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Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
05-09-2024, 08:17 PM,
Beitrag #1
Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
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Von der heiligen Quelle der Brigid aus ging es erst einmal nach Nordwesten durch den Wald. Unsere Pferde trotteten langsam hintereinander her, denn im Wald ging es ohnehin nicht anders. Hier waren keine breiten Straßen und geraden Wege, die zu der Quelle geführt hätten, sondern nur Bäume, Sträucher, Unterholz und dazwischen ein paar gnädige Wildwechsel.
Bis zum Mittag waren wir also nicht wirklich schnell voran gekommen, ehe der Wald sich lichtete und der hügeligen Landschaft im westlichen Atrebatenland wich. Hier saßen wir zum ersten Mal ab und ließen die Pferde etwas grasen, während wir kurz rasteten und dann zu Fuß erst einmal ein gutes Stück gingen. Zum einen, um die Pferde zu schonen, zum anderen einfach auch, um unsere Gelenke ein wenig zu bewegen und nicht gänzlich durchgescheuert zu werden auf den Pferderücken. So würden wir es jeden Tag machen: einige Stunden reiten, einige Stunden laufen.


Im Wald war meine Stimmung noch etwas angespannt. Ich rechnete zwar nicht wirklich mit einer Gefahr so dicht bei der Quelle, aber jeder Wald war immer gefährlich. Es musste nicht immer ein Räuber oder ein Bär oder Wölfe sein, die man nicht kommen sah. Es reichten auch schon Erdlöcher von Kaninchen, ein missgelaunter Dachs oder eine Wurzel, über die ein Pferd stolperte. Und vor allen Dingen wurde man im Wald zwar nicht gesehen, aber man selber sah natürlich genauso wenig und wurde daher immer und von allem überrascht. Anders gesagt: Für unsere Reise waren Wälder hinderlich.
Hier aber, wo die Sonne über die grünen Hügel und hohen Wiesen schien und der Wind den Duft von Frühling mit sich trug, löste sich die Spannung bei mir und ich atmete ein wenig freier. Hier würden wir jeden Reiter und jede Patrouille schon auf eine halbe Meile Entfernung mindestens kommen sehen und es gäbe keine Überraschungen.
Nach einer Weile, als ich das Gefühl hatte, dass dem einen oder anderen die Füße nun platt genug gelaufen waren, half ich den Damen auch wieder beim Aufsteigen und wir konnten weiter reiten. Hier draußen auf der Wiese sogar in einem leichten Trab, so dass wir schneller vorankamen. Ich wollte das gute Wetter nutzen, ein wenig Wegstrecke gut zu machen, ehe wir uns nach einem geeigneten Lagerplatz würden umsehen müssen, der etwas wind- und bestenfalls regengeschützt war.


Ich nutzte die Gelegenheit, die Stimmung etwas aufzulockern und sang ein kleines Lied. Eigentlich war das ein Kinderlied, oder eines für Stunden, wo man schon ein bisschen was getrunken hatte. Der Text war eigentlich ganz einfach:
Einer meiner Brüder schickte mir
einen Ochsen, einen Stier, einen Wolf, einen Hund
Ein Huf, ein Fuß, ein Wolf, ein Hund
Ochse und Stier, Wolf und Hund
schickte ein Bruder mir.


Zwei meiner Brüder schickten mir
zwei Ochsen, zwei Stiere…


Und so weiter, immer mehr, und dann wieder rückwärts schnell heruntergezählt. Es war einfach ein lustiges, kleines Liedchen, keine schwere Liebesgeschichte oder tragischer Verlust, sondern einfach etwas, wo jeder mitsingen konnte, der das Lied irgendwann einmal schon gehört hatte. Und bei dem die Zeit etwas schneller verging.


Als die Sonne noch eine Hand breit über dem Horizont war, machten wir uns auf die Suche nach einer guten Stelle zum Lagern. Schließlich entschieden wir uns für eine etwas felsigere Stelle, in der das Feuer keinen Buschbrand auslösen würde und nicht gleich meilenweit in die Nacht ausstrahlen würde.


