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Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
05-21-2024, 01:58 PM,
Beitrag #21
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Ich war voller Anspannung eingeschlafen, und auch als ich aufwachte, fühlte ich mich nicht wirklich so, als hätte ich geschlafen gehabt. Noch dazu, wo Alun sich direkt neben mir – das Zelt war ja wirklich nicht groß – die ganze Zeit herumdrehte und nicht wirklich still liegenblieb. Eine Berührung am Fuß weckte mich schließlich aus einem unruhigen Traum, in welchem ich immer noch das Lager bewachte und durch die Büsche streifte, um nach Gefahr Ausschau zu halten, und instinktiv war meine Hand an der Axt. Aber es war nur Cinead, und neben mir kroch Alun auch schon sogleich aus dem Zelt heraus. Ich wartete, bis er draußen war und kroch dann hinterher, so dass Fintan und Cinead sich den jetzt warmen Platz teilen konnten, neben den schon warmen Decken.

Draußen hatte es angefangen, immer wieder zu regnen. Aus einem unerfindlichen Grund hatten Fintan und Cinead das Feuer brennen lassen, was ich Verschwendung fand. Morgen früh würden wir alle nur etwas kalte Reste von heute essen und dann sofort aufbrechen. Kein Mensch mit Verstand kochte auf Reisen öfter, als es unbedingt sein musste, und ließ ein Feuer brennen, wenn er es nicht unbedingt brauchte. Den aufsteigenden Rauch sah man auch nachts über Meilen hinweg. Und wir wollten nicht gefunden werden.

Alun war leise und blickte so düster drein, wie ich mich fühlte. Ich zog mir nur meinen Mantel über und nickte ihm einmalig zu, dann ging ich leise herum, um die Umgebung zu bewachen, ohne jemanden zu wecken, und lehnte mich zwischendurch nur einmal an den Fels oder sah nach den Pferden, wenn ein nächtliches Geräusch sie beunruhigte. Die größte Abwechslung war wohl ein gelegentliches Austreten, um mich zu erleichtern.

Als die ersten Vögel vor der Morgendämmerung zu Singen begannen, war der Regen glücklicherweise seit einer Weile zuende. Trotzdem würden wir wohl eine Menge Morgennebel haben, was mir nicht wirklich gefiel. Man konnte die weißen Schwaden aus dem Boden langsam aufsteigen sehen. Ich hoffte auf kräftige Sonne, um ihn bald zu vertreiben, und fing an, die Pferde vorzubereiten und schon einmal zu füttern und wieder aufzusatteln, damit wir auch gleich zügig wieder weiter kamen.
Als die Sonne gerade den Horizont küsste, gab es keinen Grund mehr, leise zu sein – abgesehen davon, dass die Vögel das ohnehin nicht waren. Ich klatschte also zweimal laut in die Hände.
“Aufstehen, der morgen ist da“ war also das erste, das ich seit Stunden gesagt hatte.
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Falke
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05-21-2024, 08:03 PM,
Beitrag #22
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Ihr Unterschlupf war wahrlich äußerst mickrig und dennoch beschwerte sich Rhian nicht. Rasch hatte sie sich auf den harten Untergrund gelegt und rutschte etwas umher, um eine halbwegs angenehme Schlafposition zu finden. Die Felle hatte sie eng um ihren Körper gezogen, als ihr im nächsten Moment die Augen zufielen. Dies zeigte wohl wie erschöpft das Mädchen war, auch wenn sie keinen einzigen Klagelaut über ihre Lippen hatte dringen lassen. Tief und traumlos war Rhians Schlaf, so dass sie erst aufwachte, als die ersten Vögel den anbrechenden Morgen begrüßten. Bei dem hellen zwitschern und singen der Vögel hüllte sich das Mädchen etwas fester in ihr Fell und verbarg ihren Kopf zwischen den Armen. Nein, noch war es viel zu früh aufzustehen. Noch einmal drehte sie sich herum, auch wenn sie wusste das sie wohl nicht noch einmal einschlafen würde. Da konnte sie auch gleich aufstehen. Gesagt, getan. Mit etwas wackeligen Schritten und einem wirren Haarschopf kletterte Rhian unter der Lederplane hervor und streckte sich erst einmal. Bevor sie ihren Blick in Richtung der Feuerstelle gleiten ließ und dort Louarn erblickte.

