Willkommen im Forum, Bitte Anmelden oder Registrieren

Brigids Quelle
04-23-2024, 10:01 AM,
Beitrag #91
RE: Brigids Quelle
Anwens Atem glättete sich, wurde ruhiger und tiefer, während der Fremde sich erneut entschuldigte, sie in ihrer Stille gestört zu haben. Ein Räuber hätte wohl kaum solche Höflichkeit an den Tag gelegt. Dann enthüllte er den Grund seines Hierseins: Er war Louarn, ein Schüler des altehrwürdigen Cathbads, der vor einigen Tagen angewkommen war. 
"Louarn", wiederholte sie leise nachdenklich und lauschte gespannt auf die weiteren Worte des Mannes. Er sprach von uns, die dazu auserkoren waren, Rhian auf ihrem Weg zur Hochzeit zu beschützen. "Ja, Rhian ist mir bekannt", erwiderte Anwen und schritt langsam am Ufer des funkelnden Quellteichsentlang, auf ihn zu. "Du sagtest uns. Dann gibt es noch mehr von Cathbads Schülern, die gerade hier verweilen?" Die jungen Männer mussten erst im Laufe des Tages angekommen sein und waren ihrer Aufmerksamkeit entgangen. 
"Mein Name ist Anwen, eine Dienerin der Andraste", stellte sie sich vor, als sie ihm gegenüberstand. "Die Schwestern dieses heiligen Ortes gewährten mir Zuflucht, bis…" Ihre Stimme verlor sich im Unbestimmten, denn sie wusste selbst nicht, bis wann. Doch sie vertraute auf Brigids und Andrastes weitsichtige Führung. "Vor einigen Wochen erreichte ich diesen Ort, begleitet von einer anderen Schwester. Wir waren dem Tode näher als dem Leben. Aber die Schwestern, darunter auch Rhian, haben uns mit ihrer Fürsorge zurück ins Leben geholt." 
[Bild: 1_22_10_22_8_51_02.png]
[Bild: 3_15_08_22_9_39_13.png]
Zitieren
 
04-23-2024, 10:33 AM,
Beitrag #92
RE: Brigids Quelle
Wahrscheinlich sollte ich nicht ganz so freigiebig mit Informationen sein, aber an Brigids Quelle zu lügen erschien mir auch ziemlich falsch. Außerdem würde sie meine Brüder ja sowieso sehen, wenn sie länger hier war, also was machte es schon? “Ja. Alun, Cinead und Fintan. Einer allein wäre eine ziemlich mickrige Eskorte“, meinte ich mit leicht schiefem Grinsen.

Anscheinend hatte sie beschlossen, dass ich nicht vorhatte, sie aufzufressen, denn sie begann, den Teich zu umrunden, auf mich zu. So konnte ich sie etwas besser sehen und mein Eindruck bestätigte sich, dass sie ein bisschen älter als ich sein musste. Nicht alt, aber eben älter. Sie stellte sich als Anwen vor, eine Dienerin von Andraste. “Dann sollte ich besser keine Kaninchen fangen, solange du hier bist, was?“, versuchte ich weiter, die Spannung mit einem Scherz abzubauen, aber mit etwas mäßigem Erfolg. Offenbar war sie wirklich ein Flüchtling und hier erst einmal gestrandet. Mein Blick wurde etwas mitfühlender.
“Da hatten du und deine Schwester Glück. Die Priesterinnen hier verstehen sich aufs heilen. Mich haben sie auch schon ein, zwei Mal zusammengeflickt. Aber mach dir keine Sorgen, du bist hier sicher.“ Auch wenn Niamh hier nicht sicher gewesen war, sondern von Erwans Männern gefangen worden war.