Wie ich Rhian angedroht hatte, als erstes wurden die Pferde versorgt. Ich ging also zu ihr und Anwen hinüber, um ihr zu helfen jetzt beim ersten Mal. In ein paar Tagen würde sie es alleine können müssen.
“Hier, als erstes der Riemen, um das Gepäck zu lösen und dann der Riemen hier vom Sattel, um den abzunehmen“, wies ich sie an, wie man das Pferd absattelte.
Ich half Alun mit den Packpferden, die natürlich auch abgeladen werden mussten, und nahm ein paar der kleinen Säckchen zum füttern, um sie jeweils mit einem Scheffel Getreide für die Pferde zu füttern. Ich übergab einen Rhian, einen Anwen, und ging mit einem dann zu meinem Braunen hinüber, um auch ihn zu füttern und mit ein paar Büscheln trockenem Gras abzureiben. Dann nahm ich meinen Hufkratzer zur Hand, schaute kurz die Hufe des Braunen an, entfernte ein Steinchen, und ging dann zu Rhian, um ihr zu zeigen, wie sie das bei ihrem Pferd machen sollte, während die anderen sich hoffentlich, ohne dass ich was sagte, nützlich machten und etwas zu Essen fabrizierten – oder wenigstens die zwei Zelte aufstellten.
“Weißt du, wie man einen Huf sauber macht?“ fragte ich erst einmal, bevor ich ihr einen Erklärvortrag hielt, den sie am Ende gar nicht bräuchte.
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Falke
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05-09-2024, 08:43 PM,
Beitrag #2
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Wie es von Louarn angedroht wurde, befand sich der Rotschopf beständig in ihrer Nähe. Worüber Rhian nicht einmal unglücklich war. Immerhin sollte Louarn die kleine Gruppe sicher bis an ihren Zielort im Norden bringen. Der Norden. Bei dem Gedanken daran, spürte Rhian wie sich eine feine Gänsehaut auf ihren Armen auszubreiten begann. Noch immer hatte diese Reise auf Rhian den Eindruck eines vergnüglichen Rittes. Nur das sie am Ende des vergnüglichen Rittes in die Arme ihres zukünftigen Ehemannes geführt werden würde. Und dieser Gedanke verursachte in Rhian ein merkwürdiges Gefühl, ihr Herz schlug schneller und ihre Kehle wurde ihr eng. Der großen Göttin sei gedankt war es die Stute, auf die sich Rhian während des Rittes konzentrieren konnte, und so ihre düsternen Gedanken vertreiben konnte. Als das kleine Grüppchen das erste mal absaß, um die Pferde etwas grasen zu lassen, spürte Rhian wie ihre Beine zitterten, so dass sie sich am Sattel festhalten musste, sonst wäre sie nämlich umgekippt. Und das obwohl sie noch nicht wirklich lange geritten waren. Nun ja, bei Rhian war dies kein Wunder. Zwar war sie alleine in den Sattel gekommen, als die kleine Gruppe aufgebrochen war. Doch ansonsten hatte das Mädchen bis dato nicht wirklich viel mit Pferden zu tun gehabt. Ihre Zieheltern hatten einige Ziegen und ein paar Schafe. Bei dem Gedanken an ihre Zieheltern spürte Rhian wie sich der Kloß in ihrer Kehle verstärkte und sie verstärkt schlucken musste. Denn wenn Worte an sie gerichtet werden sollten, dann wollte sie sich nicht erst umständlich räuspern müssen oder noch schlimmer erst gar kein Wort herausbekommen. Schweigend verlief die erste Etappe ihrer Reise. Dabei wurden die Pferde immer wieder geschont, in dem ihre Reiter neben den Pferden gehen mussten. Worüber Rhian sehr begeistert war, ihre steifen Glieder bewegen zu können.

