder beides. Meine Sklaven hatten viel damit zu tun, mein Zeug trocken und rostfrei zu halten.
Die Kelten verkauften uns für dumm und versteckten das, was sie hatten. So zogen wir unsere Kreise weiter.
Und eines Morgens - es war zufälligerweise windig UND der Regen prasselte auf uns herab - kamen wir nach Isurium. Ich und zehn meiner Männer ritten hoch zu Ross in den Schweinestall, was sie als "die grosse Halle" bezeichneten, ein. Die Wachen hielten uns nicht auf. Ich war bekannt - ein blonder hagererer Mann mit einer hässlichen Narbe vom Kiefer bis zum Mund. Sah aus wie eine Kriegsverletzung, doch es war keine.

ich wusste, dass die romfreundliche Königin (romfreundlich, aber schwach. Selbst schuld, wenn man nach Barbarenart Weibern das Regiment überließ) verstorben war, und ihr Sohn- ein noch unbeschriebenes Blatt - den Thron bestiegen hatte. Jetzt konnte er beweisen, dass er in die Fussstapfen seiner Mutter trat.

"Im Namen des römischen Kaisers, vertreten durch den Legaten Caius Caristanius Fronto, komme ich, um den König zu sprechen", verkündete ich.

Sim off: Ich gehe davon aus, dass Königin Rhian alleine zuhause ist
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versetzt zur Legio IX Hispania
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12-09-2024, 10:38 PM,
Beitrag #14
RE: Große Halle
Das Wetter im Norden war in Nichts zu vergleichen mit dem Wetter im Süden. In ihrer Heimat. Denn hier oben regnete es besonders viel und außerordentlich langwierig. Auch wenn Rhian der Regen wahrlich nichts ausmachte und sie auch bei regnerischem Wetter mit ihrer Stute Ausritte in die nähere Umgebung machte. So wurde sie doch an diesem Tag ins Innere gefesselt. Denn der Himmel hatte sämtliche seiner Schleusen geöffnet und der Regen prasselte nur so vom Himmel. Da war an einen Ausritt ohnehin nicht zu denken, so dass ein tonloses Seufzen über Rhians Lippen entwich. Als sie mit einem nachdenklichen Glanz in ihren sturmgrauen Augen aus einem der Fenster nach draußen blickte. War es der Regen oder hatte sie auf dem Pflaster des Vorhofs das Geräusch von Hufen auf Stein vernommen? Angestrengt nun die steile Falte zwischen Rhians Augenbrauen, als sie nach draußen spähte und nichts erkennen konnte. Wie auch, denn die dichten Wolken hatten den Himmel regelrecht in ein düsteres Grau verwandelt. Eine undurchdringliche Wolkendecke hatte sich über ihrem neuen Heim ausgebreitet. So dass selbst die Katzen die prasselnden Feuerstellen allem andere vorzogen. Rhian selbst hatte sich ein wollenes Umhängetuch um die Schultern gehängt und wandte sich nun von dem trüben Blick aus dem Fenster ab. Nein, dieses dunkle Wetter dort draußen mochte sie nicht mehr länger mit ansehen. Doch noch bevor sie sich ihrer eigentlichen Handarbeit widmen konnte, die wie selbstvergessen auf einem der Stühle lag, wurde an die Türe gepocht. Gemessenen Schrittes näherte sich Rhian der Türe des gemeinsamen Gemachs, welches sie mit ihrem Ehemann bewohnte und öffnete die hölzerne Türe. Vor der Türe sah sie eine Dienerin stehen, die stammelnd zu erklären versuchte, dass ein römischer Soldat in der Großen Halle wartete. Ein römischer Soldat? Skeptisch der Ausdruck auf dem Gesicht der jungen Königin. Bevor sie der Dienerin zunickte. “Ich werde ihn begrüßen. Bewirtet ihn solange mit einem Becher unseres köstlichen Gewürzweins.“ Sprach Rhian und die Dienerin verschwand mit einer Verneigung. Rhian unterdessen atmete tief durch und straffte ihre Schultern. Ob dies nun ihre erste Bewährungsprobe als Königin der Brigantes war? Denn Cahir war nicht zugegen, denn sonst hätte er diesen Soldat bereits in Empfang genommen.

In Begleitung einer ihrer Wachen verließ Rhian schließlich das eheliche Gemach und durchschritt die Gänge, bis sie die Große Halle erreichte. Von einem der Wachen ließ sich Rhian schließlich ankündigen.