Verdammt! Ich wollte nicht mehr an sie denken und erst recht keine Vergleiche ziehen. Mein Kopf war heute wirklich noch etwas mehr durcheinander als sonst. “Und wie gesagt, ich wollte dich auch gar nicht stören. Ich musste nur den Kopf ein wenig frei kriegen und, naja, die Quelle ist ein guter Ort dafür.“
[Bild: 1_22_10_22_8_56_52.png]
Falke
[Bild: 3_15_08_22_9_38_19.png]
Zitieren
 
04-30-2024, 09:57 AM,
Beitrag #93
RE: Brigids Quelle
Anwen fühlte sich durch Louarns Gegenwart beruhigt, obwohl sie anfangs von seinem unerwarteten Auftauchen überrascht worden war. Seine höflichen Manieren und die Enthüllung seiner Verbindung zu Cathbad und Rhian ließen ihre anfängliche Wachsamkeit schwinden. Nun, da sie ihm gegenüberstand und ihm direkt in die Augen blickte, nahm sie sich einen Moment, um ihn zu betrachten. Er war jünger als sie, doch trotz seiner Jugend lastete bereits eine große Verantwortung auf seinen Schultern – eine Verantwortung, die er mit seinen Brüdern teilte, die ebenfalls hier waren, um Rhian auf ihrer Reise zu schützen.
"Also bist du hier, um zu beschützen, Louarn", sagte sie mit sanfter Stimme, damit sie die Stille der heiligen Quelle nicht störte. "Es ist beruhigend zu wissen, dass Rhian in fähigen Händen ist, wenn sie ihre Reise antritt."
Doch Louarn strahlte auch noch einen besonderen Charme aus. Sein schiefes Grinsen und der Scherz über die Kaninchen lockerten schließlich auch Anwens Miene zu einem Lächeln.

"Ich bin den Schwestern hier sehr dankbar für ihre Hilfe. Doch nun, da ich wieder zu Kräften gekommen bin, frage ich mich, wohin mein Weg mich führen wird und welche Aufgabe die Götter für mich vorgesehen haben. Deshalb war ich heute Abend hier, um sie um ein Zeichen zu bitten", gestand sie dem jungen Druidenschüler, der sich erneut entschuldigte und den sie doch kaum kannte.
Anwen bemerkte eine ferne Traurigkeit in Louarns Worten und in seinem Blick – ein Schatten, der kurz über sein Gesicht huschte, als er von der Sicherheit sprach, die dieser Ort bieten konnte. "Wir alle tragen unsere Lasten, und manchmal macht das Teilen dieser Lasten den Weg leichter." entgegnete sie plötzlich, als besäße sie die Gabe, seine Gedanken lesen zu können. Sie legte ihre Hand auf seinen Arm, ein Zeichen der Verbundenheit. 
"Wenn du bereit bist, sie zu teilen, werde ich zuhören." Vielleicht war er das Zeichen, um das Anwen gebeten hatte.
[Bild: 1_22_10_22_8_51_02.png]
[Bild: 3_15_08_22_9_39_13.png]
Zitieren
 
04-30-2024, 02:37 PM,
Beitrag #94
RE: Brigids Quelle
Flirtete sie mit mir? Verlegen grinste ich kratzte mich leicht am Hinterkopf, als sie meine fähigen Hände ansprach, in welchen Rhian dann wäre. In den meisten anderen Fällen hätte ich diese Einladung auch genutzt und war mir auch ziemlich sicher, dass wir dann auf kurz oder lang in den Büschen verschwunden wären. Aber sie war eine Priesterin und hier an der Quelle und ich hatte keine Ahnung, ob sie noch immer verletzt war, und – was das ehrlicherweise entscheidende Argument war – Cathbad war in der Nähe und ich wollte mich nicht von ihm mit einer Frau erwischen lassen. Es gab so schon mehr als genug Dinge, wegen denen ich mir sorgen machen musste. Die spitzen Bemerkungen und subtilen Drohungen des Druiden brauchte ich da nicht noch zusätzlich.
“Naja, ich hoffe, dass ich sie sicher und wohlbehalten nach Norden kriege. Die Reise dauert zwei oder drei Wochen, und es kann viel dabei passieren“, versuchte ich mich also in ein wenig Bescheidenheit und machte keine Kommentare zu meinen fähigen Händen und deren besonderer Qualitäten.

