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Große Halle
02-22-2024, 11:12 PM,
Beitrag #1
Große Halle
Die größte Siedlung der Brigantes, Isurium, erhebt sich in der Hügellandschaft im Norden von Britannia, etwa eine Tagesreise nordwestlich von Eburacum. In den äußeren Bezirken von Isurium findet man noch viele traditionelle keltische Rundhäuser mit kleinen Gärten darum, aber je weiter man sich dem Zentrum nähert werden die Häuser moderner und römisch angehaucht. Viele der neugebauten Häuser im Zentrum sind ganz oder teilweise aus Stein gebaut und eher rechteckig. Die ganze Siedlung ist mit einer Palisade aus angespitzten Holzstämmen und Erdwällen umgeben.

Inmitten dieser modernen Häuser erhebt sich das große Langhaus der Königin der Brigantes und ihrer Familie. Es ist ein zweistöckiges Steingebäude, das nagelneu und nach römischer Art von Königin Cartimandua gebaut wurde. Um das imposante Haus herum befindet sich ein schöner Garten mit einer halbhohen Steinmauer und einem Holztor, das kunstvolle keltische Schnitzereien aufweist sowie Schutzsymbole der Götter des Landes.

Das untere Geschoss des Hauses besteht aus einem großen Empfangsraum für Feste, Verkündungen und Petitionen, die man an die derzeitige Königin Cerivellana richten konnte. Der Empfangsraum ist der einzige keltische Teil des Hauses und verfügt über eine große Feuerstelle in der Mitte sowie Bänken und Hockern mit Fellen, die um die Feuerstelle gestellt wurden. Im Obergeschoss befinden sich die Schlafräume der königlichen Familie, die derzeit nur aus der Königin Cerivellana und ihrem Sohn Cahir besteht. In einem Anbau hinter dem Haus befindet sich eine große Küche sowie ein kleines Badehaus.
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09-07-2024, 10:25 AM,
Beitrag #2
RE: Große Halle
>>>

Nach dem Frühstück mit meinen beiden natürlichen Söhnen hatte ich mich in meinen feinsten Zwirn gekleidet, meinen Schmuck angelegt sowie mein Schwert gegürtet und war mit einer festlichen gekleideten Rhian in die Große Halle hinab gestiegen. Ich liebte ihr duftendes Haar offen, aber schön zurecht gemacht, machte sie eine gute Figur. Ich war stolz auf meine hübsche Gemahlin, die bisher nur Güte, Verstand und Moral gezeigt hatte. Das Volk würde sie genauso lieben wie ich. 

Die Halle selbst war mit Blumen geschmückt, die noch von der Hochzeit stammten und um zwei hübsche geschnitzte Stühle sowie die Balken der Decke und die Stützpfeiler gewunden waren. Die Halle war auch bereits gut gefüllt mit Bürgern in ihrem besten Gewand, allen voran meine Tante und meine Cousine. Mein Onkel Berroc war nach wie vor auf dem Kontinent unterwegs und noch nicht zurück in Britannia und meine Söhne waren noch zu jung für den Schwur. Ich begrüßte meine Verwandten mit meiner Frau an meiner Seite, ehe wir uns an unsere Ehrenplätze begaben. 

Die Grüppchen und Trauben an Menschen zerstreuten sich kurz nach unserer Ankunft und hinter meiner Tante und meiner Cousine bildete sich eine Schlange. Als die Gespräche und der Tratsch verebbten und es relativ ruhig in der Halle wurde, brachten zwei Mägde einen Tisch herein mit drei großen Weidenkörben - einer voll mit Eicheln, einer voll mit Kräuterbündeln bestehend aus Schafgarbe, Lavendel und Thymian für Schutz, Reinigung und Mut zur Treue sowie einem Korb voll mit Stoffstreifen im dunklen Waidblau der Briganten. Der Tisch stand nun seitlich neben den beiden Ehrenplätzen.