“Rhian ferch Rhydderich. Königin der Brigantes und Priesterin der Großen Göttin.“

 Hallte die Stimme der Wache durch die Große Halle, während Rhian gemessenen Schrittes und mit erhobenem Kopf auf den ihr fremden Soldaten zutrat. Offensichtlich war dieser Soldat bei den Wachen bekannt, denn sonst hätten diese ihm den Zutritt in das Innere mit deutlichen Worten und Gesten versperrt. So jedoch ließ Rhian ihren Blick rasch über die Erscheinung des Römers gleiten und blieb dabei an der ihn verunzierenden Narbe hängen. Ruhig ihre Musterung der er sich nun stellen musste.
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12-11-2024, 04:28 PM,
Beitrag #15
RE: Große Halle
Ich wandte mich an meinen Signifer, der das Feldzeichen der Centurie trug, die mit der Lebensmittelbeschaffung beauftragt worden war, und der neben mir angehalten hatte: 
"Das wird wieder Mal eine schwierige Aktion. Das Brigantenweib spricht wohl kein Latein. Ich habe kein Wort vom Gebrabbel ihrer Wache verstanden"
Mein Kamerad grinste und nickte zustimmend.

Die alte Königin war wie gesagt, eine Römerfreundin gewesen und hatte unsere Sprache gesprochen. Diese hier war jedoch zu jung, außerdem war die andere vor einiger Zeit gestorben. Ich nahm nicht an, dass der junge König Cahir schon solch eine erwachsene Tochter hatte. Also war sie wohl seine Frau - oder Nebenfrau, denn die Barbaren pflegten mehrere Weiber zu heiraten. 
Sie trat nun mit hocherhobenem Kopf auf uns zu. Die Pferde, auf denen wir immer noch saßen,  jagten ihr keine Angst ein. Sie aber war klein wie ein Kind. Ich fragte mich, ob sie mit den Füßen auf den Boden kommen würde, wenn sie auf ihrem Thron saß:

"Hole deinen Ehemann herbei, damit er hört, was ich zu sagen habe" 

Wenn sie schlau war, holte sie jetzt auch noch einen Übersetzer. Ich hatte keinen dabei. Mir war es gleich, ob das Brigantenpack mich verstand und  meine Forderungen erfüllen konnte. Wenn nicht, freute es mich umso mehr: Dann hatten wir einen guten Grund, sie zu bestrafen und ihnen alles zu nehmen, was sie hatten.
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versetzt zur Legio IX Hispania
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12-11-2024, 06:32 PM,
Beitrag #16
RE: Große Halle
Wie unhöflich es doch war, dass dieser römische Soldat es tatsächlich wagte hoch zu Ross in die Große Halle einzureiten. Ob dieses Affronts furchte sich Rhians Stirn und eine steile Falte bildete sich zwischen ihren Augenbrauen. Von den gesprochenen Worten des Römers verstand Rhian nicht das geringste und diese Tatsache ließ sie ihre Lippen zu einem schmalen Strich zusammenpressen. Wobei es sogar kurzzeitig in ihren Augen auffunkelte. Unauffällig nun ihre Handbewegung in Richtung einer kleinen, gar unscheinbaren Türe. Eine der Wachen verstand und entschwand durch eben jene Türe. Um nur wenige Augenblicke später, es mussten wohl um die fünf Minuten gewesen sein, mit einem großgewachsenen älteren Herrn wieder zu kommen. Dieser Herr fungierte offenbar als Übersetzer, denn er trug eine dicke Mappe mit sich, in dem sich einige Stöße Pergament befanden. Ebenso einen Gürtel mit Schlaufen, in dem sich unzählige verschiedenste Schreibutensilien befanden. Jener Bärtige trat schließlich auf die Königin und den Römer zu und verneigte sich. Insbesondere vor Rhian, war sie doch die Königin der Brigantes. Nun war es eben jener Bärtige der als Übersetzer fungieren würde.

“Rhian ferch Rhydderich. Königin der Brigantes und Priesterin der Großen Göttin, entbietet euch ihren Gruß.“

War die Stimme des Mannes in einem beinahe akzentfreien Latein zu vernehmen. Dabei blickte er den römischen Soldaten direkt an.

“Die Königin der Brigantes wünscht, dass ihr von euren Rössern absteigt. Sie möchte euch von Angesicht zu Angesicht gegenüber treten.“

Und dies würde Rhian nicht, wenn sich die Männer auf ihren Pferden sitzend befanden. Dann konnten sie nämlich unverrichteter Dinge wieder dorthin zurück kehren, wo sie hergekommen waren. Auch wenn sie dadurch wohl etwas provozieren würde, von dem sie jetzt noch nichts ahnte. Doch die Große Göttin war bei ihr und würde sie beschützen, so wie sie bisher immer ihre schützende Hand über die Priesterin gehalten hatte.