“Guten Morgen Louarn.“

Murmelte das Mädchen mit leiser, gar noch schlaftrunkener Stimme, bevor sie zu dem Rothaarigen empor blickte.

“Die Göttin verbirgt ihr Antlitz.“

Sprach Rhian mit leiser Stimme, als sie des Nebels ansichtig wurde. Nachdem sie sich noch einmal gestreckt und gereckt hatte, ganz undamenhaft, näherte sie sich ihrem Pferd und bemerkte das die Pferde bereits aufgestattelt waren. Auch gefüttert waren die Vierbeiner bereits. Ob dies alles Louarns Verdienst war? Dabei wollte sich Rhian doch selbst um ihre Stute kümmern.
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05-21-2024, 08:24 PM,
Beitrag #23
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Fintan erwachte durch den melodischen Ruf eines wilden Louarns, der offensichtlich endlich beschlossen hatte, weiterzuziehen. Mit einem leisen Seufzen - bequem war es nicht gewesen -, erhob er sich aus dem Zelt und gähnte herzhaft, bevor er sich zu den anderen gesellte. Das Feuer war längst niedergebrannt, die Reste rauchten nicht einmal mehr. Alles war feucht und iggelig, weil es die halbe Nacht geregnet hatte. Kein Wunder, dass Lou und Alun aussahen als hätten sie den Arsch von ner Kuh geküsst.
"Ihr seht richtig gut aus", grüßte er statt einer Sorgenbekundung seine Brüder, lächelte und sah sich nach etwas zum Frühstücken um. Der neue Tag wartete schließlich nicht und Lanista Lou würde sie vermutlich gleich weitertreiben. Mit einer Miene wie der seinen und dem passenden Verhalten würden weder sie noch die Prinzessin auf der Reise was zu lachen haben.
"Jetzt schaut doch nicht so, ihr macht der Prinzessin noch Angst. Wie wäre es später mit einem fröhlichen Marschlied, um die Stimmung aufzulockern? Oder ich könnte ein paar Witze erzählen, um die Zeit zu vertreiben. Außerdem haben Cin und ich einen wirklich wundervollen Sketch geprobt. Darin geht es um einen römischen Senator, der-"
Ein Schwarm Vögel, der in der Ferne aus den Baumwipfeln aufstieg und laut krakelte, riss Fintan aus seinen Possen. Mochte nur ein Tier gewesen sein - oder Leute. Seit der Minenexplosion wusste man nicht mehr, wer sich in den Wäldern herumtrieb, neben Römern nämlich auch noch unliebsame Landsleute. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, machte er sich daran, die Feuerstelle derart zu präparieren, dass es aussah als habe es sie nie gegeben. Besser, sie beeilten sich etwas. Mochten vielleicht nur Jäger sein, aber dennoch musste niemand wissen, dass sie hier waren.
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Falke
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05-22-2024, 09:39 PM,
Beitrag #24
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Noch vor dem Morgengrauen, als die Vögel ihre morgendlichen Gesänge anstimmten, riss Louarns Rufen und sein Händeklatschen Arwen aus den Tiefen ihrer Träume. Sie blinzelte gegen die Müdigkeit an, gähnte ausgiebig und schälte sich schließlich aus ihrer Decke. Die Nacht hatte ihr auf dem harten Boden wenig Komfort geboten, doch das Zelt war ein guter Schutz gegen den nächtlichen Regen gewesen. Auf allen Vieren kroch sie aus dem Zelt, streckte sich und spürte dann die nasse Kälte, die noch in der Luft hing, ein Überbleibsel der Nacht.