Ich wartete bis Rhian Platz nahm, ehe ich mich ebenfalls setzte und die Menge kurz begrüßte. "Es freut mich, dass heute alle so zahlreich erschienen sind. Cerivellana ist nun bei den Göttern und das Rad der Welt dreht sich weiter. Lady Rhian und ich haben den Bund mit dem Land erneuert und nun ist es an euch, Brigantes, den Bund zu erneuern." Zustimmendes Raunen und Nicken in der Menge, wie ich erwartet hatte. 

Ich musste mit gutem Beispiel voran gehen und da wir Friedenszeiten hatten, war es an mir den ersten Schritt zu machen. Ich erhob mich schwungvoll, ehe ich meinen Umhang zurückschlug und dann vor Rhian kniete. "Ich, Cahir von den Brigantes, schwöre Dir, Rhian, meine Treue bei Himmel und Erde. Dein Wort ist mein Gebot, dein Schutz meine oberste Pflicht. Sollte ich meinen Schwur brechen, mögen mich die Götter erschlagen." Ich wartete auf die Gaben im Gegenzug für den Schwur, ehe ich mich zurück an meinen Platz begab.
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09-07-2024, 04:17 PM,
Beitrag #3
RE: Große Halle
>>> Die junge Magd hatte Rhians kupfernbraune Haare zu einer kunstvollen Frisur hoch gesteckt. Und nickte zufrieden, als sie ihr Kunstwerk als beendet ansah. Ja, so konnte sich die junge Frau ihrem Gatten und den Tributpflichtigen zeigen. Als Rhian ihre schmale Hand auf den dargebotenen Arm ihres Gatten bettete, konnte Cahir wohl deutlich das sachte beben ihrer Finger durch den Stoff seines Gewandes spüren. Ein deutliches Zeichen dass die junge Frau wahrlich nervös war, auch wenn sie es nach außen hin nicht zeigte. Eine Maske, die sie sich auferlegt hatte. Mit einem sanften Lächeln auf ihren Lippen betrat Rhian, an der Seite ihres Gatten die Halle, welche mit hübschen Blumen verziert war, die einen süßlich herben Duft verströmten. Ein Duft der Rhian augenblicklich in der Nase kitzelte, so dass sie ihr Näschen unwillkürlich kräuselte. Zum Glück kam es nicht zu einem peinlichen Niesanfall.

Sanft lächelnd verweilte Rhian an der Seite Cahirs, als dieser seine Verwandten begrüßte und auch Rhian wechselte einige Worte mit den Leuten. Bevor sie sich auf ihre Ehrenplätze begaben und Rhian sich gemeinsam mit Cahir auf den mit Fellen bezogenen Stühlen niederließ. Interessiert beobachtete Rhian anschließend, wie ein Tisch herbei getragen wurde. Auf diesem Tisch standen drei große Weidenkörbe. Einer davon war mit Eicheln gefüllt, der zweite mit Kräuterbündeln und der dritte beherbergte Stoffstreifen. Eben jene Stoffstreifen, die um die Arme der Bürger gewunden wurde, so wie Rhian auch eines um Cahirs Arm binden würde.