“Mein Ehemann, König Cahir befindet sich nicht zugegen. Ich werde ihn vertreten. So sprecht, was habt ihr zu sagen.“

Forderte Rhian mit ihrer ruhigen Stimme und blickte dem vernarbten Römer direkt in die Augen. Stumm die Hoffnung hegend, dass der Römer doch noch von seinem Pferd absteigen würde. Während der Bärtige ihre Worte in die lateinische Sprache übersetzte, so wie er die Worte des Römers in den keltischen Zungenschlag übersetzte, der hier oben im Norden vorzugsweise gesprochen wurde.
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12-12-2024, 11:11 AM,
Beitrag #17
RE: Große Halle
Sie wünschte, dass wir abstiegen, die kleine Königin. Sie war um Würde bemüht, dieses Nichts vor Römeraugen. Ich zog eine Augenbraue hoch:
"Was ich zu sagen habe, nimmt nicht viel Zeit in Anspruch, Königin", erklärte ich in Richtung des Dolmetschers und blieb auf meinem Pferd sitzen:
"Von nun an fordert Rom von seinen Untertanen folgenden Tribut: Die Briganten liefern jährlich tausend Kühe und hundert Zentner Weizen in die Castra nach Eboracum. Ihr habt neun Tage Zeit, diese Verpflichtung zu erfüllen. Damit ihr wisst, mit wem ihr es zu tun habt: Ich bin Tribunus Angusticlavus Titus Ovidius Decula von der Legio IX Hispania"
Ich konnte genau sehen, wer von den Barbaren meine Worte verstanden hatte, denn erst spiegelte sich Wut, weil ich sie Untertanen nannte, dann aber Schreck in ihren Augen. Die Tributzahlung war hoch.  Die Kelten würden alles geben müssen, was sie hatten. Womöglich mussten sie ihre eigenen Leute in die Sklaverei verkaufen. Ich hätte nichts dagegen gehabt, diese kleine Königin Rhian als Sklavin für mein Bett zu erwerben. Der Gedanke gefiel mir, und ich musterte die junge Frau von oben bis unten. 
Doch ich war mir sicher, dass die Briganten die Tribuztzahlung irgendwie bewerkstelligen würden, denn der Preis, der zu zahlen war, falls sie Rom enttäuschten, war noch höher.
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versetzt zur Legio IX Hispania
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12-12-2024, 11:03 PM,
Beitrag #18
RE: Große Halle
Wie arrogant diese Römer waren. Noch nicht einmal den Anstand hatten sie vor ihr abzusitzen. Lag dies daran, weil sie nur eine Frau war oder weil sie Königin der Brigantes war und somit eine Barbarin? Für einen kurzen Augenblick pressten sich Rhians Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Dann jedoch atmete die junge Frau tief durch und blickte dem Römer direkt entgegen. Ein feines Lächeln umspielte dabei ihre Mundwinkel, welches jedoch ihre Augen in keinsterweise erreichte. Und dann sprach dieser römische Hund weswegen er überhaupt hierherkam. Er forderte Tribut. Tribut, den die Barbaren an die Römer zu zahlen hatten. Und dieser Tribut war nicht gerade wenig, was Rhian leise mit den Zähnen knirschen ließ. Das sich der narbige Römer nun mit seinem Titel vorstellte, ließ die junge Königin unkommentiert. Sie interessierte sich nicht für Titel oder dergleichen. Was sie dagegen jedoch genau vernahm, war das erschrockene nach Luft schnappen der Männer und Frauen, die sich mit ihr in der Großen Halle befanden.

“Wir werden unsere Pflicht gegenüber Rom tun.“

War das einzige was Rhian in diesem Moment über ihre Lippen hervorbrachte. Brav übersetzt von dem älteren Mann. Und dennoch loderte es in ihren Augen zornig auf. Auch wenn sie nach außen hin einen wahrlich gefassten und kühlen Eindruck zu vermitteln versuchte. Wie sie mit empor gerecktem Kinn und kühl dreinblickenden Augen vor dem römischen Pack stand und den narbigen Soldaten nicht aus ihrem Blick entließ. Dann dachte Rhian an die Waffen, bei deren Lieferung sie zugegen war. Ja, Rom konnte und sollte sich warm anziehen. Denn die Brigantes waren ein kämpferisches und kriegerisches Volk und Rhian war ihre Königin. Zwar war sie keine Boudicca, würde und wollte eine solche Königin und Herrscherin auch niemals sein. Und dennoch verabscheute sie die Römer, genauso wie es so viele taten. Einige heimlich, andere dagegen in offener Rebellion.

Wie aus dem Nichts erschien plötzlich eine Dienerin, die ein Tablett mit erwärmtem Gewürzwein vor sich hielt und jenes den Römern entgegenstreckte.

