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Ein Schlüssel ist keine Magie
06-10-2024, 02:23 PM,
Beitrag #11
RE: Ein Schlüssel ist keine Magie
"Viele Menschen würden sagen, dass es sehr einfach ist, eine Claudia zu sein, da ich alles, was man für Geld kaufen kann, haben kann", antwortete ich auf die kleine Schmeichelei meiner neuen interessanten Bekannten:

" Nur manchmal ist es unangenehm, wenn die Welt vor Ehrfurcht erstarrt, wenn man sagt, wie man heißt. Ich bin übrigens froh, dass du das nicht tust mit der Ehrfurcht. Das ist langweilig. Mit dir kann man sich gut unterhalten", ich streckte meine Füße aus, die nun genug eingeweicht hatten:

"Keine Ahnung, wohin du mich entführen könntest. Ein Entführer kann doch nicht erwarten, dass ich mir den Kopf über seine Arbeit zerbreche. Das muss er schon selber wissen, wo er mich versteckt, bis meine Familie mit dem Lösegeld anrückt.
Aber du hast ja selbst gesagt, dass du mich nicht entführen möchtest. Also ist es kein Problem"

Ich zuckte die Schultern. Jetzt konnte Anaxarete mir keinen Vorwurf daraus machen, dass ich zu vertrauenselig wäre. Ich hatte mich gerade abgesichert:

"Mein Ehemann darf nicht einmal wissen, dass ich mit einer Hetäre rede. Und die ansehnlichen Sklaven in unserem Haus gehören alle ihm. Ich werde lieber Agamedes mitbringen. Er ist mein Hauslehrer. Er ist schon alt und kein bisschen ansehnlich, sonst hätte ich ihn nicht behalten dürfen. Doch er ist sehr gescheit, und wenn wir irgendwo eingesperrt wären, so würde er uns gewiss Flügel aus Wachs und Federn basteln wie Daedalus sie gebastelt hat, um aus den Fängen von König Minos zu fliehen"

ich machte eine Handbewegung, um das Flattern von Flügeln anzudeuten und hätte beinahe eine der kleinen Tonamphoren mit Öl vom Tischlein gefegt:

"Würdest du nicht auch gerne wissen, wie es ist, zu fliegen wie ein Vogel, werte Kiki?" 
Mangelnde Vorstellungskraft war wirklich nicht mein Problem:
"Wir könnten beispielsweise einen Ausflug nach Londinium machen"

Doch warum mir jetzt ausgerechnet die Provinzhauptstadt in den Sinn kam, das wusste nur Isis, die Große Göttin.
[Bild: 3_15_08_22_9_35_15.png]
Vormund (Tutor):  Manius Claudius Menecrates
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06-11-2024, 04:06 PM,
Beitrag #12
RE: Ein Schlüssel ist keine Magie
“Viele Menschen sind Idioten“, meinte ich nur schulterzuckend, als sie meinte, viele Menschen würden ihr Leben leicht finden. Naja, ehrlicherweise, sie hatte es sehr viel leichter als die allermeisten Menschen auf der Welt, weil sie reich war und einfach nur ein paar Kinder bekommen musste, um deren Versorgung sie sich keine Sorgen zu machen brauchte. Aber sowas sagte man einer Tochter aus reichem Haus natürlich nicht. Da waren wohlbehütete Patriziertöchter nicht anders als hochgestellte Magistrate, die über ihre Arbeit jammerten und denen man dafür ein wenig den Bauch pinseln musste.

