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Tablinum
02-13-2024, 11:00 AM,
Beitrag #21
RE: Tablinum
Vollkommen regungslos verharrte der iulische Sklave an Ort und Stelle. Auch seinen Blick hielt er gewohnheitsmäßig gesenkt. Und dennoch lauschte Nefertem dem Wortwechsel seiner Domina und dem keltischen Schmied mit gespitzten Ohren. Offensichtlich wurden sich seine Domina und der Schmied handelseinig, nachdem er selbst seine Zustimmung zu dem Vorschlag gegeben hatte. Aber was hätte er auch anderes sagen sollen? Etwa ablehnen? Nein. Niemals. Sein Dominus würde ihm höchstwahrscheinlich bei lebendigem Leib die Haut vom Körper ziehen, hätte er bei dieser Frage mit einem Kopfschütteln geantwortet.

Apropos, sein Dominus. Vergnügte er sich noch immer mit der keltischen Wildkatze in der Castra? Bei diesem Gedanken verkrampfte sich Nefertems Innerstes, während er nach außen hin einen vollkommen neutralen Gesichtsausdruck zur Schau trug. Dann ging es darum wohin Nefertem geschickt werden sollte, damit der keltische Schmied mit seiner Arbeit beginnen konnte. Jetzt schielte Nefertem dann doch aus dem Augenwinkel in Richtung des Kelten. Denn gespannt war Nefertem schon, wo er für die Statuen Model stehen sollte. Vielleicht auch hier in der claudischen Villa. Dann könnte er nebenbei seinen eigentlichen Aufgaben als Maiordomus nachgehen.
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02-13-2024, 06:28 PM,
Beitrag #22
RE: Tablinum
" Ich interessiere mich sehr für die britannische Sprache und Kultur, werter Schmied. Wenn man nicht etwas Neues sehen oder Neues lernen möchte, kann man doch gleich zuhause bleiben", erwiderte ich Owen, als er sich über meine Sprachkenntnisse des Keltischen wunderte. Andere Römer waren anscheinend noch rudimentärer beim Spracherwerb als ich selbst, das gab mir eine gewisse Genugtuung:

"Der Satz mit dem Zuhausebleiben ist gar nicht von mir. Er stammt von meinem Hauslehrer Agamedes", ich lachte nun leise und wies auf meinen griechischen Sklaven, der selbst so regungslos wie eine der Statuen, die Owen anfertigen sollte, im Hintergrund stand:

[Bild: Agamedesmit-Schrift.png]
"Ich versuche, eine eifrige Schülerin zu sein"

Der Vorschlag von Schmied Owain erschien mir sehr praktisch:

"Wenn dir deine vielen Aufträge Zeit lassen, wäre ich dir in der Tat sehr verbunden, wenn du herkommen könntest, werter Schmied", sagte ich:
"Dann gerät Nefertem auch nicht in Gefahr, seine Aufgaben als Hausverwalter vernachlässigen"

Damit wäre sein Dominus vermutlich nämlich nicht einverstanden. Ich glaubte, meinen Xerxes so weit zu kennen, dass er sich nicht recht damit anfreunden konnte, wenn ein Sklave seinen Platz verließ:
"Ich werde versuchen, Abbilder aller neun Musen in meinen Büchern zu finden. Ich selbst besitze keinen Sklaven, der etwas skizzieren könnte"

Ich selbst hatte kein Talent zum Zeichnen. Wenn ich eine Katze malte, fragte mich jeder, ob das eine Kuh sein sollte. Meine Sklavin  Anaxarete nahm nie einen Griffel zur Hand, und Agamedes hätte ich mich nicht getraut zu fragen, ob er so etwas Profanes wie Zeichnen beherrschte:

"Nefertem, richte am besten im Garten einen wind- und wettergeschützten Platz zum Modellstehen her. Zwei Stühle, Papyri, Tabulae, Kohlestifte und Griffel. Und natürlich Posca, Wasser und Wein", zählte ich auf:
"Im Handelshaus Salvia  bekommst du eventuell sogar diese bunten Kreiden aus Aegyptus, die so in Mode sind. Lass alles auf meine Rechnung schreiben"

Wenn ich Nefertem etwas befahl, konnte ich sicher sein, dass er es spätestens morgen erledigt hatte. Oder schon heute. Ich konnte verstehen, dass mein Mann dem Jungen so vertraute, dass er ihn zum Aufseher über die anderen Sklaven gesetzt hatte. Er war auch mir eine Stütze. Ich nickte ihm freundlich zu.