während Anwen lediglich ihren dunkelblauen Umhang aus gewalkter Wolle umlegte. Mit einigen Handgriffen sammelte sie ihre wenigen Habseligkeiten ein. "Ein neuer Tag, ein neuer Weg", murmelte sie, noch halb verschlafen.
Louarn und Alun hatten die zweite Wache der Nacht gehalten und trugen nun die Spuren der Erschöpfung auf ihren Gesichtern. Einzig Fintan, der Spaßvogel ihrer kleinen Gemeinschaft, schien von guter Laune erfüllt. "Guten Morgen!", rief  sie noch müde in die Runde und ging, um ihr Gepäck auf ihr Pferd zu laden. Die Pferde begrüßten sie mit sanftem Wiehern, ihre Atemzüge formten kleine Nebelschwaden in der kühlen Morgenluft. Doch bevor die Reise weitergehen konnte, galt es, die Zelte abzubauen. Anwen kehrte zu den anderen zurück und bat um Hilfe. "Kann mir jemand beim Abbau des Zeltes helfen?", fragte sie und wartete darauf, dass sich jemand ihrer annahm.
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05-23-2024, 09:56 AM,
Beitrag #25
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Die Nacht war alles andere als angenehm gewesen. Weder die paar Stunden, die ich im Zelt gelegen und versucht hatte zu schlafen, noch die Stunden, in denen ich mit Louarn die Nachwache übernommen hatte. Es hatte immer wieder geregnet und die Decke, die ich mir mit nach draußen genommen hatte, nahm irgendwann auch keine weitere Feuchtigkeit mehr auf. Als dann auch noch das Feuer ausging und sich um uns herum die Dunkelheit ausbreitete, erreichte uns dann auch irgendwann schleichend die Kälte der Nacht. Lediglich die Mondsichel am Himmel lieferte ein wenig Licht, wenn sich nicht zufällig ein paar dicke Regenwolken davor schoben. In der Dunkelheit wirkte jedes kleine Geräusch viel bedrohlicher. Verdammt, hatte mich denn das Leben bei den Römern so sehr verweichlicht? Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Zum viel Reden stand mir auch nicht der Mut. Was hätte ich Louarn auch neues erzählen können, außer dass mein Gerz gebrochen war und ich mich immer noch fragte, wie Prisca meinen Brief aufgenommen hatte. Würde sie vor Trauer zusammen brechen oder würde sie wie eine Römerin standhaft bleiben, mich verfluchen und mich anschließend vergessen? Vielleicht würde sie mich sogar verraten. Doch dann würde sie sich auch selbst verraten und als Ehebrecherin entlarven. Nein, ich glaubte nicht, dass sie mich verraten würde. Und wenn doch, dann hatte ich nichts mehr zu verlieren!

Die Stunden der Nachtwachen vergingen sehr zäh. Doch irgendwann, als sich am Horizont die ersten Spuren des Morgengrauens bemerkbar machten und um uns herum die Vögel erwachten, weckte Louarn die Schlafenden. Auch ich erhob mich und streckte meine steifen Glieder. Bevor es weiterging, gab es noch einiges zu tun.
Nach und nach krochen die Frauen und unsere beiden Brüder aus den Zelten. Fintan kannte natürlich wieder keinerlei Grenzen und versuchte sofort seinen Überschuss an dummen Sprüchen loszuwerden. "Halt einfach die Klappe, Fintan!" brummte ich unleidlich. Kurz danach erschien die Priesterin, die mich gestern am liebsten sofort geschlachtet hätte, als sie mich in meinen römischen Klamotten gesehen hatte. Heute Morgen war ihre Laune scheinbar ein wenig besser. Als sie nach Hilfe fragte, machte ich einen Schritt auf sie zu. "Ich kann dir helfen," sagte ich und ging hinüber zu den Zelten. Ohne viele Worte, begann ich mit dem Abbau.
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Als "Lucius Tarutius Corvus"
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Falke
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05-23-2024, 01:22 PM,
Beitrag #26
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Als mich Lous Lärm aufweckte war das Zelt schon leer, da Fin schon auf den Beinen war. Ich hätte ruhig noch ne Weile ratzen können, aber einige Leute hier hatten es eilig. Nachdem ich aus dem Zelt gekrochen war fiel mein erster Blick auf die Feuerstelle, an der ich mir die klammen Glieder wärmen wollte und mich auf ein warmes Frühstück freute - aber da war nichts. Ich brummte und streckte mich gleich schlecht gelaunt. 