Die Kosmetikerin war mit meinen Füßen fertig und wickelte sie in ein weiches Baumwolltuch, ehe sie mit den Füßen der Claudia weitermachte, die nicht nur offenbarte, dass sie eigentlich gar nicht mit mir reden durfte und ein paar interessante Details über ihren Ehemann unbewusst preisgab. Iulius Cato war wohl wirklich so ein Aas, wie Aglaia erzählt hatte. Aber natürlich sagte ich auch das nicht laut, denn vielleicht würde Claudia Sabina ihren Mann trotz allem verteidigen. Ich wollte ja, dass sie mich mochte.
“Nun, das ist aber schade. Ich finde, jede Frau sollte zumindest ein oder zwei gutaussehende Sklaven haben, die sie mit ihrem Anblick erfreuen, wenn ihr Mann gerade keine Zeit für diese Aufgabe hat.“, sagte ich also stattdessen.
Dann drifteten die Gedanken der Claudia aber ab in Sphären, denen ich nicht so leicht folgen konnte. “Du möchtest mit mir einen Ausflug nach Londinium machen?“ fragte ich nach. Grundsätzlich hätte ich nichts dagegen, wenn sie mich einladen würde, aber ich war mir nicht sicher, ob es das war, was Claudia Sabina mir sagen wollte. “Ich meine, das wäre sicher schön. Wir könnten ins Theater gehen und vielleicht sogar ein paar verschwitzte Gladiatoren bewundern. Oh, oder den Statthalterpalast bei einer Audienz! Natürlich würden wir nicht die langweiligen Reden anhören, aber vielleicht lässt man ja zwei feine Damen wie uns auch den Garten erkundigen?“ spielte ich also erst einmal mit, etwas utopische Pläne zu schmieden.
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06-24-2024, 09:38 AM,
Beitrag #13
RE: Ein Schlüssel ist keine Magie
" Der schöne Anblick wäre mir ganz gleich, wenn nur die ewige Warterei nicht wäre!", murmelte ich. Es klang fast verbittert. Aber es war wahr: Ich war nun fast fünfzehn und vergeudete meine schöne Jugend mit Warten. Warten auf den untreuen Ehemann, Warten auf mein ungeborenes Kind, warten darauf, dass einmal was Aufregendes in meinem Leben geschehen würde. Fast hatte ich mir einen Keltenangriff auf Iscalis herbei gesehnt. Der würde mich doch wenigstens aus meiner Lethargie reißen. Das letzte Mal, als ich mich so richtig lebendig gefühlt hatte, das war bei dem Feuer im Haus des Tuchhändlers gewesen, als Serena und ich den Innengarten der Provinzverwaltung  für die obdachlosen und erschrockenen Nachbarn geöffnet hatten.
Kiki war wenigstens spannend (deshalb würde man sie mir ja auch nicht erlauben)
Oder halt :Nein: Das Lebendigfühlen beim Feuer war nicht das letzte Mal, sondern nur das vorletzte Mal gewesen. Das letzte Mal.... verdammt....verdammt...verdammt.....
Wenn ich auch anderen Menschen gegenüber nicht immer aufrichtig sein sollte, mir selbst gegenüber war ich es. Meine Schwärmerei für den Statthalter Petilius Rufus war nicht weniger, sondern eher mehr geworden. Ich befand mich in der Situation einer sogenannten grünen Witwe und hatte viel zu viel  Zeit zum Tagträumen - und auch Nachts zu viel Zeit, wenn ich alleine in meinen Kissen lag:
"Ich bin mir sicher, dass der noble Petilius Rufus mir sogar eine Privataudienz gewähren würde, wenn wir nach Londinium kämen!", rief ich nun mit gedämpfter Stimme aus, und ich konnte wohl nicht verbergen, dass meine Augen begannen, zu strahlen.
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Vormund (Tutor):  Manius Claudius Menecrates
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06-25-2024, 06:31 PM,
Beitrag #14
RE: Ein Schlüssel ist keine Magie
Oh, oh, die kleine Claudia war unzufrieden mit ihrem Mann. Ich meine, ich konnte das verstehen. Es war jetzt nicht so, als ob ich andauernd Sex bräuchte, aber wenn Furius Saturninus mal wieder wochenlang kaum Zeit hatte, fühlte ich mich schon auch unruhig. Da ging es der Claudia wohl nicht wirklich besser, auch wenn sie ein Kind erwartete.
Nur dass das Ziel ihrer Hitzewallungen wohl weder ihr Mann, noch Furius saturninus waren, sondern Petilius Rufus? Oh, die kleine Claudia war ganz tief unter der patrizischen Pomade und all den Namen ein genauso lüsternes, kleines Luder wie der Rest von uns. Ich grinste ein wenig und beschloss, die Fantasie etwas weiter mitzuspielen. Denn ich hatte den Eindruck, dass das so ziemlich das einzige war, was die junge Frau neben mir, deren Zehen gerade in Form gefeilt wurden, durfte und woran sie deshalb großen Spaß hatte.
“Oh, eine Privataudienz? Nur für dich ganz alleine?“ Ich warf ihr einen verschwörerischen und leicht beeindruckten Blick zu. Na, ob da dein Mann nicht eifersüchtig wird? Der Statthalter ist ein stattlicher Mann, auch wenn ich leider nicht die Gelegenheit hatte, mit ihm zu sprechen, als er in Iscalis war.“
Ich wollte aber, dass sie die Phantasie noch ein wenig weiter spann und jetzt bei der Erwähnung ihres Mannes nicht gleich einen Rückzieher machte. Also setzte ich gleich noch eine Frage hinzu: “Und was würdest du dann mit ihm besprechen, so ganz privat?“
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07-02-2024, 10:58 AM,
Beitrag #15
RE: Ein Schlüssel ist keine Magie
Kiki fand den Statthalter anscheinend genauso attraktiv wie ich, obwohl sie nicht mit ihm gesprochen hatte.