“Ich möchte nicht das ihr wieder von dannen zieht ohne, dass ich euch ordnungsgemäß bewirtet habe.“

War Rhians ruhige Stimme zu vernehmen, während sie darauf wartete, dass die Männer doch noch von ihren Pferden stiegen, um der Gastfreundschaft Genüge zu tun. Oder war dieses römische Pack wahrlich so arrogant, wie man es von ihnen nicht anders wusste?
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12-13-2024, 10:52 AM,
Beitrag #19
RE: Große Halle
Die Königin erwiderte, dass ihr Volk ihre Pflicht gegen Rom erfüllen würde. Ich lächelte kurz. Barbaren waren wie Hunde, sie kuschten, wenn man ihnen die Peitsche nur zeigte. Dann erschien eine Dienerin mit einem Tablett. Darauf standen Pokale mit Gewürzwein. Er duftete angenehm bei der Kälte. 
Wieder lächelte ich, und die verdammte Narbe spannte. Auch sie stammte von einem Kelten, einem Krieger, so wie es hier in der Halle viele gab. Was für ein Drecksvolk. 
"Steigen wir ab, Männer", befahl ich. Die mitgekommenen Pferdeknechte kümmerten sich um unsere Reittiere.
Aber der Zorn in den Augen der kleinen Königin war mir nicht entgangen. Vielleicht hatte sie ja eine nette Überraschung für uns geplant, einen Giftanschlag oder ähnliches.
Ich nahm irgendeinen der Pokale - niemand sonst rührte etwas an, bevor er keinen Befehl dazu hatte - und war in zwei Sätzen neben dieser Rhian. Ohne Federlesens hielt ich ihr das Getränk vor die Lippen:
"Trinke du zuerst, Königin", sagte ich. Das war nicht als Bitte gemeint.
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versetzt zur Legio IX Hispania
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12-13-2024, 03:38 PM,
Beitrag #20
RE: Große Halle
Ruhig blickte Rhian zu dem Römer empor. Kein Muskel zuckte in ihrem Gesicht und noch nicht einmal ihre fein geschwungene Augenbraue schob sich in die Höhe. Was sie dagegen aller Welt präsentierte war das Zeichen der Göttin zwischen ihren Augenbrauen. Der Halbmond der sie als Geweihte der Göttin kennzeichnete. Denn auch wenn sie nicht mehr an der Quelle verweilte, sondern im Norden bei ihrem Ehemann, so hielt sie die Bräuche ihrer Göttin weiterhin in Ehre. Selbst am Tag ihrer Hochzeit hatte sie ihrer Göttin ein Segenszeichen geschenkt. Schließlich trat eine der Mägde näher. In ihren Händen balancierte sie ein Tablett mit köstlichem Gewürzwein. Doch noch saßen die Männer auf ihren Pferden und Rhian hatte der jungen Magd noch nicht das Zeichen gegeben, dass sie sich den beiden Männern nähern sollte. Um an den Gewürzwein heran zu kommen, sollten die Soldaten erst von ihren Pferden absteigen. Denn auch wenn sie diesen Tribut forderten, so waren sie hier doch auf fremdes Territorium. So die Gedanken der jungen Frau, die mit Genugtuung im Blick bemerkte, wie der narbige Römer seinen Männern den Befehl gab abzusitzen. Die mitgereisten Pferdeknechte nahmen die Vierbeiner am Zügel und führten diese davon.

Die Magd hielt das Tablett noch immer in ihren Händen, wohl darauf wartend, bis die Männer nach den Pokalen griffen und sich selbständig daran bedienten. So wie es die Römer schon immer taten. Als würde ihnen die Welt gehören. Und tatsächlich war es der narbige Römer der nach einem der Pokale griff, doch nicht um zuerst daraus zu trinken. Oh nein. Dieser Römer näherte sich der jungen Königin, so dass sich die steile Falte zwischen Rhians Augenbrauen intensivierte. Und als dieser Römer Rhian dann auch noch den Kelch gegen die Lippen drückte, waren es die Wachen die sich näherten den römischen Ritter mit düsterer Miene fokussierten.

Rhian spürte die Anspannung der Wachen ihres Mannes, die diesen römischen Hunden am liebsten den Kopf abgeschlagen hätten. Denn auch ihr war die Anwesenheit der Römer ein Dorn im Auge. Auch wenn sie sich nichts dergleichen anmerken ließ. Stattdessen eine weisende Handbewegung vollführte, so dass sie den Becher etwas beiseiteschob.

“Wenn ihr Angst habt das wir euch vergiften wollen, muss ich euch enttäuschen. Dies Getränk ist einfacher Gewürzwein.“

Erwiederte Rhian mit ihrer ruhigen Stimme und musterte den römischen Soldaten mit einem nun mehr strengen Glanz in ihren Augen. Wollte dieser Römer ihre Gastfreundschaft tatsächlich mit Füßen treten und das angebotene Getränk nicht annehmen? Der ältere Mann übersetzte auch weiterhin folgsam und artig ein jedes der gesprochenen Worte.
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