03-04-2025, 04:05 PM,
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Claudia Sabina
Nachfahrin von Kaisern
   
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RE: Tablinum | Visite des neuen Tutor Mulieris
Ich bat Agamedes, stichwortartig mitzuschreiben, was Plautius Leander so nebenbei bemerkte, denn vieles war gerade zu eine Fundgrube für Finanzverwaltung. Er richtete meinem Vormund auch einen Stapel Tabulae und einen Griffel für eigene Annotationen her.
Und ich hörte mit immer größerer Faszination zu.
"Plautius Montanus, aha", wiederholte ich, als wir über die Kosten des Theaters sprachen. Der dicke Ritter war mir zwar eher als Pferde- statt als Musenfreund bekannt, doch vielleicht konnte ich ihn ja überzeugen, seinen Horizont dahingehend zu erweitern, bevor ich nach Londinium abreiste.
Der Gedanke, jemandem zehn Sesterzen zu vererben, gefiel mir sehr. Ich dachte dabei an Cloelia, meine Mutter und ihren Haterius. Sie sollten jeder sogar zehn Sesterze bekommen, da wollte ich mich nicht lumpen lassen. Vergnüglich der Gedanke an ihre langen Gesichter. Fast hätte es der Mühe gelohnt, dafür tot zu sein.
Nur meine beiden Halbbrüder, die noch Kinder gewesen waren, als ich Alexandria verließ, sollten mehr bekommen, sie hatte ich gern.
Und dann waren noch gute Zwecke, Liberti, Zuwendungen und ja, im letzten Willen eine großzügige Spende für das Theater, zu bedenken. Die Zeugen hatte ich auch bei der Hand. Nur bei dem Erben musste ich noch nachdenken. Ich war mir sicher, dass Saturninus hoffte, dass ich ihn einsetzen würde. Aber seine Schliche, mir Nefertem abzuluchsen, hatten mir gezeigt, dass er nicht in Frage kam. Vermutlich würde er sogar dem Haterius die zehn Sesterze missgönnen.
Schließlich nannte ich Caius Claudius Crus, meinen respektablen Cousin. Er war kurz vor Rufus für einige Wochen als Statthalter von Britannien im Gespräch gewesen, doch dann hatte Vespasian umdisponiert und ihn dem Senat für Achaea "empfohlen". Er war gerade verwitwet, hatte aber zwei Söhne.
"Ich danke dir sehr dafür, dass du dich in Londinium um die offenstehenden Rechnungen kümmern möchtest. Ich werde erst einmal einen Baustopp veranlassen und mich dann auch an die Stadt wendten. Das Grundstück ist ihres, bestimmt habt sie auch kein Interesse an einer hässlichen Bauruine inmitten von Iscalis"
Ich schob den Kopf, den ich wie eine Schildkröte in ihren Panzer unter meine Decke geschoben hatte, vor und lächelte den Plautius an :
"Ich werde mich sehr bemühen, mit der Apanage, die du für mich festlegst, auszukommen, werter Plautius Leander. Und ich danke dir überhaupt sehr für alles, was du für mich tust und dass du dir so viel Zeit genommen hast", ich machte eine kleine Pause, während ich nach Worten suchte.
Ich kam grundsätzlich gut mit älteren Männern aus. Sie wussten bereits, wer sie waren, wo sie standen und was sie im Leben geleistet hatten. Sie hatten es nicht nötig, mich kleinzuhalten, um selbst größer zu erscheinen. Ich begann, Plautius Leander herzlich gern zu haben
Es war mir, als könne er mir mit seinem umfangreichen Wissen und der Ruhe, die er ausstrahlte, auch diese Frage gewissenhaft beantworten:
"Eine Frage habe ich noch , werter Plautius Leander, doch sie hat nichts mit meinem Vermögen zu tun. Ich bin mir nur sicher bin, dass du mir nicht einmal dann, wenn ich mich vielleicht ängstige, Unsinn erzählen wirst.
Glaubst du persönlich denn an ein Weiterleben nach dem Tode?"