"Er ist anziehend, er ist gebildet und - er hat  etwas zu sagen", erwiderte ich, und ich beugte den Kopf, als würde ich ansehen, was die Pseudoägypterin mit meinen Fußzehen anstellte, doch ich merkte, dass mir das Blut in den Kopf schoss:
"Ich meine, er hat wirkliche Macht und wirklich etwas zu sagen. Die anderen tun doch nur so, oder sie verstecken sich hier in der äußersten Provinz, weil sie sich davor fürchten, nach Italia zurück zu kehren"

Ich wusste da so einige Interna, doch plötzlich brach ich ab. Das war kein Misstrauen gegen Kiki, denn sie schien mir lieb und nett zu sein. Doch so wie eine Krähe der anderen kein Auge aushackte, sprach man mit Nichtpatriziern für gewöhnlich nicht schlecht über andere Patrizier. Ich meinte, man brachte sich gegenseitig um, verspottete oder verfluchte sich, aber gegen die Plebs hielten wir alten Familien gewöhnlich zusammen:

" Ich denke, dass mir der edle Petilius Rufus eine Privataudienz gewähren würde, wenn ich sie erbäte. Wir haben nämlich ein gemeinsames Hobby: Wir lieben Theaterstücke. Und stell dir vor, er lacht sogar gerne" 
ich musste mich zügeln, nicht schwärmerisch wie ein kleines Schulmädchen zu klingen:
"Er mag lustige Stücke. Und er hat Stil. Warst du damals bei den Circusspielen zu seinen Ehren, die Serenas dröger Fu... der Princeps Officii ausgerichtet hat?"

Kiki fragte mich, was ich denn in einer Privataudienz besprechen würde.

Ich hatte mir früher, als ich Catos Verlobte gewesen war, immer vorgestellt, dass ich um seiner Karriere Willen mit bedeutenden Männern reden würde. Ich hätte für ihn gekämpft wie eine Löwin. Und ich kannte bedeutende Leute, wie  beispielsweise Prinz Domitian, der nur zwei Jahre älter war als ich. Aber mittlerweile musste ich mir eingestehen, dass es mich kalt ließ, etwas für einen Ehemann zu tun, der sich nicht für mich interessierte.
Sollte er doch eifersüchtig werden! Oder: Er würde gar nicht eifersüchtig sein. Das gab mir immer noch einen Stich ins Herz.