Als Louarn ein nettes Lied anstimmte, musterte Rhian den Rothaarigen mit einem verwunderten Gesichtsausdruck. Jenes Lied kannte sie nicht und so blieb das Mädchen auch stumm. Während sich allmählich die Sonne am Horizont verabschiedete und Rhian bemerkte wie müde sie geworden war. Was man deutlich an ihrem gähnen erkennen konnte. Rasch bedeckte sie jedoch ihre Lippen mit ihrer Hand und blickte sich um, ob jemand ihr ungebührliches Verhalten bemerkt haben könnte. Erschöpft rutschte Rhian schließlich aus dem Sattel, diesmal jedoch ohne das sie zu Boden gefallen wäre. Als auch schon Louarn an ihrer Seite erschien und ihr erklärte, welche Riemen sie als erstes zu lösen hatte, um ihr Gepäck und anschließend den Sattel vom Pferd zu nehmen. Mit einem erschöpften Lächeln auf ihrem Gesicht löste Rhian, wie Louarn es ihr gesagt hatte, beide Riemen und taumelte leicht, als sie den Sattel vom Pferderücken zog. Sattel und ihr Gepäck legte Rhian erst einmal beiseite, als ihr auch schon etwas Getreide für ihr Pferd gereicht wurde. Zärtlich streichelte Rhian Edana über den Hals und hielt ihr die Körner entgegen, welche die Stute mit ihrer warmen Zunge hastig von ihrer Handinnenfläche leckte. Kichernd beobachtete Rhian das Pferd dabei.

“Ich weiß wie man die Hufe eines Tieres kontrolliert. Bei meinen ..Zieheltern hatten wir Schafe und Ziegen.“

Erklärte Rhian an den Rothaarigen gewandt. Bevor sie sich um Edana kümmerte und der Stute die Hufe säuberte. Anschließend strich Rhian der Stute die Beine entlang, um so zu überprüfen ob das Tier eventuell eine Verletzung oder Schramme hatte. Zum Glück war Edana verletzungsfrei. Dann erst blickte Rhian in Louarns Richtung, als sie nach ihrem Sattel und dem Beutel mit ihren persönlichen Habseligkeiten griff.
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05-13-2024, 09:51 AM,
Beitrag #3
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Endlich waren wir losgeritten! Nicht dass ich auf eine so lange Reise erpicht gewesen wäre. Aber da kein Weg daran führte, war es gut, dass wir nicht noch länger aufgehalten wurden.
Meine Aufgabe bestand daran, die Packpferde zu führen. Louarn hatte mir dafür eigens die Führleine überreicht. Offenbar vertraute er mir da ein Stück mehr, als Fintan. Wenn eines der Pferde verloren ging, dann bedeutete das gleich den Verlust eines erheblichen Teils unseres Proviantes.

Die junge Prinzessin, die wir auf ihrem Weg in den Norden begleiten sollten, beherrschte glücklicherweise die Kunst des Reitens, was unser Unterfangen etwas erleichterte. Auch die Priesterin, die mich kurz vor unserem Aufbruch so angegangen hatte, machte eine gute Figur auf ihrem Pferd, das Louarn ihr zugeteilt hatte. Trotz allem wich seine Anspannung die ganze Zeit über nicht. Man musste nur in sein Gesicht blicken, um das zu erkennen. Denn der erste Teil unserer Tagesetappe führte uns durch einen Wald, wo es nur langsam voranging, da der schmale Pfad unübersichtlich war und wir uns manchmal erst unseren Weg suchen mussten. Louarn schien mal wieder alle Verantwortung auf seine Schultern geladen zu haben. Aber so war er schon immer gewesen, auch als wir noch Kinder waren und er lieber allen Unmut Cathbads auf sich genommen hatte, um uns andere zu schützen.
Um die Mittagszeit herum ließen wir endlich den Wald hinter uns und wir legten eine kleine Rast ein. Ich war wirklich froh darüber, eine Hose zu tragen und genoss es dann, auch ein Stück gehen zu können.