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03-04-2025, 06:55 PM,
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RE: Tablinum | Visite des neuen Tutor Mulieris
Offensichtlich war Claudia Sabina ihr Vergnügen noch wichtiger als ein Theater, und Leander unterdrückte deshalb ein kleines Grinsen. Aber solange dieses Sesterzengrab erst einmal geschlossen war, würde er deshalb sicher nichts sagen. Und er hoffte ja tatsächlich, dass die stadt sich an der Fertigstellung beteiligen würde, vor allen Dingen, da sie sich mit der Erbauerin im fernen Londinium dann nicht bezüglich der Spieltage und der Stücke herumschlagen mussten. Die Stadt war knauserig, das wusste Leander selbst (sie hatten ja sogar ihn mehr oder weniger angebettelt, entgegen aller Rechtsvorschriften, die sie selbst erlassen hatten, Honoratior zu werden), aber selbst den Knausrigsten im Stadtrat musste klar sein, dass ein fast-fertiges Theater schlimmer war, als selbst ein wenig Geld beizusteuern.
Nachdem das alles und das Testament also geklärt waren, fragte Claudia Sabina eine interessante Frage nach seiner Vorstellung vom Tod. Leander überlegte einen Moment und atmete tief durch, ehe er antwortete: “Was ich sicher weiß, ist, dass die Menschen, die uns geliebt haben, uns vermissen werden“, sagte er mit einem leichten Lächeln und erhob sich dann.
Er war schlau genug, zu wissen, warum Sabina diese frage gestellt hatte. Deshalb kam es ihm auch nicht komisch oder unpassend vor. Und vielleicht deshalb erzählte er auch, ohne gefragt worden zu sein: “Wusstest du, dass ich schon einmal eine Frau und auch Kinder hatte? Als Sklave damals noch, es ist zwanzig Jahre her, dass ich Phoebe getroffen habe. Sie sind jetzt schon seit über zehn Jahren tot. Aber was ich noch weiß von ihren Schwangerschaften, wie beschwerlich sie zum Ende wurden. Mehr als einmal hat sie mir gesagt, dass sie keine Lust mehr hatte, schwanger zu sein.“ Er lächelte einmal untypisch mild bei den Worten, auch wenn es gleich wieder verschwunden war.
“Ich fand es immer erstaunlich, dass der Akt, der die Schwangerschaft beginnen kann, sie auch zu beenden vermag und Wehen auslöst. Insbesondere, wenn die Frau Freude daran hat.“ Er hatte es absichtlich sehr allgemein formuliert, dass sie es nicht auf sich beziehen musste, wenn sie an derlei Dingen Anstoß nahm. Aber vielleicht nützte ihr diese sehr bodenständige Weisheit, wenn sie keine Lust mehr auf die Schwangerschaft hatte. Sicher hatte sie den ein oder anderen Sklaven, der ihr behilflich wäre, wenn sie es wollte. Und selbst, wenn es nicht klappte, die Wehen so einzuleiten, hätte sie schlechtestenfalls etwas Spaß, sofern sie es testen wollte. Aber das ging Leander nichts an.
Nach den üblichen Floskeln verabschiedete er sich dann auch wieder, nur um draußen von Evenor abgefangen zu werden, der ihm mitteilte, dass Caius Plautius Seneca am Nachmittag entschlafen war.
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03-05-2025, 05:47 PM,
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Claudia Sabina
Nachfahrin von Kaisern
   
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RE: Tablinum | Visite des neuen Tutor Mulieris
Plautius Leander schien meine Frage nicht zu überraschen. Dafür tat es seine Antwort; er sagte mir nämlich: "Was ich sicher weiß, ist, dass die Menschen, die uns geliebt haben, uns vermissen werden“ Und dann erzählte er, dass er schon einmal eine Frau gehabt hatte; Phoebe und auch Kinder, und alle, alle waren sie jetzt tot. Was er sagen wollte, war, dass er sie immer noch vermisste. Dieser gute Mensch, der so viel für mich tat, hatte einmal so einen schweren Verlust erlitten. Und ich, Sabina, glaubte doch tatsächlich, dass sich die Welt nur um mich und meine Befindlichkeiten drehte. Ich wünschte mir sehr, ein bisschen mehr wie Plautius Leander zu sein. Wenn er recht hatte, dann würde man ja nur weiterleben, wenn jemand sich nach einem sehnte. Doch wenn man ein selbstsüchtiges Biest war, dann würde einen keiner vermissen.