Sie erzählte so ein wenig von sich, dass sie nicht wusste, was sie jetzt machen sollte, und die Göttin um ein Zeichen gebeten habe. Ich lachte kurz. “Mich darfst du da nicht fragen. Wann immer die Götter mir ein Zeichen zu senden versuchen, bin ich hinterher eher noch verwirrter als vorher. Und ich weiß wirklich nie, was sie mir sagen wollen.“ Das war die reine Wahrheit. Wer sagte, die Wege der Götter seien unergründlich, untertrieb dabei gewaltig. Sie sprachen nicht kompliziert mit mir, sie sprachen überhaupt nicht oder in einer so anderen Sprache, dass ich nichts davon verstand. Weshalb ich ehrlich nicht wusste, was sie oder Cathbad oder sonstwer von mir eigentlich wollte.

Auf einmal kam Anwen auf mich zu und berührte mich, und jetzt war ich ziemlich sicher, dass sie mit mir flirtete. Und verdammt, gewissen Teilen meines Körpers gefiel das durchaus ziemlich gut und sie machten eifrig Vorschläge, was ich jetzt am besten tun sollte. Ich mein, sie war zwar älter als ich, aber nicht alt. Ein bisschen dünn vielleicht, aber nicht zu fragil. Gerade richtig, um sie anzuheben und an dem nächsten Baum…
Nein, nein, mein Blut musste wieder zurück in meinen Kopf und nicht zu viel in die Hand an meinem Arm reininterpretieren. Ich räusperte mich kurz, kratzte mich nochmal am Hinterkopf und trat einen Schritt zurück. “Ja… äh, nein, das ist nett, aber...“ Ich wusste, dass mein Lächeln verlegen wirken mochte, was eigentlich nicht so wirklich zu meiner Art ansonsten passte, aber ich versuchte mich gerade wirklich schwer in ruhiger Zurückhaltung, auch wenn das einigen südlichen Gefilden gar nicht gut gefiel.
Ich nahm den Arm runter und lachte einmal kurz etwas über mich selbst verwirrt auf, während ich den Kopf schüttelte. “Ich kann dich ja nicht mit meinem Scheiß belasten“, sagte ich und das konnte ich auch wirklich nicht. “Ich glaube nicht, dass du es verstehen würdest“, setzte ich hinzu und versuchte, meine widersprüchlichen Gedanken auf die Reihe zu bringen. “Ich mein, du könntest da eh nichts dagegen machen. Ich meine, ich hab es ja immer wieder versucht, aber alle sagen immer dasselbe. Wenn ich sage, dass ich keine Kinder will, versuchen alle, mir reinzureden, dass ich das doch wollen muss und an mich selbst denken muss und doch mal leben soll und dass das dazugehört.“
Ich zuckte die Schultern und trat noch einen Schritt zurück, als könne ich damit Abstand zwischen mich, meine Gefühle und meine Worte bringen, auch wenn ich natürlich wusste, dass das nicht funktionierte, und Anwen mich ja noch nicht einmal annähernd genug kannte, um diese verrückte Art von Gespräch zu führen. “Ich meine, es ist immer dasselbe. Frauen wollen von mir gerettet und beschützt werden und an mir herumzerren, um das zu sein, was sie wollen. Und ich finde auch immer jemanden zum retten, und ich hab sie auch gern, aber egal wie oft ich dann auch sage, dass ich nicht heiraten und Kinderkriegen und einfach Bauer werden kann, sie hören nicht zu.“
Ich schnaufte und schüttelte den Kopf. “Es wäre schön, wenn jemand mal einfach zuhören würde, und nicht an mir zerren oder von mir gerettet werden wollen würde.“ Irgendwie fühlte mein Kopf sich jetzt noch leerer an als sonst, ich ich war ziemlich sicher, dass Anwen jetzt wahrscheinlich denken würde, ich wäre vollkommen verrückt, und froh um den Abstand wäre, und noch froher, wenn ich gleich gehen würde. Um ehrlich zu sein, ich hielt mich gerade selber für ziemlich verrückt, dass ich das alles gesagt hatte.
“Tut mir leid. Ich sollte wohl besser zurück gehen. Ich muss morgen noch Proviant und Pferde besorgen und, ähm, vielleicht senden die Götter dir ja noch ein Zeichen, wenn hier kein rothaariger Irrer um ihre Quelle herumtrampelt und wirres Zeug redet.“
[Bild: 1_22_10_22_8_56_52.png]
Falke
[Bild: 3_15_08_22_9_38_19.png]
Zitieren
 