Dann erhob ihr König seine Stimme und Rhian spürte wie ihr Herz alleine bei dem Klang seiner Stimme einige Takte schneller in ihrer Brust pochte. Sie fühlte sich einfach zu dem Großgewachsenen hingezogen, zu dem Mann aus ihrer Vision an der Quelle. Schweigend und mit einem sanften Lächeln auf den Lippen lauschte die junge Frau den gesprochenen Worten und vernahm das zustimmende Gemurmel der Menge. Dann, als sich Cahir erhob, erhob sich auch Rhian und drehte sich in Richtung der Menge, als ihr Gatte auch schon vor ihr auf die Knie sank und seinen Schwur sprach. Eine wohlige Wärme hielt bei diesen Worten in Rhians Körper Einzug und ihre Augen leuchteten vor Liebe zu diesem Mann. Während eine der Mägde reagierte und den Weidenkorb mit den Stoffstreifen näher trug. Einen dieser Stoffstreifen nahm Rhian aus dem Korb und band diesen um den Oberarm ihres Gemahls. Schweigend und sanft lächelnd blickte sie dabei zu Cahir empor. Nachdem Cahir seinen Schwur gesprochen hatte und Rhian ihre Finger vorsichtig zurück gezogen hatte. Reihten sich die Männer ein, so dass das Herrscherpaar den Männern gegenüber treten konnte. Und so wie Cahir es vorhergesagt hatte, geschah der weitere Ablauf. Abwechselnd wurde den Gefolgsleuten eine Eichel und ein Kräuterbündel gereicht. Ersteres stand für das gemeinsame Land. Während letzteres für deren Schutz stand. Und auch der Stoffstreifen wurde um die Oberarme gewunden.

“Hiermit binde ich dich an das Land.“

Abwechselnd gesprochen. So wiederholte sich die Prozedur bei sämtlichen Männern die vor den Ehrenplätzen Aufstellung genommen hatten und den Treueeid leisteten.
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09-09-2024, 12:19 PM,
Beitrag #4
RE: Große Halle
Nachdem ich mich nach meinem Schwur zurück an meinen Platz begeben hatte, traten zunächst meine Tante und dann meine Cousine vor um ebenfalls ihren Schwur zu leisten gefolgt von den besser betuchten aber auch einfachen Einwohnern und auch Einwohnerinnen. Nicht nur Männer leisteten ihren Schwur, sondern auch vereinzelt Frauen, die für ihre Sippen und Familien sprachen. Der Ablauf war allerdings immer der gleiche, ob nun Mann oder Frau vor ihnen stand. Sie reichten den Untertanen die symbolischen Gaben und banden sie mit dem Stoffstreifen. 

Es mussten Stunden vergangen sein, bis der Ansturm ein wenig abebbte. Das waren bei weitem noch nicht alle Einwohner gewesen, denn die Boten waren noch unterwegs in die umliegenden Dörfer und es würde noch einige Tage dauern, bis alle hier in Isurium eingetroffen waren. Bis dahin würden sie jeden zweiten Tag den Vormittag hier in der Halle verbringen um den Treueschwur entgegen zu nehmen. Aber die Menge zerstreute sich mittlerweile und zwei Mägde räumten die Körbe weg und brachten dafür Platten mit kaltem Braten und Brot sowie anderen Häppchen.

Ich nahm mir auch einen der Holzteller und lud ihn mir voll und setzte mich dann zu Rhian, während einige der Einwohner noch in Grüppchen zusammen standen, sich ebenfalls bedienten und hier und da Klatsch und Tratsch oder auch Geschäfte besprachen. Vor allem an Tagen, wo der Herrscher Bittsteller anhörte, mutierte die Große Halle in eine Art Gemeindezentrum, wo sich alles was Rang und Namen hatte traf und das Tagesgeschehen besprach, während man darauf wartete, an die Reihe zu kommen mit seiner Bitte.

"Ich glaube für heute haben unsere lieben Untertanen genug" sagte ich mit einem Schmunzeln zwischen zwei Bissen, ehe ich Rhian ebenfalls das gut gefüllte Teller hinhielt, damit sie sich bedienen konnte. "Ich werde noch eine Kleinigkeit essen und dann in meine Schreibstube verschwinden. Soll ich nach den Jungs schicken lassen oder willst du sie selbst vom Stall abholen, Liebste?" So wie ich meinen älteren Sohn kannte, waren die Pferde bereits fertig und er wartete schon ungeduldig auf Rhians Ankunft.
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09-11-2024, 03:07 PM,
Beitrag #5
RE: Große Halle
Nachdem der Großteil der Anwesenden den Treueschwur geleistet hatte und sich die Männer und vereinzelte Frauen in Grüppchen zusammen fanden, hatte Rhian endlich Zeit sich an die reichlich gedeckte Tafel zu setzen. Genau in dem Moment, in dem Cahir einen gut gefüllten Teller vor ihr abstellte und ein sanftes Lächeln über ihre Lippen huschte. Von dem Teller duftete es köstlich und so nahm Rhian zuerst nur einige wenige Bissen. Mit der Zeit wurde die junge Frau jedoch immer mutiger und im nu war der Teller auch schon wie leer geputzt.
 