Noch war es neblig, da die Sonne sich noch hinter Wolken versteckte und alles war taufeucht von der Nacht. Ich machte mich auch daran meinen Krempel zusammen zu packen und das Zelt abzubauen. Die Bewegung würde hoffentlich gegen den kühlen und feuchten Morgen helfen.
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Falke
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05-23-2024, 02:46 PM,
Beitrag #27
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Alle kamen so nach und nach in die Gänge und nach einem kleinen, kalten Frühstück und nachdem auch die Zelte samt Gestänge auf die Packpferde geladen waren, konnten wir auch wieder weiter reiten.

Und so verlief mehr oder weniger jeder Tag unserer Reise. Wir ritten  abseits der Wege für einige Stunden in langsamen Trott, danach gingen wir zu Fuß, um den Pferden etwas Last zu nehmen und unseren Kehrseiten eine Pause zu gönnen. Mittags eine Rast um die Pferde zu tränken und uns selbst gleich mit und etwas auszuruhen, und dann dasselbe noch einmal bis es an der Zeit war, sich einen Lagerplatz zu suchen. Da die Sommersonnenwende näher rückte, waren die Tage lang, aber häufig genug regnerisch, so dass wir nicht so schnell vorankamen, wie ich gerne wollte, und auf die Pferde achten mussten, damit die keine Lungenentzündung bekamen.

Nach vier Tagen erreichten wir den ersten Fluss – den südlichen Avon – den wir an einer seichten Stelle überquerten. Das Wasser ging den Pferden an der tiefsten stelle der Furt bis knapp zum Bauch, weshalb ich abstieg und die Pferde der Frauen und die Packpferde einzeln am Zügel rüberführte und dann erst selbst ziemlich durchnässt hinüberritt.

Dann führte unser Weg erstmals ostwärts, da ich den Weg parallel zum nördlichen Avon einschlagen wollte, so lange es möglich war. Die römische Straße führte etwas nördlich von uns am Fluss entlang, und immer wieder erhaschten wir einen Blick darauf und auch auf den breiten Strom, der hier das Land teilte. Aber auch wenn es langsamer war, hielt ich uns von der Straße fern. Zu viele Reisende dort, die uns sehen konnten. Und reisende Händler bedeuteten noch zwei Dinge: bewachende Römercohorten, die die Straßen sichern sollten, und Räuberbanden, die sich nicht um die Römer scherten. Ich wollte keinem von beiden begegnen.
Erst, als wir weit genug östlich waren, führte ich uns dieses Stück nach Norden zu der römischen Straße hin, denn wir mussten über den Avon hinüber. Und hier, wo der Fluss so breit war, gab es nur wenige geeignete Stellen hierfür. Und die beste war und blieb die Stelle bei Straet, wo die Römer deshalb nicht nur eine Brücke über der Furt errichtet hatten, sondern auch gleich eine kleine Stadt mit dazu. Auch wenn die Stadt nicht wirklich groß war, insgesamt vielleicht drei dutzend Häuser, profitierte sie davon, dass viele Händler hier hindurch mussten. Und so hatte sie zumindest einen Stall und eine einfache Herberge, in welcher man zwar vor Dieben nicht sicher war und nur im großen Saal auf dem Boden schlafen konnte zusammen mit allen anderen – und Stroh kostete extra – aber es trocken und warm hatte.
Ich schaute zurück auf unsere Reisegruppe, und ehrlich, sie sahen aus, wie ich mich fühlte: Müde und abgekämpft. Auch die Pferde. Außer die Packpferde vielleicht, die jetzt nach anderthalb Wochen und weniger als der Hälfte unseres Weges nur noch sehr wenig zu schleppen hatten. Eigentlich wäre es mir am liebsten gewesen, die Stadt sehr schnell hinter uns zu lassen und weiterzureisen, aber mit Blick auf die anderen glaubte ich nicht, dass sie dann bis zum Ende durchhielten. Sie brauchten eine Pause. Verdammt, mein Hintern wollte auch eine Pause. Ich schnaufte also einmal durch und winkte Alun zu mir,
“Alun? Wir müssen Vorräte auffüllen und sollten vielleicht eine oder zwei Nächte hier bleiben und die Pferde ausruhen lassen. Meinst du, ein Römer bekommt bessere Preise?“ fragte ich ihn direkt, denn das hieß, er würde sich in Schale schmeißen müssen. Wir stanken zwar alle nach Pferd und Staub und nasser Wolle, was bis zum Ende der Reise so bleiben würde. Aber manchmal machten schwarze Haare und eine fehlende Hose dennoch einen Unterschied bei den Kosten für Getreide, Stallunterbringung und einem Schlafplatz.
Dann erhob ich meine Stimme auch für die anderen, auch wenn es erst Mittag war: “Wir übernachten hier und bleiben auch morgen hier, um Vorräte zu kaufen.“ Dass sie unauffällig bleiben und sich keinen streit suchen sollten, musste ich hoffentlich nicht extra betonen. Aber vielleicht wollten die Frauen dann ja auch das kleine, römische Badehaus aufsuchen und sich die Hände mit Salbe behandeln lassen, um die Risse und Blasen von den Zügeln loszuwerden. Oder um einfach mal nach was anderem als Pferd und nasser Wolle zu riechen.