05-04-2024, 08:28 AM,
Beitrag #95
RE: Brigids Quelle
Anwen spürte die Verlegenheit in Louarns Grinsen und die Unsicherheit in seiner Stimme, als er von seiner Reise mit Rhian sprach. Seine Worte verrieten mehr als er vielleicht beabsichtigte – Zweifel, Ängste und die Last der Erwartungen.
Als er von den Göttern sprach, konnte sie nicht anders, als zu lächeln. Seine ehrliche Verwirrung über ihre Zeichen berührte sie. "Vielleicht sind die Götter nicht immer so klar, wie wir es gerne hätten", sagte sie sanft, ihr Blick ruhte auf ihm. "Aber manchmal senden sie uns Zeichen auf unerwartete Weise. Vielleicht bist du selbst ein solches Zeichen, Louarn." Vielleicht war er ja sogar 'ihr' Zeichen, auf dass sie gehofft hatte, als sie die Göttin angerufen hatte. Vielleicht war dies der Wink, dass sie mit nach Norden reisen sollte, weil dort eine neue Aufgabe für sie wartete. Die Stämme des Nordens brauchten die Zuversicht der Götter mehr denn je! Sie brauchten Andrastes Ruf, um den Mut zu finden, sich gegen die römischen Eindringlinge zur Wehr zu setzen und aus deren Blut neue Kraft zu schöpfen, um die Römer endgültig aus Albion zu vertreiben. Doch zunächst lauschte sie weiter Louarns Worten, der langsam seine Verlegenheit überwand und den Mut fand, sich ihr gegenüber zu öffnen.
Anwens Herz begann etwas schneller zu schlagen, als Louarn als er das tat und von seinen Beziehungen mit Frauen sprach. Seine Worte verrieten eine Tiefe, die sie nicht erwartet hatte, und sie spürte, wie sein innerer Kampf nach draußen drang.
"Es ist sehr mutig, über deine Gefühle zu sprechen, besonders wenn sie so schmerzhaft sind." Sie konnte verstehen, dass er sich von den Erwartungen anderer erdrückt fühlte, dass er nach Freiheit und Selbstbestimmung suchte. "Und es ist nicht leicht, sich gegen die Erwartungen der Anderen zu stellen", fuhr sie fort, ihre Stimme voller Mitgefühl. "Aber wir, die wir den Göttern dienen, sind nicht wie die anderen Menschen. Und uns ist in den seltensten Fällen kein normales Leben als Bauer vorherbestimmt. Daher kann ich sehr gut nachvollziehen, wie sehr dich das alles bedrückt."
Ein Hauch von Verständnis lag in ihren Augen, als sie Louarn ansah und er von seinen inneren Konflikten sprach. Seine Worte berührten sie sehr, denn sie erkannte in ihm nicht nur den jungen Druidenschüler, sondern auch den suchenden Menschen, der nach Liebe und Verständnis verlangte.
 "Du verdienst es, glücklich zu sein, Louarn", begann sie leise, ihre Stimme voller Mitgefühl. "Nicht nur, um anderen zu dienen oder ihre Erwartungen zu erfüllen, sondern für dich selbst. Die Liebe und das Verständnis, nach denen du dich sehnst, sind keine Hindernisse für deine spirituelle Reise. Im Gegenteil, sie können deine Verbindung zu den Göttern vertiefen und deine Seele stärken." Sie legte sanft ihre Hand auf seinen Arm, ein Zeichen der Verbundenheit. "Du musst nicht wählen zwischen deiner spirituellen Berufung und einem erfüllten Leben, Louarn. Beides kann Hand in Hand gehen, wenn du es zulässt."
Ein Hauch von Entschlossenheit lag in ihren Augen, als sie fortfuhr: "Und ich möchte dir helfen, diesen Weg zu finden. Deshalb werde ich dich auf deiner Reise in den Norden begleiten, denn ich bin mir sicher, gerade das Zeichen gefunden zu haben, nachdem ich die Göttin gebeten habe. Du bist das Zeichen, Louarn! Du bist mein Zeichen! Deshalb werde ich dich begleiten. Nicht nur als Priesterin, sondern auch als eine Freundin. Zusammen können wir Antworten suchen und Licht in deine Dunkelheit bringen." 