"Ich wusste das nicht, werter Plautius Leander", sagte ich:
"Doch wenn ich helfen kann, an deine Phoebe zu erinnern, dann will ich es gerne tun. Ein Grabstein vielleicht oder eine Gedenktafel...", ich dachte ja schon wieder ans Geldausgeben.
Doch ich wusste, dass man mich einst im Mausoleum der Claudier in Rom beisetzen würde, ganz gleich, wo mich das Schicksal ereilte. Aber Phoebe und ihre Kinder waren Sklaven gewesen. Womöglich hatte man sie in eine Grube geworfen. Das hatte die Frau von einem so feinen Menschen wie es Plautius Leander war, wahrlich nicht verdient. Ich hoffte, dass er mich richtig verstand. Vor wirklichem Leid war ich nämlich unbeholfen. Die Worte, die man normalerweise zum Trost sprach, die hatte Plautius Leander bestimmt schon von anderer Stelle gehört. Es war ja schon zehn Jahre her.
Jetzt lächelte Plautius Leander, und sein Lächeln ging mir nahe. Mir stiegen die Tränen in die Augen (seit meiner Schwangerschaft war ich aber auch näher am Wasser gebaut als normalerweise)
Aber dann sagte mein Vormund etwas, was mir nicht einmal Anaxarete bei ihren detailreichen und drastischen Schilderungen verraten hatte:
“Ich fand es immer erstaunlich, dass der Akt, der die Schwangerschaft beginnen kann, sie auch zu beenden vermag und Wehen auslöst. Insbesondere, wenn die Frau Freude daran hat“
"Du meinst, dass man den Zeitpunkt der Niederkunft willentlich steuern kann, indem man mit einem Mann schläft?", vergewisserte ich mich:
"Offen gesagt täte ich nichts lieber, als endlich niederzukommen und dieser Bürde ledig sein... entschuldige, werter Plautius Leander. Diese Beschwernisse sind vermutlich kein Thema, mit dem ich einen Mann langweilen sollte", ich lächelte und errötete ein wenig:
"Ich danke dir für diesen hlfreichen Ratschlag. Du verstehst also nicht nur etwas von Finanzwesen und Recht, werter Plautius Leander, sondern auch von weiblichen Angelegenheiten"
Ich dachte nämlich bisher, dass alle Ehemänner uns Ehefrauen am liebsten hatten, wenn wir wieder fein hergerichtet waren und das Kind auf dem Boden lag, um von ihnen aufgehoben und anerkannt zu werden. Das Gedöns, wie es dahingekommen war, schien keiner so genau wissen zu wollen. Plautius Leander war offenbar anders, was ich sehr interessant fand.
Ich lehnte mich zurück und schenkte ihm erneut ein herzliches Lächeln, als er sich verabschiedete. Den Tipp meines Tutor Mulieris würde ich eventuell ausprobieren müssen, sobald ich alles erledigt hatte, was ich noch erledigen wollte.
Als Plautius Leander gegangen war, ging auch Agamedes; dafür kam Anaxarete ins Zimmer. Ich fragte sie, nicht ob diese Sache stimmte, sonst hätte Plautius Leander sie mir nicht mitgeteilt, sondern ob sie persönlich diese Erfahrung auch gemacht hatte. Anaxarete druckste herum. Außerdem fiel mir ein: Ich hatte den passenden Sklaven gar nicht. Ich war nicht mehr dazu gekommen, mit Kiki einen recht Talentierten auszusuchen.
Es gab hier im Haus Nefertem, dessen mädchenhafte Schönheit mich jedoch nicht reizte - eine mädchenhafte Schönheit war ich schließlich selber. Und die anderen Sklaven waren entweder grobe Kerle oder alt. Damit meinte ich nicht älter, sondern fast schon im Greisenalter. Hmmmm
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