Wir näherten uns der Stadt auf der römischen Straße, die hier mit Steinen gepflastert war. Die Hufe der Pferde klackerten auf dem Stein, und ein gutes Stück vor uns fuhren auch einige beladene Wägen eines Händlers und rumpelten laut darüber, bis die Straße leicht zu der Brücke anstieg.
Ich hieß uns etwas warten, bis die Wagen vor uns hinüber waren, da ich dem Konstrukt nicht traute. Wir Kelten hatten keine solchen Steinbrücken wie diese. Das Ding war monströs! Es hatte ganze vier Pfeiler, die im Wasser standen und in regelmäßigem Abstand so die Brücke stützten und war ganz und gar aus Stein erbaut. Sogar hier ging dieses römische Pflaster weiter, als wäre ein Fluss kein Hindernis. Ich fand das alles mehr als suspekt, aber nachdem die Wagen vor uns genug Vorsprung hatten und uns nicht mit in die Tiefe reißen würden, ließ ich auch meinen Braunen seinen Fuß auf die Brücke setzen. Ich bemühte mich, nicht hinunter zum Fluss zu sehen, der träge unter uns hindurchfloss, sondern heftete meine Augen auf die befestigte, römische Siedlung auf der anderen Seite, die uns die nächsten zwei Tage verschlucken würde.
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Falke
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05-23-2024, 05:23 PM,
Beitrag #28
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Schweigend verspeiste Rhian ihr kleines Frühstück. Am liebsten hätte sie überhaupt nichts gegessen, denn Hunger hatte das Mädchen kaum. Doch Louarns strafender Blick hatte sie dann doch vom Gegenteil überzeugt. Als Rhian Anwen ansichtig wurde, schenkte sie der älteren Priesterin ein freundliches Lächeln und ebenso einen Guten Morgen. Dann jedoch widmete sie sich ihrem kalten Frühstücksbrei. Die Schale säuberte sie anschließend mit einigen Blättern und packte diese in ihren Beutel. Allzu lange wollte Louarn dann offensichtlich nicht mehr an diesem Ort verweilen, denn der Rothaarige trieb sie regelrecht zum Aufbruch an. Und schon nach einer kurzen Verweildauer saß die Gruppe auch schon auf ihren Pferden und die Reise konnte fortgesetzt werden. Als Rhian im Sattel ihrer Stute Platz genommen hatte, spürte sie zum ersten mal ihren wunden Hintern und begann im Sattel hin- und her zu rutschen. Ihre Stute bemerkte die Gewichtsverlagerung und zeigte ihren Unmut deutlich, in dem sie unwirsch mit dem Kopf schlug. Entschuldigend strich Rhian Edana über den Hals und blieb im nächsten Moment völlig ruhig sitzen. Edana schnaubte zufrieden und über Rhians Lippen huschte ein leichtes Lächeln. Ob sie bei den Briganten auch die Chance haben würde zu reiten? Edana würde sie nicht mehr hergeben. Louarn sollte unter keinen Umständen versuchen ihr die Stute wegnehmen zu wollen. Bei diesen Gedanken bemerkte Rhian wie sich ihre Finger fester um die Zügel krallten, was zur Folge hatte, dass die Blasen an ihren Fingern aufzuplatzen drohten. Augenblicklich ließ Rhian die Zügel eine Spur länger, was Edana ihr mit einem genüsslichen brummeln dankte.