"Ich würde den edlen Petilius Rufus zur Eröffnung des Theaters in drei Monaten einladen. Ihn und natürlich seine Frau",antwortete ich nüchtern. Ja, selbstverständlich seine Frau, die ihn mit dem Kaiser und den Flaviern verband, das gehörte sich so.
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Vormund (Tutor):  Manius Claudius Menecrates
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07-02-2024, 02:25 PM,
Beitrag #16
RE: Ein Schlüssel ist keine Magie
Oh ja, ich kannte die Zeichen, wenn ich sie hörte. Claudia Sabina stand ganz eindeutig auf den Statthalter. Die meisten jungen Mädchen standen ja eher auf die jungen Sportler oder die eher hübschen Gladiatoren wie Retiarier (nicht auf die fetten Brecher, die zogen eher reifere Damen an), aber sie stand auf den Legatus Augusti. Oder vielleicht auch auf seine Macht, so genau konnte ich das nicht trennen. Wenn es letzteres war, dann war sie cleverer als die meisten, denn ein hübsches Aussehen brachte am Ende des Tages nichts. Macht aber, damit konnte man wirklich etwas anfangen und ein sicheres und bequemes Leben führen. Zumindest, solange man die Spielregeln der Macht verstand und sie sich nicht von jemand anderem nehmen ließ.

Sie schwärmte durchaus aus tiefstem Herzen für ihn und seine Vorliebe für Theater – eine Information, die ich unter Umständen natürlich schamlos ausnutzen würde – und gab auch ihre Meinung zu Furius Saturninus unbedarft preis. Und ja, ich mochte ihn und als brave Ehefrau hätte ich ihn auch verteidigt. Aber ich war eine Hetäre, ich wollte das Wohlwollen der Claudia sichern und – um ganz ehrlich zu sein – Saturninus war etwas dröge. “Oh ja, ich war da mit dem Sohn von Duumvir Messius. Er hat mir die Gladiatoren unter der Arena gezeigt und später haben wir uns natürlich die Kämpfe angesehen. Auch wenn diese etwas… untypisch waren. Und der Statthalter gegen Ende der Spiele aussah, als hätte ihm jemand verdorbenen Fisch serviert.“ Das Missfallen des Statthalters war kein allzu großes Geheimnis, und Kiki wusste sogar, weshalb er so unzufrieden gewesen war: Die ausersehene Geliebte für ihn war mit der Rolle ganz und gar nicht zufrieden gewesen und vor ihm geflohen, anstatt ihn um die Finger zu wickeln.

Und irgendwie resignierte auch die Claudia und meinte, sie würde ihn nur zur Eröffnung des Theaters hier in Iscalis einladen und sonst nichts. Ich schätzte sie einen Moment lang ab und nutzte dann meine gesammelte Menschenkenntnis, um sie nicht in dieses Trübsal versinken zu lassen. Sonst würde sie sich am Ende noch ganz zurückziehen!
“Oh, nur das? Das könntest du ihm ja auch in einem Brief schreiben! Also wenn ich eine Audienz bei ihm hätte, ganz privat, in Londinium, ich würde versuchen, ihn um den Finger zu wickeln. Er sollte mich dann in jedes Theater in ganz Londinium ausführen. Stell dir das vor, der mächtigste Mann der Provinz, der sich einer jungen Frau unterwirft, um sie glücklich zu machen! Vielleicht dürfte er mich dann auch küssen, als Belohnung. Oder vielleicht mehr?“ Das letzte war neckisch gesprochen mit einem Augenzwinkern. “Ich hab gehört, seine Frau ist eine strenge, alte Matrona mit grauen Haaren und keinerlei Humor. Kein Wunder, dass er da gerne Komödien im Theater ansieht.“
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07-10-2024, 12:26 PM,
Beitrag #17
RE: Ein Schlüssel ist keine Magie
Kiki war so... frei. Sich einfach unten die Gladiatoren in der Arena anzusehen, das hatte so etwas von nur zu tun, zu dem man lustig war. Mehr und mehr zog mich diese Frau in ihren Bann, und ich glaube, dass ich sie anlächelte als sei sie ein Wundertier:

"Die Gladiatoren waren ganz gut. Aber der große blöde Kerl, der die harmlosen Sklaven abgeschlachtet hat, der hat mir sehr missfallen. Mir war ganz schlecht", ich hielt mir die Hand vor den Mund, aber es war die Wahrheit:

"Halte mich bitte nicht für unrömisch deswegen, Kiki. Ich wäre dazu fähig, kaltlächelnd zuzusehen, wie ein Dutzend Verbrecher ans Kreuz geschlagen wird, doch es widerstrebt mir, dass Unschuldige gequält werden. Ich schrieb also an Petilius Rufus eine kleine Notiz, dass er bitte dieses Schauspiel beenden möge. Und stell dir vor, er hat daraufhin einem seiner Bogenschützen befohlen, den mörderischen Riesen zu erledigen. Der klappte zusammen- bamm, tot war er"

fast hätte ich vor Begeisterung in die Hände geklatscht. Es gefiel mir, wenn jemand ohne Zaudern handelte. Und noch mehr, wenn es meinetwegen geschah... 

Kiki meinte, ich könne Petilius doch um den Fingern wickeln. Er könnte mich ausführen - und jeder in Londinium würde sehen, dass er... meine Gesellschaft sehr schätzte. Es klang so verlockend. Ihn mit Küssen und mehr zu belohnen.
Cato hatte es durchaus verstanden, am Anfang unserer Ehe meine Sinnlichkeit zu wecken. Wenn ich mit Serena oder Prisca redete, zeigte sich, dass sie nicht viel Freude dabei empfanden. Sie erfüllten ihre ehelichen Pflichten, um Kinder zu haben. Ich jedoch war die ersten Nächte gar nicht mehr aus dem Bett zu bekommen gewesen. Aber immer nur hatte ich mir vorstellen können, mich meinem Ehemann hinzugeben. Jetzt daran zu denken, fremde Lippen zu küssen... ich fröstelte trotz des heißen Sommertages. Rufus! Wie er wohl war?

Vor meinem geistigen Auge schaute mich mein innerer Stoiker Agamedes kopfschüttelnd und missbilligend und eine innere Hetäre Kiki kopfnickend und aufmunternd an. 

Agamedes hatte Recht und Ordnung auf seiner Seite. Ich stimmte in sein Kopfschütteln mit ein, obwohl ich merkte, dass meine Beschwingtheit verfliegen wollte und sich wieder die Lethargie einschlich:
"Küssen oder mehr wäre ja adulterium, Kiki. Eine Schande für alle Beteiligten"

 Divus Augustus  hatte darüber genaue Vorschriften erlassen. Ich könnte vor Gericht zitiert und zu Verbannung verurteilt werden. Aber ich ahnte schon, dass mein Mann und mein Vormund es nicht so weit kommen lassen würden. Sie würden mich noch leben lassen bis zur Geburt von Klein - Iulius und mich dann dazu drängen, die Angelegenheit mit eigener Hand zu beenden....
Immer mehr beneidete ich Kiki. Sie musste nicht in einem Korsett strenger Regeln ersticken.

" Eine Beziehung, bei der man uns Schlechtes nachsagen kann, will ich nicht.  Und ich wollte auch niemals Petilius Rufus Ansehen schaden, oder dass er in Ungnade beim Kaiser fällt, dafür schätze ich ihn viel zu sehr. Auch wenn seine Frau wirklich so ein Zwetschge ist, wie Du sie beschreibst."
ich lächelte, aber meine Mundwinkel zitterten etwas:
"Dennoch würde ich ihn gerne einfach nur wieder sehen. Dumm von mir, oder?"