“Wenn du nichts dagegen hast, dann würde ich gerne das Angebot deiner Söhne in Anspruch nehmen und mit ihnen hinaus in die Natur reiten wollen.“
 
Oh ja. Darauf freute sich Rhian bereits sehr, was man an ihren leuchtenden Augen allzu deutlich erkennen konnte.
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09-12-2024, 11:30 AM,
Beitrag #6
RE: Große Halle
Der Tag war so gut gelaufen, dass mir das Essen gleich viel besser schmeckte, auch wenn ich mich weniger auf den Papierkram freute. Ich wäre jetzt auch lieber ausgeritten, aber irgendjemand sollte sich um den Krempel kümmern. Vielleicht könnte ich Brenna den Papierkram überlassen, jetzt wo sie sich nicht mehr um Mutter kümmern musste. Meinen Gedanken nachhängend wollte ich gerade nach dem letzten Bissen Braten auf dem Teller greifen, als mir meine liebreizende Frau auch schon zuvorkam und sich dann direkt auf den Weg machen wollte.

So ging das aber gar nicht! Ich zog meine Königin noch an mich, bevor sie verschwand und schickte sie mit einem leidenschaftlichen Kuss auf die Reise. "So lange ich meine Küsse bekomme, kannst du überall hingehen. Viel Spaß mit den Jungs, meine Königin" flüsterte ich noch in ihr Ohr, ehe ich sie losließ und sie gen Stallungen entschwand. Ich beschloss mir noch ein Stück Braten zu holen, das mir gemopst wurde, bevor ich mich auf den Weg ins Obergeschoss machen wollte. So lange badete ich noch ein wenig in der guten Stimmung im Raum, wo die Menschen in Grüppchen standen, hier und da eine Kleinigkeit aßen und plauderten.
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09-12-2024, 12:01 PM,
Beitrag #7
RE: Große Halle - der Wille der Götter
>>> Hier in der Große Halle residierte das junge Königspaar jetzt allmorgendlich und nahm den Treueeid der Familienvorstände entgegen. Beide waren sie ein Bild blühenden Lebens, von Glück und Zuneigung. Fast allen ging das Herz auf, als sie König Cahir und seine schöne Königin Rhian so sahen.
Als Cathbad  Seite an Seite mit Anwen eintrat, war Lady Rhian nicht hier, aber Cahir sprach noch mit einigen Männern.
Cathbads Miene wirkte noch düsterer als gewöhnlich. Wo er war, war es, als ginge ein Schatten und das goldene Morgenlicht, das von hoch oben in die Halle drang, verfärbte sich grau wie Asche. 
Beide Priester teilten die Menge, die zuvor noch hochgestimmt und mit frohen Gesichtern, verstummte.
"Sei mir gegrüßt, König Cahir ", sprach Cathbad langsam und mit gemessenen Bewegungen seiner Hände, um seine Wore zu unterstreichen:
"Der Rat der Druiden entbietet Dir und auch deiner Königin seinen Gruß. Lange mögen die Tage eurer Herrschaft dauern!" 
Er erhob er seine Stimme nicht, wenn er etwas sagte, sondern sprach fast leise und heiser, denn er verließ sich darauf, dass die Zuhörer schwiegen. Bisher hatte sein Gruß den Traditionen entsprochen. Doch Cathbad war noch nicht fertig:

"Aber nicht immer können diese Tage glücksverheißend sein, so wünschenswert dies wäre.
Auf so viel Licht folgt Schatten, und der Schatten der Adler, der dieses heilige Land schon so lange verdunkelt, hat sich bereits erhoben, um Krieg auch in eure friedlichen Gestade zu tragen"


Cathbad sprach nun von Ravens Visionen:


"Der alte Adler - Kaiser Vespasian - ist tot. Es hat böse Vorzeichen gegeben in jenem fernen Land Italia, denn die Berge und die Erde selbst haben viele Römer mit Feuer und Asche getötet. Die Römer fürchten sich, denn ihre Priester wissen, dass ihnen nicht mehr Zeit bleibt. 

Die große Schlacht steht bevor. Die Zeit ist gekommen, die fremden Herren vom Tiber aus dem Land
zu vertreiben. Dein Name, Cahir, wird auf ewig mit dieser Großtat verbunden werden, solange Feuer brennen und die Barden Lieder singen"


Cathbad wies auf Anwen und trat etwas zur Seite, damit alle die junge Frau sehen konnten:

"Dies hier ist , wie einige von euch bereits wissen, Anwen, Priesterin der großen Andraste, die den Krieg bringt, der Unbesiegten. Sie ist gekommen, dir o König den Willen von Albions Göttern zu verkünden"

Viele Anwesende hatten sich beim Namen der Kriegsgöttin schaudernd abgewandt. Ihre Rituale waren grausam, sie war es, die die Schlachten lenkte, und sie erfreute sich am Blutvergießen.
Cathbad überließ der Andrastepriesterin das Wort.
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09-23-2024, 08:59 PM,
Beitrag #8
RE: Große Halle
Anwen spürte die kalte Stille in der Halle, als Cathbad  seine Worte an das Königspaar richtete.  Cahir, jung und stark, mit der Kraft eines Mannes, der wusste, dass sein Volk ihn brauchte und Rhian, seine junge Königin, voller Liebreiz und klug. Zweifelsohne würde sie sich nicht dem Willen der Götter entziehen und würde bei ihrem Gatten Überzeugungsarbeit leisten, falls dies notwendig werden sollte. 

Noch stand die Priesterin mit aufrechter Haltung an Cathbads Seite. Ihre Augen waren ruhig und unergründlich. Doch als der alte Druide endete, trat Anwen mit einem ruhigen Atemzug vor. Ihre Schritte waren leise, aber und die Spannung in der Luft war greifbar. Jetzt war es an ihr, die Stimme der Götter zu sein, um für Andraste zu sprechen. Ihre Augen ruhten auf dem Königspaar, fest und unnachgiebig, doch auch voller Ehrfurcht vor dem Gewicht dessen, was sie verkünden würde.
"König Cahir", begann sie, ihre Stimme war sanft, aber unüberhörbar. "Die Götter haben ihre Zeichen gesandt. Es ist Andraste, die mich zu dir führt, um ihre Forderung auszusprechen. Die Göttin des Krieges, die einst mit der großen Königin war, als diese sich gegen die römischen Besatzer erhob, wird nun auch ein deiner Seite stehen, wenn du dein Schwert erhebst, um das heilige Albion vom Schmutz der römischen Fremdlinge zu reinigen und sein Volk von seinen Ketten zu befreien. Doch dafür verlangt sie ein Zeichen deiner Hingabe. Ein Opfer, das Albion in die Freiheit führen wird." Anwen hielt inne und ließ die Bedeutung ihrer Worte in der Halle widerhallen. Sie beobachtete die Augen des Königs, um jede kleinste Veränderung sofort einfangen zu können.