So verging eine weitere Etappe ihrer Reise. Mal auf dem Rücken der Pferde. Dann wieder neben diesen hergehend, um die Tiere zu schonen. Auch die Packpferde marschierten fleißiger mit, wie Rhian feststellte. Was kein Wunder war, wenn man bedachte, dass ihr Proviant rapide abgenommen hatte. Schließlich erreichte das Grüppchen den ersten Fluss ihrer Etappe, den südlichen Avon. Nach dem Namen des Flusses hatte sich Rhian bei einem ihrer Begleiter erkundigt. Die römische Straße blieb Rhians neugierigen Augen nicht verborgen und so reckte sie sich leicht aus dem Sattel empor. Bevor sie sich im nächsten Moment auch schon tiefer in den Sattel sinken ließ. Wie dämlich war sie eigentlich. Wollte sie sich den Römern auf dem Silbertablett präsentieren? Wohl kaum. Als Louarn verkündete, dass sie in diesem kleinen römischen Dorf übernachten würden, blickte Rhian dann doch sichtlich verwundert. Jedoch wagte sie keinerlei Widerworte von sich zu geben. Innerlich war sie sichtlich erleichtert. Vielleicht würden sie hier ein warmes Bett vorfinden, auch wenn dieses Bett nur aus einem Strohlager bestehen würde. Dies war Rhian in just diesem Moment vollkommen einerlei. Doch zuerst einmal musste die steinerne Brücke überquert werden, um überhaupt durch das Tor in das Innere der kleinen Stadt zu gelangen. Das Geräusch der Hufe auf dem Steinpflaster klang ohrenbetäubend laut in Rhians Ohren, so dass sie immer wieder auf den Boden blickte und das Straßenpflaster genau musterte.

Die Brücke über den breiten Fluss ließ Rhian ihre Stute augenblicklich zügeln, während sie das sprudelnde Wasser genau beobachtete. Nachdem Louarns Brauner die Brücke überquert hatte, stieß Rhian ihrer Stute die Füße in den Bauch und trieb Edana an, damit diese Louarns Braunen folgte. Und zu Rhians Verwunderung folgte Edana dem größeren Pferd ohne jegliches zaudern hinüber auf die andere Seite des Flusses.
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05-24-2024, 11:00 AM,
Beitrag #29
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Die Reise nach Norden verlangte einiges von uns ab und es war noch nicht absehbar, bis wann wir ankommen würden. Inzwischen waren schon eineinhalb Wochen vergangen. Das stundenlange Reiten und die unbequemen Nächte zehrten an einigen von uns. Ich merkte, wie sehr ich das römische Leben zu schätzen gelernt hatte und wie sehr ich mich nach einem Bad sehnte. Doch das behielt ich für mich, um nicht den Spot meiner Brüder und das Misstrauen der Frauen auf mich zu ziehen. Überhaupt zog ich es meistens vor, für mich zu sein und die anderen mit meinen Problemen nicht zusätzlich zu belasten. Inzwischen sah ich diese Reise als eine Art Sühne an. Sühne, für das, was ich Prisca angetan hatte und dafür dass ich am Leben war.