Dann nahm ich wieder eine ernstere Miene an: "Komm also wann immer du Zeit findest, werter Schmied Owen - dein Arbeitsplatz und Nefertem werden dir hier in der Villa Iulia zu deiner Verfügung stehen. Valete bene"

Mittlerweile hatte der Dicke ein leidlich ansehnliches Kuchenpaket aus Leintüchern fabriziert. Das war für  Gehilfe Dylan gedacht. Wenn er keine Sklavenkinder hatte, so vielleicht doch kleine Geschwister.
[Bild: 3_15_08_22_9_35_15.png]
Vormund (Tutor):  Manius Claudius Menecrates
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02-16-2024, 10:22 PM,
Beitrag #23
RE: Tablinum
Ich nickte grinsend, als sie das sagte. Ich fragte mich, ob ihr Mann wohl der gleichen Meinung war. Ich bezweifelte es! Dann gestand sie, dass sie die Ansichten ihres Hauslehrers übernommen hatte. Mein Blick wanderte zu dem Griechen, einem älteren Mann, der still und bewegungslos in der Ecke stand, fast wie eine  Statue, die ich gemacht hatte.
Offenbar gefiel ihr mein Vorschlag, den attraktiven Sklaven hier in der Villa zu zeichnen, denn so würde er seine Pflichten nicht vernachlässigen. Ich fragte mich, welche das wohl waren. Ihn als Staubwedel schwingenden Sklaven konnte ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen.
"Ich denke, ich kann mich für ein paar Stunden pro Woche frei machen", antwortete ich ihr. Wahrscheinlich würde ich nachmittags kommen, nachdem ich meine Arbeit in Cheddar beendet hatte und auf dem Heimweg war. Vielleicht sogar schon nächste Woche. Die Claudia beauftragte ihren Sklaven, in ihrem Garten einen geeigneten Platz für mich herzurichten. Es klang fast so, als wollte sie, dass ich sofort anfing. Sie dachte wirklich an alles. Sogar das Material, das ich zum Zeichnen brauchte, sollte ich auf ihre Kosten besorgen.
"Das ist sehr großzügig von dir!", entgegnete ich und verneigte mich leicht. Claudia schien nun genug zu haben, denn sie verabschiedete sich. Schließlich waren sie und ihr Mann noch beim Frühstücken. 
"Voraussichtlich werde ich nächste Woche zur ersten Sitzung erscheinen. Vale bene!" Ich nickte beiden noch einmal zu und wandte mich dann zu Dylan um, der immer noch fasziniert die Inneneinrichtung betrachtete. "Komm, lass uns gehen. Wir haben hier fürs Erste alles erledigt!", sagte ich zu ihm in unserer Sprache. Dann gingen wir beide.
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09-21-2024, 12:06 PM,
Beitrag #24
RE: Tablinum
>>>

Ich hatte am Abend noch gebadet, mir die verwischte Schminke abwischen und nun heute wieder auftragen lassen. Ich trug mein bestes Kleid aus safrangelber Seide und den prunkvollen, doch etwas düsteren Onyxschmuck, den ich schon bei der Consultation von Plautius Leander getragen hatte. Mit distanzierter Freundlichkeit begrüßte ich die sechs Bürger, die auf Nefertems Mühe hin, alle gekommen waren. 
Ich empfing sie natürlich nicht in meinem Cubiculum, sondern im Tablinum. Offizieller ging es nimmer. Isis sei Dank waren die Alae geschlossen, in denen die Wachsabbildungen der iulischen Ahnen aufbewahrt wurden. Ihre vorwurfsvollen Blicke hätte ich nicht ertragen, selbst wenn ich sie mir nur einbildete, Wachsaugen konnten schließlich  nicht sehen. Es reichte schon, dass die Iuliersklaven so bedrückt umherschlichen, als sei einer gestorben.