Später dann, als wir wieder aufgesessen waren und ritten, schien sich nun auch bei Louarn endlich die Anspannung zu lösen. Er begann ein Lied zu singen. Es war en Kinderlied, das unsere Stimmung etwas hob und die Reise auch etwas leichter machte. Erst als die Sonne langsam zu sinken begann, hielten wir nach einem Lagerplatz Ausschau, der dann auch bald gefunden war. Wahrscheinlich waren nun alle froh, als wir absitzen konnten. Doch bevor es an Ausruhen ging, mussten erst noch die Pferde versorgt und die Packpferde abgeladen werden. Danach war erst einmal daran zu denken, sich einen Schlafplatz für die Nacht zu suchen. Auch wenn das Schlafen unter freiem Himmel nicht die bequemste Art der Übernachtung war, empfand ich fast schon eine gewisse Freude darauf. Zu lange schon hatte ich in römischen Häusern gelebt, nun blieb nur zu hoffen, dass es heute Nacht nicht regnete!
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Als "Lucius Tarutius Corvus"
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Falke
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05-13-2024, 08:11 PM,
Beitrag #4
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
“Schafe und Ziegen sind aber keine Pferde“, meinte ich ziemlich offensichtlich und schaute mir an, wie sie sich anstellte. Ich meine, schwer war die Aufgabe ja eigentlich nicht, aber der Huf eines Pferdes war doch nochmal was anderes als die Klaue eines Schafes.
“Du musst vor allen Dingen da gucken… da dieses etwas dunklere Dreieck am Huf, dass sich da in die Spalte kein Stein setzt. Und die Hufkante, dass da nichts eingerissen ist“, wies ich sie auf sichere Distanz etwas an, damit ich hoffentlich nicht zu übergriffig wirkte. Aber eigentlich stellte sie sich ganz ordentlich an. Blieb abzuwarten, ob sie das mit zunehmender Dauer der Reise auch noch so gewissenhaft durchführte, oder ob die Kräfte dann doch schwinden würden.

Meine würden wohl schwinden, wenn es so weiterging, denn ich drehte mich nach getaner Hilfestellung um und fand… nichts vor. Was hatten meine Brüder die ganze Zeit gemacht?
“Fintan, mach Feuer. Cinead, hol bitte etwas Wasser und setz es dann auf. Alun, kümmerst du dich um die Mühle?“, verteilte ich also Aufgaben nach Fähigkeiten. Cinead war der beste Waldläufer hier, der würde eine Wasserquelle schon finden, von der wir nicht Würmer bekämen.
Ich ging zu dem abgeladenen Gestänge hinüber und fing an, die zwei kleinen Zelte aufzubauen. Im Grunde waren es nur zwei Stangen, die das Zelt oben hielten und eine Querstange für etwas mehr Stabilität und vier Heringe im Boden. Es hatten auch nur je zwei Leute Platz, um darin zu schlafen. Im Grunde war es ein etwas besserer Regenschutz, sonst nichts.
“Rhian und Anwen, ihr kriegt zusammen das eine Zelt. Wir Männer teilen uns das andere. Jeweils zwei von uns halten sowieso Wache“, klärte ich sie über die Schlafgelegenheiten auf und machte mich daran, auch noch das zweite Zelt aufzustellen.

Als das Feuer brannte und das Wasser erfolgreich seinen weg hinauf gefunden hatte, konnten wir auch das gemahlene Korn und ein paar getrocknete Fleischstreifen und ein paar wilde Zwiebeln hinzufügen und hatten sowas wie eine essbare Mahlzeit. Die nächsten paar Wochen würden wir das jeden Tag so oder so ähnlich essen. Das nächste wirklich gute Mahl war erst im Brigantenland geplant.
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Falke
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05-13-2024, 10:00 PM,
Beitrag #5
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Offensichtlich war Louarn mit der Säuberung der Hufe nicht zufrieden. Zumindest entnahm Rhian dies am Tonfall seiner Worte die er erklingen ließ. Tatsächlich war der Huf eines Pferdes deutlich schwerer, als die Klaue eines Schafes oder einer Ziege. Jedoch wollte Rhian vor dem Rothaarigen keinerlei Schwäche zeigen. Fester umklammerte sie also den Huf, damit ihr dieser nicht aus ihren Fingern rutschte. Auf die anweisenden Worte ihres Anführers nickte Rhian und begann nun mit verbissener Miene die Hufe der braunen Stute auszukratzen. Peinlich genau achtete Rhian darauf, dass sie auch kein Steinchen übersah und auch das dunklere Dreieck am Huf frei von jeglichem Schmutz war. Mit dieser Akribie verfuhr Rhian an jedem anderen Huf, bevor sie noch einmal über jedes Bein des Pferdes strich. Doch die Beine der Stute fühlten sich angenehm kühl an, nirgends war eine Schwellung oder eine heiße Stelle zu erfühlen.