Und es reifte in mir ein Entschluss. Langsam wie eine süße und verbotene Frucht. Er war noch ganz vage, aber hier im Gespräch dachte ich ihn zum ersten Mal - dank der guten, freundlichen Kiki. 
Ich würde keine Ehe brechen wollen. Aber ich selbst wollte auch nicht mehr in einer Ehe leben, die freudlos war. Ich überlegte, mich scheiden zu lassen. 
[Bild: 3_15_08_22_9_35_15.png]
Vormund (Tutor):  Manius Claudius Menecrates
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07-12-2024, 04:25 PM,
Beitrag #18
RE: Ein Schlüssel ist keine Magie
Oh ja, Claudia Sabina war definitiv in den Statthalter verschossen. Offenbar war dem Tod des barbarischen Schlächters in der Arena eine bitte ihrerseits vorausgegangen. Das hatte ich nicht gewusst, Saturninus hatte dazu nicht wirklich etwas gesagt. Er hatte sich mehr über ein Barbarenmädchen aufgeregt und darüber, dass die Spiele insgesamt nicht so den Geschmack des Statthalters getroffen hatten. Also musste ich ein leicht überraschtes Gesicht bei dieser Nachricht nicht einmal spielen, denn ich war leicht überrascht.
“Oh, dann hast du ihn also schon einmal um den Finger gewickelt!“ meinte ich ermutigend verzückt, nur um gleich daraufhin gleichgültig mit den schultern zu zucken, als sie mich auf die Rechtslage aufmerksam machte. Olympus Mons, wenn ich darauf immer achten würde, dann… naja, wär ich inzwischen wohl tot. “Es ist nur adulterium, wenn du dich erwischen lässt“, hielt ich also dagegen, und mal ehrlich, wann war das letzte Mal jemand ernsthaft deshalb angeklagt worden? Sowas kam doch nur vor unter Consulen, die eine missliebige Ehefrau loswerden wollten, oder wenn die Kaiser einen auf dem Kieker hatte. Aber doch nicht unter normalen Leuten. Die meisten Feiergesellschaften wären sehr viel langweiliger, wenn alle da so streng wären. Und es gäbe bedeutend weniger Kinder. In Rom wusste ich von einigen Erben, die unter Zuhilfenahme fremder Männer zustande gekommen waren.

Aber Claudia Sabina war wohl nicht von der allzu wagemutigen Sorte, denn sie schien sich aus dem Gerede der Leute viel zu machen. Sie würde nicht einmal versuchen wollen, den Petilius zu verführen, wenn sie die Gelegenheit hätte. Aber gut, verfolgte ich das nicht länger. Wenn sie es gewollt hätte, hätte ich ihr zur Seite gestanden, natürlich. Schon allein, weil es sich lohnen konnte, mit jemandem vielleicht befreundet zu sein, der mit dem Statthalter ein Verhältnis hatte. So aber war ich natürlich auf ihrer Seite, wenn sie einfach nur schwärmen wollte.
“Ich glaube, du verwechselst ihn mit seinem Vetter, Petilius Cerialis. Ich wüsste zumindest nicht, warum sich der Kaiser für die Frau unseres Statthalters interessieren sollte. Und warum sollte ich es dumm finden, dass du ihn wiedersehen willst? Ich würde ihn auch gerne wiedersehen, und sei es nur, um ein wenig von dem Glamour und der Kultiviertheit zu sehen zu bekommen, die so einen Mann zwangsläufig immer umgibt. Hier in Iscalis ist es manchmal schon sehr provinziell. Wie du vorhin schon sagtest: Es fehlen die Theater und kleinen Zerstreuungen.“ Ich seufzte einmal gekonnt schwärmerisch. “Hach, so ein paar Wochen in Londinium, einfach mal ein wenig Großstadtflair schnüffeln, das wär schon was. Naja, vielleicht nicht unbedingt schnüffeln, aber du weißt, was ich meine.“
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07-17-2024, 03:21 PM,
Beitrag #19
RE: Ein Schlüssel ist keine Magie
Kiki schien nicht so Recht zu verstehen, was Unrecht war.... adulterium ist nur, wenn du dich erwischen lässt... ich konnte nicht anders, ihr Gesichtsausdruck sah dabei ..verzückt aus, so dass ich mir ein Lachen nicht verbeißen konnte:
"Aber werte Kiki! Unrecht ist doch nicht nur, wenn du ertappt wirst! Es reicht doch, dass du selbst weißt, dass du dich nicht richtig verhälst", sagte ich und merkte, dass ich genauso wie Agamedes klang: Denk wer du bist und was du tust.... es war so würdig und trocken und trostlos. Kiki schien wenigstens Spaß im Leben zu haben:

"Ich verwechsle Rufus Frau mit der seines Cousins Cerialis?", jetzt war es jedoch an mir, erstaunt dreinzublicken:
" Ich habe mich da einfach an Schwager Saturninus gehalten. Bei jeder familiären Cena erwähnt er, dass Petilius nur seinem Posten bekommen hat, weil seine Gattin eine Verwandte des Imperators ist. Und das ist gar nicht wahr? Das muss ich das nächste Mal erwähnen, dann ärgert es ihn noch mehr, ihn zum Vorgesetzten zu haben"
Ich lachte wieder. Seit langem hatte ich nicht mehr so viel Gelegenheit gehabt, aufgekratzt zu sein.

Ich wusste natürlich, dass Lucius Petilius Rufus wegen seiner außerordentlichen Fähigkeiten zum Statthalter dieser erst seit kurzem befriedeten Provinz ernannt worden war. Der Kaiser war nicht dumm. Kein Flavier war es übrigens. Und Vespasian vergab seine Ämter nicht an Taugenichtse, selbst wenn sie mit seinen beiden Großmüttern und allen Cousinen vermählt sein sollten. 

Jetzt schwärmte Kiki von Londinium. Dort gab es Großstadt und richtige Theater (Das meine erinnerte mich nur an Cato) und Thermen und Geschäfte und einen Circus und kleine Zerstreuungen, wie sie es nannte.

Und ich würde bald in die blühende Phase meiner Schwangerschaft eintreten, wie es Anaxarete nannte. Die fürchterliche Übelkeit würde vergehen (hoffentlich!), dafür würde mein Haar ganz dick und glänzend und meine Haut prall und rosig werden (hoffentlich...hoffentlich!) Reisen würde noch lange nicht gefährlich sein. 
Außerdem hatte eine andere meiner Vorfahrinnen, Claudia Agrippina, ihren Mann während all ihrer Schwangerschaften ins Feldlager begleitet. Wir Claudias waren hart im Nehmen, wenn wir wollten. Und ich wollte! Im Gegensatz zu den meisten Menschen reiste ich nämlich gerne. Ich hatte in meinem Leben schon große Reisen unternommen: Von Alexandria nach Rom, und von Rom nach Iscalis. Da hatte ich mich frei gefühlt.

"Ich hätte große Lust, nach Londinium zu reisen. Und weißt du was, ich werde das auch tun! ", etwas prüfend schaute ich die elegante Nubierin an. Die Pseudoaegypterin hatte aufgehört, zu arbeiten und zog mir eigenhändig meine Schuhe wieder an. Ich überließ Rosula, die Frau auszuzahlen. 
"Wie wäre es, wenn du mit mir kommst? Hättest du nicht Lust, mich zu begleiten, Kiki?" ich überlegte, wie ich sie überzeugen konnte. Ich wusste ja, dass Kiki eine freie Frau war, die für ihren Lebensunterhalt ...arbeitete:
"Ich verstehe natürlich, dass du deinen Betrieb nicht so lange allein lassen kannst, werte Kiki. Ich würde dir deinen Verdienstausfall ersetzen oder dich ganz offiziell als Gesellschafterin anstellen. Was dir lieber ist. Es wäre auch erst in zwei Wochen. Und nenne mich dann ruhig Sabina, wenn wir Reisegefährtinnen sind"