"Salvete Bürger, ich danke euch dafür, dass ihr gekommen seid. Ich bitte euch darum, meinen Scheidungsbrief zu unterschreiben und so zu bezeugen, dass es mein Wille ist, nicht länger mit Marcus Iulius Cato eine Ehe zu führen. Zum Zeichen meiner ernsten Absichten werde ich dann dieses Haus für immer verlassen"

Ich würde heute in die Villa Claudia nur mitnehmen, was ich, Agamedes und Anaxarete auf einer einzigen Fahrt mitnehmen konnten. Den Rest konnte ich Morgen durch unsere eigenen Sklaven abholen lassen. Denn plötzlich hatte ich es eilig. Ich wollte diesen prächtigen  Mauern entfliehen, die sich über mir aufzutürmen schienen und mir die Luft zum Atmen nahmen. Ich war hier am Anfang so glücklich und am Ende so unglücklich gewesen.


Die Zeugen traten an den Tisch, unterschrieben und wurden jeweils reich belohnt, und ihre Gesichter hellten sich auf, als sie in ihre Geldsäckchen blickten und dort Silber glitzern sahen und nicht nur Kupfer, außer die von Valentinus und Andrippus, die mir einen Freundschaftsdienst leisteten, sich aber dann doch freuten. Und dann siegelte ich noch unter meinem eigenen Namen.

Dies war der Scheidungsbrief:

 

An Marcus Iulius Cato, Gruß zuvor und Gesundheit.

Mein Ehemann!
Seit langem ist unsere Ehe eine Farce, und das ist nicht mein Fehler.
Ich für meinen Teil möchte nicht länger deine Ehefrau sein.

Daher spreche ich die Scheidungsformel:

tuas res tibi agito

Ich werde dein Haus verlassen und meine persönliches Habe mitnehmen. Meine Mitgift händige mir innerhalb der vorgeschriebenen drei Jahre aus.
Wie du weißt, trage ich dein Kind in mir. Das Gesetz erfordert, dass ich ihn dir direkt nach der Geburt übergebe.
Wenn du mich jemals auch nur ein wenig geliebt hast , Cato, so bitte ich dich, dass du ihn bei mir lässt. Zumindest eine Weile, bis er verständig ist. Ich will, dass er sich an mich erinnert. Ich habe nie etwas getan, was ihm oder dir Schaden zugefügt hätte.
Deine            Claudia Sabina

[Bild: Claudia-Sabina-ai-klein.png]

 Verfasst am a.d. IX Kal. Oct. in Iscalis, im zweiten Jahr der Statthalterschaft des edlen  L. Petilius Rufus

Zeugen sind folgende römischen Bürger, alle wohnhaft in Iscalis:
  • xxx
  • Aulus Menenius Falconius,
  • Opiter Longinius Candidus
  • Appius Statilius Burrus
  • Sisenna Claudianus Laurentius
  • Kaeso Quintianus Valentinus
  • Tiberius Plancius Andrippus


Das "unglücklich" von meinem Diktat hatte ich wieder ausgestrichen. Das klang nicht nach der Claudia, die ich sein wollte und die sich zu diesem Schritt aus freien Stücken entschieden hatte. Bei den Zeugen hatte ich Platz für Saturninus gelassen. So wie ich ihn kannte, wollte er an erster Stelle stehen.

Als die Zeugen fort waren, trugen Agamedes und Anaxarete zwischen sich meine Schmucktruheund  die drei Kleidertruhen nach draußen und luden sie auf das Ochsenfuhrwerk, das einem  gewissen Alan gehörte. Als ich es sah, war ich froh, da nicht mitfahren zu müssen. Bestimmt gab das Spreißeln im Hintern. Die Büchertruhen waren leider zu schwer, sie mussten noch warten.

"Nefertem!", ich zögerte. Er hatte mir nicht mehr zu gehorchen, denn dieser Haushalt war nicht mehr der meine, und ich hatte den Iulkiersklaven streng genommen, keine Anweisungen zu erteilen. ich konnte ihn nur aus Freundschaft bitten. Er war immer für mich da gewesen, weit über seine Dienstpflicht hinaus. Doch ich hatte ihn nie wie einen Freund behandelt, und ihn niemals gebeten, sondern immer nur befohlen. Oh, Sabina, wie gedankenlos du oft warst. 