“Ich werde darauf achten Louarn. Ich möchte nicht das Edana nicht mehr laufen kann, nur weil ich ihre Hufe nicht ordentlich ausgekratzt habe.“

Mit diesen Worten drehte sie sich in Louarns Richtung und neigte dabei ihren Kopf auf die Seite. Die Aufmerksamkeit des Rotschopfs lag jedoch schon lange nicht mehr bei ihr, sondern bei den anderen jungen Männern, die sie auf ihrer Reise begleiteten. Denn diesen rief Louarn Anweisungen entgegen, an die sich die jungen Männer zu halten hatten.

“Ich möchte auch etwas tun? Bitte lass' mich helfen.“

Bat Rhian mit ihrer ruhigen Stimme und blickte Louarn direkt entgegen. Zumindest ihr Zelt könnte sie doch mit Hilfe Anwens aufbauen. Doch da kam ihr der Rotschopf zuvor und begann bereits das eine, somit das Zelt der Frauen, aufzubauen. Etwas nutzlos fühlte sich Rhian in diesem Moment. Sie wollte doch behilflich sein.
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05-15-2024, 09:12 AM,
Beitrag #6
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Der erste volle Reisetag neigte sich dem Ende zu, als wir das Lager aufschlugen. Nachdem wir ein paar Stunden geritten waren am Nachmittag sehnte sich mein verlängerter Rücken ohnehin nach ein wenig Beine vertreten und so nickte ich nur wortlos auf die Aufforderung Wasser zu holen hin. Ich kümmerte mich um mein Pferd so wie der Rest der Gruppe und legte meinen Sattel und mein Gepäck auf einen liegenden Baumstamm in der Nähe. Sollte jemand anders sich um das Lager kümmern und die Damen. Blieb mir das wenigstens erspart...

Ich nahm zwei der großen Wasserschläuche und warf sie mir über die Schulter und machte mich auf in den Wald. Ich musste nicht lange lauschen, bis ich eine Quelle mit einem kleinen Bach fand und da das so schnell geklappt hatte, beschloss ich mich noch ein wenig umzusehen. Ich fand noch ein wenig wilden Knoblauch und wilden Spinat und ein paar frühe Brombeeren an einem Strauch am Ufer des Bachs. Wirklich süß waren sie noch nicht, aber schon essbar und nicht mehr bitter. Ich fand auch noch ein Büschel Schafgarbe, die ich in meinen Beutel stopfte, da man dieses Kraut immer gut gebrauchen konnte. 

Als ich mit den beiden großen Schläuchen voll Wasser zurückkam, hatten die Jungs schon die beiden Zelte aufgestellt und waren dabei ein Feuer zu machen. Ich setzte die Wasserschläuche neben der Feuerstelle ab mitsamt dem Hüftbeutel, in dem ich meine gesammelten Leckerbissen verstaut hatte, damit sich jemand ums Essen kümmern konnte. Hätte ich mehr Zeit gehabt, hätte ich vielleicht noch etwas gejagt, aber so mussten wir uns mit Räucherfleisch und dem Korn und was im Beutel war begnügen.
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Falke
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05-15-2024, 01:47 PM,
Beitrag #7
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Fintan machte Feuer. Den ganzen Tag hatte keiner mit ihm geredet und nun war auch dies das einzige, was Louarn zu ihm sagte.
Natürlich hatte er nicht geschwiegen, Witze gemacht oder gesungen, wenn auch anders als Louarn eher schief und mit schlüpfrigem Unterton. Es störte ihn nicht, dass Louarn sich über sein Hiersein ärgerte. Im Grunde ärgerten sie sich alle meistens über ihn.
"Ich geh mal mehr Feuerholz holen!", rief er, als das Feuer brannte. "Und wenn ich zurück bin, dann sing ich euch das Lied von Schankmaid Claritia!"
Ohne eine Antwort abzuwarten, machte er sich auf den Weg und achtete nicht darauf, ob irgendwer Notiz davon nahm. Cinead war gerade zurückgekehrt, Louarn kümmerte sich um das Prinzesschen, mit dem er selbst nicht reden durfte und Alun... Ach, was machte der schon, der kam schon klar.