Als Louarn sich und sich zum Gehen wandte, begleitete sie ihn zurück, denn wie er gesagt hatte, gab es noch viel zu tun, wenn sie morgen abreisten.
[Bild: 1_22_10_22_8_51_02.png]
[Bild: 3_15_08_22_9_39_13.png]
Zitieren
 
05-04-2024, 03:53 PM,
Beitrag #96
RE: Brigids Quelle
Als sie meinte, ICH wäre ein Zeichen der Götter, musste ich dann doch lachen. So gern wir Männer uns im allgemeinen doch als Geschenk der Götter sahen und so sehr das vielleicht auch schmeichelte, in diesem Fall hier war das dann doch lächerlich. Ich, die größte Enttäuschen des Jahrtausends, wenn man Cathbad glauben wollte, ich, der nichts richtig machen konnte, nicht richtig lesen konnte, mir keine Zauber merken konnte, ich, der schlechteste Druidenschüler aller Zeiten, sollte ein Zeichen der Götter sein? Das war mehr als lächerlich.
“Ich bin vieles, aber sicher kein Zeichen der Götter“, meinte ich amüsiert den Kopf schüttelnd. Auch wenn sie mir wirklich, wirklich schmeichelte, als sie sagte, sie fände es mutig, dass ich über meine Gefühle redete und dass mich das sicher sehr bedrücken würde. Ganz eindeutig flirtete sie mit mir. Sie konnte das nämlich unmöglich ernst meinen. Männer hatten nur ein Gefühl, das sie bisweilen bedrückte: Hunger. Vielleicht noch Geilheit. Aber der Rest wurde gefälligst für sich behalten und man kam damit klar.
Als sie dann noch meinte, ich verdiene es, glücklich zu sein, zog sich irgendwas in mir zusammen. Calum und Alun sagten auch dauernd solche Sachen, dicht gefolgt eben von den Vorschlägen, mich gegen Cathbad aufzulehnen und einen Haufen Kinder in die Welt zu setzen. Ich erwartete also gerade den Vorschlag, ich solle doch jetzt mit ihr ein paar Kinder in die Welt setzen. Es würde zum Rest ihrer Worte und meiner Erfahrung zumindest passen. Stattdessen aber verfolgte sie mich, um mich wieder zu berühren, und ich wartete nur darauf, dass sie jetzt was von spiritueller Erleuchtung durch die Vereinigung von Mann und Frau sagen würde. Ich hätte ehrlicherweise sogar Wetten darauf abgeschlossen.
Aber die Wette hätte ich verloren, denn statt Nimm mich jetzt und hier sagte sie sowas verwirrendes wie Ich komme mit. Und das war jetzt irgendwie neu und nicht von meinen bisherigen Erfahrungen gedeckt. “Äh… du willst mitkommen? Nach Norden? Ins Brigantenland?“ Wahrscheinlich schaute ich gerade so dumm aus, wie ich mich fühlte, aber das war jetzt nicht das, was ich erwartet hatte. “Wegen mir?“ präzisierte ich dann noch ungläubiger.
Und dann schüttelte ich den Kopf und machte mal wieder einen Schritt rückwärts. “Das musst du nicht. Ernsthaft. Das wird eine lange, unbequeme und anstrengende Reise. Und du kennst mich ja überhaupt gar nicht und… äh… äh… ich bin mir wirklich nicht sicher, wie ich für irgendwen oder irgendwas ein Zeichen sein sollte. Außerdem fühl ich mich mit meiner Dunkelheit ganz wohl.“
Kurz fragte ich mich, ob andere sich so fühlten, wenn ich ihnen einfach mal half. Aber gerade war ich von dieser ganzen Zeichen-und-Wunder-Geschichte gelinde gesagt überfordert und wollte ganz sicher nicht mehr als nötig über irgendwelche Gefühle abseits von Hunger und vielleicht Lust reden.
[Bild: 1_22_10_22_8_56_52.png]
Falke
[Bild: 3_15_08_22_9_38_19.png]
Zitieren
 