Louarn, der diesen Weg von seinen Reisen her kannte, führte uns abseits der Römerstraßen. Doch irgendwann gab es keine andere Möglichkeit mehr, als eine der Römerbrücken zu benutzen, die über den Avon führten.  Also ritten wir ein Stück auf der gepflasterten Straße, die über die Brücke und in eine kleine römische Stadt führte. Hier wollte Louarn für eine oder auch zwei Nächte bleiben und da wir frischen Proviant benötigten, wollte er unsere Vorräte auch in dieser Stadt auffüllen. Als Lou mich fragte, ob ein Römer wohl bessere Konditionen erhalten würde, nickte ich. "Ich denke schon." Einen Kelten konnten die Händler leichter über den Tisch ziehen, denn wenn er dann aufbegehrte, handelte er sich blitzschnell Ärger ein.  Bei einem Römer überlegten sie sich das wahrscheinlich zweimal.
Das bedeutete dann auch, dass ich wieder in meine römischen Klamotten schlüpfen musste, die ich die letzten Tage über etwas geschont hatte. Sie rochen zwar auch nach Pferd, doch sie waren weniger dreckig, als meine keltische Kleidung. So ritt ich dann als Lucius Tarutius Corvus auf der Straße, die zur Stadt führte, in Begleitung einer Horde wildaussehender Kelten. Louarn, der neben mir ritt, schien einige Probleme mit der Brücke zu haben, die uns über den Fluss bringen sollte. Er traute diesem Monstrum aus Stein nicht. Da ich einige Jahre in Londinium gelebt hatte, waren diese Brücken nichts mehr Neues für mich.

In diesem Städtchen gab es tatsächlich auch eine Herberge. Nichts Besonderes, aber wenigstens ein Dach über dem Kopf! Hier wollten wir übernachten. Es gab einen großen Gemeinschaftsraum, in dem alle schliefen. Damit der Boden nicht so hart wurde und wir es etwas gemütlicher hatten, erzielte ich mit etwas Glück beim Wirt einen guten Preis für etwas Stroh. Ich hoffte, dass mein Glück auch morgen anhielt, wenn wir die Vorräte kauften.
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Als "Lucius Tarutius Corvus"
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Falke
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05-24-2024, 02:21 PM,
Beitrag #30
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Die Reise war anstrengend gewesen. Kalt, klamm, nass. Fintan hatte gelächelt. Der Brunnen an Unsinn, aus dem er schöpfte, schien wahrlich unerschöpflich zu sein, denn seine Geschichten hatten anderthalb Wochen kein Ende gefunden. Sowohl Lou als auch Alun schienen jeweils ihren eigenen Gedanken nachzuhängen. Was für ein Bruder wäre er gewesen, wenn er es dabei belassen hätte? Natürlich hatte er sie ordentlich nerven müssen!
So oder so hatte er von der Keltenprinzessin die Finger gelassen, denn er traute es Lou durchaus zu, seine Drohungen bezüglich Aussetzung und Kastration wahrzumachen. Er wirkte ja doch etwas angespannt. Woran das wohl liegen mochte...?
Fintan beschwerte sich nicht, dass Alun auserkohren wurde, sich um den Handel zu kümmern, obwohl er doch genauso römisch aussah (und sicher mehr rausgeholt hätte als ein bisschen was Stroh). Immerhin hatte er sich jetzt etwas Erholung verdient nach allem, was er geleistet hatte.
"Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich hab zwei Wochen Enthaltsamkeit nachzuholen", verkündete er daher gut gelaunt, nachdem die Pferde untergebracht und der Gastraum bezogen war. "Entschuldigt mich also, ich muss irgendeine Ehe ruinieren - oder enger zusammenschweißen, je nachdem. Man sieht sich!"
Mit einem fröhlichen Pfeifen, von dem er vermutete, dass es alle anderen tierisch ärgerte, verließ Fintan die Herberge. Denn er hatte tatsächlich nicht vor, heute Nacht hier zu schlafen.