Einige Schritte vom Lager entfernt, in wunderbarer Dunkelheit, atmete Fintan erst einmal tief durch.
"Lächeln und Weitermachen", murmelte er leise, holte noch einen tiefen Atemzug und summte dann das Lied der Schankmaid, ehe er sich daran machte, kleine Zweiglein und größere Äste zu sammeln. Sie durften es mit dem Feuer nicht übertreiben. Er hatte es mit Absicht in eine Grube gelegt, damit sein Licht nicht zu weit schien. Daher würde er sich nicht zu lange Zeit lassen können, Holz zu suchen.
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Falke
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05-15-2024, 02:43 PM,
Beitrag #8
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Endlich kam etwas Bewegung in das Ganze hier. Meine Brüder verrichteten die ihnen zugeteilten Aufgaben und Rhian protestierte sogar, dass sie zu wenig zu tun hatte.
“Gut, dann komm und hilf mit“, lud ich sie ein. Arbeitswütige Menschen hielt ich selten auf. Das würde schon dafür sorgen, dass sie später zu müde für irgendwelchen Blödsinn wäre und tief schlafen würde.

Ich ließ sie also beim Aufbau des zweiten Zeltes und bei der Zubereitung der Nahrung mithelfen. Das wäre auch für die nächste Zeit praktisch, wenn sie das dann selbst können würde. Ich ging zwar fest davon aus, dass nach einer Woche im Sattel sie zu müde für alles hiervon wäre, aber ganz ehrlich, ich ging davon aus, dass ICH nach einer Woche im Sattel zu müde für das hier alles wäre. Die meisten Leute wussten gar nicht, wie sehr ihre Kehrseite schmerzen konnte, wenn man den halben Tag auf einem Pferd saß. Die wenigsten taten das ja auch für weniger als 2 Tage hintereinander. Wenn sie überhaupt etwas so teures wie ein Pferd hatten.