"König Cahir," begann sie erneut. "Du hast zwei Söhne, Cormac und Declan," fuhr Anwen fort, und mit jedem Wort schien die Luft schwerer zu werden. "Sie sind das Leben, das du deinem Land geschenkt hast, und sie tragen das Erbe deines Blutes. Andraste will das Blut eines deiner Söhne. Cormac oder Declan – entscheide du, welcher von ihnen ihr geweiht wird. Dieses Opfer wird die Tore zu ihrem Wohlwollen öffnen und ihren Zorn und den Sturm des Krieges über die Römer bringen. Die Adler - mit ihrer Hilfe werden sie alle fallen!"
Die Spannung im Raum war unerträglich. Anwen wusste, dass die Bürde, die sie dem König auferlegt hatte, sehr schwer war. Doch sie trat nicht zurück. Sie war die Dienerin Andrastes und ihre Pflicht war es, den Willen der Götter zu überbringen, auch wenn er grausam war.

"Andraste fordert viel," sagte Anwen schließlich, ihre Stimme weich wie der Wind, der über die Felder fegte. "Doch sie gibt mehr. Mit dem Blut deines Sohnes wird sie unser Volk befreien. Dies ist der Weg, den die Götter für dich und Albion bestimmt haben." Anwen blieb reglos und wartete auf Cahirs Entscheidung.
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09-28-2024, 03:17 PM,
Beitrag #9
RE: Große Halle
Die Stimmung war ausgelassen und gut gelaunt, wie das bei neuen Aufbrüchen und Herrscherwechseln, die unblutig und friedlich verliefen meist war. Aber da teilte sich auch bereits die Menge und der alte Druide Cathbad mit einer jungen Frau an seiner Seite schritten durch die schlagartig stille Menge. Es war schwer zu übersehen, dass ein Druide und eine Priesterin anwesend waren, erschienen sie doch in vollem Ornat und kommandierten schnell die Aufmerksamkeit der Anwesenden. 

Wollte der Druide sich nur vorstellen und ihnen Glück wünschen zusammen mit der Priesterin? Ich hatte sie bereits bei meinem ersten Zusammentreffen mit Rhian gesehen. Sie war Teil der Gesandtschaft, die Rhian nach Isurium gebracht hatte. Mein schlechtes Gefühl bestätigte sich allerdings sofort, als er vom toten Kaiser und bebenden Bergen und toten Römern sprach. Natürlich war es kein Höflichkeitsbesuch. Der Druide wollte ihn öffentlich dazu bringen, Position zu bezwingen. Ein Anweisung der Götter konnte auch ein König schwer ausschlagen und ich rang um einen neutralen Gesichtsausdruck.

Als allerdings Anwen das Wort ergriff, wuchs das schlechte Gefühl zu einem kalten Schauer den Rücken hinunter an. Eine Andrastepriesterin....das hätte ich mir ja denken können. Als sie ihre Worte sprach konnte man die teilweise entsetzten Gesichtsausdrücke auf den Gesichtern der Anwesenden sehen. Andraste war grausam, aber mächtig und wichtig für das Schlachtenglück. Ihre Boten kamen nur selten vorbei, aber waren meist Boten des Unheils, die man nicht verärgern sollte. Für einen Moment sank ich richtig auf meinem Sitz zusammen, aber ich wusste ich hatte weder eine Wahl noch konnte ich Schwäche zeigen. 

Ich atmete einmal tief durch und stählte mein Herz, ehe ich selbst das Wort ergriff. Alle Augen waren auf mich geheftet und wohl kaum jemand wollte gerade mit mir tauschen. Könige genossen Luxus, aber dafür war es auch unsere Rolle als Vermittler mit den Göttern, die uns einiges abverlangte. "Die Götter haben ihre Boten gesandt und die Brigantes werden antworten. Wenn es der Wille der Götter ist, so will ich der Göttin geben, was sie verlangt und das Schwert in ihrem Namen führen. Mein Blut, mein Gebein und meine Seele gehören dem Land" sprach ich noch die rituelle Antwort, ehe mir noch die Worte wie Asche im Hals stecken blieben. 