05-07-2024, 05:21 PM,
Beitrag #97
RE: Brigids Quelle
Louarns Lachen erklang in der Stille des Wäldchens. Er dachte wohl, Anwen mache sich über ihn lustig. Doch die Priesterin ließ sich nicht von seinem Gelächter anstecken. Stattdessen betrachtete sie ihn mit einem stillen, wissenden Lächeln. Sie sah in ihm nicht den Mann, der sich selbst als Zeichen der Götter verleugnete, sondern den, der noch nicht erkannt hatte, wie kostbar seine Bestimmung war. Seine Zweifel und seine Unsicherheit waren wie ein offenes Buch. Doch sie wusste, dass die Zeit kommen würde, in der er seine wahre Bedeutung und den Pfad, den die Götter für ihn gewählt hatten, verstehen würde. Im Augenblick sah er sich selbst nur als einen groben Krieger, einen Mann der rohen Kraft, der zu nichts anderem nütze war. Aber Anwen war nachsichtig mit ihm. Ihr war bewusst, dass dies nur eine vorübergehende Blindheit war, eine Unfähigkeit, die eigene Gabe zu erkennen. Louarn würde noch viel lernen  müssen, bis eines Tages seine Ausbildung abgeschlossen war.  Eines war jedoch gewiss: Es war kein Zufall, dass sich ihre Wege gekreuzt hatten – es war Schicksal.
Als Anwen ihren festen Entschluss verkündete, mit ins Brigantenland zu kommen, begegnete ihr Louarns Blick voller Skepsis. Doch sie war voller Entschlossenheit. "Ich werde mitkommen, ins Brigantenland. Denn ich habe erkannt, dass es meine Bestimmung ist, dort zu sein, wo ich gebraucht werde." Er wollte protestieren, aber sie hob beschwichtigend ihre Hand. "Glaubst du wirklich, die Aussicht auf eine unbequeme Reise könnte mich abschrecken? Ich bin es gewohnt, Entbehrungen zu ertragen, fernab von jeglichem Komfort. Ich benötige kein bequemes Bett und ich weiß, wie Hunger schmeckt. Und ich bin fest davon überzeugt,  dass du mehr bist als nur ein Mann mit einem Schwert und einem dunklen Schatten. Auch wenn du dich scheinbar damit zufrieden gibst, was ich dir allerdings nicht abnehme, Louarn, der Fuchs!"
Anwens Blick hatte sich kurzzeitig verdunkelt. Doch nun drang ein wohlwollendes Lächeln wieder durch. Sie nickte ihm zu. "Erwarte mich am Morgen eurer Abreise", sagte sie, "ich werde da sein und mit euch reisen!" Dann drehte sie sich um und schritt davon. Ihre Gestalt verschmolz sich bald mit dem Dunkel des nächtlichen Wäldchens.
[Bild: 1_22_10_22_8_51_02.png]
[Bild: 3_15_08_22_9_39_13.png]
Zitieren
 


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 4 Gast/Gäste