Nun, egal, irgendwann stand das Zelt und das Essen war soweit und wir konnten alle ein wenig ausruhen, auch wenn Fintan damit gedroht hatte, singen zu wollen. Ehrlich, seine Stimme klang wie eine Ziege, die über Wellblech pinkelt. Aber sollte er die Damen ruhig erschrecken.
Ich nahm mir ein wenig von dem Brei in meine Schale und wartete, bis er so weit abgekühlt war, dass ich ihn mit den Fingern essen konnte. Für so feine Dinge wie Löffel war auf einer Reise eher selten Platz, sowas verlor man zu schnell.
“Ihr beiden Frauen bekommt das eine Zelt“, erklärte ich dann noch die Aufteilung für die Nacht. Die Zelte waren klein, mehr als zwei Leute hatten darin nicht einmal gestapelt Platz. Eigentlich war es nur eine Lederplane, damit man nicht nass wurde, falls es regnete. “Wir vier anderen teilen uns das andere Zelt. Zwei von uns halten immer wache. Fintan und Cinead, ihr nehmt die erste Hälfte, Alun und ich die zweite.“ Meine Aufteilung war sehr taktisch. Cinead war zwar schweigsam und etwas unheimlich, aber wenn ich ihm sagte, dass er Fintan vergiften durfte, wenn der sich an Rhian ranmachen würde, dann traute ich ihm zu, das zu tun. Fintan hätte hingegen keine Gelegenheit, mich zu vergiften, und mit Alun wurde ich fertig. Da reichten ein paar strenge Blicke, wenn der wieder anfing, Süßholz zu raspeln.
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Falke
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05-15-2024, 04:32 PM,
Beitrag #9
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Schweigend beobachtete Rhian wie die Reisegesellschaft gar wie aufgeschreckte Vögel auseinander stob, um die Arbeiten zu erledigen, die Louarn ihnen aufgetragen hatte. Tatsächlich wirkte der Rotschopf wie ein wahrer Anführer, sonst würden ihm die anderen nicht aufs Wort gehorchen, schlussfolgerte Rhian für sich im Stillen. Bei Louarns Worten, dass sie ihm helfen könnte, hellten sich Rhians Augen augenblicklich auf und sie begann das zweite Zelte, welches für sie und Anwen gedacht war, nach den Vorgaben des Rothaarigen aufzubauen. Eigentlich war es lediglich eine Lederplane, die den Regen abhalten sollte auf einen hernieder zu prasseln. Mit einem letzten Blick auf die Plane vergewisserte Rhian sich, dass diese auch sicher im Boden verankert war und ihnen nicht gleich auf den Kopf fiel. Nach der Plane half das Mädchen dem Rothaarigen dabei eine Mahlzeit zuzubereiten. Als Fintan verkündete, dass er bei seiner Rückkehr, er wollte unbedingt Feuerholz holen, ein Lied über die Schankmaid Claritia singen würde, spitzte Rhian ihre Ohren und blickte fragend in Richtung des Dunkelhaarigen.

“Was ist das für ein Lied?“

Wollte Rhian dann wissen und blickte Fintan nach. Klang die Stimme des Dunkelhaarigen wirklich so schrecklich, wie Louarn sie soeben beschrieben hatte? Als würde eine Ziege über Wellblech pinkeln? Schließlich setzte sich Rhian zu Louarn und befüllte ebenfalls eine Schale mit dem zubereiteten Brei. Jenen Brei schaufelte sie sich schließlich auf ihre Finger und begann ihre Finger anschließend abzulecken. Als Louarn erklärte, dass sie sich mit Anwen eines der Zelte teilen würde, hob Rhian automatisch ihren Kopf an und blickte in Richtung der älteren Priesterin. Schließlich schenkte das Mädchen der Priesterin ein freundliches Lächeln und widmete sich anschließend erneut ihrem Brei.
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05-15-2024, 05:22 PM,
Beitrag #10
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Als der Brei fertig war, setzte ich mich neben Rhian und Lou ans Feuer und schaufelte mir auch etwas in mein Schälchen. Ich ließ meine Augen aufmerksam über die Umgebung streifen, immer auf der Suche nach Gefahren, immer auf Veränderungen und Außergewöhnliches lauschend. Es war schwer dieses Verhalten abzulegen. Aber alles war ruhig und auch die Pferde waren nicht unruhig. 

Nachdem der Brei abgekühlt war, ließ ich es mir ebenfalls schmecken und wischte dann mit einem feuchten Grasbüschel meine Schale aus. Das war gut genug für den Moment, damit ich mich um wichtige Sachen kümmern konnte. So feucht wie die Luft war, würde es auf jeden Fall regnen und ich musste das Leder des Sattels noch einmal ordentlich einfetten. Ich hatte extra das Fett des Rehs ausgelassen, das ich in Brigids Forst erlegt hatte, für diesen Zweck. 

So machte ich es mir mit dem Tontiegel und meinem Sattel am Feuer bequem und bot den Tiegel auch den anderen an, falls Bedarf bestand. "Keine Ahnung, wer diese Claritia ist, aber es wird heute Nacht auf jeden Fall noch regnen...und wenn wir Fintan singen lassen dann regnets die ganze Woche" sagte ich ungewohnt gesellig und gut gelaunt mit einem schiefen Lächeln. "Vielleicht stimmt Lou ja was besseres an, bei dem Fin mitsingen kann..."
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Falke
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