Denn ich dachte, dass eine Reise in Gesellschaft der heiteren Kiki noch amüsanter werden konnte als sie ohnehin schon war. Sie hatte mich erst darauf gebracht, mir  diesen Wunsch einzugestehen: Nochmals mich genauso frei zu fühlen wie vor meiner Heirat.... und vielleicht doch Petilius Rufus wieder zu sehen....
[Bild: 3_15_08_22_9_35_15.png]
Vormund (Tutor):  Manius Claudius Menecrates
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07-28-2024, 06:08 PM,
Beitrag #20
RE: Ein Schlüssel ist keine Magie
Hach, Sabina war wirklich noch sehr unerfahren und unbedarft. Ich sollte aufpassen, wie sehr ich mir erlauben konnte, ihr die Augen zu öffnen für eine Welt voller Möglichkeiten, ohne dass ihr antrainierter Anstand eine Grenze ziehen würde. Deshalb lächelte ich einfach, als sie meinte, es würde doch reichen, dass ich wissen würde, dass ich mich falsch verhielte und zuckte leichtherzig mit den Schultern. “Vorausgesetzt, man findet es nicht richtig, wenn eine Frau für sich selbst sorgt“, sagte ich also einfach nur, ohne sie zu irgendwas überreden zu wollen.

Sie fragte nach dem Statthalter, und ich überlegte, wie seine Frau denn gleich wieder hieß. “Sie ist auf jeden Fall keine Flavia. Ich glaube… ach wie hieß sie? Fabia? Fadena? Irgendwie so wie.“ Eigentlich konnte ich mir Namen besser merken, aber die Frau war einfach zu unauffällig bisher gewesen. Und es war ein offenes Geheimnis, dass sie sich wie eine gute Ehefrau wenig um die Liebschaften ihres Mannes scherte.

Aber zumindest ein bisschen schienen meine Worte Claudia Sabina überzeugt zu haben, denn sie überlegte laut, doch nach Londinium zu fahren und mich sogar mitzunehmen. Im ersten Moment war ich tatsächlich gänzlich perplex, denn damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Dass sie fahren würde, vielleicht, aber eine Einladung? Von einer Claudia an jemanden wie mich? Da hatte ich eine wesentlich – also wesentlich – längere Vorarbeit meinerseits erwartet, um sowas auch nur denken zu können.
Abgesehen davon, dass sie eine Claudia war und ich so die Einladung natürlich annehmen musste, wollte ich aber tatsächlich sehr gerne nach Londinium, um der Langeweile in Iscalis mal ein wenig zu entfliehen. Und um Aglaia zu besuchen. Und um eine Pause von Saturninus zu haben. Es war anstrengend, immer aufmerksam gegenüber derselben Person zu sein. Vor allen Dingen, wenn die derart besitzergreifend war.
Ich saß also wohl einen Augenblick perplex da, ehe ich rasch blinzelte und mich wieder fing. “Oh! Ich wäre geehrt! Nein, ich wäre geradezu begeistert, ergriffen, beschwingt, enthusiastisch! Ich müsste natürlich hier ein wenig regeln, daher kommen mir die zwei Wochen sehr zupass, aber dann käme ich sehr gerne als deine Gesellschafterin mit… Sabina.“
Ihren Namen zuletzt sprach ich aus, als wäre diese kleine Sache das größte Geschenk an der ganzen Reise überhaupt, und natürlich freute es mich durchaus sehr, so schnell ihr Vertrauen erhalten zu haben. Natürlich war ich nicht dumm genug, um nicht zu wissen, dass es auch genauso schnell wieder anders sein könnte. Aber im Moment feierte ich einfach ein wenig meinen Erfolg und freute mich auf die Reise nach Londinium. Ich musste nur schauen, ob ich bei Saturninus einen Urlaub beantragen konnte oder den Vertrag kündigen sollte. Vielleicht wäre letzteres sogar besser, dann konnte ich mir wieder gefahrlos ein wenig Spaß (und Geld) suchen und musste in Londinium höchstens auf Sabina etwas Rücksicht nehmen.
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