Wie sollte ich nur einen meiner Söhne wählen und doch war es das Gebot der Götter. Kurz schloss ich kraftlos meine Augen, ehe ich mich erinnerte, dass noch alle Augen auf mir ruhten. Ich musste meine Rolle noch eine Weile weiterspielen. Freiheit, Wohlstand und Frieden für das Land waren das Leben eines Mannes wert, das wusste ich. Aber die Wahl zu haben war bittere Galle in meinem Mund. Niemand wollte diese Wahl treffen, da sie doch meist in der Hand der Schicksalsgötter lag, die den Faden durchtrennten. "Wann soll das Ritual stattfinden, Priesterin?" fragte ich mit kühler Stimme.
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09-30-2024, 07:32 PM,
Beitrag #10
RE: Große Halle
Ein Menschenopfer wurde nie leichtfertig dargebracht, auch wenn die römischen Schriftsteller Grausames über die keltischen Druiden schrieben.  Nur in Zeiten allerhöchster Not forderten die Götter solch ein Opfer. 
Kein König sollte je von den Müttern seines Volkes verlangen dürfen, ihre Söhne in die Schlacht zu geben, wenn er selbst nicht dazu bereit wäre, ein Kind zu verlieren.
 Cahir jedoch ging ihnen allen mit gutem Beispiel voran. Seine Tränen waren die ersten, die geweint werden würden. Das Edelste, was es besaß, einen Sohn aus königlichem Blut - auch wenn es ein Beltanekind war, da Lady Rhian dem Brigantenkönig noch keine Kinder geschenkt hatte - würde der grausigen Andraste geopfert werden.
Cahir wankte nicht und wurde nicht bleich. Sein Blick war fest, seine Stimme auch, als er sich nach dem Zeitpunkt des Rituals erkundigte.
Es gab niemanden der Anwesenden, dem es nicht kalt über den Rücken lief. Die Stille, die eintrat, war gespenstisch, und dann erhob sich wie aus einem Mund ein Raunen, der Slogan, der Schlachtruf, der von einem Ende der Halle zur anderen dröhnte. Hätte ein Römer von draußen zugehört, hätte er gemeint, die Furien wären gekommen, Unglückliche zu jagen. Wie eine Welle schwoll er an. Die Wachen des Königs, die als einzige Waffen trugen, die schlugen gegen ihre Schilde.

Wir wollen Treue halten,
oder der Himmel möge niederstürzen,
die Erde sich öffnen
das Meer sich erheben,
Brigantes gegen Rom
 mit unserem König Cahir,
 gegen Rom!

bumm...bumm... bumm

Cathbad hob die Hand zu einer segnenden Geste über die Männer, als wieder Ruhe einkehrte. Sie waren mit Cahir, sie liebten ihr junges Königspaar.

" Dreimal die Drei, 
heiligste Zahl der Vollkommenheit.
Von heute ab gezählt in drei mal drei Nächten,

 am neunten Tag", erwiderte er auf die gestellte Frage, obwohl sie nicht an ihn gerichtet gewesen war, sondern an die Andrastepriesterin.

Den Ort würde ihnen jedoch Anwen nennen.

Aber Cathbad hatte auch ein Gespür dafür, wann der beste Zeitpunkt seines Auftretens und Abgangs gekommen war. Er liebte es, die Menge aufgewühlt, aufgebracht, beeunruhigt zurück zu lassen. Caradoc hätte versucht, sie alle zu trösten. Vielleicht hätte er sogar Mitleid gehabt mit dem unschuldigen Jungen. Wie schwach Meister Caradoc gewesen war. Wie gut es war, dass die Römer ihn abgestochen und aller Welt gezeigt hatten, was sie mit den Schwachen und Barmherzigen taten.

Der Druide schlang seinen weißen Mantel fester um seinen hageren Leib und schritt langsam und wie in Gedanken versunken davon, als befände er sich im Zwiegespräch mit der Anderswelt.
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