Ich schluckte und sah in das liebe Gesicht des anmutigen, dunklen Jünglings: 

"Nefertem. Ich möchte dich...bitten, dass du mich noch zu Furius Saturninus nach Hause begleitest. Seine Unterschrift fehlt noch. Es sind nur ein paar Schritte. Und danach bringe bitte diesen Brief in die Castra zu deinem Herren", sprach ich kleinlaut.
[Bild: 3_15_08_22_9_35_15.png]
Vormund (Tutor):  Manius Claudius Menecrates
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09-21-2024, 12:25 PM,
Beitrag #25
RE: Tablinum
>>> Nachdem die Männer, nach denen Claudia Sabina verlangt hatte, eingetroffen waren. Hatte Nefertem die Zeugen in das Tablinum geleitet. Das Tablinum war der geeignete Ort, um die Umschriften zu setzen. Unwillkürlich musste Nefertem schlucken, dass die junge Claudia alsbald die Villa Iulia verlassen würde und mit ihr ihre eigenen Sklaven. Dabei hatte sich Nefertem gewünscht, dass ihm Anaxarete  noch häufiger Geschichten aus ihrer Heimat erzählen würde, so wie sie es ihm einst versprochen hatte.
Da traten die Männer auch schon an den Tisch heran und setzen ihre Unterschriften unter das Schriftstück. Um aus den Händen des iulischen Maiordomus jeweils ein Lederbeutelchen mit klingenden Münzen zu erhalten. In desem Beutelchen befanden sich nicht nur Kupfer-, sondern auch Silbermünzen, was die Gesichter der Männer rasch erhellte. Zu guter Letzt, sozusagen als Abschluß dieser Eheschließung, setzte Claudia Sabina ihre Unterschrift auf das Pergament und Nefertem spürte wie etwas in ihm zerbrach. Vielleicht konnte er Claudia Sabina überreden, etwas länger in der iulischen Villa zu verweilen? Aber nein, dies gehörte sich nicht. Und so atmete Nefertem tief durch, während er die Herren auch schon aus dem Tablinum und schließlich aus der Villa Iulia geleitete.

Da traten auch schon Agamedes und Anaxarete herbei und schleppten drei Kleidertruhen, sowie die Schmucktruhe Claudia Sabinas zwischen sich, um diese vor der Porta erst einmal abzustellen. Ein Fuhrwerk, vor dem ein Ochse gespannt war, wartete vor der Porta. Die Truhen wurden dann auch schon auf das Ochsenfuhrwerk geladen und jenes würde wohl zur Villa Claudia weiterziehen, dem neuen Heim der Claudia Sabina. Nefertem spürte auf einmal einen Kloß im Hals und er blinzelte hastig, bevor er sich über die Augen wischte. Ja, er hatte Claudia Sabina lieb gewonnen. Sie war ein ehrlicher, freundlicher Mensch. Nicht zu vergleichen mit seinem Dominus.

Als die Claudia schließlich nach ihm rief, zuckte Nefertem leicht zusammen und drehte sich langsam in Richtung ihrer Stimme. Rein theoretisch konnte er sich ihrer Stimme verweigern. Denn sie gebot nicht mehr über ihn, so wie sie es als Gemahlin des Marcus Iulius Cato getan hatte. Und dennoch reagierte Nefertem und trat auf die junge Claudia zu. Ein trauriges Lächeln auf den Lippen. Hieß es nun Abschied nehmen? Er würde weiterhin als Maiordomus der Villa Iulia vorstehen. Doch noch war es nicht an der Zeit Abschied zu nehmen, denn eine Unterschrift fehlte noch. Die des Furier und so nickte Nefertem auf die gesprochenen Worte der jungen Claudia.

“Natürlich Domina Claudia Sabina. Wie du wünscht.“

Höflich und respektvoll. Alles Attribute die Nefertem ausmachten und die er nicht einfach so abstellen konnte.
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