Er zog ein paar Blicke auf sich, als er sich von gestohlenem Geld etwas Brot kaufte, immerhin war er neu in der Stadt und zudem mit einigen Kelten hier angekommen. Das musste ja Blicke auf sich ziehen. Doch er zerstreute etwaige Zweifel recht schnell, denn was konnte er, wenn nicht reden?
Einige Zeit schlenderte er durch den Ort, gegen den Iscalis eine Großstadt gewesen wäre, bevor er beschloss, dass es Zeit wurde. Seine Schritte führten zu dem Stall, wo sie ihre Pferde untergebracht hatten. Keine Sekunde zu früh, denn jetzt regnete es auch noch. Diese Reise stand wirklich unter keinem guten Stern.
Fintan setzte sich in eine leere Ecke hinter dem Heu, holte tief Luft und zwang sich, zu entspannen. Die Augen geschlossen, schmolz sein Grinsen und Erleichterung machte sich breit.
Wie nur war es möglich, dass man sich allein weniger einsam fühlte, als in der Gruppe mit seinen Brüdern?

"Na guck Mama, ob's noch da ist!"
"Huch! Nein, es ist tatsächlich weg! Aber wo mag es nur..."
"Hihi! Da, hinter deinem Ohr!"
"Fintan! Du bist ja ein richtiger Zauberer!"

"Magst du einen Witz hören?"
"Wenn es denn ein guter ist?"
"Na klar! Ähm... wie ging er denn noch gleich?"
"Haha... Ach, Fin."

"Aber vor dem Katt-Bart gruselts mich..."
"Du... wirst ihn schon schätzen lernen. Du magst doch die anderen Jungs, oder?"
"Oh ja! Die sind ganz toll!"
"Hier. Trägst du das Essen auf?"
"Mhm! Eins für Mama, eins für mich, eins für Mama, eins für mich..."

"Mama! Ich hab nen neuen Witz! Willst du ihn hören?"
"Ach je, du findest wirklich immer neue, wie?"
"Willst du??"
"Du weißt, nichts macht mich glücklicher."

"Fintan, hör mir zu."
"Was ist denn? Ich hab's nicht kaputt gemacht!"
"Darum geht es nicht. Ich muss dir etwas sagen. Es... dauert jetzt nicht mehr lange."
"Was passiert denn?"
"Nichts. Nichts wird passieren, aber es... es kann sein, dass ich eine Weile weg muss. Wenn das passiert, dann möchte ich, dass ihr alle sehr aufeinander aufpasst, ja? Manche werden traurig sein oder Angst haben. Ihr werdet einander beschützen, aber jemand muss auch auf eure Seelen achten. Auf euren Geist, verstehst du?"
"Aber wieso denn? Ihr kommt doch wieder. Sind die doof."
"Tja, du bist eben schon groß. Du weißt es besser."
"Keine Sorge! Ich heiter die schon auf!"

Fintan öffnete die Augen. Draußen schüttete es jetzt und es war kalt hier drin. Er zog die Kleidung etwas enger und klammerte sich an das Brot, das er in einer Hand hielt. Sie zitterte leicht. Düstere Gedanken wogten in seinem Kopf wie ein unruhiges Meer unter grauem Himmel. Grüblerisch starrte er zu Boden, zählte die Strohhalme, die dort verstreut lagen, schlang die Arme um seine Beine und schwieg.

"Halt die Klappe, Fintan!"
"Eins für Dunduvan,..."

"Geh einfach sterben."
"... eins für Alun,..."

"... schon gehört? Dieses Gör hat seine Mutter sterben sehen und angeblich die ganze Zeit gegrinst wie so ein Verrückter. Krank ist der!"
"... und je
eines für Cin und Cir..."
„Es ist erstaunlich, wie viel Freude du in einen Raum bringen kannst, indem du ihn einfach verlässt.“
"... eines für Lou..."

"Wir machen, wofür der Alte bezahlt hat: Wir machen den Kleinen zu nem ansehnlichen Taschendieb
und dann landet er wieder auf der Straße, wo er hinge- Verdammt, wo ist mein Geld!?"
"... und für Calum..."

"Widerliches Halbblut!"

"... und für mich."


Im dunkler werdenden Stall unterbrach ein leises Schluchzen die Stille.
[Bild: 1_22_10_22_8_56_52.png]
Falke
[Bild: 3_15_08_22_9_38_19.png]
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